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Leben mit einer Vogelstauballergie

Text und Bilder von Shirley Bessem, Februar 2013

Blick auf das 'Welliterrarium' der Autorin.
Blick auf das ‚Welliterrarium‘ der Autorin.

Meine Vögel leben seit meinem Einzug in eine kleinere Wohnung mit in meinem Wohnzimmer. Dort bot sich eine Ecke als „Vogelecke“ an, da es dort ein zusätzliches breites Fenster gibt, das die Vögel allein nutzen können. Dort stand nun also der Schlafkäfig auf einer Kommode, es waren Seile zwischen den Wänden gespannt und es hingen Schaukeln von der Decke. Auf dem breiten Fensterbrett gab es Spielplätze und die Badeschale. Das Frischfutter wurde ebenfalls hier angeboten. Die Vögel nutzten fast ausschließlich ihre Ecke, flogen nur hin und wieder eine große Runde durch den ganzen Raum. Ihr Dreck flog hingegen natürlich überall herum. Heute ist die Situation anders, das Foto in der Nähe dieses Absatzes zeigt die aktuelle Unterbringung meiner Vögel. Dieses „Welliterrarium“ mussten wir vor einiger Zeit aus gesundheitlichen Gründen bauen, um den Vogelstaub aus dem übrigen Wohnraum fernzuhalten.

Nachdem mein neuer Freund seinerzeit zu mir gezogen war, stellte sich leider recht bald heraus, dass er allergisch auf den Federstaub reagierte. Allerdings nicht durch eine laufende Nase oder Husten, sondern er wurde kurzatmig, konnte nicht mehr richtig ausatmen und kam kaum noch die Treppen rauf. Die Atemnot war 24 Stunden am Tag präsent, sodass wir nicht sofort an die Vögel dachten. Auch an der frischen Luft ging es ihm nicht anders. Langsam bekam er Panik. Der Lungenfunktionstest beim Hausarzt hatte ein grausames Ergebnis und mein Freund wurde sofort an einen Lungenfacharzt überwiesen. Dort wurde die Lunge geröntgt und noch ein Allergietest gemacht. Es stellte sich dann eine Allergie gegen Federstaub heraus.

Der Arzt erklärte es so: Der feine Federstaub setzt sich auf die Lungenbläschen und kann von dort nicht abgehustet werden, weil er so fein ist. Jeder Vogelhalter kennt dieses feine weiße Puder. Man kann kaum dagegen anputzen. In der Lunge kann die Dauerbelastung zu irreparablen Schäden der Lungenbläschen führen, nicht nur bei allergisch reagierenden Menschen. Daher wurde ihm abgeraten, noch länger mit den Vögeln zusammenzuwohnen.

Als Erste-Hilfe-Maßnahme wurden die Vögel in unseren Hobbykeller ausquartiert, den wir schnell zum Vogelzimmer herrichteten. Außerdem reinigten wir unsere Wohnung noch gründlicher als sonst und wuschen Gardinen und Sofabezüge. Mein Freund bekam hoch dosiertes Kortison und es ging ihm Gott sei Dank innerhalb weniger Tage viel besser.

Den Vögeln und mir ging es allerdings nicht gut. Ich vermisste meine Tiere und (erstaunlich, aber wahr) den Krach, den sie machen. Der Kellerraum erschien mir nicht als das ideale Vogelquartier, da es dort unten zu feucht und zu kalt war, obwohl es einen Heizkörper gibt, der aber logischerweise besonders in der Übergangszeit und im Sommer nicht läuft. Außerdem schien durch das Kellerfenster nur wenig Tageslicht herein und die Vögel hatten nicht den Ausblick, den sie von ihrem sonnigen Platz am Fenster im ersten Stock kannten. Die installierten UV-/Tageslichtlampen waren ebenfalls keine wirkliche Alternative. Die Vögel waren ruhiger als gewöhnlich und vermissten sichtlich den „Trubel“ einer bewohnten Wohnung. Außerdem froren sie, besonders die älteren und gehbehinderten Vögel litten unter der Kälte in Fußbodennähe, und der an Arthrose erkrankten Lena schadete die erhöhte Luftfeuchtigkeit.

Der Rahmen des 'Welliterrariums' wurde gesetzt.
Der Rahmen des ‚Welliterrariums‘ wurde gesetzt.

Weil mein Freund sehr deutlich mitbekam, wie sehr ich unter der Situation litt, suchten wir nach einer anderen Lösung und mithilfe meiner Eltern fanden wir sie: das „Welliterrarium“ wurde geplant und gebaut.

Mein Freund und mein Vater zimmerten aus Holzlatten eine Rahmenkonstruktion in die Zimmerecke, in der die Vögel auch schon vorher gewohnt hatten. Der Boden im gesamten Raum besteht aus Laminat, dieser durfte bleiben. Die Holzlatten wurden mit Nuten versehen, in die später Plexiglasscheiben eingefügt wurden. So vermieden sie, die Plexiglasscheiben anschrauben zu müssen, wobei sie eventuell gesplittert wären. Wir kauften im Baumarkt die dünnen Plexiglasscheiben, die noch relativ stark „wabbeln“.

Eigentlich aus Geiz, entschieden wir uns für die dünnen Scheiben. Denn Plexiglas ist sehr teuer und wird mit steigender Stärke immer kostspieliger. Aber im Nachhinein stellte sich als positiver Nebeneffekt heraus, dass die Scheiben beim Dagegenfliegen nachgeben und sich ein wenig „ausbeulen“. Dadurch kommt kein Vogel zu Schaden, wenn er sich beim Rundflug tatsächlich einmal etwas verschätzt.

Beim Bau des 'Welliterrariums' geht es voran.
Beim Bau des ‚Welliterrariums‘ geht es voran.
Oberer Bereich des 'Welliterrariums', noch im Bau befindlich.
Oberer Bereich des ‚Welliterrariums‘, noch im Bau befindlich.
Dünne Plexiglasscheiben bilden die Wände des 'Welliterrariums'.
Dünne Plexiglasscheiben bilden die Wände des ‚Welliterrariums‘.

In diese Voliere aus Plexiglas wurde natürlich auch eine Tür eingesetzt, die mit Magneten fest schließt. Die Vögel zogen bald wieder ein und fanden sich erstaunlich schnell sehr gut mit den Glaswänden zurecht. Es kam zu keinen größeren Unfällen, lediglich die schlechten Flieger mussten gelegentlich eine Notlandung machen, weil sie die Kurve nicht bekommen hätten.

Das Welliterrarium hat den Vorteil, dass man die Vögel weiterhin beobachten kann, was mit Leichtbauwänden (die bei der ersten Planung auch in Betracht gekommen waren) nicht möglich gewesen wäre. Da die Vogelecke bei uns bereits ein Fenster und einen Heizkörper hatte, brauchten wir uns um das Raumklima kaum Sorgen zu machen. Der Heizkörper wird natürlich nicht mehr so stark aufgedreht wie früher, als er noch den ganzen Raum heizen musste. Eine Wasserschale zur Verdunstung ist allerdings nun Pflicht, da es in der Voliere keine großen Pflanzen gibt. Das Fenster muss bei starker Sonneneinstrahlung nun allerdings immer zum Teil verdunkelt werden, damit in der Voliere kein schädliches „Treibhausklima“ entsteht. Hier reicht aber ein normales Verdunklungsrollo, das wir zu 3/4 herunterlassen, es braucht keine Außenjalousien. Wäre das Fenster nach Norden ausgerichtet, wäre selbst das unnötig.

Außerdem ist das Fenster auf der Außenseite mit Fliegengitter und Volierengitter versehen, sodass man in der Voliere jederzeit lüften kann und im Sommer das Fenster auch mal weit geöffnet lassen kann. Die Vögel genießen dann das ungefilterte Sonnenlicht und krakeelen gern in die Welt hinaus.

Zusätzlich zur Abtrennung der Vogelecke durch die Plexiglasscheiben haben wir einen Luftreiniger mit ULPA-Filter (Erklärung siehe Wikipedia.de) angeschafft, der anfangs stundenweise im Wohnzimmer lief.

Das fertige 'Welliterrarium' und seine Bewohner.
Das fertige ‚Welliterrarium‘ und seine Bewohner.

Zudem (und das scheint die wirkungsvollste Änderung zu sein) wurde unser handelsüblicher Staubsauger durch einen leistungsstarkes, allergikergerechtes Modell (in unserem Fall ein Dyson, leider sehr teuer, aber sehr wirkungsvoll, mit einer bürstenlosen Hartbodendüse – diese nennt sich „Flat out Head“) ersetzt, der 1 bis 2 Mal täglich zum Einsatz kommt. Dieser Staubsauger filtert nun endlich auch den ganz feinen Federstaub.

Früher musste ich alle zwei Tage sämtliche Flächen im Wohnzimmer feucht abwischen, und bereits am nächsten Tag sah man schon wieder diesen feinen weißen Film. Inzwischen reicht es, dies nur noch einmal in der Woche zu tun.

Die Voliere wird natürlich jeden Tag gesäubert, die Krümel werden zuerst zusammengefegt und dann wird gesaugt. Einmal in der Woche wird alles nass ausgewischt, inklusive der Plexiglasscheiben, hierfür eignet sich am besten ein sehr gut ausgewrungenes Mikrofasertuch. Als Putzmittel für den gesamten Raum verwende ich ein wenig Bio-Lavendelreiniger von Frosch oder einen Schuss Essigessenz in heißem Wasser. An den Scheiben setzt sich (durch die statische Aufladung des Kunststoffs) immer recht viel Vogelstaub ab. Dieser Putzaufwand macht natürlich etwas mehr Arbeit in der Voliere selbst, aber dafür hat man in der restlichen Wohnung weniger Putzarbeit.

Die gefiederten Bewohner fühlen sich in ihrer besonderen Voliere wohl.
Die gefiederten Bewohner fühlen sich in ihrer besonderen Voliere wohl.

Natürlich entweicht beim Öffnen der Tür immer etwas Staub, auch ein paar Federchen und Krümel gelangen so nach draußen. Sofern wir allerdings täglich die ganze Wohnung staubsaugen, lebt mein (inzwischen sind wir verheiratet) Ehemann seit fast zwei Jahren völlig beschwerdefrei mit den Vögeln in der Wohnung. Das Kortison konnte er nach nur vier Wochen absetzen. Er kann die Voliere sogar betreten, um die Vögel zu versorgen, und selbst darin putzen und saugen. Offenbar war lediglich die Dauerbelastung durch den überall in der Wohnung herumfliegenden Staub zu viel für ihn gewesen.

Durch die Maßnahmen (Plexiglaswände, neuer Staubsauger, Luftreiniger – obwohl dieser nur noch sehr selten zum Einsatz kommt) konnten wir den Federstaub in der Wohnung auf ein Minimum reduzieren.

Wichtige Anmerkung
Nicht in jedem Fall einer Allergie gegen Vogelstaub oder -kot können diese Maßnahmen dauerhaft helfen. Mitunter kann es leider trotzdem erforderlich sein, die Vögel dauerhaft aus dem Umfeld eines Allergikers zu entfernen, damit keine lebensbedrohliche Lungenerkrankung entsteht. Jeder Einzelfall sollte deshalb mit einem Hausarzt oder noch besser mit einem Allergologen oder Lungenarzt besprochen werden.