Hudern – das Wärmen der Küken

Die noch nackten Jungvögel werden von der Mutter mit Körper und Gefieder gewärmt.
Die noch nackten Jungvögel werden von der Mutter mit Körper und Gefieder gewärmt.

Geht es um die Jungenaufzucht, fällt in Bezug auf Wellensittiche und andere Vogelarten immer wieder der Begriff „Hudern“. Was genau das ist, wissen jedoch nicht alle Menschen. Dabei ist es an sich ganz einfach: Wellensittiche gehören zu den Vögeln, die beim Schlüpfen nackt und blind sind. Es dauert circa zwei Wochen, bis Federn ihren Körper bedecken, siehe auch die Beschreibung von Tag 14 im Leben eines jungen Wellensittichs. In den ersten Tagen ihres Lebens können Wellensittichküken ihre Körpertemperatur nicht selbst regulieren, sie würden ohne eine Wärmezufuhr von außen sehr schnell auskühlen. Ihr Körper braucht aber neben ausreichend Nahrung eine gewisse „Betriebstemperatur“, um rasant wachsen und ein intaktes Gefieder produzieren zu können. Diese Wärme spendet die Mutter, indem sie mit ihrem Bauch und ihrer Brust die Jungen bedeckt und ihr aufgefächertes Gefieder um die Küken hüllt. Liegen besonders viele Küken im Nest, legt sie auch die Flügel um einige ihrer Jungen. Dieses Wärmen der jungen Nestlinge nennt man Hudern. Eine hudernde Wellensittichmutter setzt also im Grunde die Weitergabe von Körperwärme fort, die sie zuvor schon beim Brüten praktiziert hat, um die Eier nicht auskühlen zu lassen.

Huderndes Wellensittichweibchen im Nistkasten.
Huderndes Wellensittichweibchen im Nistkasten.

Doch beim Hudern geht es nicht allein um das Wärmen des Nachwuchses. Ein entscheidender Unterschied zum Brüten, also zum Wärmen der Eier, liegt darin, dass es zusätzlich eine soziale Komponente gibt. Wellensittiche sind Vögel, die sehr stark auf arteigene Gesellschaft angewiesen sind, um psychisch im Gleichgewicht zu bleiben. Außerdem bietet die Anwesenheit der Artgenossen in freier Wildbahn einen Schutz vor möglichen Angriffen durch Fressfeinde. Deshalb kommen die Sittiche in ihrer natürlichen Heimat Australien in großen Schwärmen vor. Das Bedürfnis nach regelmäßigem Kontakt mit ihresgleichen ist den Vögeln angeboren. Bereits im Nestlingsalter, also unmittelbar nach dem Schlüpfen, sind Wellensittiche wie die meisten anderen Papageien auf die Nähe ihrer Artgenossen nicht nur körperlich, sondern auch psychisch angewiesen, um zu gesunden Altvögeln heranzuwachsen. Enger Körperkontakt zu Geschwistern und zur hudernden Mutter sind demnach für die Jungvögel von großer Wichtigkeit.

Hat eine Wellensittichmutter mehrere Jungvögel zu versorgen, ist das Hudern gar nicht so leicht.
Hat eine Wellensittichmutter mehrere Jungvögel zu versorgen, ist das Hudern gar nicht so leicht.

Oft ist übrigens auch zu beobachten, dass die Vogelmutter geradezu zärtlich ihre frisch geschlüpften Jungen krault, obwohl diese noch keine Federn haben. Dabei gibt sie leise, beschwichtigend klingende Laute von sich und die Küken antworten mit zarten zirpenden Lauten. Hier findet also eine Kommunikation auf körperlicher und akustischer Ebene statt, Mutter und Kind bauen eine Bindung auf. Diese sanften Berührungen und die Nähe der Mutter empfinden die jungen Wellensittiche wahrscheinlich als sehr angenehm. Bei genauer Betrachtung fällt auf, wie sich die Kleinen an ihre Mutter schmiegen, so sehr scheinen sie diese behutsamen Streicheleinheiten zu genießen. In diesem Punkt unterscheiden sich junge Wellensittiche also kaum von menschlichen Babys, die den Körperkontakt mit den Eltern ebenso brauchen.

Titelbild dieser Seite © Petra Schröder