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Wellensittich zugeflogen – und jetzt?

Ein Wellensittich im Freien. © Rudolpho Duba/pixelio.de
Ein Wellensittich im Freien. © Rudolpho Duba/pixelio.de

Wenn jemandem ein Wellensittich zufliegt oder ein solcher Vogel draußen gefunden wird, dann besteht meist sofortiger Handlungsbedarf, um dem Tier zu helfen. Häufig sind die Fundvögel ausgehungert, während mancher Jahreszeiten ist ihnen sehr kalt, eventuell haben sie Verletzungen und oft sehnen sie sich nach Ruhe. Leider unterlaufen in einer solchen Situation vielen Vogelfindern Fehler, die die Fundtiere oder andere Vögel im ungünstigsten Fall das Leben kosten können.

In diesem Kapitel erfahren Sie, worauf zu achten ist und was Sie unbedingt vermeiden sollten, wenn Sie einen Wellensittich draußen gefunden haben. Das hier Gesagte gilt übrigens auch für nahezu alle anderen Ziervogelarten.

Keinen Kontakt zu eigenen Vögeln erlauben

Neuzugänge und Fundvögel sollten einige Zeit in Quarantäne gehalten werden, um eine mögliche Ansteckung anderer Vögel zu vermeiden.
Neuzugänge und Fundvögel sollten einige Zeit in Quarantäne gehalten werden, um eine mögliche Ansteckung anderer Vögel zu vermeiden.

Einen Heimvogel draußen zu finden oder zu erleben, dass ein fremder Ziervogel plötzlich durch das geöffnete Fenster ins Haus fliegt, sorgt im ersten Moment sowohl bei dem Tier als auch beim Finder sehr wahrscheinlich für Aufregung. Geschehen kann dies sowohl bei Vogelhaltern als auch bei Menschen, die keine Vögel besitzen. Letztere sind im Vorteil, wenn sie einen Fundvogel mit ins Haus nehmen, denn sie haben keine Gefiederten daheim, die sich anstecken könnten. Denn leider kann es vorkommen, dass ein Vogel, der draußen aufgegriffen wurde oder durchs geöffnete Fenster hineingeflogen gekommen ist, Krankheitserreger „an Bord“ hat. Diese kann er auf die Vögel des Finders übertragen, wenn er mit ihnen in direkten Kontakt gelangt.

Bei dem Versuch, dem Fundtier so schnell wie möglich zu helfen, können also vor allem Vogelhalter nur allzu leicht eine falsche Entscheidung treffen, die das Leben ihrer eigenen Vögel gefährden könnte. Um dies zu vermeiden, sollte man einen kühlen Kopf bewahren. Lassen Sie einen Fundvogel trotz allen Mitleids nicht mit ihren eigenen Vögeln im selben Raum oder gar im selben Käfig zusammen sein. Man mag es dem zugeflogenen Vogel zwar nicht unbedingt ansehen, aber er könnte entweder Parasiten, Bakterien oder andere Krankheitserreger in sich tragen. Käme er mit anderen Vögeln in Kontakt oder würde er mit ihnen aus demselben Wassernapf trinken, wäre eine Übertragung möglich. Anstatt eines kranken Vogels hätte man es dann schnell einen ganzen Schwarm erkrankter Tiere zu tun. Aus dem Grund sollten gefundene oder zugeflogene Vögel grundsätzlich in einem separaten Käfig und in einem anderen Raum als die eigenen Vögel untergebracht und möglichst bald einem fachkundigen Tierarzt vorgestellt werden, siehe unten.

Anfangs nicht zu viel Nahrung anbieten

Fundvögel sollten anfangs keine zu große Futtermenge erhalten, um sich nicht gleich zu überfressen.
Fundvögel sollten anfangs keine zu große Futtermenge erhalten, um sich nicht gleich zu überfressen.

Draußen finden Wellensittiche und andere Ziervögel oft nur wenig Fressbares und haben deshalb großen Hunger, wenn sie von Menschen aufgegriffen werden. Als erstes sollten Sie dem Fundtier deshalb Futter und Wasser anbieten. Aber Achtung! Häufig sind zugeflogene Vögel sehr stark ausgehungert. Bietet man ihnen als erste Mahlzeit viel Futter an, besteht die Gefahr, dass sie sich überfressen. Im schlimmsten Fall kann das zu massiven Kreislaufbeschwerden führen, an denen manche besonders geschwächte Vögel sogar sterben können. Reichen Sie dem gefundenen Wellensittich deshalb anfangs erst einmal nur etwa einen halben Teelöffel Körnerfutter und lassen Sie das Tier diese Nahrungsmenge fressen. Danach sollte eine Pause von ein bis zwei Stunden gemacht werden und erneut eine ähnlich kleine Menge Futter gereicht werden. Anschließend ist wieder zu pausieren, am besten drei bis vier Stunden. Geht es dem Vogel gut und zeigt er keinerlei Kreislaufbeschwerden, kann ihm dann eine normale Futtermenge gereicht werden, weil der erste große Hunger gestillt ist und nicht mehr die Gefahr besteht, dass sich das Tier überfrisst.

Den Fundvogel aufmerksam beobachten

Der Kot eines Vogels kann viel über den Gesundheitszustand aussagen.
Der Kot eines Vogels kann viel über den Gesundheitszustand aussagen.

Nachdem der Vogel draußen war, sollte er erst einmal Ruhe haben. Trotzdem sollten Sie ihn aufmerksam beobachten, während er sich satt frisst oder ein wenig ausruht. Hat das Tier sichtbare Verletzungen? Ist das Gefieder um die Kloake herum verklebt? Kann man gar Parasiten im Gefieder erkennen? Riecht der Vogel merkwürdig? Bitte merken Sie sich jede auffällige Kleinigkeit und notieren Sie sie. Achten Sie als außerdem darauf, wie der Kot des Vogels aussieht. Fertigen Sie am besten ein Foto davon an und sammeln Sie darüber hinaus etwas Kot ohne daran haftenden Sand ein. Diesen Kot können Sie in ein wenig Frischhaltefolie geben – Sie brauchen ihn später beim Tierarztbesuch, damit eine Untersuchung durchgeführt werden kann.

Bitte bedenken Sie: Das Tier kennt Sie nicht und wird deshalb mit großer Wahrscheinlichkeit versuchen, eventuelle Gebrechen vor Ihnen zu verbergen. Überprüfen Sie also sehr genau, ob Sie etwas Ungewöhnliches feststellen. Jeder kleine Hinweis auf eine Erkrankung kann lebensrettend sein.

Kontrolluntersuchung beim Tierarzt

Oft infizieren sich entflogene Vögel draußen mit Spulwürmern, die sie anfangs jedoch noch nicht mit dem Kot ausscheiden.
Oft infizieren sich entflogene Vögel draußen mit Spulwürmern, die sie anfangs jedoch noch nicht mit dem Kot ausscheiden.

Bringen Sie den Fundvogel möglichst schnell zur Kontrolluntersuchung zu einem vogelkundigen Tierarzt und nehmen Sie Ihren Notizzettel sowie die Kotprobe und eventuell angefertigte Fotos des Kotes unbedingt mit. Nur ein Tiermediziner kann ganz genau feststellen, ob der Vogel gesund ist. Während der Untersuchung kann er auch gleich die Ringnummer ablesen, sofern der Vogel beringt ist, oder er kann überprüfen, ob der Vogel einen Identifikationschip unter der Haut trägt. Letzteres ist bei Wellensittichen jedoch untypisch, meist tragen nur größere Papageien solche Chips.

Ein erfahrener, verantwortungsbewusster Tierarzt wird Ihnen dazu raten, den gefundenen Vogel zur Sicherheit für einige Zeit in Quarantäne zu halten. Auch wenn der Sittich noch so sehr nach Ihren Vögeln rufen sollte, lassen Sie sich davon nicht erweichen. Leider infizieren sich viele Ziervögel, die durch die mitteleuropäische Natur irren, mit Spulwürmern oder Trichomonaden. Bei beidem handelt es sich um Parasiten, die nur allzu leicht auf andere Vögel übertragbar sind. Deshalb sollte für Sie die Grundregel gelten: Erst wenn alle Testergebnisse vorliegen und der Tierarzt grünes Licht gibt, darf ein Fundvogel mit Ihren eigenen Tieren in Kontakt kommen.

Einige typische Krankheiten und Verletzungen bei Fundvögeln

Ganz wichtig: Bewahren Sie die Quittung auf, denn gegebenenfalls können Sie mit dem eigentlichen Besitzer des Vogels vereinbaren, dass er die Kosten übernimmt – sofern Sie ihn denn überhaupt ausfindig machen können. Versteifen Sie sich aber bitte nicht allzu sehr darauf, dass eine Kostenübernahme durch irgendwen stattfinden wird. Wichtig sollte sein, dass der Vogel untersucht und gegebenenfalls behandelt wird. Das kostet zwar Geld, aber das Tier kann sich nicht selbst helfen und ist auf hilfsbereite Menschen angewiesen.

Den Besitzer des Vogels finden

Oft sehr hilfreich: 'Suchdienst für Vögel' des ZZF e. V.
Oft sehr hilfreich: ‚Suchdienst für Vögel‘ des ZZF e. V.

Möglicherweise sucht irgendwo der Besitzer des von Ihnen gefundenen Tieres traurig nach seinem Liebling. Wellensittiche können an einem Tag recht große Entfernungen zurücklegen. Es bringt daher wenig, nur in der näheren Umgebung, beispielsweise im nächstgelegenen Supermarkt, Zettel mit der Aufschrift „Wellensittich zugeflogen“ auszuhängen.

Kontaktieren Sie das städtische Tierheim und melden Sie, dass Sie einen Vogel gefunden haben. Werfen Sie einen Blick in die Tageszeitung und suchen Sie nach Annoncen, in denen entflogene Vögel gesucht werden. Vielleicht möchten Sie ja darüber hinaus selbst inserieren, um den eigentlichen Besitzer des Sittichs zu finden. Ähnlich sollten Sie mit Inseraten im Internet verfahren. Es gibt verschiedene Seiten wie beispielsweise das Forum von Welli.net oder das Forum der Wellensittich- und Nymphensittich-Community.  Dort könnten Beiträge stehen, in denen auf das Entfliegen des von Ihnen gefundenen Vogels hingewiesen wird. Außerdem ist es ratsam, auf Facebook nachzuschauen und den Fund des Tieres dort ebenso wie in den zuvor genannten Foren zu melden.  Ist der Fundvogel beringt, kann eventuell der Suchdienst für Vögel des Zentralverbandes Zoologischer Fachbetriebe e. V. (ZZF) eine weitere gute Anlaufstelle für Sie sein. Dort können Sie zu bestimmten Zeiten auch anrufen. Hinweise zu den Sprechzeiten finden Sie auf der Website des ZZF. Manche Vögel sind außerdem bei Tasso e. V. registriert, weshalb man zugeflogene Wellensittiche dort melden sollte.

Rechtliches rund um Fundtiere

Dieser sich draußen aufhaltende Wellensittich könnte krank sein, denn sein Gefieder ist stark aufgeplustert. © Andreas Hermsdorf/pixelio.de
Dieser sich draußen aufhaltende Wellensittich könnte krank sein, denn sein Gefieder ist stark aufgeplustert. © Andreas Hermsdorf/pixelio.de

Falls Sie innerhalb von 14 Tagen den Besitzer des Vogels nicht ausfindig machen können, sind Sie nicht mehr verpflichtet, aktiv weiter zu suchen. Natürlich bleibt es Ihnen überlassen, trotzdem weiter die Augen auf zu halten. In der Zeit danach gehört der Vogel aber zunächst noch nicht Ihnen. Erst nach einem halben Jahr geht das Fundtier laut dem deutschen Gesetz in Ihren Besitz über. Sollte sich in der Zwischenzeit der ursprüngliche Besitzer bei Ihnen melden, sind Sie rechtlich gesehen dazu verpflichtet, ihm sein Eigentum, also den Vogel, zurückzugeben. Sie können dann  selbstverständlich versuchen, ihm Tierarztkosten und Aufwendungen für die Pflege des Tieres in Rechnung zu stellen, falls Sie dies wünschen und mit Quittungen belegen können.

Die Ausgaben müssen jedoch sinnvoll und angemessen sein. Es hat schon Fälle gegeben, in denen jemand für einen Fundvogel eine neue geräumige Zimmervoliere zum Preis von rund 500 Euro gekauft hat und diese Anschaffung später dem Besitzer des Fundvogels in Rechnung stellen wollte. Das geht natürlich nicht, außer der Besitzer möchte die Voliere übernehmen und ist bereit dazu, die Kosten zu tragen.

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