Torben, adoptiert am 2. Juli ’07, † 29. November ’09

Torben im Porträt.
Torben im Porträt.

Torbens Geschichte war sehr wechselvoll. Er zog nicht nur einmal bei mir ein, sondern wurde gleich zweimal ein Mitglied meines Vogelschwarms. Wie es dazu gekommen ist, ist eine etwas komplizierte Geschichte, die hier erzählt werden soll. Im Juni 2007 gelangte ein freundlicher, neugieriger und seinerzeit vier Jahre alter Wellensittich im Essener Tierheim. Er hatte zwar früher mit einem weiteren Wellensittich zusammengelebt. Jedoch hatte es die frühere Halterin ihren beiden Tieren nie ermöglicht, den Käfig zu verlassen. Somit waren die Vögel weder Freiflug gewohnt, noch waren sie geübte Flieger. Als die Dame starb, wurden die Vögel innerhalb der Familie „vererbt“. Die Erben hatten allerdings nicht allzu viel Interesse an den Tieren. Kurz nachdem sein gefiederter Freund gestorben war, wurde Torben deshalb ins Tierheim gegeben. Bis zu diesem Tag hatte er nahezu sein gesamtes Leben ausschließlich im Käfig verbracht. Aus diesem Grunde wurde ein schönes Zuhause mit sehr vielen Freiflugmöglichkeiten für ihn gesucht – und natürlich mit einem Vogelschwarm, in dem er sich seine neuen Freunde aussuchen können würde.

Anfangs fehlten an Torbens rechtem Flügel alle Schwungfedern, weshalb er flugunfähig war.
Anfangs fehlten an Torbens rechtem Flügel alle Schwungfedern, weshalb er flugunfähig war.

Ursprünglich war geplant, dass Torben in die bunte Vogelschar meiner Freundin Petra ziehen sollte, denn sie nimmt genau wie ich Abgabevögel aus zweiter Hand auf. Schon bei der Ankunft des Vogels fiel ihr jedoch auf, dass er am rechten Flügel keine Federn hatte. Das war sonderbar, kann aber vorkommen. Na ja, vielleicht ist eine untypische Mauser die Ursache, mal sehen. Eventuell kann er ja gut klettern und kommt in der Voliere und im Vogelzimmer zurecht. – So lauteten die Überlegungen meiner Freundin, als sie mir von ihm erzählte. Ich pflichtete ihr bei, dass es einen Versuch wert sei. Wellensittiche sind in aller Regel sehr klug und arrangieren sich meist schnell mit einer neuen Situation. Nicht so Torben, wir hatten das Ganze zu optimistisch eingeschätzt, wie sich leider bald herausstellen sollte.

Torben in einem ruhigen Moment am Nachmittag.
Torben in einem ruhigen Moment am Nachmittag.

Nachdem er einige Tage im Quarantänekäfig gesessen hatte, entwischte Torben seiner neuen Halterin beim Reinigen seiner Behausung und sie stellte zu ihrer Bestürzung fest, dass der Vogel nicht nur flugunfähig war, sondern obendrein extrem unsicher. Er konnte leider kaum klettern und schien sehr ängstlich zu sein. Die jahrelange reine Käfighaltung hatte aus ihm einen unbeholfenen und höchst ungeschickten Vogel werden lassen, der sich kaum unfallfrei bewegen konnte. Etwas Vergleichbares hatte meine Freundin in all ihren Jahren als Vogelhalterin noch nie erlebt, und sie hatte schon viele Vögel aus schlechter Haltung übernommen. In ihrem Vogelzimmer würde er nicht gut aufgehoben sein, wurde sofort offensichtlich. Zu groß war die Gefahr, dass er sich bei einem Absturz schwer verletzen würde, zumal recht viele Artgenossen um ihn herum toben würden. Es musste eine Lösung her, damit sich Torben langsam und ohne große Unfallgefahr in ein Leben im Freiflugzimmer einfinden können würde – aber eben nicht bei meiner Freundin.

Eifrig trainierte Torben nach dem Nachwachsen der Federn das Fliegen.
Eifrig trainierte Torben nach dem Nachwachsen der Federn das Fliegen.

Torben tat mir leid und ich entschied mich spontan dazu, ihn zu adoptieren und in mein behindertengerechtes Vogelzimmer einziehen zu lassen. Wenige Tage zuvor hatte ich leider meine Wellensittichdame Isobella zu Grabe tragen müssen, hier war also eine Schlafschaukel frei für einen gehandicapten Vogel in Not. Sicher hätte es Isobella so gewollt, dass Torben ihren ehemaligen Platz bekommen würde. Am 2. Juli 2007 war es so weit, er zog zum ersten Mal in mein Vogelzimmer ein und Petra war froh darüber, denn sie hatte sich schon große Sorgen um seine Zukunft gemacht. Selbstverständlich informierten wir auch das Tierheim über die neue Entwicklung und das Personal war froh darüber, dass sich so schnell eine für den Vogel optimale Lösung gefunden hatte.

Was dann folgte, überraschte uns ein wenig. Torbens Blick war wach und neugierig, er suchte sofort den Kontakt zu den anderen Vögeln und stürzte sich ins Getümmel. Und auch er zog die Blicke auf sich, denn wenige Sekunden nach seinem Einzug begann das Männchen Woodstock damit, ihn aufdringlich zu umwerben. Eine echte Männerfreundschaft entwickelte sich daraus allerdings nicht, denn Torben war mehr an der Damenwelt interessiert als an seinen Geschlechtsgenossen. Anfangs war er leider schrecklich unbeholfen, aber mit der Zeit konnte er zusehends besser klettern. Bereits Ende Juli geschah dann das, worauf wir so sehr gehofft hatten: Ihm wuchsen am rechten Flügel intakte Schwungfedern. Es verging kein Tag, an dem er nicht eifrig sein Flugvermögen trainierte, sodass er innerhalb von nur zwei Wochen zum gewandten Flieger wurde – dass es so schnell gehen würde, damit haben wir wirklich nicht gerechnet. Mit der Fähigkeit, geschickt zu fliegen, erlangte er noch mehr Selbstbewusstsein und er war bald nicht mehr zu bremsen. Ständig testete er seine Grenzen aus und ich schloss den kleinen Kerl wirklich sehr ins Herz, weil er so ein frohes Gemüt an den Tag legte.

Torben stellte der verpaarten Himalia nach, was diese letztlich mit einem schweren Angriff quittierte.
Torben stellte der verpaarten Himalia nach, was diese letztlich mit einem schweren Angriff quittierte.

Man merkte ihm an, dass er viel nachzuholen hatte. Er genoss das Leben im Schwarm in vollen Zügen. Dann aber gab es eine unschöne Wendung. Torben verliebte sich im Oktober 2007 ausgerechnet in Himalia, die bereits einen festen Partner hatte und mit diesem rundum zufrieden war. Genau das signalisierte sie ihm. Trotzdem drängte sich Torben ständig zwischen Speedy und das Weibchen seiner Träume. Himalia wusste sich kaum mehr zu helfen, so sehr wurde sie von Torben bedrängt. Immer wieder ging ich dazwischen und trennte die Tiere – in der Hoffnung, Torben würde bald endlich aufgeben und sich einem anderen Weibchen zuwenden. Was leider aber nicht geschah, und Anfang November spitzte sich die Lage zu. Die inzwischen sehr genervte Himalia attackierte Torben und erwischte dabei mit dem Schnabel ein großes Blutgefäß im Bein – um ein Haar wäre Torben deshalb verblutet. Er landete stationär in der Tierklinik und brauchte Tage, um sich anschließend von dem hohen Blutverlust zu erholen. Gelernt hatte er aus diesem Zwischenfall aber leider nichts. Kaum war er wieder einigermaßen zu Kräften gekommen und zurück im Vogelzimmer, bedrängte er Himalia aufs Neue – und wurde prompt von ihrem Partner sehr heftig angegriffen.

Wieder war Torben verletzt und mir war klar, dass es so nicht weitergehen konnte. Bevor noch Schlimmeres passieren würde, gab ich Torben am 17. November 2007 zu seiner eigenen Sicherheit ab. Er zog erneut bei Petra ein, von der ich ihn einigen Monate zuvor übernommen hatte. Weil er nun fliegen konnte, hofften wir, dass er in ihrem Vogelzimmer gut zurechtkommen würde. Die Entscheidung, ihn zurück in ihren Schwarm zu geben, erwies sich kurze Zeit später als goldrichtig. Kaum war er dort angekommen, vergaß er Himalia und verguckte sich heftig in die zauberhafte Cecile. Mit ihr war er einige Monate ein Herz und eine Seele. Aber auch diese Beziehung hielt nicht ewig. Es kam der Tag, an dem er sich Hals über Kopf in Maggie verliebte, die wie er in Petras Vogelschwarm lebte und eine schlimme Vorgeschichte hatte. Mit ihr führte er fortan eine innige Beziehung.

Mit ihrem Partner Torben (rechts) verband Maggie eine innige Beziehung.
Mit ihrem Partner Torben (rechts) verband Maggie eine innige Beziehung.

Dann, im Frühling 2008, änderte sich die Lage für meine Freundin. Petra musste sich von einigen ihrer Vögel trennen, was mit ihrer Wohnungssituation zu tun hatte. Weil sie umziehen musste, konnte sie nicht all ihre Vögel mitnehmen – ein schwerer Schritt, zumal sie jeden einzelnen sehr liebte. Als ich ihr Torben einige Monate zuvor übergeben hatte, hatte ich ihr versprochen, ich würde ihn erneut aufnehmen, sollte dies irgendwann einmal nötig werden oder sinnvoll sein. Selbstverständlich hielt ich mein Word. So kam es, dass er – natürlich zusammen mit seiner geliebten Maggie – am 25. Mai 2008 zum zweiten Mal ein Mitglied meines Vogelschwarms wurde. Weil wir in der Zwischenzeit umgezogen waren, hatte ich zum Glück genügend Platz, um zwei weitere Vögel zu beherbergen, denn mein neues Vogelzimmer war noch größer als das vorherige.

Torben ist im Freiflugzimmer zu einem lebenslustigen Vogel geworden.
Torben ist im Freiflugzimmer zu einem lebenslustigen Vogel geworden.

Seit seinem zweiten Einzug in meinen Schwarm lebte Torben mit seiner Gefährtin glücklich und zufrieden mit den anderen Vögeln zusammen und es freute mich sehr, sie so fröhlich zu erleben. Ärger mit Himalia und Speedy gab es zum Glück nie mehr, denn Torben hatte nur noch seine Maggie im Kopf. Mir gegenüber war er neugierig und aufgeschlossen. Wenn es Kolbenhirse gab, kam er sogar auf meine Hand geflogen, und manchmal kletterte er an meinem Ärmel empor. Im Oktober 2009 erkrankte er leider plötzlich sehr schwer. Seine Leber arbeitete nicht mehr richtig und ich brachte ihn sofort zu einem erfahrenen Vogel-Tierarzt. Die von ihm verordneten Medikamente halfen Torben zunächst, doch Ende November verschlechterte sich dessen Zustand dramatisch. Weil ich Torben weiteres Leid ersparen wollte, ließ ich ihn am 29. November 2009 schweren Herzens einschläfern. Der fröhliche Vogelmann fehlt mir, er war ein ausgesprochen liebenswerter gefiederter Mitbewohner.

Torbens Farbschlag trägt die Bezeichnung Blaues Gelbgesicht mit normaler Wellenzeichnung.

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Französischer Liebhaber

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Der französische Akzent ist einfach unwiderstehlich