Bob, adoptiert am 27. Dezember ’09, † 8. November ’10

Durch eine schwere Erkrankung war Bob leider flugunfähig geworden.
Durch eine schwere Erkrankung war Bob leider flugunfähig geworden.

Was ihm alles bei seinen ursprünglichen Haltern widerfahren ist und ob er in der Vergangenheit vielleicht mehrere Halterwechsel erlebt hat, war in Bobs Fall nicht sicher. Im Jahr 2009 gelangte er in die Obhut einer Hamburger Vogelfreundin, die sich intensiv um den damals noch quirligen Vogelmann kümmerte. Er wirkte zwar munter. Aber der Vogelfreundin fiel schon bald auf, dass Bobs Atmung nicht normal zu sein schien. Es folgten einige Untersuchungen beim vogelkundigen Tierarzt, sie blieben jedoch zunächst ohne Befund. Die Vogelfreundin ließ trotzdem nicht locker und Bob wurde abermals untersucht. Dann endlich erlangte sie Gewissheit: Bob litt an einer Infektion, hervorgerufen durch Pseudomonaden. Diese Krankheitserreger sind ausgesprochen hartnäckig und nur schwer zu bekämpfen. Für den Vogel begann eine lange Zeit der Behandlung, die er tapfer durchstand.

Die Mauser setzte Bob immer sehr zu.
Die Mauser setzte Bob immer sehr zu.

Durch die starken Medikamente verschwanden die Krankheitserreger zwar wie erhofft, doch Bob war anschließend schwer gezeichnet. Sein Gefieder war struppig geworden und er hatte kaum noch Kraft in den Muskeln. Aus dem einstigen Luftakrobaten war ein flugunfähiger Vogelmann geworden, der noch dazu ein bisschen wackelig auf den Beinen war. Bedauerlicherweise würde er seine Muskelkraft nie mehr zurückerlangen, so viel war damals bereits klar. Zeitlebens würde er gehandicapt bleiben. Doch Bob arrangierte sich mit seiner neuen Lebenssituation und blieb ein fröhlicher Vogel, obwohl er insgesamt deutlich ruhiger geworden war. Es gab allerdings ein Problem: In dem kleinen Vogelschwarm der Tierschützerin aus Hamburg lebten keine weiteren flugunfähigen Sittiche. Bob hatte das Nachsehen, wenn seine Gefährten durch das Zimmer flogen. Obendrein ärgerte ihn ein dominantes Wellensittichweibchen häufig, weshalb er oft in Abwehrhaltung saß und Attacken befürchtete. Kurz gesagt: Er war gestresst und obwohl er bei der Vogelfreundin willkommen war, würde er in seinem Zuhause nie mehr ganz glücklich sein. Schweren Herzens beschloss seine Halterin, ihn in einen Vogelschwarm zu geben, in dem weitere flugunfähige Wellensittiche leben.

Bobs Blick wirkte zwar streng, aber das täuschte.
Bobs Blick wirkte zwar streng, aber das täuschte.

Zu jener Zeit, als sie nach einem neuen Zuhause für ihn suchte, war in meinem Vogelzimmer ein Platz frei und ich sagte zu, Bob zu adoptieren. Am 27. Dezember 2009 machte sich die Vogelfreundin mit ihrem Lebensgefährten und Bob auf den weiten Weg von Hamburg zu mir ins Rheinland, wo ich damals lebte. Es war ihr wichtig, den kleinen Vogelmann persönlich in meine Obhut zu geben und sein neues Zuhause zu sehen. Weil Bob zuvor schon von einem Tierarzt komplett durchgecheckt und für gesund befunden worden war, durfte er am selben Tag in mein Vogelzimmer einziehen. Dort schaute er sich erst einmal in Ruhe um und traute sich gleich in die Nähe der anderen Vögel. Schon nach wenigen Minuten begann er damit, sich zu putzen – das bedeutet unter Wellensittichen: Ich fühle mich sicher und mache mir keine Sorgen. Die neuen Schwarmgefährten beäugten ihn ebenso neugierig wie er sie. Noch am selben Abend mischte er sich unter das bunte Volk, als es die zweite tägliche Futterration gab.

Wenn die anderen Vögel sangen, fühlte sich auch Bob meist sehr wohl und stimmte mit ein.
Wenn die anderen Vögel sangen, fühlte sich auch Bob meist sehr wohl und stimmte mit ein.

Der Einzug gestaltete sich also glücklicherweise völlig problemlos, denn Bob war ein unkomplizierter Geselle. Er war ein verträglicher, ausgesprochen gutmütiger Vogelmann, der sich eher im Hintergrund hielt und der keinen Streit anzettelte. Morgens nach dem Aufstehen lief er meist erst einmal eine kleine Runde durch das Zimmer, schaute sich um und begann dann plötzlich damit, wild zu zucken. Wer nicht wusste, was er da versuchte, dem konnte dieses Verhalten einen Schreck einjagen. Aber es bestand kein Grund zur Sorge, Bob „flog“ lediglich, ohne abzuheben. Manchmal krallte er sich im Gitter eines Käfigs oder an einem Ast fest und propellerte dann, mitunter vollführte er seine leider erfolglosen Flugmanöver auf dem Boden. Es schien ihm Spaß zu machen, obwohl er sich nicht in die Luft erhob. Nachdem er sich ausgetobt hatte, wirkte er immer richtig beschwingt.

Nachmittags auf dem Bauch liegend zu dösen, war ganz nach Bobs Geschmack.
Nachmittags auf dem Bauch liegend zu dösen, war ganz nach Bobs Geschmack.

Meine große Hoffnung war, dass er in meinem Vogelschwarm sein Liebesglück finden und sich vielleicht sogar in eines der Single-Weibchen verlieben würde. Das geschah leider nicht, aber er machte dennoch nicht den Eindruck, unglücklich zu sein – ganz im Gegenteil! Woodstock und Tamlin, zwei ebenfalls flugunfähigen Wellensittichmännchen, wurden seine engsten Freunde. Zu dem blinden und flugunfähigen Katharinasittichweibchen Kimmy baute Bob ebenfalls eine zarte Freundschaft auf, und das sogar über Artgrenzen hinweg. Er schien die ruhige ältere Dame sehr zu mögen, denn nachmittags hielt er oft ein Nickerchen, wobei er sich an die flauschige Vogeldame kuschelte, die dann ebenfalls schlief und den Körperkontakt allem Anschein nach ebenso genoss wie er.

Bob im Kreise seiner Schwarmgefährten.
Bob im Kreise seiner Schwarmgefährten.

Bobs Farbschlag nennt sich Opalin in Graugrün. Mein hübscher, freundlicher Farbtupfer im bunten Vogelschwarm ist leider im Herbst 2010 für immer verschwunden. Anfang November erkrankte Bob plötzlich schwer, seine Nieren arbeiteten nicht mehr richtig. Eine Untersuchung beim vogelkundigen Tierarzt ergab, dass sich ein Nierentumor gebildet hatte. Mir blieb nichts anderes übrig, als meinen gefiederten Freund von seinem Leid erlösen zu lassen. Am 8. November 2010 schloss er seine Augen für immer. Ich hoffe, er hat die Zeit in meinem Vogelzimmer genossen. Mir hat es großen Spaß gemacht, ihn aufblühen zu sehen, und ich werde sein putziges Hoppeln, seine seltsamen „Flugversuche ohne Abheben“ und natürlich sein liebenswertes Wesen nie vergessen.