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Stubenhocker – wenn Wellis nicht nach draußen wollen
Eigentlich sind Wellensittiche geborene Flieger, die Spaß an akrobatischen Manövern im von ihnen bewohnten Luftraum haben. Sie bewegen sich gern und ausgiebig und für mehr Bewegungsfreiheit verlassen sie meist mit der allergrößten Begeisterung ihren Käfig oder die Zimmervoliere, sobald man das Türchen öffnet. Leider kann aus einem einstigen gefiederten Luftakrobaten jedoch nur allzu leicht ein strikter Stubenhocker werden. Häufig steht eine zunehmende Flugfaulheit am Anfang einer solchen Entwicklung. Diese Unlust am Fliegen kann aus unterschiedlichen Gründen einsetzen, die im entsprechenden Beitrag ausführlich erläutert werden. Das heißt, zunächst verlassen die Vögel zwar noch den Käfig, fliegen aber immer weniger. Irgendwann haben sie dann nicht einmal mehr Lust, den Käfig zu verlassen und ziehen es vor, sich möglichst wenig zu bewegen.
Was auch immer der ursprüngliche Grund für das Stubenhockerdasein eines Wellensittichs sein mag, als verantwortungsvoller Vogelhalter sollte man unbedingt etwas dagegen unternehmen. Vögel, die nicht fliegen, neigen dazu, übergewichtig zu werden, womit verschiedene Gesundheitsrisiken einhergehen. Hierzu gehören Leberschäden und potenziell lebensbedrohliche Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie ein angeschlagenes Immunsystem. So weit sollte es ein Vogelhalter lieber gar nicht erst kommen lassen und einen gefiederten „Einsiedler“ aus der Reserve locken, denn kommt der Vogel erst einmal wieder aus dem Käfig, wird er vielleicht auch bald wieder Freude an mehr Bewegung haben. Um die Begeisterung am Freiflug und daran, den Käfig zu verlassen, wecken zu können, muss man den Tieren Anreize bieten.
Attraktive Spiel- und Landeplätze schaffen
Es wäre denkbar, dass ein Wellensittich nicht aus dem Käfig oder der Voliere kommen möchte, weil er in seinem Freiflugzimmer keinen für ihn angenehmen Lande- oder Spielplatz vorfindet. Vielleicht hat er aus diesem Grunde resigniert und möchte den Käfig nicht mehr verlassen, weil ihm im Freiflugzimmer langweilig ist. Mit ein wenig Fantasie und einer kleinen Portion Bastelgeschick lassen sich einladende Kletterbäume, Schaukeln und Vogelspielplätze bauen. Im Fachhandel für sind außerdem verschiedene Kletterbaum- und Spielzeugmodelle erhältlich. Tipps rund um dieses Thema finden Sie in der Birds-online.de-Rubrik über die Unterbringung von Heimvögeln.
Leckerbissen als Lockmittel verwenden
Um einen Wellensittich dazu zu bringen, seinen Käfig wieder freiwillig und vor allem gern zu verlassen, kann man oft auch mit Futter einen entsprechenden Anreiz schaffen. In den meisten Fällen hilft es, das Lieblingsfutter nur noch außerhalb des geöffneten Käfigs zu servieren. Um einen gefiederten Stubenhocker wieder daran zu gewöhnen, seinen Käfig zu verlassen, sollte man anfangs behutsam sein. Es empfiehlt sich, beispielsweise Kolbenhirse, das Lieblingsobst des Vogels oder begehrtes Grünfutter in unmittelbarer Nähe des Käfigs befestigen. Wenig sinnvoll ist es, die begehrte Leckerei von oben auf dem Dach des Käfigs auszulegen, weil Wellensittiche nicht dumm sind und sich dem Lieblingsfutter kletternd von unten nähern – selbstverständlich, ohne dabei den Käfig zu verlassen. Und genau das soll ja verhindert werden, sie sollen sich nach draußen begeben müssen, um an den Leckerbissen zu gelangen.
Sobald der Vogel wieder Freude daran gefunden hat, sich aus dem Käfig zu begeben, kann man das Lieblingsfutter schrittweise immer ein bisschen weiter entfernt anbieten, damit sich das Tier bei der Nahrungsaufnahme ein wenig länger außerhalb seiner Behausung aufhalten und sich vom Käfig entfernen muss. So kommt der ehemalige Stubenhocker sicher wieder auf den Geschmack, was die Freiheit im Freiflugzimmer angeht.
Mindestens ein arteigener Partner ist ein Muss
Es sind ohne Zweifel einige wenige Spezialfälle denkbar, in denen die Einzelhaltung von Wellensittichen gerechtfertigt sein kann. Doch sie sind nicht die Regel, denn diese Tiere sind Schwarmvögel und benötigen immer mindestens einen Partnervogel in ihrer Nähe. Und grundsätzlich gilt: Je mehr Vögel als Gesellschaft, desto besser! Ein zuvor einzeln gehaltener Wellensittich wird durch einen Artgenossen mit Sicherheit bald zum Verlassen des Käfigs animiert, sofern der arteigene Partner nicht gehandicapt oder selbst so sehr verängstigt ist, dass er den Käfig nicht verlassen kann oder will. Das heißt im Klartext, dass ein unternehmungslustiger Artgenosse einen Stubenhocker meist sehr schnell mitreißt.
Nicht die Geduld verlieren
Obwohl es für Wellensittiche nicht gut ist, ständig faul im Käfig zu sitzen, sollte man Tiere niemals unter Druck setzen. Es ist zwar das Ziel, dass sie den Käfig wieder freiwillig verlassen, jedoch lässt sich dies mit Zwang in aller Regel nicht erreichen. Tatsächlich kann es in manchen Fällen recht lange dauern, bis Wellensittiche aus freien Stücken aus dem Käfig klettern und sich im Freiflugzimmer umsehen. Diesen Schritt werden sie nur wagen, wenn sie sich vollkommen sicher und nicht gehetzt fühlen. Wer seine Wellensittiche mit der Hand aus dem Käfig jagt oder sie gar einfängt und dann draußen freilässt, vergrößert die Probleme. Denn diese Prozedur ist für die Tiere schrecklich und sie bringen dieses negative Erlebnis sehr wahrscheinlich mit dem Freiflug in Verbindung. Folglich werden sie den Käfig künftig erst recht nicht verlassen wollen, weil sie befürchten, dann wieder etwas Beängstigendes erleben zu müssen. Deshalb sollte man den Vögeln die Zeit geben, die sie brauchen, um in ihrem Tempo wieder Gefallen am Verlassen des Käfigs zu finden.
Extreme Fälle kommen vor
Mitunter hat man es mit einem Vogel zu tun, dem in der Vergangenheit bei einem vorherigen Halter etwas so Schreckliches widerfahren ist, dass er sich nur noch im Käfig geborgen fühlt und diese sichere Zone nicht mehr verlassen möchte. Es ist nicht leicht, einen derart traumatisierten Papageienvogel dazu zu bringen, wieder mehr Selbstbewusstsein und Mut zu haben und sich aus dem Käfig zu trauen. Doch es ist möglich, dies zu erreichen, sofern man die richtige Vorgehensweise wählt. Setzen Sie das Tier wie bereits erläutert niemals unter Druck und haben Sie Geduld. Halter, die mit einem solchen extremen Fall zu tun haben, sollten sich am besten Unterstützung suchen und einen Papageien-Trainer kontaktieren. Solche Experten können den Fall analysieren und individuelle Tipps geben.
Krankheit oder Behinderung als Ursache fürs Stubenhocken
In manchen Fällen verlassen Vögel den Käfig nicht mehr, weil sie erkrankt sind oder weil eine körperliche Behinderung vorliegt. Nicht immer merkt der Halter dies gleich. Entwickelt ein Vogel beispielsweise Arthrose in den Schultergelenken, bereitet das Fliegen große Schmerzen. Einige Vögel reagieren darauf, indem sie nicht nur das Fliegen einstellen, sondern den Käfig nicht mehr verlassen. Eine weitere körperliche Ursache kann eine Erblindung sein. In seinem Käfig kennt sich das Tier so gut aus, dass die Blindheit zunächst nicht unbedingt auffällt – der Vogel hat quasi eine „mentale Landkarte“ im Gedächtnis. Allerdings wissen viele Vögel instinktiv, dass sie außerhalb ihres Käfigs nicht mehr zurechtkommen würden und werden deshalb nach der Erblindung zu Stubenhockern.
Falls Sie den Verdacht haben, dass eine körperliche Ursache Ihren Vogel daran hindert, den Käfig zu verlassen, sollten Sie einen vogelkundigen Tierarzt zurate ziehen. Stellt sich beim Arztbesuch heraus, dass Ihr Tier gehandicapt oder krank ist und deshalb den Käfig nicht verlassen möchte, sollten Sie versuchen, an das Handicap angepasste Beschäftigungsmöglichkeiten im Käfig anzubieten und diese so einzurichten, dass das Tier seinen Alltag gut meistern kann. Mehr Informationen zum Thema finden Sie in der Rubrik über Handicaps bei Vögeln.