Verdrehter Kopf

Achtung: Die auf Birds-Online.de angebotenen Texte und Bilder rund um das Thema Erkrankungen von Vögeln sind als Informationsquelle gedacht. Bitte bringen Sie Ihre erkrankten Vögel immer schnellstmöglich zu einem fachkundigen Tierarzt!

Ein verdrehter Kopf stellt bei einem Vogel genau genommen keine Krankheit im eigentlichen Sinne dar, sondern ein Symptom, hinter dem viele unterschiedliche Ursachen stecken können. Manche Tierärzte sprechen in Zusammenhang mit einem stark verdrehten Kopf bei Vögeln von einem sogenannten Torticollis. Weil der verdrehte Kopf jedoch ein wichtiges Leitsymptom ist, ist diesem Phänomen ein Kapitel gewidmet, in dem eine Reihe möglicher Ursachen kurz beschrieben werden. Manche sind vergleichsweise harmlos, andere potenziell lebensbedrohlich. Die Liste ist bei weitem nicht vollständig und soll lediglich als eine Übersicht dienen, den Gang zu einem vogelkundigen Tierarzt jedoch nicht ersetzen.

Verdrehen des Kopfes aufgrund von Sehstörungen oder Blindheit (meist einseitig)

Weil dieser Vogel nur noch auf seinem linken Auge gut sehen konnte, verdrehte er den Kopf, wenn er seine Umgebung im Blick behalten wollte.

Ist ein Vogel auf einem Auge erblindet oder stark fehlsichtig, kann es vorkommen, dass er den Kopf vorübergehend stark verdreht, um mit dem gesunden Auge seine Umgebung besser im Blick zu haben. Prinzipiell kann der Vogel den Kopf jedoch auch ohne Probleme gerade und in der anatomisch korrekten Position halten. Deshalb ist diese Form des Kopfverdrehens normalerweise nicht gefährlich, weil die betroffenen Vögel eigenständig Nahrung zu sich nehmen können sowie andere Details ihres Alltags in aller Regel noch immer meistern können.

Falls sie wegen ihrer starken Fehlsichtigkeit oder Blindheit nicht mehr zurechtkommen, muss gemeinsam mit einem vogelkundigen Tierarzt überlegt werden, ob und wie man den Vögeln helfen kann.

Verdrehter Kopf durch nervlich bedingte (neurologische) Erkrankungen sowie infolge von Gehirnenzündungen

Das Zentrale Nervensystem (ZNS) steuert bei Vögeln unter anderem die Kontrolle der Gliedmaßen und die des Kopfes. Verschiedene Faktoren können zu einer Erkrankung des Zentralen Nervensystems führen. Eine für Wellensittiche und eine Reihe anderer Vögel typische Erkrankung ist eine bakterielle Infektion des Gehirns. Diese kann ganz spontan auftreten, wenn beispielsweise das Immunsystem eines Vogels durch eine Mauser oder ähnlichen Stress wie etwa den Verlust des Partnervogels vorübergehend geschwächt ist. Auch ein starker Vitamin-B-Mangel kann zu neurologischen Schäden und damit zum Verdrehen des Kopfes führen.

Verdrehen des Kopfes aufgrund von Paramyxoviren (Paramyxovirose)

Diese Ringeltaube litt an PMV und starb kurze Zeit später.

Normalerweise erkranken eher Wildvögel, allem voran Wildtauben, an einer Paramyxovirose (PMV). Aber auch Papageien können unter Umständen mit diesen Viren in Kontakt gelangen und erkranken. Vor allem die Serotypen PMV-1 und MPV-3 – die Viren kommen in unterschiedlichen „Typen“ vor – können bei Papageien und Sittichen zu schweren gesundheitlichen Problemen führen. Viele hiervon betroffene Vögel verdrehen den Kopf und laufen mitunter zwanghaft im Kreis. Ihr Allgemeinzustand ist meist schlecht, sie sind sehr schwach. Besonders gefährlich an PMV ist, dass die Vögel wegen ihrer Kopffehlstellung oft nicht dazu in der Lage sind, selbstständig Nahrung zu sich zu nehmen; außerdem ist PMV hochgradig ansteckend.

Verdrehen des Kopfes nach einer schlaganfall-ähnlichen Erkrankung

Kopfschiefstellung nach einer schlaganfallähnlichen Erkrankung bei einem Wellensittich.

Im Gehirn kann es bei Vögeln zu Prozessen kommen, die schwere Lähmungen und Koordinationsstörungen hervorrufen können. All dies erinnert an die Symptome, die beim Menschen nach einem Schlaganfall zu beobachten sind. Je nachdem, welche Hirnregionen von den Erkrankungen der Vögel betroffen sind, kann dies zum Verdrehen des Kopfes führen. Ferner kann es hierbei vorkommen, dass der betroffene Vogel stark torkelt oder sich im Kreis dreht.

Verdrehen des Kopfes aufgrund eines Hirntumors

Hirntumoren wachsen bei Vögeln wie viele andere Tumoren auch manchmal innerhalb weniger Tage zu beachtlicher Größe heran. Anfangs sind die betroffenen Tiere noch beschwerdefrei, aber ab einem gewissen Zeitpunkt ist der Druck im Kopf durch die Volumenverdrängung – der Tumor nimmt mehr und mehr Platz ein – so groß, dass Nervenstränge oder die Blutzufuhr blockiert werden. Dies kann zum Absterben bestimmter Hirnregionen oder zu Quetschungen einzelner Hirnareale führen, was wiederum ein Verdrehen des Kopfes, Lähmungen und ständige Drehungen um die eigene Achse zur Folge haben kann.

Verdrehen des Kopfes nach einem Kollisionsunfall (Schädel-Hirn-Trauma)

Prallt ein Vogel im Flug gegen ein Hindernis oder fällt er aus großer Höhe und schlägt mit dem Kopf gegen einen harten Gegenstand, sind oft Kopfverletzungen die Folge. Diese können sowohl äußerlich in Erscheinung treten (Platzwunden) als auch innerlich. Zu den inneren Verletzungen der Kopfregion gehört unter anderem die Gehirnerschütterung. Ist sie sehr stark, kann sie dazu führen, dass der betroffene Vogel den Kopf verdreht und seine Bewegungen nicht mehr koordinieren kann. Darüber hinaus kann eine Hirnblutung oder eine Ansammlung von Gewebsflüssigkeit innerhalb des Schädels, ein sogenanntes Hirnödem, zum Verdrehen des Kopfes führen.

In besonders gravierenden Fällen vollführen die Vögel mit dem verdrehten Kopf unkoordinierte, wackelige Bewegungen, die wie unter Zwang ausgeführt wirken und geben dabei manchmal quietschende Geräusche von sich. Solche Symptome sind in vielen Fällen typisch für ein Hirntrauma.

Mehr zum Thema Kollisionsunfälle finden Sie im gleichnamigen Beitrag.

Verdrehen des Kopfes aufgrund einer Ohrerkrankung

Eine schwere Ohrentzündung führte bei diesem Wellensittich dazu, dass er den Kopf stark verdreht hat.

Leiden Vögel an einer Erkrankung der Ohren, tritt mitunter ein starkes Verdrehen des Kopfes auf. Dies kann entweder deshalb geschehen, weil zum Beispiel Krankheitserreger das Innenohr anschwellen lassen. Im Schädel wird dadurch der Druck erhöht, was zu der Kopffehlstellung führen kann. Oder aber der Vogel versucht einem starken Juckreiz oder Brennen im Ohr auszuweichen und dreht den Kopf weg, was ihn in diese unnatürliche Lage bringt. Brennen oder Juckreiz im Ohr kann beispielsweise durch Ekzeme verursacht werden. Es ist wichtig, den Erregerstamm genau zu klassifizieren, zum Beispiel mittels einer Gewebeprobe oder eines Abstrichs. Nur so kann eine zielgerichtete Therapie eingeleitet werden.

Verdrehen des Kopfes aufgrund von Vergiftungen

Einige Giftstoffe, die Vögel beispielsweise durch das Anknabbern von Pflanzen aufnehmen können, greifen das Nervensystem der Tiere an. Deshalb können bestimmte Vergiftungen zu Lähmungen, Krämpfen und zum Verdrehen des Kopfes führen.