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Blutvergiftung (Sepsis)
Wie wir Menschen können auch Vögel an einer Blutvergiftung erkranken; in der medizinischen Fachsprache nennt man sie Sepsis. Es handelt sich hierbei um eine meist lebensbedrohliche, sehr heftig verlaufende und den gesamten Körper betreffende Entzündungsreaktion, die durch Krankheitserreger wie Viren, Bakterien, Pilze oder Parasiten hervorgerufen wird. Weil sie den Gesamtorganismus betrifft, wird sie als systemische Erkrankung bezeichnet. Mitunter kommt es in infizierten Wunden in der Tiefe zum Absterben des Gewebes, was das Risiko des Auftretens einer Blutvergiftung erhöhen kann.
Eine Sepsis ist vereinfacht gesagt eine Komplikation, die sich ergeben kann, wenn ein lokaler Befall mit Krankheitserregern oder Parasiten eskaliert. Sie kann zum Beispiel durch eine infizierte Wunde entstehen, und das sogar dann, wenn diese vergleichsweise klein ist. Wenn die Erreger durch eine solche Wunde tief ins Gewebe gelangen, können sie von dort die Blutbahn erreichen und verteilen sich so im gesamten Körper. Das Immunsystem hat daraufhin im übertragenen Sinne an einer so großen Front zu kämpfen, dass der Körper enorm geschwächt und überlastet wird.
Bei Vögeln wird eine eine Blutvergiftung oft erst vergleichsweise spät entdeckt, denn die Tiere verstecken die ersten Anzeichen wie Mattigkeit erstaunlich gut. Auch fallen Wunden, die Einfallstore für Krankheitserreger darstellen, nicht immer gleich auf, wenn sie sich zum Beispiel unter den Federn befinden. Lediglich dann, wenn eine unbefiederte Körperpartie wie etwa ein Fuß verletzt ist, kann man direkt auf die Wunde blicken. Beißereien mit Artgenossen oder Quetschungen sind in vielen Fällen die Ursache für infizierte Wunden oder das Absterben eines Zehs beziehungsweise Fußes; ebenso können eingewachsene Fußringe dies verursachen.
Darüber hinaus kann eine Sepsis von Erkrankungen der Verdauungsorgane ausgehen. Ist beispielsweise der Darm eines Vogels schwer entzündet und wird infolgedessen die Darmwand porös, können die Krankheitserreger sie durchdringen und sich unkontrolliert im Körper ausbreiten.
Im Speichel von Raubtieren, zum Beispiel Hunde oder Katzen, befinden sich zahlreiche Bakterien, die für Vögel höchst gefährlich werde können, falls sie in die Blutbahn oder in tiefere Gewebeschichten gelangen. Verletzt ein im selben Haushalt lebender Hund oder eine Katze einen Vogel, muss immer ein vogelkundiger Tierarzt zurate gezogen werden, um einer Sepsis frühzeitig entgegenzuwirken. Die Verletzungen müssen nicht einmal groß sein, oft reicht ein leichtes Anritzen der Haut mit den Zähnen aus.
Was dabei ganz wichtig ist: Insbesondere die im Speichel der Katzen vorkommenden Pasteurellen (Pasteurella multocida) sind für Vögel extrem gefährlich und in sehr vielen Fällen der Auslöser einer Sepsis. Weil an den Krallen der Katzen manchmal Speichelreste kleben, können Kratzwunden ebenfalls zum tödlichen Risiko für Vögel werden.
Symptome
Infolge der Überlastung des Körpers und der Ausbreitung der Infektion auf den gesamten Organismus und die inneren Organe treten Symptome wie Kreislaufstörungen oder Kreislaufschock, Müdigkeit, Verminderung der Blutgerinnungsfähigkeit oder gar Organversagen auf. Auch Schockzustände – Tierärzte sprechen vom sogenannten septischen Schock – treten bei erkrankten Vögeln auf. Ein septischer Schock ist extrem gefährlich, weil durch ihn die Organdurchblutung vermindert wird und so das Risiko von akutem Organversagen erhöht wird.
Behandlung
Bei Menschen ist eine Blutvergiftung mit intensivmedizinischen Maßnahmen wie zum Beispiel künstlicher Beatmung sowie wirksamen Medikamenten gegen die verursachenden Krankheitserreger in vielen Fällen behandelbar. Dennoch sterben in Deutschland jährlich etwa 70.000 Menschen an den Folgen einer Sepsis (siehe Beitrag in der ÄrzteZeitung). Diese Zahl ist alarmierend hoch und sie zeigt, wie gefährlich diese Erkrankung ist. Weil für Vögel weniger intensivmedizinische Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, ist eine Sepsis für sie sogar noch gefährlicher als für uns Menschen. Je früher sie erkannt wird, desto besser stehen die Chancen für die betroffenen Vögel.
Eine Behandlung einer Sepsis in einem frühen Stadium ist bei Vögeln durchaus in einigen Fällen möglich. Die erkrankten Tiere müssen zunächst untersucht werden, damit der Tierarzt mithilfe einer Probe (Blut, Gewebe etc.) den Erreger bestimmen kann, der für die Blutvergiftung im individuellen Fall verantwortlich ist. Dann muss umgehend eine medikamentöse Behandlung eingeleitet werden. Oft kommen Antibiotika zum Einsatz, weil in den meisten Fällen Bakterien die Verursacher einer Blutvergiftung sind. Neben dem Einsatz wirksamer Medikamente stehen weitere Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung, darunter Infusionen, um den Kreislauf zu stabilisieren.
Sind bereits die inneren Organe durch eine Blutvergiftung geschädigt, ist eine Behandlung meist kaum noch durchführbar. Zwar kann man versuchen, mittels einer Probenentnahme und einer Bestimmung des Erregerstamms eine medikamentöse Therapie einzuleiten. Aber leider sind Vögel, deren Organe bereits Funktionsstörungen aufweisen und die sich in einem septischen Schock befinden, in der Mehrheit der Fälle zu sehr geschwächt, um eine Sepsis zu überleben.
Besteht der Verdacht auf eine Infektion der Verdauungsorgane, sollte diese schnellstmöglich medikamentös behandelt werden, damit sie nicht aus dem Ruder läuft. Finden sich irgendwo Blutspuren, zum Beispiel auf dem Boden des Käfigs oder auf einer der Sitzstangen, dann sollten Tierhalter nach der Wunde suchen und diese unbedingt im Auge behalten, um einen entzündlichen Prozess rasch zu erkennen und umgehend einen vogelkundigen Tierarzt aufzusuchen. Zwar entsteht bei weitem nicht aus jeder Wunde eine Sepsis, doch Vorsicht ist stets sinnvoll.
Sind Blutvergiftungen vermeidbar?
Selbstverständlich ist es wichtig, Vögel unter möglichst hygienischen Bedingungen zu halten. Dennoch ist es nahezu unmöglich, sämtliche Krankheitserreger, die unter Umständen zu einer Blutvergiftung führen können, durch Desinfektionsmaßnahmen zu beseitigen. Es ist nicht ratsam, das Umfeld der Vögel ständig mit starken Desinfektionsmitteln zu reinigen, damit sie im Falle einer Verletzung nicht Keimen in Berührung kommen. Das übermäßig starke Desinfizieren ihres Umfeldes kann den Vögeln bedauerlicherweise ebenfalls schaden, weil die zum Einsatz kommenden Mittel oftmals sehr aggressiv sind und bei den Vögeln zu Vergiftungen führen können.
Viel wichtiger ist es, die Tiere wie weiter oben erwähnt immer genau zu beobachten und jede noch so kleine Wunde oder Infektionskrankheit im Körper zu überwachen. Sollte ein Vogel immer schlapper werden oder sind bei einer Wunde sichtbare Zeichen einer Entzündung zu erkennen (Schwellung, Rötung, Eiter etc.), muss in jedem Fall ein fachkundiger Tierarzt hinzugezogen werden. So lässt sich das Schlimmste oft vermeiden und eine eventuell bereits aufgetretene Blutvergiftung kann im Frühstadium gezielt behandelt werden. Zudem sei erwähnt, dass Vögel, die in einem hygienischen Haushalt leben, nicht besonders häufig an einer durch infizierte Wunden ausgelösten Sepsis erkranken – einzige Ausnahme sind durch Katzen oder Hunde verursachte Verletzungen, siehe oben.
Der folgende Text wurde von Sandra Burmester im Oktober 2005 bereitgestellt.
Erstes Anzeichen war eine kleine entzündliche Druckstelle am hinteren Zeh in der Nähe der Kralle am linken Fuß. Diese Entzündung wurde mit einer antibiotischen Salbe behandelt, nach einer Woche war die Entzündung zurückgegangen und der Wellensittich Janni war beschwerdefrei, das heißt, er hatte keine Schmerzen mehr. Allerdings verfärbte sich seine Kralle schwarz, denn es starb Gewebe ab. Vier Wochen später entzündete sich derselbe Zeh im Bereich der Kralle erneut. Trotz der Verabreichung eines Antibiotikums und der Anwendung einer entzündungshemmenden Salbe trat leider keine Besserung ein.
Nach einer Woche verschlechterte sich Jannis Allgemeinbefinden. Er hatte keine Kraft mehr zum Fliegen und schlief sehr viel. Weitere vier Tage später erkannte ich an vier Zehen bläuliche Flecken. Janni saß auf dem Käfigboden und ich sah Blut auf dem anderen hinteren Zeh. Außerdem war die Haut an diesem Zeh weißlich und nicht wie die anderen Zehen rosa gefärbt. Am Nachmittag erschien der Zeh, als wäre er verkrustet.
Am morgen darauf war der halbe hintere Zeh schwarz und die anderen drei betroffenen Zehen hatten in der Nacht angefangen zu bluten. Janni konnte morgens noch auf der Stange sitzen, doch zum Mittag hin wurde er immer schwächer, sodass ich ihm ein kleines Brettchen zum Hinlegen in den Käfig hängte. Er aß nur noch sehr wenig und er schlief die meiste Zeit.
Bevor wir zum Tierarzt fuhren, nahm ich ihn noch einmal in die Hand und legte ihn auf meinem Schoß. Er schaute mich ganz lieb an und ich wusste, dass ich heute von ihm Abschied nehmen müssen würde. Beim Tierarzt wurde uns dann erklärt, dass es sich um eine Blutvergiftung handelt, die von den Füßen ausging. Um den Prozess zu stoppen, schlug er eine Amputation beider Füße vor. Doch letztendlich entschieden wir uns dagegen, denn Jannis Zustand war zu schlecht, um die Operation zu überstehen. Schweren Herzens ließen wir unseren geliebten erst drei Monate alten Janni gehen.
Anmerkung zu diesem Erfahrungsbericht
Sandra Burmester lebte zu dem Zeitpunkt, als Janni so schwer erkrankte, aus beruflichen Gründen nicht in Deutschland, sondern im Oman. Dort gab es damals keine Vogel-Fachärzte. Sandra stand während Jannis gesamter Erkrankung mit deutschen Vogelhaltern und auch mit mir per E-Mail in Kontakt. Aber ohne das Eingreifen eines wirklich vogelkundigen Tierarztes war Janni nicht zu retten. Allerdings wäre es auch in Deutschland möglicherweise nicht gelungen, ihn zu heilen, denn eine Sepsis ist grundsätzlich eine sehr schwere Erkrankung und in jedem Fall lebensbedrohlich.