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Erfahrungsbericht über Blaustirnamazone Lora
Text von Oliver Schmidt, August 2021
Wir hatten vor etwa 4,5 Jahren einem Verein zugesagt, das wir den Sorgenvogel Lora aufnehmen. Damals hatten wir aber keine Ahnung, wie Lora aussieht. Jetzt wissen wir: Sie ist klein für eine Amazone, wiegt nur 260 g und ist inzwischen wohl schon über 40 Jahre alt.
Nach dem sofortigen Besuch beim vogelkundigen Tierarzt hatten wir nach Loras Adoption alle große Bedenken, ob sie uns überhaupt noch lange erhalten bleiben würde. Aus den damals geschätzten paar Monaten sind mittlerweile aber 4,5 Jahre geworden – trotz der vielen Handicaps und des am Anfang schlechten Zustands. Die Kleine ist eben wirklich zäh und lebenslustig!
Wir haben Lora von einer älteren Dame übernommen, die altersbedingt in ein Heim gezogen ist. Bis dahin hatte die Blaustirnamazone ihr Leben zusammen mit einem Graupapagei, einem Gelbwangenkakadu sowie zwei Aras verbracht. Alle Vögel konnten gemeinsam in einem Wintergarten fliegen. Dabei wurde Lora erst ein Zeh und danach auch die weiteren Zehen abgebissen. So wurde es uns von der Vorbesitzerin berichtet. Damit Lora bessere Möglichkeiten hat, sich zu setzen, haben wir zusätzlich zu den Stangen noch kleine Brettchen installiert.
Wie wir mittlerweile festgestellt haben, sind früher auch Loras Flügel beschnitten worden. Das war vor 30 bis 40 Jahren noch erlaubt und kam häufiger vor … Lora wurde die mittleren Schwungfedern beidseitig gezogen, das heißt, sie wachsen nie mehr nach. Aus diesem Grund kann sie nicht fliegen, sondern nur ein bisschen flattern. Sie ist noch in der Lage, den knappen Meter im Käfig von einer Seite zur anderen flatternd zu schaffen.
Als sie bei uns ankam, waren ihre Schwanzfedern komplett abgebrochen und deshalb quasi nicht vorhanden. Dazu kommt es bei schlecht fliegenden Vögeln, wenn sie abstürzen und dabei ihre Schwanzfedern abbrechen. Im Laufe der Jahre sind Loras äußere Schwanzfedern zum Glück nachgewachsen.
Dadurch, dass sich Lora wegen der fehlenden Zehen und Krallen nicht festhalten kann, kann sie sich auch nicht am gesamten Körper putzen. Außerdem kann sie ihren Schnabel nicht zum Knabbern nutzen. Er ist nicht ganz in Ordnung und wird regelmäßig vom Tierarzt kontrolliert. Weil er dazu neigt, zu lang zu werden, muss er bei einer solchen Kontrolle gegebenenfalls gekürzt werden. So gehandicapt kann Lora ihr Federkleid nicht ausreichend selbst pflegen. Das Gefieder lässt sie sich gern von uns putzen. Sie wartet abends immer schon auf das zehnminütige Kraulen. Wir sorgen dafür, dass in der Mauser ihre neuen Federn am Kopf „ausgepackt“ werden. 😀
Andere Vögel klettern gern auf die Hand, wenn man sie aus dem Käfig holt. Bei Lora geht das wegen der fehlenden Zehen nicht. Wenn wir sie herausholen, dann mit einem alten Küchenbrett. Sie kann draufklettern und darauf stehen, ohne herunterzufallen.
Noch eine weitere Hürde hat sie in ihrem Alltag zu meistern: Lora kann zum Schlafen ihren Kopf nicht nach hinten drehen und ins Gefieder legen. Das gelingt ihr sogar trotz eines Brettchens als Sitzhilfe nicht. Deshalb hängt sie ihren Schnabel zum Schlafen ins Käfiggitter. Es ist immer wieder erstaunlich, wie gut Vögel trotz einer Behinderung zurechtkommen und ihren Weg finden. Dabei helfen wir Lora natürlich gern, so gut wir nur können.
Bei uns lebt sie mit einem ebenfalls über 40-jährigen Venezuelaamazonen-Hahn namens Coco zusammen. Ihn hatten wir vor einiger Zeit ebenfalls aufgenommen – eigentlich als Partner für unsere Venezuela-Henne, die beiden vertrugen sich aber nicht. Loras Gefährte kommt aus einer Einzelhaltung und hatte große Schwierigkeiten, sich in einem Schwarm beziehungsweise mit einem anderen Vogel zu verstehen. Durch Loras Behinderung kann sie ihn nicht traktieren und mittlerweile kommen beide miteinander aus.
Das Buch kann für 29,90 € direkt beim Verlag bestellt werden: Web-Shop des Arndt-Verlags