Krallenverletzungen

Achtung: Die auf Birds-Online.de angebotenen Texte und Bilder rund um das Thema Erkrankungen von Vögeln sind als Informationsquelle gedacht. Bitte bringen Sie Ihre erkrankten Vögel immer schnellstmöglich zu einem fachkundigen Tierarzt!
Hier ist der Verlauf der Blutgefäße, die sich in den Krallen befinden, schematisch skizziert
Hier ist der Verlauf der Blutgefäße, die sich in den Krallen befinden, schematisch skizziert

Die Krallen eines Vogels bestehen aus hartem, ständig nachwachsendem Hornmaterial, das ähnlich wie die Fingernägel des Menschen zu weiten Teilen schmerzunempfindlich ist. Allerdings befindet sich innerhalb jeder Kralle eine Blutbahn, weil das Horngewebe während des Wachstums mit Nährstoffen versorgt werden muss. In diesem durchbluteten Bereich der Kralle verlaufen außerdem einige Nervenbahnen, die den Tastsinn der Vögel ermöglichen. Ist eine Vogelkralle nicht krankhaft verändert und von normaler Länge, erstrecken sich diese Blutbahn und die Nerven in etwa über einen Bereich, der die Hälfte bis zu zwei Drittel der Kralle durchzieht.

Obwohl die Krallen vergleichsweise hart sind, können die Vögel Verletzungen dieser Körperteile erleiden: Krallen können splittern, brechen, abknicken oder gar ausgerissen werden. Nicht all diese Verletzungen sind gleichermaßen gravierend. Bricht eine Kralle beispielsweise außerhalb des durchbluteten Bereichs ab, wird das Blutgefäß folglich nicht verletzt und der betroffene Vogel erleidet auch keine Schmerzen. Ihm fehlt dann lediglich der vordere Bereich der Kralle, was im Alltag mit einer geringen Einschränkung beim Klettern verbunden sein kann. Splittert eine Kralle nur außen ein wenig, ohne dabei zu bluten, kann davon dennoch eine Gefahr ausgehen. Denn ist der Splitter noch lose an der restlichen Kralle befestigt, kann der Vogel damit hängen bleiben und sich eine schwerere Krallenverletzung zuziehen beziehungsweise im ungünstigsten Fall obendrein das Bein zerren oder brechen.

Die Kralle am vorderen äußeren Zeh des rechten Fußes dieses Katharinasittichs wurde abgerissen.
Die Kralle am vorderen äußeren Zeh des rechten Fußes dieses Katharinasittichs wurde abgerissen.

Wird beim Abbrechen oder Schneiden der Kralle die Blutbahn verletzt oder wird die Kralle gar komplett ausgerissen, kann dies zu sehr schweren Blutungen führen. Der Vogelhalter sollte schnellstmöglich dafür sorgen, dass der Blutverlust eingedämmt wird. Mit einem blutstillenden Präparat sind leichte Blutungen in den Griff zu bekommen; die Blutung sollte nach ein bis zwei Minuten aufhören. Ist dies nicht der Fall, sollte sicherheitshalber ein Tierarzt oder ein tierärztlicher Notdienst aufgesucht werden. Manchmal ist es erforderlich, das verletzte Blutgefäßzu veröden, damit der betroffene Vogel nicht über einen längeren Zeitraum weiter blutet. Das Veröden wird häufig mit einem sogenannten Thermokauter, also vereinfacht gesprochen mit einem „medizinischen Lötkolben“, durchgeführt. Unter Umständen kann es angeraten sein, ein Schmerzmittel einzusetzen, denn der Verlust einer Kralle ist für einen Vogel mit einer schmerzhaften Wunde verbunden.

Blutende, halb abgerissene Kralle eines Katharinasittichs.
Blutende, halb abgerissene Kralle eines Katharinasittichs.

Mitunter reißen Krallen nicht komplett heraus, sondern hängen noch an einem Stück Haut fest. Der Blutverlust hält sich dabei zwar meist in Grenzen, aber die Vögel leiden unter starken Schmerzen, sobald sie ihre verletzten Füße belasten. Es wird bei jeder Bewegung Druck auf die lose Kralle ausgeübt, die dann wiederum an der Wunde zieht. Für die betroffenen Vögel ist dies ausgesprochen unangenehm. Deshalb sollte schnellstmöglich ein Tierarzt aufgesucht werden, der die Kralle vollständig entfernt und die sich dadurch meist verschlimmernde Blutung stoppt. Selbst die Kralle komplett auszureißen, wäre keine gute Idee, weil dabei auch Haut mit abgerissen werden könnte. Deshalb ist es nicht zu empfehlen, den Tierarztbesuch auf diesem Wege vermeiden zu wollen. Meist wird die Verletzung dadurch nur noch schlimmer.

Nach einer Verletzung einer Kralle am rechten Fuß wuchs diese bei dem Katharinasittich nur noch teilweise nach.
Nach einer Verletzung einer Kralle am rechten Fuß wuchs diese bei dem Katharinasittich nur noch teilweise nach.

Ist eine Kralle komplett ausgerissen, wächst sie nicht in jedem Fall nach. Wenn bei der Verletzung der Wachstumsbereich beschädigt worden ist, bleibt der Zeh in Zukunft ohne Kralle. Mit ein wenig Glück ist die Wachstumszone aber nicht oder nur geringfügig beschädigt worden und die Kralle wächst später wieder vollständig oder zumindest teilweise nach, was jedoch einige Wochen oder Monate dauern kann. Eine teilweise oder ganz fehlende Kralle stellt für einen Vogel eine minimale Behinderung dar, mit der er normalerweise gut leben kann.