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Nisha, adoptiert am 27. Juli ’07, † 27. Januar ’08
Anfang Juli 2007 erzählte mir meine Freundin Petra, sie wolle sich um die Vermittlung zweier Wellensittiche kümmern, von denen sie auf einem Online-Marktplatz erfahren hatte. Es handelte sich um ein Männchen und ein Weibchen, die jedoch laut Aussage des vorherigen Halters kein echtes Paar sein sollten. Weil viele Vögel, die über derlei virtuelle Marktplätze vermittelt werden, leider nicht in optimalen Haltungen landen, wollte meine Freundin helfen. Petra holte die Vögel zu sich und versicherte dem vorherigen Halter, sie in gute Hände weiterzuvermitteln. Kaum hatte sie sich die Tiere näher angeschaut, fiel ihr allerdings auf, dass etwas mit dem Weibchen nicht stimmte. Der Vogel, der damals noch Bonny hieß, saß teilnahmslos auf seiner Schaukel, rührte sich kaum vom Fleck und war zudem extrem schreckhaft und leicht zu verängstigen. Weil Petra viel Erfahrung mit Wellensittichen hat, konnte sie das Verhalten schnell richtig deuten: Sie ging davon aus, dass der Vogel nichts sehen könne und sich deshalb so schreckhaft und ruhig verhalten würde.
Der Umgebungswechsel hatte dem Tier enorm zugesetzt, was war für Petra unschwer zu erkennen. Deshalb wollte sie den Vogel nicht unmittelbar nach dem Umzug gleich zum Arzt bringen und ihrem Schützling ein paar Tage Verschnaufpause gönnen. In der Zwischenzeit sollte ich einen Blick auf das Weibchen werfen, weil ich schon öfter blinde Vögel in meiner Obhut gehabt hatte. Eine Untersuchung ihrer Augen mit einer Taschenlampe brachte die Bestätigung: Ich sah zwei trübe Linsen. Die Vogeldame reagierte sogar auf sehr helles Licht, das direkt in ihre Augen fiel, praktisch gar nicht. Das heißt, sie war faktisch blind. Einige Tage später bestätigte unser Vogel-Facharzt dieses erste Untersuchungsergebnis; Nisha litt seiner Diagnose zufolge am Grauen Star. Allenfalls sehr helles Licht konnte sie noch wahrnehmen, aber keine Konturen mehr, erläuterte der Tiermediziner.
Weil ein nahezu vollständig blinder Vogel schwer zu vermitteln ist, entschloss sich Petra, das Weibchen selbst zu behalten. Sie meinte es gut, machte die Rechnung jedoch ohne eines ihrer anderen Weibchen, das in dem fast blinden Vogel das perfekte Opfer zur Verfügung hatte. Es gefiel der aggressiven alteingesessenen Vogeldame, die wehrlose Artgenossin wieder und wieder zu attackieren. Nisha hatte große Angst und stürzte mehrmals ab. Glücklicherweise verletzte sie sich dabei nicht ernsthaft, aber es war nur noch eine Frage der Zeit, bis das geschehen würde. Deshalb entschieden wir gemeinsam, das schwer gehandicapte Tier in mein Vogelzimmer umziehen zu lassen. Meine Vögel, die seinerzeit bei mir lebten, gingen ausgesprochen freundlich mit Artgenossen um, die unter einer Behinderung litten. Das dürfte vor allem daran gelegen haben, dass viele von ihnen selbst gehandicapt waren. Am 27. Juli 2007 wurde Nisha offiziell ein Mitglied meines Vogelschwarms und erhielt auch ihren neuen Namen.
Man mag mich leichtsinnig nennen, weil ich Nisha vom ersten Moment an in meinem Vogelzimmer freiließ. Aber ich brachte es nicht übers Herz, sie in einen kleinen Käfig einzusperren und von ihren Artgenossen zu isolieren. Ich vertraute darauf, dass sie ihr Schicksal meistern und sich im Vogelzimmer zurechtfinden würde, ohne einen Unfall zu erleiden. Waren ihre ersten Flüge noch chaotisch, so prägte sie sich rasch die Umgebung ein und flog einige Tage später schon zielsicher ihre Lieblingsplätze wie die Bambusring-Schaukel an, die sie buchstäblich blind fand. Nisha mischte sich gleich unter die anderen Vögel und genoss jede Sekunde in ihrer Gesellschaft. Sogar das Futter fand sie problemlos, weil sie sich mit dem Gehör orientierte: Knusperte ein Vogel am Futter herum und war sie gerade hungrig, navigierte sie zielsicher in Richtung dieses Geräuschs und schlug sich dann gemeinsam mit dem Artgenossen den Bauch voll.
Die tapfere Wellensittichdame lebte sich gut ein und gewann sogar bald so viel Vertrauen zu mir, dass ich ihr akustische Kommandos beibringen konnte. Sie stieg auf meine Hand, wenn ich „Nisha, auf“ sagte, und kletterte wieder herunter, sobald ich „Nisha, runter“ sagte. Es war rührend, wie sie sich herumtragen ließ und sich auf meiner Hand sichtlich wohlfühlte. Ich schloss den freundlichen Welli in mein Herz und war umso entsetzter, als Nisha an einem Sonntag Ende Januar 2008 urplötzlich ein akutes Nierenversagen erlitt. Alles ging so schnell, dass ich kaum Zeit hatte, lange nachzudenken. Ich handelte rasch und brachte sie zur Tierklinik, als sie mit dem Urin Blut auszuscheiden begann, was innerhalb von nur wenigen Stunden passierte, denn zuvor ging es ihr noch gut. Am 27. Januar 2008 ließ ich meine kleine Freundin von ihrem Leiden erlösen, denn ich wollte ihr einen qualvollen und langsamen Tod mit schmerzhaften Krämpfen ersparen. Nur ein halbes Jahr lebte sie bei mir – viel zu kurz für meinen Geschmack. Ich hoffe, sie konnte die Zeit in meinem Vogelschwarm genießen. Danke für Dein Vertrauen, liebe Nisha.
Ihr exaktes Alter war mir leider nicht bekannt, ihr Fußring gab sie als Nachzucht aus dem Jahr 2005 aus. Sie gehörte dem Farbschlag Normal Hellgrün an.
Bedeutung des Namens
In Indien gibt es sehr alte Literatur, die sogenannten Veden. Sie sind in der Sprache Sanskrit verfasst worden. Darin steht das Wort Nisha für die Nacht. Weil mein Wellensittichweibchen so schlecht sehen konnte beziehungsweise nahezu blind war, nahm es seine Umgebung kaum wahr. Vermutlich fühlte sie sich so, wie wir uns nachts fühlen, wenn wir versuchen müssen, uns ohne die Hilfe unserer Augen zu orientieren. Ich war deshalb der Ansicht, Nisha wäre ein passender Name für das Wellensittichweibchen.