Kranke Vögel erkennen

Achtung: Die auf Birds-Online.de angebotenen Texte und Bilder rund um das Thema Erkrankungen von Vögeln sind als Informationsquelle gedacht. Bitte bringen Sie Ihre erkrankten Vögel immer schnellstmöglich zu einem fachkundigen Tierarzt!
Dass dieser Wellensittich krank ist und wegen seiner Verletzung tierärztliche Hilfe benötigt, ist leicht zu erkennen.
Dass dieser Wellensittich krank ist und wegen seiner Verletzung tierärztliche Hilfe benötigt, ist leicht zu erkennen.

Wenn sich ein Vogel verletzt, dann ist meist offensichtlich, dass er krank ist. Eine blutende Wunde fällt sofort auf, und auch wenn ein Vogel plötzlich nicht mehr laufen kann, ohne zu hinken, oder wenn er plötzlich nicht mehr fliegen kann, dann liegt die Vermutung nahe, dass sich das Tier eine Verletzung zugezogen hat und somit krank ist. Ebenso wenig ist es eine große Kunst, einen Vogel zu erkennen, der an einer schweren Gefiederstörung leidet, der sich übergibt, der heftigen Durchfall hat oder der nur noch unter Schwierigkeiten atmen kann. Solche Symptome zu übersehen, ist schwerlich möglich. Bei einer ganzen Reihe von Erkrankungen zeigen Vögel aber – zumindest in der Anfangsphase – keine derart offensichtlichen Symptome und der Halter muss auf sehr unscheinbare Zeichen achten, um auf ein (beginnendes) Gesundheitsproblem aufmerksam zu werden.

Wellensittich Charly ist krank und kauert geschwächt im Käfig.
Wellensittich Charly ist krank und kauert geschwächt im Käfig.

Niemand kennt ein Tier so genau wie der Vogelhalter selbst. Sollte Ihnen eine Abweichung im gewohnten Verhaltensmuster oder in der Körperhaltung Ihres Vogels auffallen, könnte dies auf eine schleichende oder beginnende Verschlechterung seines Gesundheitszustandes hindeuten. Ist ein Vogel nicht zahm, ist es allerdings häufig nicht ganz so leicht zu erkennen, ob er krank ist oder nicht, sofern sich die Erkrankung noch im Anfangsstadium befindet. Es gilt also: Sie sollten das Tier möglichst genau beobachten, denn Vögel überspielen ihre angeschlagene Gesundheit oft, vor allem Wellensittiche sind die „geborenen Schauspieler“.

Aber beachten Sie dabei, dass viele Vögel sich unbehaglich fühlen, wenn sie intensiv beobachtet werden. Bei Raubtieren befinden sich die Augen vorn nebeneinander im Gesicht, was der Augenposition bei uns Menschen entspricht. Zahlreiche Vögel haben deshalb oft instinktiv Angst davor, von einem Wesen mit vorn im Gesicht angeordneten Augen permanent direkt angeschaut zu werden. Weniger verunsichernd ist es für Vögel, wenn man sie indirekt anschaut, also den Kopf ein wenig abwendet und nur mit den Augen in ihre Richtung blickt. So können Sie Ihre Tiere genau betrachten, ohne ihnen Angst einzujagen.

Doch worauf sollten Sie achten, um Erkrankungen zu erkennen? Dieses Kapitel informiert Sie über einige wichtige Details.

Bloß keine Schwäche zeigen!

Vor lauter Entkräftung kann dieser Wellensittich nur noch liegen.
Vor lauter Entkräftung kann dieser Wellensittich nur noch liegen.

Leidet ein Wellensittich oder ein anderer Heimvogel an einer beginnenden Erkrankung oder einer allgemeinen Schwächung, wird er versuchen, seinen sich verschlechternden Zustand so lang wie möglich durch perfektes „Schauspielern“ zu verbergen. Dieses Verhalten ist Vögeln angeboren und wird ihnen durch ihren Überlebensinstinkt diktiert. In freier Wildbahn erbeuten Fressfeinde wie Greifvögel vor allem die schwachen und kranken Individuen eines Schwarms oder einer Gruppe. Deshalb ist es für ein kränkelndes Schwarmmitglied von größter Wichtigkeit, sich möglichst unauffällig zu verhalten und keine Schwäche zu zeigen.

Auch in Menschenobhut gehaltene Heimvögel beherrschen diese „Schauspielkunst“ hervorragend. Der entsprechende Instinkt ihrer wilden Vorfahren ist nicht verloren gegangen, obwohl die Heimtiere in Gefangenschaft leben und die Gefahren der Natur nie kennengelernt haben. Oft erkennt man eine Erkrankung deshalb bedauerlicherweise erst dann, wenn es schon fast zu spät für das Tier ist. Seien Sie deshalb stets wachsam und nehmen Sie nichts auf die leichte Schulter. Je eher Sie im Fall einer Erkrankung Ihres Vogels handeln, desto größer sind meist die Heilungs- und Überlebenschancen!

Seltsam, das macht er doch sonst nie …

Dieser schwerkranke Wellensittich kann nur noch auf dem Käfigboden sitzen.
Dieser schwerkranke Wellensittich kann nur noch auf dem Käfigboden sitzen.

Sobald Ihnen dieser Gedanke durch den Kopf geht, sollten Sie sich in höchster Alarmbereitschaft befinden. Schläft ein Vogel beispielsweise plötzlich nachts nicht mehr auf einem Bein stehend, könnte das auf eine beginnende Erkrankung hindeuten. Ein weiteres Beispiel für den Anfang einer Krankheit ist oftmals eine Veränderung der aufgenommenen Nahrungs- und Wassermenge. Trinkt der Vogel erheblich mehr als sonst, könnte unter anderem ein Nierenproblem, zum Beispiel eine Infektion, die Ursache sein. Oder aber Ihr Vogel frisst mehr als üblich, wird jedoch dabei ohne ersichtlichen Grund stetig dünner. Dann liegt meist eine Erkrankung des Verdauungssystems vor.

Bei verpaarten Vögeln fällt es besonders leicht auf, wenn sich ein normalerweise sehr verschmustes Individuum immer öfter von seinem Partner abwendet und in Ruhe gelassen werden möchte. Mausert das Tier gerade, könnte dies ein Grund für das veränderte Verhalten sein. Dennoch ist es sinnvoll, sehr genau hinzuschauen, da sich körperliches Unwohlsein unter anderem in einem verstärkten Ruhebedürfnis äußert. Allerhöchste Alarmbereitschaft sollte bestehen, wenn ein Vogel nicht mehr dazu in der Lage ist, sich auf einer Stange zu halten und sich auf dem Käfigboden in eine Ecke kauert, siehe Foto in der Nähe dieses Absatzes. Ein Tier, das plötzlich ein solches Verhalten zeigt, ist vermutlich schwerkrank.

Vom Energiebündel zum Dauerschläfer

Nur müde oder vielleicht doch krank? Das Schlafverhalten kann Auskunft über den Gesundheitszustand eines Vogels geben.
Nur müde oder vielleicht doch krank? Das Schlafverhalten kann Auskunft über den Gesundheitszustand eines Vogels geben.

Sprüht Ihr Vogel normalerweise geradezu vor Energie, sollten Sie sich ernsthafte Sorgen um ihn machen, sofern er plötzlich aus einem für Sie nicht erkennbaren Grund überdurchschnittlich viel schläft. Ein am Tag häufig schlafender Vogel leidet entweder an einer bislang nicht entdeckten Krankheit oder er findet nachts kaum Ruhe, weil sein Käfig unter Umständen mit Blut saugenden Milben bevölkert ist oder an einem viel zu unruhigen Ort platziert worden ist. Anhand der Verteilung der Kotballen im Käfig können Sie nächtliche Schlafstörungen beispielsweise aufgrund eines eventuell vorliegenden Milbenbefalls erkennen. Allerdings sei noch angemerkt, dass nicht jeder häufig schlafende Vogel automatisch krank sein muss. Sehr alte Vögel – also zum Beispiel Wellensittiche, die weit über zwölf Jahre alt sind – haben außerdem ein höheres Schlafbedürfnis als junge Artgenossen. Jedoch sollte bei den gefiederten Senioren ebenfalls darauf geachtet werden, ob sie plötzlich gegebenenfalls noch mehr schlafen als sonst. Das könnte bei ihnen ein Alarmsignal sein.

Plötzliche Zutraulichkeit

Legt sich ein sonst eher scheuer Vogel plötzlich in die Hand seines Halters, könnte dies auf ein gravierendes gesundheitliches Problem hindeuten.
Legt sich ein sonst eher scheuer Vogel plötzlich in die Hand seines Halters, könnte dies auf ein gravierendes gesundheitliches Problem hindeuten.

Eine ungewohnte Zutraulichkeit wie zum Beispiel vermehrtes Schmusen oder gar das Schlafen in der Hand des Halters beziehungsweise das überdurchschnittlich häufige Ankuscheln an eine Bezugsperson können ebenfalls ein früh auftretendes Erkennungsmerkmal für eine gegebenenfalls entstehende Erkrankung darstellen. Fühlt sich ein Vogel, der niemals schlechte Erfahrungen mit Menschen gesammelt hat und ihnen vertraut, aufgrund einer Erkrankung unwohl, so sucht er eventuell oft ihre Nähe, um in seinem geschwächten Zustand Schutz und Wärme zu erhalten. Obwohl man als Vogelhalter dazu neigt, solche plötzlich auftretenden Vertrauensbeweise auf den ersten Blick als rührend und niedlich zu empfinden, sollte man sie unbedingt hinterfragen und den Vogel sehr aufmerksam beobachten. Gegebenenfalls könnte dies sein Leben retten, sofern man eine Krankheit im Anfangsstadium entdeckt.

Ist der dick!

Dieser Wellensittich ist nicht dick, sondern schwer erkrankt und er hat deshalb ein stark aufgeplustertes Gefieder.
Dieser Wellensittich ist nicht dick, sondern schwer erkrankt und er hat deshalb ein stark aufgeplustertes Gefieder.

Plustert ein Vogel sein Gefieder ständig auf und wirkt er den ganzen Tag kugelrund, ohne dabei zu zwitschern oder Interesse an seiner Umgebung zu zeigen, steckt mit großer Wahrscheinlichkeit eine Krankheit dahinter. Sie kann gerade erst beginnen oder auch chronisch sein. Ein matt wirkender Vogel ohne Glanz in den Augen, dessen Gefieder extrem aufgeplustert ist und der sich von seinen Schwarmmitgliedern absondert, fühlt sich so krank, dass er nicht einmal mehr sein Gebrechen überspielen kann. Es ist höchste Eile geboten, ein Tierarztbesuch sollte keine Minute länger aufgeschoben werden! In einem solchen Zustand ist das Leben des Vogels wahrscheinlich längst bedroht und es wäre fahrlässig, weiter abzuwarten.

Auffälligkeiten in der Körperhaltung

Teilnahmslos und mit stark aufgeplustertem Gefieder sitzt dieser schwerkranke Wellensittich in seinem Käfig.
Teilnahmslos und mit stark aufgeplustertem Gefieder sitzt dieser schwerkranke Wellensittich in seinem Käfig.

Ein genauer Blick auf die Gefiederstellung und Körperhaltung von Wellensittichen und anderen Heimvögeln kann wertvolle Hinweise auf ihren Gesundheitszustand geben. Vorteilhaft ist, dass die Tiere aus einiger Entfernung betrachtet werden können und deshalb ihr natürliches Verhalten zu sehen ist. Oft verstecken sie ihr Unwohlsein, wenn man sich ihnen nähert.

Um die Gefiederstellung und Körperhaltung richtig zu interpretieren, ist es jedoch wichtig, einen geübten Blick zu entwickeln und die individuellen Gewohnheiten des jeweiligen Tieres zu kennen.

Sehr häufig gilt: Wenn ein Vogel aufgrund von körperlichem Unwohlsein sein Gefieder stark aufplustert, zeigt seine Silhouette bestimmte Merkmale. Wölbungen und Kanten an typischen Stellen können auf Probleme hinweisen. Bei gesunden Wellensittichen und anderen Ziervögeln ist die Körperform in der Regel rund und harmonisch. Dagegen kann die Körperform bei kranken Tieren kantig und unregelmäßig wirken:

Wellensittich Orpheus ist gesund, sein Gefieder ist ganz normal aufgeplustert und die Silhouette wirkt rund.
Wellensittich Orpheus ist gesund, sein Gefieder ist ganz normal aufgeplustert und die Silhouette wirkt rund.
Wellensittich Orpheus ist krank und hat sein Gefieder deshalb sehr stark aufgeplustert, es zeigt einige 'Ecken und Kanten'.
Wellensittich Orpheus ist krank und hat sein Gefieder deshalb sehr stark aufgeplustert, es zeigt einige ‚Ecken und Kanten‘.

In der Abbildung, die den erkrankten Vogel zeigt, wirkt seine Silhouette „unrund“ und sie weist an mehreren Stellen „Kanten“ auf. Dort sind die Federn extrem weit aufgestellt, sodass sich Zwischenräume im Gefieder gebildet haben. Besonders deutlich ist dies am Kopf des Vogels zu erkennen, er ist außerdem zwischen die Schultern gezogen (vgl. aufrechte Kopfhaltung beim ersten Foto), was typisch für körperliches Unwohlsein ist. Die Flügel ragen kantig aus der Silhouette, siehe Pfeil. Am Bauch bildet das Gefieder ebenfalls einen Buckel. Noch stärker ist die Wölbung am Kropf (1) ausgeprägt. Aber auch an jener Stelle, an der das gelbe Nackengefieder an das grüne Rückengefieder grenzt (2), ist in der Silhouette eine Kante zu sehen.

Die beiden folgenden Abbildungen zeigen noch einmal denselben Vogel aus einer anderen Perspektive. Auf dem ersten ist er gesund, auf dem zweiten leidet er an einer beginnenden Erkrankung:

Am geraden Rückengefieder lässt sich gut erkennen, dass Wellensittich Orpheus gesund und fit ist.
Am geraden Rückengefieder lässt sich gut erkennen, dass Wellensittich Orpheus gesund und fit ist.
Wellensittich Orpheus ist krank und hat deshalb sein Gefieder stark aufgeplustert, wodurch vor allem der Rücken sehr voluminös und kantig wirkt.
Wellensittich Orpheus ist krank und hat deshalb sein Gefieder stark aufgeplustert, wodurch vor allem der Rücken sehr voluminös und kantig wirkt.

Zittrig und kalt

Wenn ein Vogel zittert und ihm kalt ist, obwohl die Raumtemperatur ausreichend hoch ist, dann liegt sehr wahrscheinlich eine Erkrankung bei dem Tier vor.
Wenn ein Vogel zittert und ihm kalt ist, obwohl die Raumtemperatur ausreichend hoch ist, dann liegt sehr wahrscheinlich eine Erkrankung bei dem Tier vor.

Kranke Vögel haben meist Untertemperatur (Hypothermie), also weniger als 41 Grad Celsius, und zittern am gesamten Körper, was am aufgeplusterten Federkleid meist leicht zu erkennen ist. Ob ein Tier tatsächlich friert, können Sie bei einem zahmen Vogel außerdem problemlos feststellen, indem Sie die Temperatur der Füße kontrollieren. Hat das Tier auffallend kalte Füße und wirkt es dabei matt, ist es mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit krank.

Je nachdem, woran ein Vogel leidet, atmet er schwer und die Schwanzfedern wippen bei jedem Atemzug sichtbar auf und ab. Beobachten Sie dies bei einem Vogel, könnte eine (beginnende) Infektion der Atemwege die Ursache für die Symptome sein. Aber auch Tiere, die unter Schmerzen leiden oder deren Verdauungssystem erkrankt ist, zeigen mitunter diese gepresste, angestrengte Atmung. Darüber hinaus kann schweres Atmen auftreten, wenn sich im Körper eine Schwellung oder ein Tumor befindet, wodurch zu wenig Platz für die Atmungsorgane zur Verfügung steht.

Ab zum Tierarzt!

Haben Sie festgestellt, dass es Ihrem Vogel offenkundig nicht gut geht, sollten Sie ihn so schnell wie möglich von seinen Artgenossen isolieren, in einem Krankenkäfig unterbringen und umgehend zu einem kompetenten Tierarzt bringen. Woran auch immer Ihr Vogel leiden mag – nur Ihr Tierarzt wird anhand einer Untersuchung des Tieres und Ihrer Beschreibung seines Verhaltens eine sichere Diagnose stellen können. Zögern Sie den Besuch des Tierarztes deshalb nicht unnötig hinaus, da bei den meisten Erkrankungen im Anfangsstadium die größte Chance auf Heilung besteht. Begehen Sie bitte nicht den Fehler, erst einmal in Internetforen oder sozialen Netzwerken nachzufragen, was Sie tun sollten. Ein sofortiger Tierarztbesuch ist in den allermeisten Fällen die beste Wahl!

Weiterführende Lesetipps
Schmerzen erkennen

Schmerzen erkennen

Lernen Sie typische Merkmale kennen, die bei Vögeln auf Schmerzen hindeuten
Was Kothäufchen verraten

Was Kothäufchen verraten

Farbe, Konsistenz und Anordnung der Kothäufchen spiegeln den Gesundheitszustand wider
Was die Fußtemperatur verrät

Was die Fußtemperatur verrät

Anhand der Temperatur der Füße eines Vogels sind oft Rückschlüsse auf seine Gesundheit möglich
Unwohlsein

Unwohlsein

Typische Verhaltensweisen der Wellensittiche bei Unwohlsein

Weitere verfügbare Sprache: