Schöner Wohnen

Ursprünglich erstellt am 05.10.2003, überarbeitet im Mai 2020

Vögel haben durchaus ein ästhetisches Empfinden, was sehr zu ihrem Leidwesen von den meisten Haltern vollkommen verkannt und übersehen wird. In mühevoller Detailarbeit versuchen sie, ihre Umgebung ihren Wünschen entsprechend zu gestalten. Der Mensch scheint jedoch zu dumm zu sein, um den tieferen Sinn im Tun der Vögel zu durchschauen. Er meint schlichtweg, sie würden alles durcheinanderbringen oder gar die Einrichtung zerstören. Schaut man jedoch einmal genauer und vor allem unvoreingenommen hin, so entdeckt man, mit wie viel Hingabe Ziervögel beim Projekt „Schöner Wohnen“ ans Werk gehen. Ein nicht ganz ernst gemeinter Blick auf die Do-it-Yourself-Aktionen meiner Vögel …

Fluffiger, bunter Deko-Traum

Fluffiger, bunter Deko-Traum

Während der Mauser machen Vögel aus der Not eine Tugend. Anstatt sich wie gewohnt viel zu bewegen, sitzen sie öfter an einem Fleck und lassen ihre Federn rieseln. Was für uns wie ein Ausruhen während der anstrengenden Zeit des Gefiederwechsels aussieht, ist in Wahrheit der Versuch der Vögel, ihre Umgebung bunter zu gestalten. Mit viel Ausdauer und einem Händchen für Präzision lassen sie ihre Federn an bestimmte Stellen rieseln, um so ein möglichst farbenprächtiges und dabei flauschig-fluffiges Ambiente zu erschaffen. Wie schwer muss ihnen ums Herz werden, wenn wir Menschen angesichts dieser Federansammlungen in unserer grenzenlosen Ignoranz den Staubsauger bemühen!

Kunstvolle Diagonale

Kunstvolle Diagonale

Und schon wieder hat einer der Vögel eine Schaukel einseitig ausgehängt. Warum machen die das bloß? Diese Frage haben sich vermutlich schon sehr viele Vogelhalter einmal gestellt. Mindestens einmal. Oder vielleicht sogar einmal pro Tag. Dabei ist die Antwort so naheliegend! Jeder professionelle Fotograf oder versierte Künstler weiß, weshalb Vögel so gern Schaukeln auf einer Seite aushängen: Sie erzeugen damit Diagonalen, die dem Blick schmeicheln. In den meisten überragend guten Fotos oder Gemälden finden sich Diagonalen, die unsere Blicke fesseln. Es ist den Vögeln nicht zu verübeln, dass sie in einem Käfig, in dem alle Stäbe parallel waagerecht verlaufen, ein wenig Abwechslung wünschen.

Die persönliche Note

Die persönliche Note

Tapeten oder gar weiß gestrichene Wände sind Wellensittichen und anderen Vögeln ein Graus. Nichts könnte steriler sein als diese Art der Raumgestaltung, die viele Menschen für besonders aufgeräumt halten. Abwechslung und eine persönliche Note müssen her! Da Vögel nicht wie wir Menschen beispielsweise einen Pinsel schwingen können, um eine Wand zu verzieren, nutzen sie die ihnen zur Verfügung stehenden natürlichen Ressourcen. Durch geschickte Bewegungen und perfekte Körperbeherrschung, mit der sie den richtigen Moment abwarten, verschönern Vögel Tapeten und Wände. Besonders beliebt sind die lang gestreckten „Streifschisse“, die nur hochbegabte Künstler im Fluge zustande bringen.

Gardinen mit individuell gestalteten Gucklöchern à la Netzoptik

Gardinen mit individuell gestalteten Gucklöchern à la Netzoptik

In der Mode ist die Netzoptik seit geraumer Zeit hochaktuell. Beim Gardinenkauf scheint sich so mancher Vogelhalter dieser Tatsache allerdings nicht bewusst zu sein. Auch ich dachte, den Vögeln würde eine möglichst schlichte, dünne Gardine am besten in ihrem Zimmer gefallen, damit so viel Licht wie möglich hindurch scheinen kann und gleichzeitig die böse Unfallquelle Fensterscheibe entschärft ist. Weit gefehlt! Ich habe es total vergeigt, weshalb meine Vögel wieder einmal selbst zur Tat schreiten mussten, um die begehrte Netzoptik mit Hilfe einiger gezielter Bisse herauszuarbeiten. So konnten sie sich auch gleich Gucklöcher in die Gardine zaubern. Schließlich muss der Vogel von Welt ja wissen, was draußen vor sich geht!

Von Flussläufen und Landschaftsfotografie inspiriert …

Von Flussläufen und Landschaftsfotografie inspiriert ...

Unter dem Stichwort „Earth Art“ sind in letzter Zeit jene faszinierenden Landschaftsaufnahmen populär geworden, die von Fluggeräten aus entstanden sind. Da lichten begabte Fotografen unter gewaltigem technischem Aufwand bizarre Felsformationen, Steppenlandschaften oder aber mäandernde Flussläufe wie den Amazonas von oben ab, was stets sehr eindrucksvoll auf den Betrachter wirkt. Wellensittiche können zwar fliegen und müssten folglich für die Herstellung solcher Kunstwerke nicht auf Kerosin schluckende Maschinen zurückgreifen, um eine erhabene Perspektive zu erlangen. Sie haben aber im Flug ein kleines Problem: Gängige Kameras sind einfach zu schwer! Weshalb sich dann also die Mühe machen und zum Beispiel zum Amazonasbecken fliegen? Es geht auch viel einfacher! Manche in diesem speziellen Kunstbereich besonders begabte Vögel haben sich darauf spezialisiert, Papierunterlagen, wie sie sich beispielsweise unter Kletterbäumen befinden, mit ihren Schnäbeln derart zu bearbeiten, dass sie von oben betrachtet an die herrlich geschwungenen, verzweigten Flüsse wie Okavango oder eben den bereits erwähnten Amazonas erinnern. Der Sittich, er hier am Werk war, hat eine ausgeprägte Vorliebe für weitläufige Seen in der Nähe der Mündungsregion eines solchen Flusslaufs. Selbst fotografieren können die Tiere ihre Kunstwerke aber dummerweise trotzdem nicht, da musste die Halterin ran.