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Tyrodelösung selbst herstellen
Text und Bilder von L.G.*, Dezember 2009
Der Erfinder der Tyrodelösung ist der US Pharmaloge Maurice Vejux Tyrode (geb. 1878, †1930). Sie wird bei Nieren- und Durchfallerkrankungen (Diarrhoe) wegen ihres Elektrolytreichtums als Trinkwasserersatz genutzt.
Wer seinem Wellensittich auf Anraten eines vogelkundigen Tierarztes für längere Zeit die Tyrodelösung zum Trinken geben muss, erkennt schnell, dass dies ein teurer Spaß werden wird. In Pulverform kostete diese Mischung in der Apotheke im Jahr 2009 total 8,65 €**. (Mischung I = 4,40 €**, Mischung II = 4,25 €**).
Die Tyrodelösung besteht aus zwei Mischungen:
Mischung I
0,10 g Magnesiumchlorid (MgCl2)
0,13 g Calciumchlorid (CaCl2)
0,20 g Kaliumchlorid (KCl)
8,00 g Natriumchlorid (NaCl)
Mischung II
0,05 g Natriumdihydrogenphosphat (NaH2PO4)
1,00 g Natriumhydrogencarbonat (NaHCO3), im Handel auch unter dem Namen „Bullrichsalz“ erhältlich
Mischung I und Mischung II werden in einen Liter destilliertes Wasser eingerührt, diese Mischung ist circa drei Tage im Kühlschrank haltbar. Verweigert der Vogel die salzige Lösung, kann die Akzeptanz mit 1 g wasserfreier Glucose möglicherweise gesteigert werden. (Achtung: Bei Wellensittiche mit Macrorhabdiose, früher Megabakteriose, kann Zucker schädlich sein) Die Tyrodelösung darf selbstverständlich auch von gesunden Wellensittichen getrunken werden.
Wer mehr als nur einen Liter braucht und diese Lösung beispielsweise monatelang reichen muss, zahlt sich „dumm und dämlich“. Gelegentlich verweigert obendrein ein Apotheker den Verkauf. Bei keiner dieser Zutaten besteht in solch geringen Mengen eine Rezeptpflicht.
Wie schlüsseln sich diese Kosten auf?
Die zwei Salbenkruken (Behälter) kosten für
Mischung I (10-Gramm-Dose = 0,30 €**)
Mischung II (20-Gramm-Dose = 0,35 €**)
Der pure Rohstoff kostet
Mischung I
0,10 g Magnesiumchlorid (0,01 €**)
0,13 g Calciumchlorid (0,01 €**)
0,20 g Kaliumchlorid (0,01 €**)
8,00 g Natriumchlorid (0,16 €**)
Total: 0,19 €**
Mischung II
0,05 g Natriumdihydrogenphosphat (0,004 €**)
1,00 g Natriumhydrogencarbonat 0,03 €**)
Total: 0,04 €**
Pro Mischung ist also eine Pauschale für Wiegen und Mischen der Zutaten in Höhe von jeweils rund 4 €** fällig. Diese Pauschale fällt normalerweise dann an, sobald mindestens zwei Stoffe gemischt werden sollen. Mischung III, die 1,00 g wasserfreie Glucose enthält, kann man optional geben und sie kostet nur wenige Cent mehr.
Wenn man das Tyrodepulver nicht lagern möchte, sondern sofort daheim mit destilliertem Wasser anmischen will, kann man sich alle Zutaten auch in eine Dose abfüllen lassen statt in zwei getrennte. So kostet dieses Pulver dann keine 8,65 €** mehr, sondern nur noch rund 4,75 €**. Einen weiteren halben Euro kann man sparen, wenn man das Pulver nicht in eine kleine Plastikdose mit Verschluss füllen lässt, sondern in eine Papiertüte oder in ein mitgebrachtes sauberes Gefäß.
Braucht man zukünftig viel mehr Tyrodelösung als nur einen Liter, kann man sich in der Apotheke die nötigen Zutaten einzeln abfüllen lassen, wodurch die mehrfache Mischpauschale wegfällt. Die 20-fache Menge, die mit der Feinwaage selbst gemischt werden kann, kostet dann zum Beispiel nur 7,44 €**! Man benötigt zum selber Wiegen und Mischen eine empfindliche Feinwaage, welche in 0,01-Gramm-Schritten wiegen kann. Ich nutze dafür eine Gold-Feinwaage, die es für 15 €** bei diversen Online-Händlern zu kaufen gibt.
Überprüfung der Genauigkeit der Waage
Hochgenaue Feinwaagen wie sie in der Apotheke genutzt werden, kosten mehrere hundert Euro und werden regelmäßig aufwendig kalibriert. Wie sehr man seiner Waage trauen kann, kann man feststellen, indem man kleinere Gegenstände hochgenau in zwei verschiedenen Apotheken wiegen lässt und dann das Ergebnis mit den eigenen vergleicht. Bei meiner Waage sind die Abweichungen maximal 0,03 g. Mehrere Wiegevorgänge gemittelt nähern sich dem in der Apotheke ermittelten Wert gut an. Laut Deutscher Bundesbank wiegt ein Cent genau 2,30 g. Diverse 1-Cent-Münzen können zum groben Testen der Waage genutzt werden. Bei allem sollte man bedenken: Maurice Vejux Tyrode wird vermutlich auch keine so genauen Waagen gehabt haben.
Doch nicht nur die Genauigkeit der Waage ist von Bedeutung. Steht sie nicht hundertprozentig gerade, könnten die Messwerte verfälscht werden. Mit einer auf die Waage gelegten Wasserwaage lässt sich überprüfen, ob die Arbeitsunterlage plan ist.
Selbst mischen in der Praxis
Als erstes beschafft man sich in einer Apotheke die nötigen Salze, die jeweils getrennt in eigenen luftdichten Gefäßen abgefüllt werden. Destilliertes Wasser bekommt man in jedem besseren Supermarkt sowie in Drogeriemärkten. Natürlich kann man auch hochreines Wasser für Injektionszwecke verwenden. Es ist für rund sieben Euro in der Apotheke erhältlich. Die Verwendung normalen Leitungswassers wird nicht empfohlen und kann die vollständige Auflösung der Salze im bereits mit Mineralstoffen angereicherten Leitungswasser verhindern.
Weil die für die Herstellung benötigten Rohstoffe selbst sehr günstig sind, sollte man lieber ein bis zwei Gramm mehr kaufen, da beim Wiegen kleine Verluste entstehen. Als Unterlage für das Wiegen verwendet man am besten ein Stück Alufolie oder Backpapier. Auf normalem Papier haftet zu viel der Salze an der Oberfläche. Zum Dosieren kann man ein gewöhnliches spitzes Küchenmesser verwenden, welches man jedes Mal mit einem Küchenpapier sauber reiben sollte, weil immer ein wenig Salz daran hängen bleibt.
Da ich den billigen Feinwaagen nicht hundertprozentig traue, wiege ich die einzeln abgewogene Zutat mehrmals, indem ich diese von der Waage entferne und über ein frisches Stück Alufolie umschütte. Diesen Schritt sollte man so oft wiederholen und gegebenenfalls mit der Messerspitze etwas von dem Rohstoff dazu geben oder entfernen, bis zwei bis drei Mal dasselbe Gewicht angezeigt wird.
Diese Kleinstmengen sind auf der Waage immer noch ein ansehnlicher Haufen Kristallkrümel. Wer die Ungenauigkeit der Waage etwas austricksen will, kann die doppelte Menge der leichten Zutaten zusammen wiegen, also zum Beispiel die doppelte Menge des Natriumdihydrogenphosphats, und dies dann optisch teilt, oder die fertige Lösung mit destilliertem Wasser leicht verdünnen, sodass kleinste Überdosierungen nicht ins Gewicht fallen.
Bei Mischung I sollte man mit dem Natriumchlorid beginnen, damit die anderen Salze nicht am Gefäßboden kleben; bei Mischung II startet man mit dem Natriumhydrogencarbonat. Das Natriumdihydrogenphosphat und das Magnesiumchlorid sind beim Dosieren etwas störrisch, da die Kristalle zum Teil sehr grob sind. Hier erweist sich zum Beispiel ein Zahnstocher als gute Hilfe, um einzelne Körner zu entfernen.
Das destillierte Wasser (1 Liter) lasse ich kurz in der Mikrowelle aufkochen und dann abgedeckt abkühlen, um eventuell vorhandene Keime abzutöten, da sich beispielsweise der Krankheitserreger Pseudomonas aeruginosa prima in diesem Wasser vermehren kann. Am besten lösen sich die Salze auf, wenn das Wasser beim Mischen noch lauwarm ist. Mit einem elektrischen Milchaufschäumer, der vorher gründlich gereinigt wird, verrühre ich dann Mischung I und wenig später Mischung II. Falls nötig, gebe ich die Glucose nur in kleinen Mengen direkt in den Trinknapf und verrühre die Mischung kurz mit einem Zahnstocher. Die restliche Tyrodelösung wird abgedeckt im Kühlschrank aufbewahrt.
Die Rohstoffe können im trockenen Zustand zusammen aufbewahrt werden, noch besser ist aber die getrennte Lagerung in separaten Behältnissen. Genau wie die trockene Mischung sollte man sie kühl und trocken lagern, jedoch nicht in den Kühlschrank legen! Wie lange die einzelnen Zutaten bei korrekter Lagerung haltbar sind, ist beim Kauf zu erfragen, denn es wird normalerweise vom Hersteller vorgeschrieben.
Ein ganzer Liter Tyrodelösung, die nur drei Tage haltbar ist, ist möglicherweise für den einen oder anderen Vogelhalter zu viel, zumal ein Wellensittich nicht viel trinkt. Wer nicht verschwenderisch damit umgeht und zum Beispiel mehrere Trinknäpfe damit füllt oder gar die Lösung selbst trinkt, muss viel davon ungenutzt wegschütten. Zur Lösung dieses Problems kann das Pulver für einen Liter wie gehabt zusammen gewogen werden, allerdings werden dann die Zutaten getrennt in 10-ml-Flaschen mit sterilem destilliertem Wasser aufgelöst. Die Entnahme der gelösten Zutaten erfolgt dann mit desinfizierten Spritzen mit Nadeln, in diesem Beispiel jeweils 1 ml und das Konzentrat dann mit 94 ml destilliertem Wasser verdünnt. Dabei ist auf höchste Hygiene zu achten, zumal Bakterien eine Vorliebe für diese Stoffe haben. Die Konzentrate müssen im Kühlschrank gelagert und schnell aufgebraucht werden.
Alternativen
Auf diversen Vogel-Webseiten wird als Alternative beziehungsweise abwechselnd zur Tyrodelösung das sogenannte Wernarzer Heilwasser von der Staatlichen Mineralbrunnen Bad Brückenau propagiert. Heilwasser ist nicht gleich Heilwasser. Dieses Wasser gibt es nicht überall zu kaufen, gegebenenfalls kann man ähnliches Mineralwasser kaufen. Das Wernarzer Heilwasser ist sehr natriumarm. Seine Bestandteile sind Natrium (Na+) = 2,7mg/l Kalium (K+) = 6,6mg/l Magnesium (Mg²+) = 13mg/l Calcium (Ca²+) 30,4mg/l Strontium (Sr²+) = 0,09mg/l Mangan (Mn²+) = 0,31mg/l Eisen (Fe²+) = 0,01 mg/l Fluorid (F-) = 0,19mg/l Chorid (Cl-) = 6,7mg/l Sulfat (SO4²-) = 22,6mg/l Nitrat (NO³-) = 2,4mg/l Hydrogencarbonat (HCO³-) = 132mg/l Hydrogenphosphat (HPO4²-) = 0,02mg Metakieselsäure (H²SIO³) = 13,4mg/l Kohlendioxid = 2055
Bei meinem kranken Wellensittich konnte ich mit dem Wernarzer Heilwasser überhaupt keine Besserung der Symptome erzielen. Andere Halter schwören darauf.
Die Tyrodelösung kann vereinzelt auf Wellensittiche treffen, denen diese Lösung überhaupt nicht mundet und selbst mit etwas Glucose die Lösung nicht schmackhaft gemacht werden kann. Stellen Sie sicher, dass jeder Wellensittich regelmäßig trinkt. Verweigert ein Wellensittich über einen Tag die Lösung, muss zur Abwehr einer Dehydrierung (Austrocknung) wieder normales Trinkwasser gereicht werden. Da ich einen solchen Feinschmecker in meiner kleinen Wellensittichgruppe habe, muss ich die Tyrodelösung zu einem Fünftel mit normalem Wasser verdünnen. Auf meinen kranken Wellensittich scheint es keinen negativen Einfluss zu haben. Wenn möglich, sollte die Tyrodelösung aber unverdünnt zum Trinken angeboten werden.
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