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Blindheit bei Vögeln
Aufgrund unterschiedlicher Ursachen können Vögel im Laufe ihres Lebens erblinden. Manche von ihnen haben das große Glück, nur auf einer Seite ihr Augenlicht zu verlieren. In diesem Kapitel erfahren sie mehr über dieses Thema, seine Ursachen und Auswirkungen auf die betroffenen Tiere.
Mögliche Ursachen für eine Erblindung
Grob vereinfacht gesprochen, lassen sich die Ursachen für eine Erblindung bei Vögeln in vier große Kategorien einordnen:
- Angeborene Blindheit
- Blindheit infolge entzündlicher Prozesse
- Blindheit nach einer Verletzung des Auges sowie durch Zysten- oder Tumorbildung, außerdem Augenlidverletzungen
- Blindheit nach schwerer Kopfverletzung mit Einblutungen in die Augen und dadurch bedingte Netzhautablösung
- Altersbedingte Ursachen
Angeborene Defekte der Augen sind bei Vögel ausgesprochen selten, die allermeisten Vögel kommen mit gesunden Augen zur Welt. Sehr viel häufiger kommt es dagegen vor, dass sich im Laufe ihres Lebens gesundheitliche Probleme ergeben, die auf Augenentzündungen zurückzuführen sind. Dringen Krankheitserreger in das Sehorgan ein, kann es im ungünstigsten Fall dazu kommen, dass ein irreparabler Schaden entsteht und der betroffene Vogel seine Sehfähigkeit teilweise oder sogar ganz einbüßt. Oftmals betreffen die Entzündungen anfangs nicht einmal die Augen selbst. Liegt beispielsweise eine chronische Entzündung der Nasennebenhöhlen vor, können von dort aus Keime die Augen besiedeln. So kann leicht eine Augenentzündung oder Bindehautentzündung entstehen, die beim Ausbleiben einer zielgerichteten Behandlung zu einer bleibenden Behinderung führen, weil Sehkraft verloren geht.
Durch Verletzungen der Augen kann es zu massiven Einbußen der Sehfähigkeit kommen. Wird die Hornhaut verletzt und wird eine solche Blessur nicht behandelt, können Vernarbungen entstehen, die ein scharfes Sehen unmöglich machen. In besonders schwerwiegenden Fällen kann sich eine verletzte Hornhaut ablösen, wodurch die Sehkraft vollständig verloren geht. Wird der Augapfel selbst verletzt, etwa durch eine Stichwunde, kann durch das Loch Kammerwasser austreten – der Augapfel trocknet aus oder es dringen Bakterien ein, die zu einer schweren Entzündung des Augeninneren führen. Häufig können derart verletzte Augen bei Vögeln nicht gerettet werden und in den meisten Fällen werden sie operativ entfernt. Ähnliches ist nötig, wenn sich im Auge ein Tumor bildet oder eine Zyste das Sehorgan durch ihren Druck schädigt, siehe Erfahrungsbericht.
Werden die Augenlider eines Vogels verletzt und wird diese Blessur nicht behandelt, kann es vorkommen, dass das Ober- und Unterlid miteinander verwachsen. Obwohl das Auge selbst völlig gesund sein mag, ist es dem betroffenen Vogel dann nicht mehr möglich, die Augenlider zu öffnen – faktisch ist er auf dem betroffenen Auge dann blind. Erfahrene Tierärzte können in einem solchen Fall oft durch eine Operation die miteinander verwachsenen Augenlider wieder trennen und die Seheinschränkung somit beheben.
Zu den altersbedingten Ursachen für schwere Sehstörungen und Erblindung bei Vögeln gehört der Graue Star. Wie bei Menschen trübt sich dabei die Linse des betroffenen Auges ein und der Vogel verliert dadurch seine Sehfähigkeit zu weiten Teilen oder erblindet gar vollständig.
Begleitsymptome der Blindheit
Wenn Vögel ein- oder beidseitig nichts sehen können, gehen damit bestimmte Symptome oder besser gesagt Verhaltensweisen einher, die vor allem dann, wenn der Verlust der Sehfähigkeit schleichend voranschreitet, für Halter wichtige Merkmale sind.
Beschreibungen einiger typischer Situationen
Im Folgenden finden Sie einige Beispiele dafür, wie sich die Situation für den Halter und sein betroffenes Tier darstellen kann, wenn bestimmte Umstände auftreten und zu einer Erblindung führen.
- Auf Fotos sieht man im Auge immer einen hellen Bereich, der wie ein Lichtreflex aussieht
- Der Vogel fliegt unsicherer als vorher
- Der Vogel stürzt beim Fliegen ab, wenn er in der Luft von einem Artgenossen abgedrängt wird (eigentlich lässt er sich eher fallen)
- Der Vogel fällt nachts häufig von der Sitzstange oder Schaukel
- Der Vogel ist schreckhafter als vorher
- Der Vogel will den Käfig nicht mehr verlassen
- Der Vogel beißt, wenn man sich ihm mit der Hand nähert, obwohl er das früher nie getan hat; auch Artgenossen werden aggressiv abgewehrt, wenn sie sich nähern
- Der Vogel magert ab und scheint sich nicht für die Nahrung zu interessieren
- Der Vogel hält ein Auge oder beide Augen häufig geschlossen
- Der Vogel legt seinen Schnabel beim Gehen auf dem Untergrund auf und schiebt ihn dabei von links nach rechts, während er sich gehend fortbewegt
- In einem Auge oder in beiden sind Trübungen zu erkennen
Wenn Sie eines dieser Symptome oder gar mehrere bei einem Ihrer Vögel beobachten, lassen Sie am besten die Augen des Tiers von einem fachkundigen Tierarzt untersuchen.
Von Geburt an blind
Aufgrund körperlicher Fehlentwicklungen während der Wachstumsphase kommen gelegentlich blinde Jungvögel zur Welt, was jedoch sehr selten geschieht. Während der ersten Tage ihres Lebens merkt man es den Jungtieren zunächst nicht an, dass es ein Problem mit ihren Augen gibt. Nachdem sie ihre Augen geöffnet haben, sind sie anders als ihre Geschwister weniger aktiv und wirken teilnahmslos. Viele Züchter sind ratlos und tippen auf eine Infektionskrankheit als Ursache für das erheblich zu ruhige Verhalten der betroffenen Nestlinge. Häufig wird erst dann festgestellt, dass ein Jungvogel nichts sehen kann, wenn er eigentlich alt genug ist, das Nest zu verlassen und das Fliegen zu erlernen, dabei aber keinerlei Fortschritte macht.
Ich empfehle jedem Züchter, in dessen Obhut sich ein von Geburt an blindes Jungtier befindet, dieses zunächst von den Eltern weiter aufziehen zu lassen. Sobald das Jungtier den Nistkasten verlassen hat, ist der große Moment gekommen, es in einen behindertengerecht eingerichteten, geräumigen Käfig zu setzen, zu dem die Eltern Zugang haben müssen, um den Nachwuchs noch einige Zeit füttern zu können. Gelingt es dem jungen Vogel während dieser Phase seines Lebens nicht, sich in dieser Umgebung zurechtzufinden und eigenständig Nahrung sowie Wasser zu finden, kann das Tier sein Leben allein nicht meistern, zumal die Eltern bald aufhören werden, das Junge mit Nahrung zu versorgen. Es müsste dann qualvoll verhungern. In einem Fall wie diesem ist es sinnvoll, den Vogel durch einen Tierarzt einschläfern zu lassen.
So mancher von Geburt an blinder Vogel arrangiert sich mit seiner Behinderung jedoch bestens und kann seinen Alltag in einem für ihn eigens eingerichteten, unfallsicheren Bereich trotzdem meistern. Ich halte es für wichtig, jedem blinden Jungtier die Chance einzuräumen, die Selbstständigkeit trotz der vorhandenen Behinderung zu erlangen. In seltenen Fällen verlassen manche Jungvögel das Nest blind. Ihre Augen entwickeln sich aber in den kommenden Lebenswochen dennoch weiter, sodass sie im Alter von einigen Wochen letztlich doch sehen können. Eventuell braucht ein Vogel also einfach nur etwas mehr Zeit, weil er nicht mit einer angeborenen Blindheit zur Welt gekommen ist, sondern lediglich mit einer Entwicklungsstörung seiner Augen.
Einseitige Blindheit
Aufgrund unterschiedlicher Ursachen, siehe oben, kann es bei Heimvögeln jederzeit zu einer einseitigen Erblindung kommen. Hier möchte ich anhand meines Wellensittichweibchens Pünktchen erläutern, wie sich eine solche Erblindung, die nur ein Auge betrifft, darstellen kann. Im Alter von etwa acht Jahren verlor innerhalb weniger Wochen die Sehfähigkeit auf dem rechten Auge, wobei die Ursache hierfür leider nicht geklärt werden konnte. Die Pupille des Tieres reagierte auf keinen Lichtreiz mehr, sie blieb starr. Allerdings fiel mir dies im Alltag zunächst nicht auf – wer leuchtet seinen Vögeln schon mit einer grellen Lampe ins Auge, um zu sehen, wie die Pupillenreaktion ausfällt?
Da Pünktchen zeitlebens ein aktiver und neugieriger Vogel war, der stets zu gewandten Flugeinlagen und akrobatischen Klettertouren aufgelegt war, bemerkte ich es in der Anfangsphase zudem nicht gleich, dass das Weibchen ständig seine Flugbahn in der Luft korrigierte. Dies war notwendig, weil der Vogel seine Umgebung mit seinem einen gesunden Auge nicht rundherum optimal wahrnehmen konnte. Es waren ständige kleine Richtungsänderungen nötig, weil Pünktchen den Kopf drehen musste, um das Umfeld zu sehen.
Vor allem beim Landen wählte das Tier eine eigentümliche Technik, was dann letztlich auch der ausschlaggebende Faktor dafür war, dass mir die Blindheit auffiel: Pünktchen flog die Stelle, an der sie landen wollte, stets in einer Rechtskurve an, da von ihrem linken Auge keinerlei Informationen an ihr Gehirn geliefert wurden. Näherte man sich ihr von links, zuckte sie erschrocken zusammen, was sie nie tat, wenn man sich von rechts mit der Hand näherte. Es geschah sogar, dass sie mich dann biss, obwohl sie zuvor nie bissig war – ein typisches Anzeichen dafür, dass der Vogel meine Hand nicht kommen sah und aufgrund des Erschreckens mit Abwehrbeißen reagierte.
Vollständige Blindheit in hohem Alter
Von vollständiger Blindheit sind meist nur überdurchschnittlich alte Vögel betroffen. So steigt beispielsweise bei Wellensittichen die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie an altersbedingten Seheinschränkungen zu leiden beginnen, etwa ab dem zehnten bis zwölften Lebensjahr erheblich. Meist schreitet die Erblindung ausgesprochen schnell voran. Innerhalb weniger Wochen erblinden die Vögel vollständig und sind folglich praktisch nicht mehr dazu in der Lage, ein normales, artgerechtes Leben zu führen – zumindest in der ersten Zeit.
Viele der auf beiden Augen erblindenden Tiere kommen anfangs kaum zurecht. Sie fliegen weniger, bewegen sich kaum und fallen oft von der Stange oder werden von Artgenossen gerempelt. Manchmal verletzen sie sich bei Stürzen oder wenn sie fliegen und ein Hindernis nicht rechtzeitig erkennen. Sofern das Futter und Wasser immer an derselben Stelle angeboten wird, finden sie die Nahrung meist noch lange Zeit ohne Probleme. Wechseln die Futterstandorte hingegen häufig, ist das für erblindende Vögel eine große Herausforderung und es kann geschehen, dass sie das Futter nicht finden. Leben sie gemeinsam mit Artgenossen, nutzen sie diese bald als „Richtungsweiser“, indem sie den Fressgeräuschen folgen. Wenn sie besonders schlecht sehen können, nutzen manche Vögel ihren Schnabel zudem wie einen Blindenstock. Sie legen ihn vor sich auf den Boden und tasten beim Gehen die Umgebung ab.
Wer diese Anzeichen an seinem betagten Vogel beobachtet, sollte mit einem Tierarzt sprechen und die Augen des Vogels untersuchen lassen. Oft zeigt sich dann, dass sich die Linsen eintrüben – bei alten Vögeln ist der Graue Star keine Seltenheit. Es ist wichtig, einen Vogel, der beidseitig erblindet, sehr genau zu beobachten und ihm möglichst viele Hilfestellungen zu geben, indem die Umgebung, in der er lebt, nicht zu stark verändert wird. Manche Vögel kommen so gut zurecht, dass sie in einem ihnen bekannten Freiflugzimmer weiterhin ihren Alltag meistern, wenn auch meist kletternd und gehend und nicht mehr fliegend. Andere Vögel sind weniger anpassungsfähig, sie würden in einem Freiflugzimmer verunglücken. Ihnen sollte ein geräumiger Käfig zur Verfügung gestellt werden, in dem sie einerseits möglichst sicher vor Unfällen sind (Bodenpolsterungen helfen hier sehr) und in dem sie neben leicht zugänglicher Nahrung auch Beschäftiungsmöglichkeiten finden. Denn es reicht nicht, blinde Vögel am Leben zu erhalten. Sie sollten sich nach Möglichkeit nicht unbedingt buchstäblich zu Tode langweilen.
Das folgende Video zeigt, dass auch blinde Vögel noch Spaß am Leben haben. Der zum Zeitpunkt des Entstehens des Videos schon fast 19 Jahre alte grüne Wellensittich saß in seinem Käfig und zwitscherte vor sich hin.
In einigen wenigen Fällen kommen blinde Vögel überhaupt nicht mit ihrer veränderten Lebenssituation zurecht. Sie verunglücken ständig, ziehen sich eine Verletzung nach der anderen zu und finden ihr Futter häufig nicht, sodass sie immer weiter abmagern. So hart die Entscheidung auch sein mag – beobachten Sie dies bei einem erblindeten Vogel, sollten Sie mit ihrem Tierarzt besprechen, ob es gegebenenfalls sinnvoll ist, das Tier einzuschläfern.
Beschäftigung für blinde Vögel
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