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200 Jahre Wellensittiche – ein Beitrag aus dem Jahr 2005

Im Jahr 2005 jährte sich die Entdeckung der Wellensittiche in der australischen Natur zum 200. Mal.
Im Jahr 2005 jährte sich die Entdeckung der Wellensittiche in der australischen Natur zum 200. Mal.

Im Jahr 1805 ist der Wellensittich in der australischen Wildnis entdeckt worden. Innerhalb kurzer Zeit hat er viele Herzen erobert und ist inzwischen in aller Welt ein beliebtes Haustier. Millionen Menschen erfreuen sich an dem fröhlichen Wesen und dem natürlichen Charme dieser kleinen Papageienvögel. Wie es dazu gekommen ist, soll ein kleiner Rückblick auf 200 Jahre seit der Entdeckung dieser quirligen Vögel zeigen. Ihren Anfang nimmt die Geschichte auf dem Fünften Kontinent, wo noch heute riesige Wellensittichschwärme durch die freie Natur streifen und wo praktisch all diese Vögel gleich aussehen – ganz im Unterschied zu den Heimvögeln, die inzwischen in über 100 Farbschlägen zu haben sind.

Die Entdeckung der Wellensittiche im Outback

Wilde Wellensittiche in Australien
Wilde Wellensittiche in Australien

Reisen durch die australische Wildnis waren im 19. Jahrhundert noch erheblich größere Abenteuer als heute. Getrieben von seiner Neugier auf die exotische Tierwelt des riesigen Landes, durchstreifte der englische Naturkundler George Shaw die weiten Landschaften Australiens, was führ ihn hart und anstrengend war. Eines Tages im Jahr 1805 entdeckte er eine 18 cm große und ständig zwitschernde, grüne Papageienart mit einer gewellten, schwarz-gelben Kopf- und Flügelzeichnung. Aufgrund ihres Erscheinungsbildes und wegen ihrer häufig vorgetragenen Lautäußerungen gab Shaw dieser Vogelart den wissenschaftlichen Namen Melopsittacus undulatus, was sich als „gewellter Singpapagei“ ins Deutsche übersetzen lässt.

Dieser als Heimvogel gehaltene Wellensittich ist wildfarben und ähnelt seinen Vorfahren aus Australien.
Dieser als Heimvogel gehaltene Wellensittich ist wildfarben und ähnelt seinen Vorfahren aus Australien.

Fast 30 Jahre später, im Jahr 1835, gelangten die ersten Bälger (tote Exemplare) der Wellensittiche nach Europa, oder genauer gesagt nach England. Naturforscher hatten sie von ihren Reisen aus dem fernen Ursprungsland mitgebracht. Es vergingen einige weitere Jahre, bis der englische Vogelmaler und Forscher John Gould das erste lebende Wellensittichpärchen in seine britische Heimat brachte. Kurz darauf, im Jahre 1850, kamen die ersten Wellensittiche dann bereits nach Deutschland.

Tier- und Naturschutz waren zu jener Zeit noch kein Thema. Wellensittiche wurden zuhauf in der Natur gefangen und per Schiff nach Europa gebracht. Die mehrere Monate langen, entbehrungsreichen Schiffsreisen brachten unzähligen Wellensittichen den Tod, worüber sich seinerzeit jedoch leider kaum ein Mensch den Kopf zerbrach. In Europa wuchs die Nachfrage nach den hübschen kleinen Exoten immer mehr. Aber viele der damals sehr teuren Wildfänge, die die lange Schiffspassage überlebt hatten, starben am Zielort nach kurzer Zeit. Mit den vergleichsweise wenigen überlebenden Tieren wurden deshalb erste Zuchtbemühungen gestartet, anfangs aber mit geringem Erfolg. Letztlich klappte es dann allerdings doch, und für Deutschland sind die ersten Nachzuchterfolge für das Jahr 1855 verbrieft. Alle damals in Europa nachgezüchteten Wellensittiche waren wie ihre wilden Verwandten an Brust, Bauch und unterem Rücken grün gefärbt, das Gesicht war gelb und der Kopf, der obere Rücken sowie die Flügel waren schwarz-gelb gemustert.

Die treiben es bunt …

Weiß, blau, gescheckt – die Färbung dieses Wellensittichs hat kaum mehr etwas mit der Wildfarbe dieser Vogelart zu tun.
Weiß, blau, gescheckt – die Färbung dieses Wellensittichs hat kaum mehr etwas mit der Wildfarbe dieser Vogelart zu tun.

In der Natur kommt es bei vielen Vogelarten mitunter zu spontanen Farbmutationen. Allerdings fallen anders gefärbte Individuen ihren Fressfeinden besonders auf und sterben daher in aller Regel recht früh – oft sogar schon, bevor sie ihr besonderes Erbgut weitergeben können. Diese Regel gilt vor allem für Tiere wie den Wellensittich, der in seiner australischen Heimat in riesigen Schwärmen von bis zu mehreren Tausend Individuen lebt. Farbmutationen konnten sich bis zum heutigen Tag bei den wild lebenden Wellensittichen nicht durchsetzen, die Wildform (so bezeichnet man die Urform einer Vogelart) ist nach wie vor grün mit schwarz-gelbem Wellenmuster. Zwar werden immer wieder mal vereinzelte rein gelbe Vögel gesichtet, aber diese dürften tierischen Angreifern in der Masse besonders leicht auffallen, weshalb sie schnell gefangen werden.

Weil in Gefangenschaft gehaltene Vögel anders als ihre wilden Verwandten in den meisten Fällen vor Fressfeinden sicher sind, können Individuen, bei denen sich spontane Farbmutationen einstellen, meist problemlos überleben. Dies galt auch für die in der Obhut des Menschen gezüchteten Wellensittiche. Es gelang den Züchtern mit der Zeit, immer mehr Farbschläge zu züchten. Waren es beispielsweise in den 1980er Jahren nur vergleichsweise wenige – damals waren die ersten grauen Wellensittiche eine Sensation! -, sind es heute über 100 Farbmutationen. Möglich wurde dies durch geschickte Verpaarung besonders gefärbter Individuen, wobei jedoch nicht verschwiegen werden sollte, dass oftmals mit Inzucht gearbeitet wurde, um die besonderen Farbschläge herauszuzüchten.

Doch so groß die farbliche Vielfalt der Wellensittiche heutzutage sein mag, niemals sind bisher Wellensittiche mit roten oder rötlichen Federn gezüchtet worden. Dies wird in Zukunft – zumindest auf natürlichem Wege – auch nicht geschehen können. Der Grund dafür ist, dass im genetischen Bauplan der Wellensittiche kein roter Gefiederfarbstoff vorhanden ist. Die Farbpalette der heutigen domestizierten Wellensittiche umfasst die Farben Schwarz, Weiß, Gelb, Grün, Blau, Mauve, Oliv, Braun und Grau in verschiedenen Nuancen und Mischformen, sodass beispielsweise auch Türkis als Mischung aus Gelb und Blau vorkommt. Zudem sind unterschiedliche Gefiederzeichnungen entstanden, Züchter sprechen hier beispielsweise von Gesäumten, Lacewings oder Opalin-Vögeln. Sogar Haubenwellensittiche brachten die Bemühungen der Züchter hervor; dies sind Vögel mit einer kleinen Federhaube auf dem Kopf.

Blaues Gelbgesicht
Blaues Gelbgesicht
Opalin-Spangle
Opalin-Spangle
Lacewing
Lacewing
Einfaktoriger Australischer Schecke
Einfaktoriger Australischer Schecke
Lutino
Lutino
Haubenwellensittich
Haubenwellensittich

Gefiederte Riesen

Zwar empfinden die meisten Vogelfreunde Wellensittiche als von Natur aus schön. Den Briten waren die kleinen Papageien aber trotz der in Menschenobhut erzielten Farbvariationen des Gefieders nicht schön genug. Ein künstliches Schönheitsideal wurde festgesetzt, dem die auf der Insel gezüchteten Vögel entsprechen sollten – der „Standardsittich“ war galt bei vielen Züchtern fortan als das Schönheitsideal.

Standardwellensittiche, die im englischen Sprachraum als „English Budgies“ bezeichnet werden, sind deutlich größer als die Wildform. Sie können im Extremfall eine Körpergröße von bis zu 23 cm erreichen. Ihr Kopfgefieder ist sehr dicht und lag, sodass die Augen aus bestimmten Betrachtungswinkeln nicht zu sehen sind. Außerdem tragen diese Vögel erheblich mehr Kehltupfen (dunkle Punkte auf den Federn im unteren Gesichtsbereich) als ihre australischen Vorfahren. Bei den wilden Wellensittichen und ihnen noch immer ähnlichen, kleinen Heimvögeln zieren nur sechs kleine, schwarze Punkte das Gesicht.

Wildfarbene Wellensittiche in Australien
Wildfarbene Wellensittiche in Australien
Standardwellensittiche wie dieser haben sehr voluminöse Federn am Kopf und sind ausgesprochen groß.
Standardwellensittiche wie dieser haben sehr voluminöse Federn am Kopf und sind ausgesprochen groß.

Heimvogeldasein mit Schattenseiten

Eine bunte Wellensittichschar, wie man sie heutzutage überall antreffen kann.
Eine bunte Wellensittichschar, wie man sie heutzutage überall antreffen kann.

Der Siegeszug der Wellensittiche als Heimvögel schien unaufhaltsam: In den 1980er Jahren waren Wellensittiche in Deutschland als Haustiere sehr beliebt. Damals kauften Schätzungen zufolge etwa 800 000 Menschen pro Jahr (mindestens) einen Wellensittich. Die Zahlen sind inzwischen schon seit geraumer Zeit rückläufig – allerdings nicht nur in Bezug auf Wellensittiche, sondern für Heimvögel im Allgemeinen. So manchen Tierschützer freut dies, denn je weniger Wellensittiche verkauft werden, desto geringer ist für die Tiere die Wahrscheinlichkeit, ihr Dasein in einem Haushalt als einsamer Einzelvogel fristen zu müssen oder unter falschen Haltungsbedingungen zu leiden.

Obwohl inzwischen sehr viele Literatur- und Internetquellen ausdrücklich darauf hinweisen, dass Wellensittiche grundsätzlich mindestens paarweise gehalten werden sollten, werden noch immer unvorstellbar viele „Hansis“ und „Bubis“ – so lauten zwei der beliebtesten Wellensittichnamen 150 ein jämmerliches, wenig artgerechtes Dasein als Einzeltiere. Leider hat sich trotz diverser Aufklärungsaktionen gegen die Einzelhaltung von Wellensittichen die Erkenntnis noch nicht durchgesetzt, dass diese Schwarmvögel ohne Artgenossen vereinsamen und nicht glücklich sind. Deshalb sollte immer gelten: Ein Welli ist kein Welli, nur gemeinsam sind diese Tiere wirklich zufrieden. Und es ist wichtig, unbedingt auch die Bedürfnisse dieser kleinen, aber feinen Exoten zu beachten. Sie brauchen Beschäftigung, Bewegung und eine auf ihre Bedürfnisse abgestimmte Ernährung.