Unterflügelekzeme (EMA-Komplex)

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Anfangsstadium eines Unterflügelekzems (EMA-Ekzems) bei einem Unzertrennlichen.
Anfangsstadium eines Unterflügelekzems (EMA-Ekzems) bei einem Unzertrennlichen.

Bei vielen Papageien und Sittichen können Ekzeme unter den Flügeln auftreten, deren Behandlung schwierig ist. Diese Hautveränderungen sind für die betroffenen Vögel überaus schmerzhaft und unangenehm, weshalb sie unbedingt von einem vogelkundigen Tierarzt behandelt werden sollten.

Weil diese Ekzeme früher häufig bei Wellensittichen und Unzertrennlichen beobachtet wurden, bezeichnete man die Erkrankung als EMA-Syndrom. Der erste Wortbestandteil ist die Abkürzung für „Ekzema Melopsittacus et Agapornis“. Er setzt sich demnach unter anderem aus Teilen der wissenschaftlichen Namen der Vogelarten zusammen: Melopsittacus undulatus ist der wissenschaftliche Name des Wellensittichs und Agapornis ist der Gattungsname der Unzertrennlichen.

Heute wird stattdessen häufig die Bezeichnung EMA-Komplex verwendet. Dabei deutet der Namensbestandteil „Komplex“ an, dass es sich um einen Sammelbegriff für Hautprobleme handelt, die verschiedene Ursachen haben können und allesamt zu denselben schweren Ekzemen führen können. Hierbei ist aber unbedingt zu beachten, dass trotz des Namens nicht nur Wellensittiche und Unzertrennliche von den Ekzemen betroffen sein können.

Typische Symptome der Ekzeme des EMA-Komplexes

Sehr häufig nehmen die schmerzhaften Hautveränderungen ihren Anfang unter den Flügeln. Bei einigen betroffenen Tieren wird die Haut dort zunächst trocken und rissig, was von starkem Juckreiz begleitet wird. Bald schwillt die Haut an und die Ekzeme beginnen zu nässen. Die kleinen Federn, die sich normalerweise in dieser Körperregion befinden, fallen aus oder werden von den Vögeln ausgerissen, weil sie versuchen, sich dadurch Linderung zu verschaffen. Damit verschlimmern sie jedoch leider ihre eigene Lage.

Denn ist die vom Ekzem betroffene Haut nackt, ist sie mechanischen Reizen ausgesetzt und reagiert auf das Reiben an der Flanke meist damit, dass sich die Hauterkrankung weiter verschlimmert. In vielen Fällen beginnen die Vögel spätestens in diesem Stadium damit, die schmerzende und juckende Körperpartie mit dem Schnabel zu bearbeiten. Sie beißen sich blutig und es besteht die Gefahr, dass sich Keime wie Bakterien oder Pilze in die Wunden setzen – eine Entzündung entsteht. Kommt es zu einer solchen Sekundärinfektion, leiden die Vögel zusehends mehr unter Schmerzen und Juckreiz, was nicht selten dazu führt, dass sie umliegende Hautbereiche ebenfalls blutig beißen.

Bei einigen Tieren heilen die Wunden teilweise und werden dann aber beim nächsten stärkeren Juckreizschub erneut aufgebissen, sodass sich die Haut mit der Zeit verdickt. Das wiederum führt zu noch mehr Reibung in der betroffenen Körperregion. Für die Vögel fühlt sich dies unangenehm an, weshalb sie in die veränderte Haut beißen und sich weitere Wunden zufügen. Die Tiere sind somit in einem sich selbst verstärkenden Teufelskreis gefangen.

Diese Ekzeme können ein- oder beidseitig auftreten und sich so stark ausweiten, dass jeweils der gesamte Flügel betroffen ist. Manche Vögel beißen sich zudem die Flanken blutig. Viele der an Ekzemen des EMA-Komplexes leidenden Tiere können kaum noch fliegen und sind durch den häufigen Blutverlust sowie den permanenten Schmerz und Juckreiz geschwächt. Denn eines ist sicher: Wer sich so schlecht fühlt, kann meist nicht gut schlafen und verliert dadurch weitere Kraft.

Auslöser der Ekzeme des EMA-Komplexes

Aufgrund von Schmerzen und Juckreiz hat dieser Unzertrennliche sein Unterflügelekzem mit dem Schnabel bearbeitet.
Aufgrund von Schmerzen und Juckreiz hat dieser Unzertrennliche sein Unterflügelekzem mit dem Schnabel bearbeitet.

Experten haben lange Zeit geforscht, um einen spezifischen Auslöser für diese schweren Ekzeme zu finden. Inzwischen weiß man jedoch, dass es nicht nur eine mögliche Ursache gibt. Vielmehr sind es verschiedene Faktoren, die entweder einzeln oder im Zusammenspiel die für den EMA-Komplex typischen Beschwerden hervorrufen.

Stress gilt als einer der hauptsächlichen auslösenden Faktoren. Allerdings dürfte Aufregung allein bei ansonsten gesunden Tieren nur in seltenen Fällen derart schwere Konsequenzen haben. Vielmehr ist es so, dass sehr viele der betroffenen Vögel Organveränderungen und damit verbundene Fehlfunktionen aufweisen, die den Stoffwechsel und die Entgiftung des Körpers stören. Arbeiten beispielsweise die Nieren oder die Leber nicht mehr ordnungsgemäß, sammeln sich Stoffwechsel-Abfallprodukte und Gifte im Körper an. Der Organismus versucht, diese Substanzen über die Haut auszuscheiden, was zu einer Veränderung des Hautbildes und nicht selten zu schweren Ekzemen führt. Deshalb sind Funktionsstörungen der inneren Organe bedeutende Risikofaktoren für das Entstehen der Ekzeme des EMA-Komplexes.

Weitere in Betracht kommende Ursachen sind Nährstoffmangel infolge einer zu einseitigen Ernährung, eine Besiedelung der Haut mit Bakterien oder Pilzen, eine allgemeine Schwäche des Immunsystems, eine chronische Vergiftung (zum Beispiel eine Zinkvergiftung) oder Allergien. Letztere treten tatsächlich auch bei Vögeln auf, sollten aber nicht weil es so herrlich einfach ist als pauschale Erklärung herangezogen werden, ohne dass intensiv nach einer anderen Ursache gesucht wurde. Oft stellen Tierärzte auch die „Diagnose“, die Ekzeme würden aufgrund einer angeborenen Hautschwächung auftreten („das ist so etwas wie Neurodermitis bei Menschen“). Aussagen wie diese sind viel zu diffus und lassen eher darauf schließen, dass der entsprechende Tierarzt wahrscheinlich nicht auf die Behandlung von Vögeln spezialisiert ist und nicht entsprechend intensiv nach der wirklichen Ursache geforscht hat. In einem solchen Fall ist es sinnvoll, eine Zweitmeinung eines wirklich vogelkundigen Tierarztes einzuholen.

Therapie

Die Aussichten auf Heilung sind bedauerlicherweise häufig sehr gering, sofern nicht sichergestellt wird, die tatsächliche Ursache für das Auftreten des Hautausschlags zu finden. Liegt beispielsweise eine Organschädigung vor, muss diese gezielt therapiert werden. Es reicht dann nicht aus, lediglich die Haut zu behandeln. Zeigt Ihr Vogel hartnäckige Unterflügelekzeme, sollten Sie deshalb unbedingt einen Vogel-Tierarzt zurate ziehen, der sich mit der breiten Palette möglicher Ursachen und den Behandlungsmöglichkeiten gut auskennt.

Organschäden oder -fehlfunktionen können in vielen Fällen durch eine Ernährungsumstellung und bestimmten Medikamenten gelindert werden. Welche Nahrungsmittel im jeweiligen Fall sinnvoll sind, entscheidet der behandelnde Tierarzt. Dies gilt auch dann, wenn nachweislich ein Nährstoffmangel oder eine allgemeine Schwächung des Immunsystems für die Hautausschläge verantwortlich ist.

Hat sich bei der Untersuchung gezeigt, dass sich Bakterien oder Pilze in den Wunden befinden, können Antibiotika oder Antimykotika (Mittel gegen Pilze) eingesetzt werden. Die Verabreichung erfolgt entweder per Spritze, in den Schnabel, über das Trinkwasser oder in manchen Fällen mittels einer Salbe, die lokal aufgetragen wird. Auch hier gilt, dass der Tierarzt die Darreichungsform sowie die Dosierung und Behandlungsdauer festlegt. Eine allgemeingültige Therapieempfehlung kann an dieser Stelle nicht erfolgen, jeder Fall muss individuell betrachtet werden.

Gibt es Anzeichen für eine Allergie, sollte der Halter schnellstmöglich herausfinden, welche Stoffe hierfür verantwortlich sind und sie rigoros aus dem Umfeld des Vogels verbannen oder von seinem Speiseplan streichen. Am besten erfolgt auch hier die Ursachenforschung in Absprache mit einem vogelkundigen Tierarzt.

Generell sollten Vögel, die an schweren Ekzemen leiden, die dem EMA-Komplex zugeschrieben werden, möglichst keinen Stress erleiden. Man sollte darauf verzichten, mit ihnen zu züchten und gewährleisten, dass sie nicht von aggressiven Artgenossen gemobbt werden. Es kann deshalb sinnvoll sein, das erkrankte Tier gemeinsam mit seinem Partnervogel vom Schwarm zu separieren. Falls der Partner den erkrankten Vogel stresst und die Beziehung somit nicht harmonisch ist, könnte dies negative Auswirkungen auf den Heilungsprozess haben. Gegebenenfalls muss dann in Erwägung gezogen werden, einen verträglicheren Partner für das erkrankte Tier zu finden.

Halskrausen – ja oder nein?

Damit er sein Unterflügelekzem nicht blutig beißt, trägt Rudi eine Halskrause.
Damit er sein Unterflügelekzem nicht blutig beißt, trägt Rudi eine Halskrause.

Um zu verhindern, dass sich betroffene Vögel wieder und wieder blutig beißen, kann es ratsam sein, ihnen eine Halskrause anzulegen. Es gibt verschiedene Modelle, von denen einige nach einer kurzen Gewöhnungszeit meist recht problemlos von den Tieren akzeptiert werden. Doch es sollte niemals der einzige „Behandlungsschritt“ sein, einem Vogel, der an einem schweren Ekzem leidet, einfach nur einen Halskragen anzulegen. Zwar kann er sich dann nicht mehr blutig beißen und oft heilt die Haut ein wenig. Doch der Vogel leidet sehr wahrscheinlich wie vor unter Juckreiz und Schmerzen, das Grundproblem ist also noch immer vorhanden. Es ist somit von allergrößter Bedeutung, die Ursache für das Ekzem zielgerichtet zu behandeln und dem Tier – falls erforderlich – als zusätzliche Therapiemaßnahme vorübergehend eine Halskrause anzulegen, damit sich die geschädigte Haut erholen kann. Nur in Einzelfällen und lediglich dann, wenn ein Tier mit einer Halskrause nachweislich keinerlei Probleme hat, kann das Tragen dieses Hilfsmittels eine Dauerlösung sein, aber eben auch nur dann, wenn zusätzlich der eigentliche Auslöser behandelt wird.

Wenn keine Therapie möglich ist …

Ein offenes Wort zum Schluss: In einigen Fällen richten sich die Vögel in ihrer Verzweiflung so übel zu, dass sie wiederholt Blut verlieren. Auch kann es vorkommen, dass trotz einer intensiven Ursachenforschung nicht zu ergründen ist, weshalb sich die schweren Ekzeme bilden. Ist keine gezielte Therapie möglich und lässt sich sogar unter Anleitung eines vogelkundigen Tierarztes über einen längeren Zeitraum keine Besserung erreichen, sollte man mit dem Arzt besprechen, ob es im individuellen Fall sinnvoll sein könnte, den schwer erkrankten und leidenden Vogel einzuschläfern. Dieser Schritt ist endgültig und für die meisten Halter sehr schwer, doch sollte man sich nicht vor dieser Möglichkeit verschließen, sofern man es mit einem hoffnungslosen Fall zu tun hat.

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Einige Krankheiten wie die Xanthomatose, allgemeine Ekzeme oder Tumoren können in bestimmten Stadien ähnliche Symptome verursachen. Ein Vogel-Tierarzt, der sich mit all diesen Erkrankungen auskennt, kann eine sichere Diagnose stellen, was sehr wichtig ist, um dem erkrankten Vogel zielgerichtet helfen zu können!