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Narkose – wie geht das?
Aus unterschiedlichen Gründen kann es vorkommen, dass ein Vogel eine Narkose benötigt, also beispielsweise im Rahmen einer Operation oder einer endoskopischen Untersuchung. Viele Vogelhalter fürchten sich davor, ihre Vögel narkotisieren zu lassen. Ein Grund dafür ist, dass sich hartnäckig einige Vorurteile halten, die aus einer Zeit stammen, in der sich die Tiermedizin noch nicht auf dem heutigen Stand befunden hat und in der eine Narkose für einen Vogel tatsächlich mit nicht unerheblichen Gefahren verbunden war. Heute stehen jedoch Möglichkeiten zur Verfügung, die es vor einigen Jahren noch nicht gegeben hat, sodass es in vielen Tierarztpraxen inzwischen üblich ist, schonende Narkosen verabreichen zu können. Was es mit der Narkose auf sich hat und was zu beachten ist, erfahren Sie in diesem Kapitel von Birds Online.
Narkosemethoden
Es gibt verschiedene Methoden, um einen Vogel in einen künstlichen Schlaf, also in Narkose zu versetzen. Die unter Tierhaltern bekannteste, aber nicht mehr ganz zeitgemäße Methode ist die, dem Tier ein Narkosemittel per Spritze (Injektion) zu verabreichen. Früher war dies eine gängige Methode, heute wird sie von Vogel-Fachtierärzten aber kaum mehr genutzt.
Bei der sogenannten Injektionsnarkose wird dem Vogel eine bestimmte Dosis eines Narkosemittels in den Körper gespritzt. Es sorgt dafür, dass das Tier für eine gewisse Zeit in einen künstlichen Schlaf versinkt. Weil das Mittel den Kreislauf und das Herz belasten kann, geht von ihm eine gewisse Gefahr aus: Die meisten Vögel, die eine Narkose benötigen, sind krank. Das heißt, ihr allgemeiner Gesundheitszustand ist angeschlagen und sie vertragen das per Spritze verabreichte Medikament eventuell nicht gut. Deshalb kann es bei dieser Art der Narkose zu Komplikationen kommen, darunter unter anderem Kreislaufprobleme. Mitunter gipfeln sie in einem Herzstillstand oder tödlichen Kreislaufschock.
Ein Nachteil der Injektionsnarkose ist, dass sich die Dauer der Narkotisierung nur vergleichsweise schlecht regulieren lässt. Verabreicht der Arzt zu wenig Narkosemittel, ist der Schlaf eventuell nicht tief genug und zu kurz. Das kann für den Vogel sehr belastend sein, zumal unter Umständen eine weitere Dosis verabreicht werden muss. Auch eine Überdosis, also zu viel Narkosemittel ist problematisch. Eine zu große Menge eines Narkosemittels kann bei einem Vogel im schlimmsten Fall zum Tode führen.
Unter anderem aufgrund dieser möglichen schweren Komplikationen und wegen der vergleichsweise schlechten Regulierbarkeit der Narkose bevorzugen viele Vogel-Fachärzte inzwischen eine Vorgehensweise: Sie nutzen die Inhalationsnarkose. Hierbei atmet der zu behandelnde Vogel ein Narkosegas ein, das nur so lange eingesetzt wird, wie es die jeweilige Situation erfordert. Sobald es nicht mehr erforderlich ist, dass der Vogel narkotisiert ist, lässt sich die Zufuhr des Narkosegases abstellen und der gefiederte Patient bekommt normale Luft zum Atmen – kurz darauf wacht er dann wieder auf. Das heißt, die Inhalationsnarkose ist sehr flexibel regulierbar und lässt sich rasch wieder beenden, sobald der chirurgische Eingriff abgeschlossen ist. Bei der zuvor beschriebenen Injektionsnarkose ist das nicht möglich. Der Vogel schläft so lange, bis das Narkosemittel vom Körper verstoffwechselt wurde und seine Wirkung vollständig verliert. Nicht zuletzt aufgrund der Möglichkeit der sehr genauen Dosierung ist die Inhalationsnarkose deshalb heutzutage das Mittel der Wahl.
Allerdings erfordert diese Methode der Narkotisierung eine besondere Ausrüstung, die nicht in allen Kleintierpraxen vorhanden ist. Vogelhalter sollten deshalb am besten grundsätzlich Tierärzte aufsuchen, die sich auf die Behandlung von Ziervögeln, Exoten und Reptilien spezialisiert haben, denn die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass diese Ärzte über eine entsprechende Ausrüstung zum Verabreichen einer Inhalationsnarkose verfügen.
Wie läuft eine Inhalationsnarkose ab?
Muss ein Vogel mit Narkosegas betäubt werden, so muss er dieses während der Behandlungsdauer permanent einatmen. Das ist nur möglich, indem ihm eine Maske, oder besser gesagt ein kleiner Helm, über den Kopf gestülpt wird. Für einen kurzen Moment hat das Tier sicherlich Angst, wenn dies geschieht. Die Situation ist ungewohnt und erschreckend, aber das Gas wirkt sehr schnell. Binnen weniger Sekunden ist der Vogel narkotisiert und erlebt die Situation somit nicht mehr als bedrohlich. Schmerzhaft ist das Aufsetzen der Maske für einen Vogel normalerweise nicht, sofern er keine Verletzungen im Bereich des Kopfes oder Halses aufweist. Der Vogel liegt auf einer sterilen Unterlage und kann vom Arzt untersucht oder operiert werden, sobald die Narkose wirkt.
Wird ein Vogel operiert, muss er für eine bestimmte Zeit narkotisiert bleiben; die Dauer hängt vom Schwierigkeitsgrad des jeweiligen Eingriffs ab. Eine endoskopische Untersuchung ist beispielsweise meist nach wenigen Minuten abgeschlossen, wohingegen das Richten eines komplizierten Beinbruchs in aller Regel erheblich länger dauert. Weil das Narkosegas den Körper innerlich mit der Zeit auskühlen lässt, werden die Tiere bei Eingriffen, die länger als einige Minuten dauern, mit einem Hilfsmittel wie einer kleinen Heizdecke von unten gewärmt. Das heißt, die Tiere liegen auf einer warmen Unterlage. So vermeiden Tierärzte einen Kreislaufschock durch Unterkühlung. Außerdem wird das Narkosegas gewissermaßen angefeuchtet, damit es die empfindlichen Schleimhäute des Atmungssystems nicht austrocknen lässt.
Sobald die Narkose beendet werden kann, entfernt der Tierarzt die Maske vom Kopf des Vogels, dieser wacht in aller Regel innerhalb kurzer Zeit auf. Viele Vögel fangen nach etwa 20 Sekunden bereits damit an, mit den Augen zu blinzeln, und nach gut zwei Minuten können sie oftmals schon wieder auf den Beinen stehen – wenn auch noch sehr wackelig. Doch in manchen Fällen kann das Aufwachen durchaus auch deutlich länger dauern. Wie schnell die Benommenheit nach einer Narkose verschwindet, hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter die allgemeine körperliche Verfassung des Vogels, die Menge des Blutverlustes und Ähnliches. Es kann im Extremfall durchaus Stunden dauern, bis ein Vogel nach einer Narkose wieder alle Sinne beisammen hat.
Spezialfall: Operation am Kopf
Muss ein Vogel im Bereich des Kopfes operiert werden, können Tierärzte eine abweichende Art der Verabreichung einer Inhalationsnarkose wählen. Weil der Kopf während des operativen Eingriffs frei zugänglich sein muss, kann keine Maske zum Einsatz kommen. Es besteht jedoch die Möglichkeit, den Vogel zu intubieren. Es wird dann durch den Schnabel ein Schlauch in die Luftröhre eingeführt, durch den das Narkosegas in die Atmungsorgane strömt. Ist dies aus medizinischen Gründen nicht möglich, gibt es eine weitere Möglichkeit, bei der sich die Ärzte eine anatomische Besonderheit der Vögel zunutze machen: Vögel verfügen über ein komplexes Atmungssystem, das neben der Lunge die sogenannten Luftsäcke umfasst. Diese liegen dicht unter der Haut, weshalb ein kleiner Schnitt an der richtigen Stelle am Rücken gesetzt werden kann, um einen Luftsack zu erreichen. Durch diesen winzigen Schnitt wird ein Röhrchen von außen in den Luftsack eingeführt, über das das Narkosegas in das Atmungssystem der Vögel einströmen kann. Der Tierarzt hat so die Möglichkeit, eine Operation im Bereich des Kopfes durchzuführen, ohne von einer Narkosemaske behindert zu werden. Der kleine Einschnitt am Rücken heilt normalerweise schnell und komplikationslos und muss für gewöhnlich nicht einmal genäht werden.
Übrigens wird der Vogel meist zunächst per Maske narkotisiert, dann wird die Maske entfernt, der kleine Schnitt wird durchgeführt und anschließend wird sofort auf die Einleitung des Narkosegases über den Luftsack umgestellt. Der Vogel spürt demnach nicht, wie der Schnitt gesetzt und das Röhrchen für die Narkosegaseinleitung am Rücken eingeführt wird.
Narkose beim Röntgen
Viele Tierärzte narkotisieren Vögel, um die Tiere in Ruhe röntgen zu können. Dieses Vorgehen ist nicht mehr allgemein üblich, denn Vögel können häufig durchaus ohne Narkose geröntgt werden. Erfahrene Vogel-Fachtierärzte sind hierzu normalerweise problemlos in der Lage.
Teilt Ihnen Ihr Tierarzt mit, Ihr Vogel müsse unter Narkose geröntgt werden, dann fragen Sie gezielt nach, weshalb seiner Ansicht nach eine Narkose erforderlich ist. Nennt der Arzt die Begründung, dass das Röntgen eines Vogels ohne Narkose grundsätzlich nicht möglich sei, sollten Sie lieber einen Vogel-Facharzt aufsuchen, sofern die Erkrankung Ihres gefiederten Patienten diese zeitliche Verzögerung zulässt. Ihr bisheriger Tierarzt, der der Ansicht ist, Vögel könnten grundsätzlich nur unter Narkose geröntgt werden, ist vermutlich nicht auf die Behandlung von Vögeln spezialisiert, sonst wüsste er, dass es in den meisten Fällen durchaus ohne Betäubung geht.
Allerdings gibt es von dieser Regel auch Ausnahmen, sodass sogar ein erfahrener Vogel-Tierarzt eine Narkose einleiten muss, um einen Vogel röntgen zu können.
Narkose beim Einschläfern
Eine Besonderheit stellt die Narkotisierung der Vögel beim Einschläfern dar. Das Medikament, mit dem ein todkranker Vogel eingeschläfert wird, muss in vielen Fällen direkt ins Herz injiziert werden. Es sorgt zwar rasch für einen Herzstillstand. Aber es ist davon auszugehen, dass die wenigen Sekunden, die zwischen dem Einstich und dem Tod liegen, für einen Vogel sehr qualvoll und schmerzhaft sein dürften.
Um den Tieren diese letzten körperlichen Qualen und Ängste vor dem Tod zu ersparen, ist es ratsam, die Vögel zuvor zu narkotisieren. Hierfür verwenden Tierärzte normalerweise eine Injektionsnarkose, also eine per Spritze verabreichte Narkose. Erst wenn diese Narkose ihre volle Wirkung entfaltet hat, wird das Medikament zum Einschläfern injiziert. Aber viele Vögel, die eingeschläfert werden sollen, sind so schwach, dass sie dieses Medikament nicht mehr benötigen und bereits durch das per Spritze verabreichte Narkosemittel sterben. Die kreislaufschonendere Inhalationsnarkose wird in diesem Fall nicht verwendet, da es ohnehin das Ziel ist, das Leben der Tiere zu beenden.