Kraulen des Kopfes

Hinweis: Die in diesem Beitrag beschriebenen Verhaltensweisen beziehen sich auf Wellensittiche und viele andere Vogelarten, die soziale Gefiederpflege betreiben. Je nach Schnabelform laufen die einzelnen Bewegungsmuster bei anderen Vogelarten, zum Beispiel bei Tauben, jedoch etwas anders ab.
Wellensittiche genießen es, von ihrem Partner am Kopf gekrault werden.
Wellensittiche genießen es, von ihrem Partner am Kopf gekrault werden.

Bei der täglichen Gefiederpflege können Wellensittiche aus anatomischen Gründen nicht alle Federn ihres Körpers mit ihrem eignen Schnabel erreichen. Ihr Kopf und ihr Nacken liegen außerhalb der Reichweite ihres Schnabels. Um die Federn dennoch in Form halten zu können und vor allem während der Mauser dem durch das Federwachstum entstehenden Juckreiz entgegenzuwirken, kratzen sich viele Vögel zu jenen Zeiten besonders häufig mit dem Fuß am Kopf oder sie reiben ihn an einem Gegenstand. Noch viel lieber greifen Wellensittiche aber auf die Hilfe eines Freundes oder ihres Partners zurück, weil dieser mit seinem Schnabel problemlos jede beliebige Stelle an Kopf und Nacken seines Gefährten kraulen kann.

Weil sie ihren Nacken nicht mit ihrem eigenen Schnabel erreichen können, genießen Wellensittiche es sehr, wenn ihr Partner diese Körperpartie krault.
Weil sie ihren Nacken nicht mit ihrem eigenen Schnabel erreichen können, genießen Wellensittiche es sehr, wenn ihr Partner diese Körperpartie krault.

Dieses Kraulen ist nur bei Vögeln zu beobachten, die miteinander harmonieren, also beispielsweise bei eng miteinander befreundeten oder fest verpaarten Wellensittichen. Bei ihnen festigt diese Art der Zuwendung die Paarbindung beziehungsweise die Freundschaft. Einen Vogel, den sie nicht mögen, würden Wellensittiche niemals ihren Kopf kraulen lassen. Hierzu gehört tiefes Vertrauen ineinander, denn während ein Vogel gekrault wird, könnte er sich nicht verteidigen, falls der kraulende Partnervogel plötzlich aggressiv werden und ihn am Kopf beißen würde.

Typischerweise wechseln sich Wellensittiche beim Kraulen gegenseitig ab, denn schließlich will jeder einmal in den Genuss einer solchen „Kopfmassage“ kommen. Möchte ein Wellensittich gekrault werden, richtet er sein Kopfgefieder stark auf und dreht den Kopf so, dass der Partner genau diejenige Stelle besonders leicht erreichen kann, die am meisten juckt oder die gekrault werden soll. Das kann so weit gehen, dass jene Kopf- oder Nackenpartie dem Partnervogel regelrecht ins Gesicht gedrückt wird.

Für Wellensittiche ist es eine Wohltat, wenn ihr Partner während der Mauser feine Federscheiden am Kopf mit dem Schnabel bearbeitet.
Für Wellensittiche ist es eine Wohltat, wenn ihr Partner während der Mauser feine Federscheiden am Kopf mit dem Schnabel bearbeitet.

Oft spreizt der kraulende Vogel seine Federn rund um den Unterschnabel seitlich ein wenig ab, damit sie ihm nicht im Weg sind, während er die Federn seines Gefährten bearbeitet. Findet der kraulende Vogel beispielsweise während der Mauser des Partners Federn, die noch in ihren Hülsen (den sogenannte Federscheiden) stecken und die „reif“ sind, also bald ohnehin aufplatzen würden, öffnet er diese vorsichtig mit dem Schnabel – das ist so etwas wie Wellness pur für den gekraulten Vogel!

Das Kraulen des Nackens und des Kopfes eines Partnervogels stellt somit einen wichtigen Bestandteil des Miteinanders der Wellensittiche dar und wird deshalb auch als soziale Gefiederpflege bezeichnet. Übrigens kraulen nicht nur Partnervögel einander auf diese Weise, sondern auch Altvögel ihre Jungen im Nest und die Geschwister kraulen einander ab einem bestimmten Alter gegenseitig. Damit beginnen sie meist schon, während sie noch im Nest sitzen und pflegen diese innigen Geschwisterbeziehungen auch nach dem Flüggewerden oft noch einige Zeit.

Beispielvideo eines Wellensittichpärchens beim Kraulen

Kraulen durch den Menschen

Nur wenige Wellensittiche mögen es, von einem Menschen berührt und am Kopf gekrault zu werden.
Nur wenige Wellensittiche mögen es, von einem Menschen berührt und am Kopf gekrault zu werden.

Einige sehr zahme Vögel lassen sich nicht nur von ihren Artgenossen, sondern auch von Menschen kraulen. Allerdings ist hierfür ein sehr tiefes Vertrauen erforderlich, und die allermeisten Wellensittiche mögen es nicht, von der menschlichen Hand berührt zu werden. Man sollte einen Vogel niemals dazu zwingen, sich diese Liebkosungen gefallen zu lassen, weil man die Tiere dadurch stark unter Druck setzt.

Wenn die Vögel hingegen freiwillig das Kopfgefieder aufplustern und eine Stelle präsentieren, die vom Menschen vorsichtig mit der Fingerkuppe bearbeitet werden soll, ist dies eine Aufforderung, die vom Vogel ausgeht und der man dann natürlich folgen kann. Denn wenn die Tiere sich aus freien Stücken dazu entscheiden, dass sie diese Art der Berührung tolerieren und sogar wünschen, ist es in Ordnung, die Vögel vorsichtig mit der Hand zu berühren. Ansonsten gilt aber: bitte nicht anfassen!

Und bedenken Sie auch, dass durch die Berührung mit den Händen die Federn auf die Dauer Schaden nehmen. Das kann so weit führen, dass sie stumpf und brüchig werden, wenn Vögel zu oft mit den Fingern berührt werden.