Ceti, zugeflogen am 6. Juni ’93, † 23. Oktober ’93

Wegen einer Vergiftung war Cetis Gefieder häufig ein wenig aufgeplustert
Wegen einer Vergiftung war Cetis Gefieder häufig ein wenig aufgeplustert

Der 6. Juni 1993 war ein angenehm warmer Frühlingstag und ich hatte das Fenster weit geöffnet, um frische Luft herein zu lassen. Mira, mein damals vorübergehend einzelner Wellensittich, der eigentlich noch im selben Sommer endlich gefiederte Gesellschaft bekommen sollte, saß in seinem Käfig am geöffneten Fenster. In Bezug auf den geplanten Kauf eines Artgenossen kam dann aber doch alles ganz anders, denn plötzlich wurde Miras Gesang von draußen erwidert. Kurze Zeit später flatterte ein quirliges, grünes Wellensittichmännchen geradewegs in mein Zimmer und landete auf Miras Käfig, wobei das Tier erst einmal nur Augen für den gefüllten Futternapf hatte. Ich erstarrte fast vor Schreck und hatte Angst ihn zu verjagen, wenn ich mich zu schnell bewegen würde. Im Zeitlupentempo schloss ich das Fenster und mir fiel ein Stein vom Herzen, als ich es geschafft hatte und der kleine Kerl noch immer auf Miras Käfig saß. Nach wie vor gebannt vom Anblick des Futternapfes – der kleine Kerl hatte riesengroßen Hunger.

Obwohl er häufige Medikamentengaben über sich ergehen lassen musste, war Ceti zutraulich
Obwohl er häufige Medikamentengaben über sich ergehen lassen musste, war Ceti zutraulich

Schätzungsweise acht bis zehn Wochen war Ceti alt, als er mir zuflog. Er wirkte noch unbeholfen „kükenhaft“ und schien seinem Vorbesitzer oder Züchter entwischt zu sein, kurz nachdem er von seinen Eltern getrennt worden war. Mir fiel gleich auf, dass er stark abgemagert und zerzaust war, woraus ich schloss, dass er draußen in der Natur einige Abenteuer durchgemacht zu haben schien. Wie schlimm es tatsächlich gewesen ist, sollte sich erst später zeigen … Auf meine Zeitungsanzeigen und sonstigen Fundhinweise reagierte niemand, also behielt ich den Vogel, der anfangs einfach nur chronisch zu mager zu sein schien und ständig fressen wollte. Doch obwohl ihm genügend Futter zur Verfügung stand und er ansonsten gesund wirkte, nahm er nicht zu. Bei der anfänglichen Untersuchung fiel noch nichts auf, trotzdem wurde er bald krank. Nach einigen Wochen zeigte er erste gravierende Symptome, die schnell an Intensität zunahmen: Er hatte wässrigen Kot, teils mit Blutspuren, musste sich ständig übergeben und war bald sehr stark entkräftet. Der Tierarzt diagnostizierte eine schleichende Vergiftung, die sich Ceti aller Wahrscheinlichkeit nach bei seinem Aufenthalt in Deutschlands Wildnis zugezogen hatte. Vermutlich hat er an einer giftigen Pflanze oder etwas anderem geknabbert, das giftig war und ihm später zum Verhängnis werden sollte.

Etwas mehr als vier Monate kämpften mein Tierarzt und ich verzweifelt um das Leben des freundlichen und trotz der vielen Medikamentengaben mir gegenüber sehr zutraulichen Vogelmännchens. Leider verloren wir den Kampf. Ceti starb am 23. Oktober 1993 an den Folgen jener Vergiftung, der arme Vogel wurde demnach nur knapp ein halbes Jahr alt. Mira und er waren in der Zwischenzeit enge Freunde geworden und Cetis Tod hinterließ eine große Leere im Leben seines Gefährten, der sich vor allem in den letzten Tagen seines Lebens rührend um Ceti gekümmert hatte. Allein war Mira aber trotzdem nicht, weil inzwischen ein weiterer Wellensittich seinen Weg zu mir gefunden hatte. Aber Ceti fehlte mir trotzdem, ich hätte ihm von Herzen ein langes, glückliches Leben mit Artgenossen in meiner Obhut gewünscht.

Bedeutung des Namens

Da Ceti von Anfang an so eng mit Mira befreundet war, benannte ich ihn nach demselben Stern, der auch bei der Namensgebung von Mira Pate gestanden hatte. Im Sternbild Walfisch (lateinisch „Cetus“) gibt es einen veränderlichen Stern, dessen Name Mira Ceti ist.