Drohgebärden

Hinweis: Die in diesem Beitrag beschriebenen Verhaltensweisen beziehen sich auf Wellensittiche. Auf andere Vogelarten sind die Angaben nicht direkt übertragbar.
Hier wird kräftig gedroht, der geöffnete Schnabel signalisiert: 'Bloß nicht näher kommen, ich beiße sonst zu!'
Hier wird kräftig gedroht, der geöffnete Schnabel signalisiert: ‚Bloß nicht näher kommen, ich beiße sonst zu!‘

Weil die meisten Wellensittiche sehr temperamentvolle Vögel sind, kommt es zwischen ihnen vergleichsweise oft zu kleineren und in aller Regel harmlosen Streitereien. Diese Auseinandersetzungen laufen für gewöhnlich nach bestimmten Regeln ab und führen meist nicht zu Verletzungen. Gibt es eine Unstimmigkeit zwischen zwei Vögeln, signalisieren sie durch ihre Körperhaltung zuerst ihre Angriffslust und verkünden durch schrille Laute ihren wachsenden Unmut. Auf dem Foto in der Nähe dieses Absatzes ist eine solche Situation zu sehen. Der rechte Wellensittich fühlt sich durch den grünen Artgenossen im linken Bildteil bedrängt. Deshalb nimmt der graue Vogel eine abwehrende Haltung mit drohend geöffnetem Schnabel ein. Außerdem legt er seinen Kopf ein wenig in den Nacken. Damit signalisiert er, dass er zwar grundsätzlich dazu bereit ist, sich bei einer weiteren Annäherung durch den grünen Vogel gegen diesen zu verteidigen. Aber indem er sich leicht nach hinten beugt, zeigt er gleichzeitig an, dass er nicht unbedingt auf einen Kampf aus ist. Begleitend zu der Drohgebärde (geöffneter Schnabel) stößt das Tier schrille, kurze und keckernde Laute aus, ein entsprechendes Klangbeispiel finden Sie hier.

Keinen Schritt weiter! Der weiße Vogel droht seinem Kontrahenten.
Keinen Schritt weiter! Der weiße Vogel droht seinem Kontrahenten.

Auf dem Foto in der Nähe dieses Absatzes lassen sich bei dem weißen Wellensittich alle wichtigen Details dieser Drohgebärde erkennen. Wie die Markierung 1 anzeigt, wird das Stirngefieder relativ flach angelegt, wobei das restliche Kopfgefieder ein wenig aufgeplustert ist und dadurch besonders voluminös erscheint. Aufgrund dieser speziellen Gefiederstellung ergibt sich zudem ein auf uns Menschen oft grimmig wirkender Gesichtsausdruck, weil die Augen teils von den Federn bedeckt werden. Außerdem lässt sich deutlich erkennen, dass der Schnabel ein wenig geöffnet ist. Anders als der graue Vogel auf dem Foto weiter oben ist der weiße Wellensittich neben diesen Zeilen zu voller Größe aufgerichtet. Der Kopf ist nicht in den Nacken gelegt, was für den Kontrahenten eine sehr klare Botschaft ist: Hier ist jemand nicht gewillt, einem Kampf auszuweichen und zu allem entschlossen. Nur einen Schritt weiter, und es setzt Schnabelhiebe!

Eine weitere Drohgebärde der Wellensittiche ist das ruckartige Zucken mit den Flügeln. Eine typische Situation, in der diese Drohgebärde zum Einsatz kommen kann, hat mit Besitzansprüchen in Bezug auf einen Partner zu tun. Beobachtet ein fest verpaartes Männchen, dass ein anderes Männchen sein Weibchen umwirbt, zuckt es aggressiv mit den Flügeln, ohne dabei wirklich aufzufliegen oder sich von der Stelle zu bewegen. Diese Flügelbewegung werden häufig von gurrenden Drohlauten begleitet, siehe Klangbeispiel. Mehr Informationen über das drohende Flügelzucken finden Sie hier.

Reaktionen auf Drohgebärden

Ein geöffneter Schnabel und dazu ausgestoßene Schrille Laute oder gar das Hacken in Richtung des Kontrahenten sind typische Drohgebärden.
Ein geöffneter Schnabel und dazu ausgestoßene Schrille Laute oder gar das Hacken in Richtung des Kontrahenten sind typische Drohgebärden.

Weicht der Kontrahent trotz der vorgetragenen Drohgebärden und akustisch übermittelten Warnsignale nicht zurück, gibt es drei Möglichkeiten. In manchen Fällen verharren beide Vögel vorübergehend in einer nach hinten gelehnten Körperhaltung mit zusammengekniffenen Augenlidern, um zu zeigen: Ich bin nicht bereit, zurückzuweichen, will aber auch nicht unbedingt kämpfen. Möglichkeit 2 ist, dass ein Vogel, der zuvor die Drohstellung eingenommen hatte, sich aber eigentlich unterlegen fühlt, entweder sofort flieht oder sich auf ein kurzes Scheingefecht einlässt und dann flieht. Bei solchen kurze harmlosen Kämpfen geht es darum, die Kraft des Kontrahenten noch einmal abzuschätzen. Die Vögel boxen einander entweder mit geschlossenen Schnäbeln oder sie hacken mit geöffneten Schnäbeln immer knapp neben den Kontrahenten, auch Tritte gegen die Brust oder den Flügel sind dabei mitunter zu beobachten. Normalerweise verletzen sich die Vögel nicht gegenseitig und der Schwächere zieht sich relativ bald zurück. Diese kurzen Scheingefechte sind ein idealer Weg, um die Situation zu klären, ohne sie eskalieren zu lassen. Wellensittiche versuchen normalerweise, blutige Kämpfe eher zu vermeiden, denn sie wissen instinktiv, wie viel Schaden die Waffe des Gegners, also dessen Schnabel, anrichten kann. Die dritte Möglichkeit ist, dass es doch zu einem heftigen Kampf kommt, wenn kein Vogel zurückweichen will und sämtliche Drohgebärden zuvor keinen Erfolg gebracht haben.

Angespannt und passiv drohend stehen sich diese beiden Wellensittichweibchen gegenüber, keiner der Vögel will wirklich zurückweichen.
Angespannt und passiv drohend stehen sich diese beiden Wellensittichweibchen gegenüber, keiner der Vögel will wirklich zurückweichen.
Wenn einer der Vögel ein wenig zurückweicht wie in diesem Fall der hintere gelbe Wellensittich, kommt es in vielen Fällen nicht zu einem Kampf.
Wenn einer der Vögel ein wenig zurückweicht wie in diesem Fall der hintere gelbe Wellensittich, kommt es in vielen Fällen nicht zu einem Kampf.
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