Big Timon 2: Böses Spiel mit Hansine Klamm

Lola wollte schon des Längeren mal auf eine Modenschau. So überraschte ich sie mit zwei Karten für die Modenschau des berühmten Designers Nik de Jonge. Lola machte sich für den Abend richtig schick und auch ich ordnete mein Gefieder mal wieder gründlich, um es zu putzen.

Lola war auf dem Flug zur Welli-Halle so aufgeregt, dass ihr Schnabel den ganzen Flug über nicht still stand.
"Dieser Mann weiß, was Frauen gefällt. Er selber schaut ja auch nur gut aus und sein Gefieder zeigt seinen feinen Geschmack für Farben. Dieses leuchtende Violett-Blau zu seinem gelben Gesicht. Hachja ..."
So redete sie und redete sie. Ich verdrehte nur die Augen und brummelte ab und zu ein "Mhm" oder ein "Ja, Liebling".

Endlich in der Halle angekommen, setzten wir uns. Ich hatte Karten am Laufsteg ergattert. Was Lola nicht wusste war, dass dies eine Modenschau mit Hansine Klamm war. Sie war DAS Topmodel der Welli-Modenwelt. Außerdem war sie noch Modeberaterin und Kolumnistin in dem Mode-Magazin "Pieps - Mode für die Welli-Henne von heute" und der Zeitschrift "Federlose und wie ich sie mir richtig erziehe".

Das Licht ging aus und ein Spot ging an. Er leuchtete auf einen sehr jugendlich wirkenden Welli-Hahn.
"Sehr verehrte Hennen und Hähne. Ich begrüße Sie zu der Modenschau von Nik de Jonge. Wir zeigen ihnen die Winter-Kollektion 2007/2008. Ich hoffe sie gefällt Ihnen, und nun viel Spaß mit der neuen Kollektion."

Nun kamen nacheinander die Models herausgelaufen. Als Vierte war dann Hansine dran, die einen neuen Salatblatt-Winter-Poncho in einem zartem Mint vorstellte.
Doch was kurz darauf geschah, konnte man kaum glauben. Hansine brach vor den Augen des gesamten Publikums zusammen. Die Hennen schrien auf, einige fielen sogar in Ohnmacht und somit von der Stange.
Ich eilte sofort zu Hansine auf den Laufsteg. Bewusstlos lag sie da. Am Hinterkopf eine blutende Wunde. Über Handy holte ich den Not-Welli und eilte danach hinter den Laufsteg. Vielleicht waren dort noch irgendwo Spuren zu finden.

Nachdem Hansine mit dem Not-Welli in den Krankenkäfig gebracht worden war und ich Lola in ein Taxi nach hause gesetzt hatte, ging ich zu Nik de Jonge, um ihn zu befragen.

Er saß zusammengesunken auf einer Schaukel und wirkte weggetreten. Immer wieder murmelte er:
"Sie hat es mir erzählt. Warum hab ich nicht auf sie gehört. Ich hätte es besser wissen müssen. Sie hatte solche Angst."
"Herr de Jonge", sprach ich ihn an. Aber er schaute mich nur mit irren Augen an. Hier war also erst mal nichts mehr zu holen.

Kommissar George und die Wellis von der Spurensicherung waren auch schon zur Stelle.
"Und, schon was gefunden, George", fragte ich.
"Allerdings", sagte Kommissar George und hielt mir einen Droh-Brief und einen Plastik-Welli unter den Schnabel. An dem Plastik klebte Blut. Offenbar war Hansine damit niedergeschlagen worden.

Ich rief im Welli-Krankenkäfig an, weil ich wissen wollte, wie es Hansine ging und ob sie schon Besuch empfangen durfte. Sie sollte sich erst einmal erholen. So flog ich heim, setzte mich auf meine Schlafschaukel und schlief sofort ein.

Drei Tage später konnte ich Hansine dann im Krankenkäfig besuchen. Ich klopfte an die Tür.
"Herein", sagte sie mit glockenheller Stimme. Ich trat ein und blieb an ihrem Bett stehen. Neben ihr saß ein blauer Welli-Mann, der ihr besorgt den Flügel hielt.
"Guten Tag. Mein Name ist Big Timon. Ich bin Privat-Detektiv und ich war dabei, als Sie auf der Modenschau zusammengebrochen sind."
"Dann sind Sie derjenige, der den Not-Welli geholt hat", fragte sie.
"Genau der."
"Ich danke Ihnen für Ihr sofortiges Handeln", sagte sie. Auch ihr Mann Speedy schüttelte mir dankbar den Flügel.

Nun doch etwas verlegen, setzte ich mich auf die mir angebotene Stange. "Wer weiß, wie das sonst mit mir geendet wäre", sagte sie.
Dann fing sie an laut zu denken.
"Wie soll das alles nur weitergehen. Nächste Woche sollte ich in Mailand eine Schau für Butschi laufen. Kurz darauf wäre Paris dran gewesen und dann noch New York. Während der Fashion-Week sollte ich doch einen Preis für das schönste Kopfgefieder erhalten."
Sie fing leise an zu weinen. Ihr Mann Speedy tröstete sie.

Ich wartete ab, bis sie sich wieder gefangen hatte, dann sagte ich:
"Darf ich ihnen ein paar Fragen stellen?"
"Ja, natürlich. Und ich möchte, dass sie herausfinden wer mir hier so übel mitgespielt hat."
"Gern, Madame. Kommissar George sagte mir, dass er einen Droh-Brief und einen Plastikvogel gefunden hat."
"Ja, das stimmt", sagte sie.
"Man hatte versucht, mich von hinten niederzuschlagen. Trotz der Wunde am Kopf, die man ja mit der Kapuze des Ponchos gut verdecken konnte, wollte ich die Schau laufen. Ich hatte nicht gedacht, dass die Verletzung so stark ist."

"Haben Sie irgendwelche Feinde?", fragte ich.
"Naja, Feinde. Ich würde eher sagen Neider. Ich bekomme die meisten Aufträge. Stehe an der Spitze unter den Models und sogar in der Agentur, in der ich bin, habe ich genügend Neider."
"Bei welcher Agentur sind Sie denn?"
"Mein Agent ist Satyr Großkehlflecken."
"Ah, gut, danke", sagte ich und erhob mich, um zu gehen.
"Sie geben mir doch Bescheid, wenn sie Neuigkeiten haben", fragte sie und reichte mir zum Abschied den Flügel.
"Aber sicher, gnädige Frau", antwortete ich, verabschiedete mich auch von ihrem Mann und ging.

Satyr Großkehlfleckens Agentur lag genau in der Mitte der Innenstadt. Ich ging auf seine Vorzimmerdame, ein zartes Geschöpf namens Sara Himmelblau, zu und sagte zu ihr:
" Ich muss mit Ihrem Boss reden, ich bin vorgemeldet. Big Timon mein Name."
Die Dame schaute mich nun genau an.
"Oh ja, mein Chef hat mir gesagt, dass sie kommen würden", sagte sie, ging auf eine Tür zu, klopfte und sagte:
"Der Herr Privatdetektiv ist nun da."
"Lassen Sie ihn herein", sagte ein grüner Welli-Mann, der sehr imposant wirkte.

Ich trat an ihr vorbei in ein großes, freundliches Zimmer. Satyr Großkehlflecken stand auf und begrüßte mich.
"Darf ich Ihnen etwas Wasser anbieten", fragte er freundlich und bot mir eine Schaukel ihm gegenüber an.
"Gern", sagte ich und setzte mich.
"Ich komme im Auftrag von Frau Hansine Klamm. Ich soll den Anschlag und die Sache mit dem Droh-Brief aufklären. Wie lange haben Sie Frau Klamm schon unter Vertrag?"
"Sie ist jetzt das vierte Jahr bei mir", antwortete der Agent.
"Und sie ist Ihr bester Welli im Käfig?"
Satyr Großkehlflecken hüstelte.
"Nunja ... ja das ist sie. Ich habe zwar noch andere Talente hier in meiner Kartei. Aber keine hat ihren Esprit, ihr Wissen, was ihr steht, ihre Eleganz."
"Hat Frau Klamm hier Ärger mit einigen der Mädchen oder hat sie schon einmal Droh-Briefe erhalten?"
"Nein, nicht dass ich wüsste", antwortete Großkehlflecken.

Ich packte mein Notizbuch ein und erhob mich.
"Gut, danke, dass Sie Zeit für mich hatten. Ich werde nun gehen." "Jederzeit wieder. Ich hoffe, das böse Spiel um Hansine klärt sich bald auf."

Das Gespräch mit dem Agenten hatte mich nicht wirklich weiter gebracht. Ich dachte im Fliegen über meine weitere Vorgehensweise nach, als ich an der Cafeteria der Agentur vorbeiflog und etwas interessantes aufschnappte.
"... Hoffe, sie wird noch eine Weile im Krankenkäfig bleiben, dann bekommen wir auch mal ein paar mehr Aufträge."
"Bist Du da so sicher", fragte eine zweite Stimme unsicher.

Ich flog etwas näher ran und versteckte mich hinter einer Pflanze. Das war ja interessant.
"Natürlich bin ich sicher. Die olle Henne liegt doch nun im Krankenkäfig, und das hoffentlich noch für sehr lange. Die sollte mal langsam abdanken und uns das Feld überlassen. Dass das mal klar ist, ich habe nur den Brief geschrieben. Mit dem Anschlag hab ich nichts zu tun. Auch wenn ich es nicht verstecken kann, dass es mich freut, was passiert ist. Du steckst in der ganzen Sache auch mit drin. Du hast ihr den Brief schließlich zugesteckt."
"Jaja, schon gut, Tara", sagte die andere Stimme wieder.

Ich fragte einen Hahn, der gerade vorbei kam, nach den Namen der beiden Hennen.
"Kennen Sie die Beiden nicht? Das sind Tara Opalin und Indira von Scheck. Zwei aufstrebende Jungtalente und Neuentdeckungen von Satyr Großkehlflecken."

Ich bedankte mich, rief Kommissar George an, um ihm zu sagen, was ich gerade heraus gefunden hatte. Er kam sofort. Indira von Scheck knickte auch gleich beim Verhör ein und gab zu, Hansine den Brief zugesteckt zu haben. So brachte es auch Tara Opalin nicht viel, dass sie leugnete, etwas mit dem Brief zu tun zu haben. Sie gab es schließlich zu, wenn auch ohne Reue. Im Gegenteil, sie fand, sie sei im Recht gewesen, denn man hätte Hansine ja nur einen kleinen Schrecken einjagen wollen.

Am nächsten Tag war ich wieder im Krankenkäfig, um Hansine zu berichten, was ich heraus bekommen hatte. Hansine war erschüttert. "Das mit dem Brief waren Tara und Indira? Mon Dieu, und ich dachte, wir wären Freundinnen."
"So kann man sich täuschen, mein Schatz", sagte ihr Mann Speedy und kraulte beruhigend Hansines Kopf.
"Ich hoffe, Sie bekommen auch noch heraus, wer mich niedergeschlagen hat", sagte sie zu mir gewandt.
"Ich werde mir Mühe geben", sagte ich.

Ich recherierte weiter in der Agentur. Nur dort konnte sich der Täter befinden. Tagelang lag ich auf der Lauer und es ergab sich nichts. Als ich schon aufgeben wollte, hörte ich hinter einer Tür eine Männerstimme:
"So, nun müssen sie Dir den Preis für das schönste Kopfgefieder geben, Fralie-Schatz."
Fralie kicherte albern.
"Ja, nun ja. Das hast Du echt gut gemacht Bubi-Schatz. Und weisste, was das Beste ist? Sie werden den Anschlag wohl Tara und Indira in die Federn schieben. Die beiden dummen Hühner haben der Schnepfe doch einen Droh-Brief geschrieben. Und wer das Eine tut, der ist auch zu dem Anderen fähig."
Wieder kicherte Fralie etwas sehr dümmlich.

Über Handy rief ich Kommissar George an, der sich sofort mit ein paar Beamten auf den Weg machen wollte. Ich trat die Tür ein und sagte:
"Ich glaube kaum, dass den beiden Hennen die Schuld gegeben war, denn ich habe eben ein Geständnis mitgehört und gleich ist die Polizei hier."
Bubi Yellow und seine Frau wollten flüchten, indem sie mir über den Kopf flogen, aber sie flatterten Kommissar George und seinen Wellis genau in die Flügel.

Ein paar Wochen später auf der Fashion-Week:
Lola und ich saßen wirklich in der Ehrenloge bei der Fashion-Week. Die zwei Karten, den Flug und ein bisschen Taschenhafer waren von der Agentur bezahlt worden, für die Lösung des Falls. Lola konnte es erst nicht fassen, freute sich dann aber sehr darüber.

"Der Preis für das schönste Kopfgefieder geht an Hansine Klamm."
Hansine trat ans Mikrofon.
"Ich möchte mich ganz herzlich für diesen Preis bedanken. Wenn man bedenkt, dass ich den Preis beinahe nicht hätte entgegennehmen können. Dass die Täter nun hinter Gittern sitzen, habe ich nur einen Welli zu verdanken. Big Timon! Bitte einen kräftigen Applaus für Big Timon."

Lola machte mir Zeichen, dass ich nun aufzustehen hätte. Mir war das alles eher peinlich. Als ich mich wieder setzte, flüsterte mir Lola sanft ins Ohr:
"Ich bin sehr stolz auf Dich. Ich liebe dich."
Sanft küsste sie mich und ließ mich die Welt um mich vergessen.

ENDE

© Birgit Winderlich

Die Darsteller in der Reihenfolge ihres Erscheinens

Big Timon
 
Lola
Big Timon
(Welli-Detektiv)
 
Lola
(Big Timons Freundin)
     
Nik de Jonge
 
Hansine Klamm
Nik de Jonge
(Designer)
 
Hansine Klamm
(Topmodel)
     
Kommissar George
 
Speedy Klamm
Kommissar George
(Big Timons Kollege)
 
Speedy Klamm
(Hansines Ehemann)
     
Satyr Großkehlflecken
 
Sara Himmelblau
Satyr Großkehlflecken
(Hansines Agent)
 
Sara Himmelblau
(Satyrs Sekretärin)
     
Tara Opalin
 
Indira von Scheck
Tara Opalin
(Model)
 
Indira von Scheck
(Model)
     
Fralie Yellow
 
Bubi Yellow
Fralie Yellow
(Model)
 
Bubi Yellow
(Fralies Ehemann)