Niereninfektion (Nierenentzündung)

Achtung: Die auf Birds-Online.de angebotenen Texte und Bilder rund um das Thema Erkrankungen von Vögeln sind als Informationsquelle gedacht. Bitte bringen Sie Ihre erkrankten Vögel immer schnellstmöglich zu einem fachkundigen Tierarzt!
Der helle Urinanteil im ist bei diesem Häufchen eines Wellensittichs stark erhöht und zudem verflüssigt sowie schaumig, was auf ein Nierenproblem hindeutet.
Der helle Urinanteil im ist bei diesem Häufchen eines Wellensittichs stark erhöht und zudem verflüssigt sowie schaumig, was auf ein Nierenproblem hindeutet.

Im Laufe ihres Lebens erleiden manche Heimvögel eine Nierenerkrankung. Diese kann aufgrund unterschiedlicher Ursachen in Erscheinung treten, oft sind bakterielle Infektionen für die Gesundheitsprobleme verantwortlich. Bedauerlicherweise werden diese Nierenerkrankungen aber in einer Vielzahl der Fälle übersehen oder erst sehr spät erkannt, weil die Symptome oftmals falsch interpretiert werden. Vögel, die an einer Nierenentzündung leiden, scheiden häufig große Flüssigkeitsmengen aus. Zahlreichen Tierhalter und sogar einige Tierärzte halten diese flüssigen Ausscheidungen fälschlicherweise für Durchfall. Der Grund dafür ist, dass bei den nassen Ausscheidungen vor allem an den Kotanteil gedacht wird. Es wird übersehen, dass bei Vögeln Kot und Urin gemeinsam aus derselben Ausscheidungsöffnung abgegeben werden. Wenn zu feuchte Ausscheidungen aus dem Vogel herauskommt, wird also in vielen Fällen deshalb gar nicht erst in Erwägung gezogen, dass dies an einer enormen Menge Urin liegen könnte.

In diesem Kapitel erfahren Sie, wie Sie solche großen Urinkleckse von echtem Durchfall unterscheiden können. Um den Blick hierfür zu schulen, ist es wichtig zu wissen, wie der Urin der Wellensittiche normalerweise aussieht. Bei vielen anderen beliebten Heimvogelarten, die sich hauptsächlich von Saatenmischungen ernähren, verhält es sich übrigens ähnlich. Dagegen sind die Kotballen bei Weichfressern und Vögeln, die sehr viel Frischkost oder gar Brei zu sich nehmen, generell sehr viel feuchter als bei Wellensittichen. Die in diesem Kapitel gezeigten Bilder sind in Bezug auf solche Vogelarten deshalb keine verlässliche Referenz. Bitte bedenken Sie dies beim Beurteilen der Zusammensetzung der Ausscheidungen Ihrer Vögel.

Eine Nierenerkrankung bei einem Wellensittich erkennen

Normaler Wellensittichkot hat einen festen, dunklen Teil und einen hellen, cremigen und nicht zerfließenden Urinanteil
Normaler Wellensittichkot hat einen festen, dunklen Teil und einen hellen, cremigen und nicht zerfließenden Urinanteil

Gemeinsam mit dem Kot setzen Wellensittiche ihren Urin ab, somit setzt sich ein Kothäufchen aus beidem zusammen. Normalerweise ist der Urin von cremiger Konsistenz und weißlich gefärbt. Nimmt ein Vogel regelmäßig ein Vitaminpräparat mit hohem Vitamin-B-Anteil zu sich oder frisst er stark färbende Frischkost, kann der Urin gelblich bis orange gefärbt sein. Der dunkle Kotanteil umgibt diese cremigen, für gewöhnlich recht festen Urinausscheidungen. Bei einem gesunden Wellensittich sollten die Kothäufchen und der Urinanteil unter normalen Umständen also fest und geruchsneutral sein und innerhalb recht kurzer Zeit eintrocknen.

Trinkt ein Vogel besonders viel oder hat er kurz zuvor größere Mengen Frischkost zu sich genommen, ist es wie bei uns Menschen: die vom Körper produzierte Urinmenge steigt vorübergehend. Diese Flüssigkeit wird vom Vogelkörper häufig gemeinsam mit dem Kot ausgeschieden, wodurch die Kotbällchen insgesamt relativ nass wirken. Schaut man jedoch genau hin, erkennt man, dass der Kotanteil eher fest ist, wohingegen der Urin nicht cremig, sondern flüssig ist. Bei echtem Durchfall wäre es anders, denn dann wäre der dunkle Kotanteil stark verflüssigt.

Nach dem Verzehr größerer Mengen flüssigkeitsreicher Frischkost ist es bei Wellensittichen und anderen Heimvögeln normal, dass sie Urintropfen ausscheiden, die keinerlei Kotanteil enthalten. Dies ist jedoch bei gesunden Tieren, die zuvor viel Flüssigkeit zu sich genommen haben, meist nur über einen sehr kurzen Zeitraum zu beobachten. Die ausgeschiedene Urinmenge normalisiert sich bei einem gesunden Vogel spätestens einige Stunden nach dem Verzehr der flüssigkeitshaltigen Frischkost von selbst wieder. Das gilt übrigens auch dann, wenn ein Vogel wegen großer Aufregung vorübergehend große Urinmengen ausgeschieden hat – auch das kann man in Stresssituationen immer wieder bei Wellensittichen beobachten.

Eine echte Störung der Nierenfunktion, zum Beispiel verursacht durch eine Niereninfektion, liegt meist vor, wenn das Tier über längere Zeit, also über einen ganzen Tag oder länger, zu nasse Kotballen absetzt. In extremen Fällen tropft der Urin über einen längeren Zeitraum regelrecht aus einem Vogel heraus und es wird dabei keinerlei Kot ausgeschieden. Man erkennt in einem solchen Fall meist sogar als Laie, dass der Urin erheblich zu flüssig ist. Tierärzte sprechen im Zusammenhang mit diesem vermehrten Urinausscheiden von einer sogenannten Polyurie.

Hat ein Wellensittich Frischkost mit hohem Flüssigkeitsanteil gefressen, kommt es danach zu einer gesteigerten Urinausscheidung, die leicht mit den Symptomen einer Nierenerkrankung verwechselt werden kann.
Hat ein Wellensittich Frischkost mit hohem Flüssigkeitsanteil gefressen, kommt es danach zu einer gesteigerten Urinausscheidung, die leicht mit den Symptomen einer Nierenerkrankung verwechselt werden kann.
Diese Wellensittich-Kothäufchen sind stark zerlaufen und sehr flüssig. Ihr Urinanteil (heller Anteil) ist erhöht.
Diese Wellensittich-Kothäufchen sind stark zerlaufen und sehr flüssig. Ihr Urinanteil (heller Anteil) ist erhöht.
Scheidet ein Vogel viel Urin aus, bleibt dieser oft an den Federn in der Kloakengegend kleben und verfärbt sie gelblich bis grünlich-gelb.
Scheidet ein Vogel viel Urin aus, bleibt dieser oft an den Federn in der Kloakengegend kleben und verfärbt sie gelblich bis grünlich-gelb.

Es gibt ein weiteres Symptom, das bei Vögeln, die unter einer Nierenerkrankung leiden, häufig zu beobachten ist: Aufgrund der vermehrten Urinausscheidung verklebt das Gefieder rund um die Kloake. Es ist feucht und beginnt nach kurzer Zeit unangenehm zu riechen – der stechende Uringeruch fällt meist schon aus einigen Zentimetern Entfernung auf. Zudem verfärben sich die bei Wellensittichen normalerweise weißen Dunen in der Kloakengegend durch den Urin oft gelblich bis grünlich. In manchen Fällen spritzt der Urin regelrecht mit hohem Druck aus der hinteren Körperöffnung der Vögel. Einige Tiere leiden darüber hinaus unter juckenden Hautekzemen oder Hautveränderungen rund um die Kloake, weil der Urin die Haut reizt. Sind die Nieren sehr stark geschädigt, kann es zu Blutungen der Organe kommen und der vom Vogel abgesetzte Urin enthält dann Blutbeimengungen.

Abhängig davon, welche Art von Erkrankung vorliegt, können die Nieren stark geschwollen sein und im Körper des betroffenen Vogels so viel Raum einnehmen, dass sie entlang der Wirbelsäule auf Nerven drücken. Hierdurch kann es dazu kommen, dass die Vögel Schmerzen im Rücken und in den Beinen erleiden. Denn wenn die Nerven, die diese Körperteile durchziehen, weiter oben im Körper gequetscht werden, strahlt der starke Schmerz oft bis in den Fuß. Deshalb hinken die Vögel beim Gehen und schonen nicht selten das schmerzende Bein, indem sie es nicht belasten und an den Körper ziehen. In extremen Fällen können sogar Lähmungen der Füße die Folge sein. So mancher Mensch kennt diese gesundheitlichen Probleme von einem Bandscheibenvorfall in der Lendenwirbelsäule …

Ursachen von Nierenentzündungen

Der Urin ist mit Blut durchmischt – der Wellensittich, der diese Flüssigkeit ausgeschieden hat, ist kurz danach an akutem Nierenversagen gestorben.
Der Urin ist mit Blut durchmischt – der Wellensittich, der diese Flüssigkeit ausgeschieden hat, ist kurz danach an akutem Nierenversagen gestorben.

Eine Nierenentzündung, der medizinische Fachbegriff dafür lautet Nephritis, kann bei Heimvögeln eine Reihe unterschiedlicher Ursachen haben. Relativ häufig sind Fehler in der Ernährung des Vogels ein Auslöser für eine schwere Erkrankung der Nieren. Zu viel Fett und Eiweiß, aber auch zu viel Salz (zum Beispiel aus menschlicher Nahrung stammend), führen bei Vögeln nicht selten zu Schädigungen und später zu Infektionen der Nieren. Eine weitere mögliche Ursache ist eine Störung der Trinkwasseraufnahme. Trinkt ein Vogel zu wenig, werden die Nieren nicht ausreichend durchgespült – sie dehydrieren, sagen Ärzte. Dieses Austrocknen kann dazu führen, dass das Gewebe des Organs anfällig für Krankheitserreger wird. Diese können sich dann besonders leicht vermehren. Deshalb sollten Sie regelmäßig kontrollieren, ob Ihre Vögel genügend Trinkwasser aufnehmen. Dies gilt umso mehr, falls Sie dieses mit einem Vitaminzusatz oder einem Medikament vermischt haben, wodurch sich der Geschmack des Wassers ändert.

Auch die Aufnahme mancher Gifte kann zu schweren Schädigungen der Nieren führen, die an sich schon gefährlich sind. Obendrein machen sie die Organe sehr anfällig für bakterielle Infektionen. Darüber hinaus kann eine Verabreichung bestimmter Medikamente über einen längeren Zeitraum bei Vögeln zu Nierenschäden führen, die ihrerseits oft wiederum zur Folge haben, dass sich in den vorgeschädigten Organen Bakterien einnisten können.

Diagnose

Mithilfe von Blutuntersuchungen können viele gesundheitliche Probleme bei Vögeln erkannt werden. © frolicsomepl/Pixabay
Mithilfe von Blutuntersuchungen können viele gesundheitliche Probleme bei Vögeln erkannt werden. © frolicsomepl/Pixabay

Nur ein Tierarzt wird sicher herausfinden können, weshalb ein Vogel über einen längeren Zeitraum vermehrt Urin ausscheidet und ob seine Beschwerden tatsächlich auf eine durch Bakterien verursachte Nierenentzündung zurückzuführen sind oder gegebenenfalls auf einen anderweitigen Nierenschaden hindeuten. Eine Heilung einer Niereninfektion ist bedauerlicherweise nicht in jedem Fall möglich. Oft können Sie zusammen mit Ihrem Tierarzt lediglich für eine Linderung der Beschwerden Ihres Vogels sorgen, wenn die Niereninfektion bereits chronisch geworden ist.

Vogelkundigen Tierärzten stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, um eine sichere Diagnose zu stellen. Durch das Abtasten eines Vogels oder indem ein Röntgenbild angefertigt wird, können eventuell vorhandene Schwellungen der Nieren erkannt werden. Kot- und Urinproben können in einem Labor untersucht werden und es ist möglich, die Nierenwerte im Blut eines Vogels zu bestimmen. Für letzteres ist jedoch eine Blutabnahme zwingend erforderlich.

Stellt sich heraus, dass eine bakterielle Infektion zu den Gesundheitsproblemen führt, muss häufig ein Antibiotikum verabreicht werden. Darüber hinaus können Halter in vielen Fällen einige weitere Schritte ergreifen, um ihren erkrankten Vögeln zu helfen.

Unterstützende Maßnahmen bei einer Niereninfektion

Meiner Erfahrung nach wirkt sich die Behandlung mit Wärme oft positiv auf das Befinden eines kranken Vogels aus. Da Vögel, die an einer Niereninfektion leiden, meist sehr durstig sind, sollten Sie diesem gesteigerten Flüssigkeitsbedarf immer Rechnung tragen und den Tieren frisches, sauberes Wasser in ausreichend großen Mengen zur Verfügung stellen. Auch ist es im Fall einer Nierenentzündung häufig ratsam, ein Elektrolytpräparat oder Tyrodelösung, siehe unten, ins Trinkwasser zu geben. Dadurch wird der Vogel gestärkt, indem er über das Wasser die zuvor vermehrt ausgeschiedenen Mineralstoffe und Spurenelemente in den Körper zurückbringen kann. Befragen Sie hierzu jedoch bitte in jedem Fall Ihren Tierarzt, er kann Ihnen im Einzelfall ein geeignetes Präparat empfehlen.

Achtung
Manche Aufbaupräparate dürfen Vögeln bei einer Niereninfektion nicht verabreicht werden, weil sie die durch die Erkrankung geschwächten Organe belasten! Sprechen Sie mit Ihrem Tierarzt darüber, welches Präparat Sie verabreichen möchten und klären Sie, ob es bedenkenlos verwendet werden kann.
Ein Tee aus Brennnesseln kann bei einer Nierenerkrankung als unterstützende Maßnahme sehr hilfreich sein. © pavlofox/Pixabay
Ein Tee aus Brennnesseln kann bei einer Nierenerkrankung als unterstützende Maßnahme sehr hilfreich sein. © pavlofox/Pixabay

Mit so manchem Kräutertee, der die Nierenfunktion unterstützt, kann man einem erkrankten Vogel ebenfalls helfen; dies gilt beispielsweise für Brennnesseltee. Bedenken Sie dabei jedoch, dass Kräutertees auch Nebenwirkungen haben können. Wie stark diese ausfallen und wie sie sich bei Vögeln äußern, hängt vom Einzelfall ab, weshalb das Verabreichen von Tees mit dem behandelnden Tierarzt oder Tierheilpraktiker abgestimmt werden sollte.

Eine Birds-Online-Leserin hat mir mitgeteilt, dass sie mit einem homöopathischen Präparat bei ihrem nierenkranken Vogel sehr gute Erfolge erzielt hat. Sie verabreichte ihrem Vogel täglich fünf Globuli (Kügelchen) des Präparates Berberis D4. Dieses Mittel soll die Nierenfunktion verbessern und die Ausscheidung harnempfindlicher Substanzen anregen können. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass das Mittel nicht bei jedem Vogel erfolgreich zum Einsatz kommen kann, denn in der Homöopathie ist es nicht üblich, nach Symptomen zu behandeln, sprich Nierenproblem = Präparat x, sondern die Wirkstoffauswahl individuell auf den jeweiligen Patienten abzustimmen. Deshalb ist es wichtig, vor dem Einsatz eines homöopathischen Mittels Rücksprache mit jemandem vom Fach, also beispielsweise mit einem Tierheilpraktiker, zu halten.

Tyrodelösung

Liegt eine Nierenerkrankung vor, so ist es in vielen Fällen empfehlenswert, dem betroffenen Vogel eine Nierenschutzlösung, auch Tyrodelösung genannt, anstelle des Trinkwassers zu verabreichen oder dieses mit der Lösung zu mischen. Diese Lösung kann man beim Tierarzt oder in der Apotheke herstellen lassen. Tyrodelösung besteht aus:

  • 8,0 Gramm Natriumchlorid (NaCl)
  • 0,13 Gramm Calciumchlorid (CaCl2)
  • 0,2 Gramm Kaliumchlorid (KCl)
  • 0,1 Gramm Magnesiumchlorid (MgC2)
  • 0,05 Gramm Natriumhydrogenphosphat (Na2HPO4)
  • 1,0 Gramm Natriumhydrogencarbonat (NaHCO3)
  • 1 Gramm Glucose

für die Pulvermenge, die man auf einen Liter destilliertes Wasser gibt.

In eine luftdichte Flasche gefüllt und im Kühlschrank gelagert, ist die Lösung etwa drei Tage haltbar. Es empfiehlt sich daher, immer nur kleine Mengen anzumischen, also beispielsweise ein Viertel der Pulvermenge mit 250 ml Wasser.

Trinkt ein Vogel diese Lösung nicht, sollte man ihm sein gewohntes Trinkwasser reichen und ihm die Lösung mehrmals täglich tröpfchenweise direkt in den Schnabel eingeben.

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Vermehrte Urinausscheidung, Blut im Urin und starke Nierenschwellungen, die zu Bewegungseinschränkungen der Beine führen, können bei Vögeln auch auf das Vorhandensein eines Nierentumors hindeuten. Erfahrene Tierärzte erkennen solche Tumore meist sehr zuverlässig. In den meisten Fällen ist es bedauerlicherweise nicht möglich, die betroffenen Vögel zu heilen.

Darüber hinaus kann bei Vögeln Diabetes auftreten und mit einem vermehrten Trinken sowie dem damit verbundenen Ausscheiden großer Mengen Urin verbunden sein. Vogelkundige Tierärzte können eine entsprechende Diagnose stellen.