Pilzinfektion (Candidiasis)

Achtung: Die auf Birds-Online.de angebotenen Texte und Bilder rund um das Thema Erkrankungen von Vögeln sind als Informationsquelle gedacht. Bitte bringen Sie Ihre erkrankten Vögel immer schnellstmöglich zu einem fachkundigen Tierarzt!
Dieses Wellensittichweibchen litt an einer schweren Candidiasis.
Dieses Wellensittichweibchen litt an einer schweren Candidiasis.

Als Folge einer Behandlung mit Antibiotika oder aufgrund einer anderweitig verursachten Störung der natürlichen Darmflora sowie infolge einer Schwächung des Immunsystems können sich im Verdauungstrakt von Heimvögeln Pilze stark vermehren, die dort meist in geringer Zahl natürlich vorkommen und unter anderen Umständen vom Körper in Schach gehalten werden. In den meisten Fällen handelt es sich bei diesen Erregern um Hefepilze (Candida spp.). Diese Pilze besiedeln vornehmlich den Darm, den Kropf sowie den Rachen der Vögel. Vermehren sie sich sehr stark und beeinträchtigen sie die Gesundheit eines Vogels, sprechen Tierärzte bei einer solchen Pilzinfektion innerhalb Verdauungstraktes ganz allgemein von einer sogenannten Candidiasis.

Warum kann eine Pilzinfektion spontan auftreten?

Kaum eine Umgebung ist vollständig keimfrei. Das gilt vor allem für Wohnhäuser, in denen Vögel gehalten werden, als auch für Außenvolieren. Verschiedene Keime wie Bakterien oder Pilze gehören zur normalen Mikroflora und verursachen für gewöhnlich keinerlei gesundheitliche Probleme, sofern sie nicht Überhand nehmen. Im Verdauungstrakt eines gesunden Vogels sind normalerweise immer einige dieser typischerweise in der Umgebung vorkommenden Pilze beziehungsweise deren Sporen vorhanden. Ihre natürlichen Gegenspieler im Vogeldarm sind unter anderem die dort siedelnden gutartigen Darmbakterien. Auch im Kropf können vereinzelte Hefepilze vorhanden sein, die mit der Nahrung aufgenommen werden. So besiedeln Hefen zum Beispiel frisches Obst und vermehren sich darauf im Sommer rasend schnell. Bei einem gesunden Vogel können sich die über das Futter in den Kropf gelangenden Hefepilze für gewöhnlich nicht stark vermehren und verursachen somit keinerlei Beschwerden.

Durch eine Schwächung des Immunsystems – zum Beispiel durch Fehlernährung, eine kräftezehrende Mauser oder lang andauernden Stress – sowie durch die Gabe von Antibiotika sterben viele der gutartigen, nützlichen Darmbakterien ebenso wie die im Rahmen der Therapie vornehmlich anvisierten, krank machenden Bakterien ab. Eventuell dort vorhandene Hefepilze können sich deshalb ungehindert im Darm des Vogels vermehren und ausbreiten. Auch den Kropf können sie in einer solchen Situation befallen oder sich dort verstärkt vermehren. Ähnliches gilt, wenn ein Vogel, dessen Immunsystem geschwächt ist, Futter mit starkem Hefepilzbefall zu sich nimmt. Im Körper eines Vogels mit geschwächter Immunabwehr besiedeln die Hefepilze die empfindlichen Schleimhäute, da dort für Pilze angenehme, feucht-warme Bedingungen herrschen.

Dass Infektionen allem Anschein nach ganz spontan auftreten, liegt häufig daran, dass der Halter übersieht, wie stark Frischkost mit Hefepilzen belastet ist. Oder aber ein Vogel erleidet für seinen Halter unmerklichen Stress, der sein Immunsystem schwächt – von außen ist dies meist nicht erkennbar. Somit scheinen Hefepilzinfektionen oft wie aus dem Nichts aufzutreten. Tatsächlich stecken aber in der Mehrheit der Fälle eine vorangegangene Schwächung der Immunabwehr oder mangelnde Futterhygiene dahinter.

Verschiedene Namen, dieselbe Erkrankung

Je nachdem, wo sich die Hefepilze im Körper ausbreiten, bezeichnet man die daraus entstehende Erkrankung unterschiedlich. Liegt die Hauptbesiedlung mit Hefepilzen im Rachenraum, spricht man von einem sogenannten Soor, wie er beispielsweise auch häufig bei Säuglingen und Kleinkindern auftritt. Ist überwiegend die Darmschleimhaut vom Pilz befallen, handelt es sich um einen Darmpilz oder genauer gesagt eine Pilzinfektion des Darms. Ferner tritt bei Vögeln vergleichsweise häufig ein Kropfpilz auf, wobei es sich um eine Pilzerkrankung des Kropfes handelt. In manchen Fällen nisten sich Hefepilze in nässenden Hautveränderungen ein und verschlimmern diese zusätzlich.

Ein Fall für den Tierarzt

Das Gefieder dieses Wellensittichmännchens ist verklebt, weil der Vogel Schleim erbrochen hat; dies geschah aufgrund einer Candidiasis.
Das Gefieder dieses Wellensittichmännchens ist verklebt, weil der Vogel Schleim erbrochen hat; dies geschah aufgrund einer Candidiasis.

Ein Befall des Vogelkörpers mit Hefepilzen sollte unbedingt zielgerichtet behandelt werden, weil sie dem Organismus der Vögel großen Schaden zufügen können. Deshalb ist es wichtig, im Verdachtsfall umgehend einen fachkundigen Tierarzt aufzusuchen. Doch warum sind Hefepilze für Vögel so problematisch? Zunächst einmal verursachen sie im Fall der Besiedlung des Verdauungstraktes lokale Entzündungen der Schleimhäute, was häufig zu Durchfällen und Erbrechen führt. Beides belastet den betroffenen Vogel und verursacht Unwohlsein oder sogar Schmerzen. Wiederholtes Erbrechen führt zudem oftmals zu einer schnellen und in vielen Fällen lebensbedrohlichen Unterernährung.

Mit ihren Wurzelfäden perforieren die Pilze die dünne, empfindliche Schleimhaut, auf der sie siedeln. Mittels ihrer Wurzelfäden gelangen sie an Nährstoffe, die sie dem Vogelkörper entziehen. Oft reichen diese Wurzelfäden bis in die Wände der Blutbahnen, sodass die Pilze das Blut der Vögel als Nährstoffquelle anzapfen können. Doch auch der Nahrungsbrei, der sich im Verdauungstrakt der Vögel befindet, ernährt die Hefepilze und sie gedeihen vor allem dann sehr gut, wenn die vom Vogel aufgenommene Nahrung zuckerhaltig ist.

Ein weiterer Aspekt wird für den Vogel zum Problem: Die von den Pilzen ausgeschiedenen, teils giftigen Stoffwechselprodukte, Mykotoxine genannt, gelangen über die Wurzelfäden in die Blutbahn des erkrankten Tiers. Darm- und Kropfpilze führen daher in manchen Fällen aufgrund der von ihnen ausgeschiedenen Pilzgifte zu irreparablen Schäden an der Leber oder an anderen Organen.

Symptome

Da bei Wellensittichen sowie bei anderen Heimvogelarten häufig der Kropf von Pilzen besiedelt wird, übergeben sich erkrankte Tiere in vielen Fällen. Oft kommen dabei große Mengen Schleim zum Vorschein. Das Allgemeinbefinden der Vögel ist infolge des wiederholten Erbrechens gestört, sie sitzen mit stark aufgeplustertem Gefieder da und nehmen kaum am Alltag ihrer Artgenossen oder ihrer Bezugspersonen teil. Etliche erkrankte Vögel schlafen viel und verweigern die Nahrungsaufnahme. Manchmal stauen sich im Kropf Gase, die von den Hefepilzen erzeugt werden. Man kann in solchen Fällen dann eine Schwellung des Kropfes beobachten. Doch Achtung, ein aufgeblähter Kropf kann auch aufgrund anderer Erkrankungen entstehen und wird nicht zwangsläufig durch eine Hefepilzinfektion hervorgerufen.

Infolge einer Hefepilzerkrankung litt dieses Wellensittichweibchen an starkem Erbrechen.
Infolge einer Hefepilzerkrankung litt dieses Wellensittichweibchen an starkem Erbrechen.
Der Kropf dieses Wellensittichs ist geschwollen und durch eine Pilzinfektion aufgegast, es sind sogar Gasblasen durch die Haut zu erkennen.
Der Kropf dieses Wellensittichs ist geschwollen und durch eine Pilzinfektion aufgegast, es sind sogar Gasblasen durch die Haut zu erkennen.

Ist der Darm eines Vogels mit Pilzen besiedelt, kann es zu Durchfällen kommen; diese können mitunter recht schmierig sein. Weitere mögliche Symptome einer Darmpilzinfektion sind Appetitlosigkeit, Störungen des Allgemeinbefindens sowie verstärkte Müdigkeit. Das Tier wirkt abgeschlagen und sondert sich von der Gruppe ab. Mitunter sind durch die im Darm entstehenden Gase gluckernde Geräusche aus dem Bauch eines erkrankten Vogels zu hören. Zudem kratzen sich manche Vögel, die an durch Darmpilze hervorgerufenem Durchfall leiden, häufig an der Kloake. Der Grund dafür ist, dass die Pilzgifte Hautreizungen in dieser Körperregion verursachen, die wiederum ein Brennen oder Juckreiz nach sich ziehen.

Achtung
Alle zuvor genannten Symptome sind zwar typisch für eine Pilzinfektion, sie können aber ebenso durch andere Krankheitserreger hervorgerufen werden. Ein Laie kann somit für gewöhnlich nicht erkennen, ob tatsächlich ein Pilz die Beschwerden seines Tiers verursacht. Deshalb sollten erkrankte Vögel schnellstmöglich einem nach Möglichkeit vogelkundigen Tierarzt vorgestellt werden, der einen Kropf- beziehungsweise Kloakenabstrich untersucht, um den Krankheitserreger nachzuweisen.

Behandlung

Zur Behandlung von Pilzinfektionen verwendet man beispielsweise Präparate, die den Wirkstoff Nystatin enthalten. Ihr Tierarzt muss einen erkrankten Vogel genau untersuchen, um ein Medikament mit einer angemessen hohen Dosierung auswählen zu können. Während der Therapie sollte dem Vogel kein Zucker (enthalten beispielsweise in vielen Knabberstangen sowie in Obst) gereicht werden, da sich Hefepilze von Zucker ernähren. Die Behandlung mit einem sogenannten Antimykotikum sollte deshalb stets durch eine zuckerfreie Diät ergänzt werden, um die Pilze quasi auszuhungern.

In Einzelfällen kann nach Absprache mit dem behandelnden Tierarzt trotz einer solchen Erkrankung Obst gereicht werden, allerdings für gewöhnlich nur in kleinen Mengen. Ob ein Vogel im individuellen Fall Obst essen darf oder nicht, ist deshalb beim Tierarztbesuch abzuklären. Wenn Sie sich nicht sicher sind, dann streichen Sie Obst lieber vorerst vom Speiseplan Ihres erkrankten Vogels und bieten ihm stattdessen frisches, zuckerarmes Gemüse (vermeiden Sie Mais!) und Grünfutter aus der Natur an.

Lesetipp
Futter bei Megabakterien- und Pilzerkrankungen

Futter bei Megabakterien- und Pilzerkrankungen

Informationen über die Ernährung bei Megabakterienbefall und Pilzerkrankungen

Andere Pilzerkrankungen

Gelegentlich kann es zu einer Infektion des Kropfes kommen, bei der sich Schimmelpilze der Gattung Mucor im Verdauungstrakt eines Vogels ansiedeln. Da diese Pilzarten bei Vögeln meist eher selten zu Erkrankungen führen, werden entsprechende Tests bei Laboruntersuchungen oft ausgelassen. Sollte einer Ihrer Vögel an wiederholtem Erbrechen leiden und sind trotzdem keine gängigen Keime in den Proben gefunden worden und konnten zudem andere organische Ursachen ausgeschlossen werden, empfiehlt es sich, einen weiteren Abstrich gezielt auf Schimmelpilze untersuchen zu lassen.

Bei Heimvögeln treten darüber hinaus wie bereits weiter oben erwähnt äußere Pilzinfektionen, also Hautpilze, auf. Diese sollten grundsätzlich möglichst rasch behandelt werden, da sie starken Juckreiz verursachen und oft dazu führen, dass sich das betroffene Tier durch Kratzen und Ausreißen der eigenen Federn selbst verletzt, siehe Kapitel über Ekzeme.


Weitere verfügbare Sprache: