Erfahrungsbericht über eine Leberstörung

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Erfahrungsbericht und Fotos von -DINI- (Nadine), Dezember 2004

Ricky im Winter 2001, als er noch gesund war
Ricky im Winter 2001, als er noch gesund war

Der Vogel, von dem ich berichten will, ist Ricky. Er zählt zurzeit fast neun Jahre und war sechs Jahre davon völlig gesund. In seinen ersten sechs Jahren hatte er zeitweise Partnervögel, war aber auch eine Zeit allein. Er bekam Aufmerksamkeit, Trockenfutter, hin und wieder Salat, Apfel und Trauben, hatte Freiflug, war zahm, aber ich machte mir über Vogelkrankheiten nicht viele Gedanken.

Änderung kam in Rickys Leben mit unserem Umzug in die eigene Wohnung, wo auf ihn eine (neue) Partnerin und ein eigenes Vogelzimmer warteten. Da mir nun auch ein Internetzugang zur Verfügung stand, lernte ich viel über die Haltung der Wellensittiche dazu und von nun an stand regelmäßig Grünzeug aus dem Garten mit auf dem Speiseplan, außerdem kamen noch zwei Vögel dazu und wir hatten einen kleinen Schwarm.

Die ersten Symptome der Lebererkrankung sind zu sehen: Rickys Schnabel hat sich verfärbt.
Die ersten Symptome der Lebererkrankung sind zu sehen: Rickys Schnabel hat sich verfärbt.

Nach einem Jahr dann, im Sommer 2002, fing die Symptomatik an, wobei ich anfangs völlig im Dunkeln tappte. In Rickys Oberschnabelhorn zeigte sich eine dunkle Verfärbung, siehe Foto rechts, wobei der Schnabel ansonsten unauffällig war. Die dazu befragte, nicht vogelkundige Kleintierärztin tippte auf ein Hämatom (= Bluterguss), ausgelöst durch einen Aufprall, und riet uns abzuwarten, was wir dann auch taten.

Als schließlich der Schnabel so weit gewachsen war, dass das vermeintliche Hämatom an der Schnabelspitze angekommen war, nutzte sich das Horn trotz bereitgestellter Wetzmöglichkeiten nicht mehr ab. Irgendwann hinderte der überlange Schnabel den Vogel am normalen Fressen und Ricky wurde erneut der Tierärztin vorgestellt, die den Schnabel kürzte und uns Mut machte. Nun habe der Spuk sicher ein Ende und alles würde wieder normal abgenutzt werden. Doch so war es leider nicht, der Schnabel wuchs weiter. Ich bemerkte bei Ricky eine Mattigkeit und stumpfes Gefieder und die Krallen sahen nun auch dunkel verfärbt aus.

Über ein Wellensittichforum, in dem ich um Rat fragte, erhielt ich den Hinweis, nach Rickys Leber schauen zu lassen, da es sich bei seinen Symptomen um Hinweise auf eine Leberstoffwechselstörung handeln könnte. Die Tierärztin verneinte dies beim nächsten Besuch, bei dem der Schnabel wieder gekürzt werden musste. Der Vogel sähe dafür „zu gut“ aus, sagte sie.

Mittlerweile kam mir auch Rickys Unterschnabel zu lang vor, ich hatte ja die anderen Vögel zum Vergleich, aber das sah die Tierärztin ebenso anders als ich. Meinem Empfinden nach ging es Ricky immer schlechter, er konnte phasenweise nur schlecht fressen und ich hielt ihn mit Breikost am Leben. Unglücklich und zudem wütend über den Verlauf der Dinge machte ich mich auf die Suche nach einem auf Vögel spezialisierten Tierarzt und wurde zum Glück fündig, obwohl der Weg dorthin 40 Minuten Fahrtzeit mit dem Auto beträgt. Mittlerweile war es Ende 2002.

Der Vogeldoktor war uns auf Anhieb sympathisch und er sah sofort, dass Rickys Schnabel mittlerweile heftig und irreversibel deformiert war. Er kürzte den Unterschnabel und schliff den Oberschnabel einigermaßen in Form. Außerdem wurde Ricky geröntgt, wodurch der sichtbare Beweis für eine Lebervergrößerung erbracht wurde. Des Übels Wurzel war wirklich eine Störung der Leber, die zu gestörtem Hornwachstum geführt hatte.

Es wurden Medikamente zusammengestellt, um den Leberstoffwechsel wieder ins Lot zu bringen. Ricky wurde Amynin und AviConcept verordnet, außerdem begann ich begleitend eine Therapie mit Homöopathika, wobei der Tierarzt und ich mit diesen eher experimentierten, da uns nur wenige Informationen zur Verfügung standen.

Im Sommer 2003 ist Rickys Schnabel durch die Lebererkrankung brüchig geworden.
Im Sommer 2003 ist Rickys Schnabel durch die Lebererkrankung brüchig geworden.

Ich gab Ricky über mehrere Wochen „Hormeel“ und „Graphites homaccord“, wobei ich im Nachhinein nicht sagen kann, ob diese Mittel wirklich halfen. Rickys Befindlichkeiten wechselten wie bei einer Berg-und-Tal-Fahrt. Phasenweise ging es ihm gut, wenn er gut fressen konnte, dann wieder hatte er heftige Krisen, wenn er nicht gut fressen konnte, da der Schnabel aufgrund der Deformation und Brüchigkeit einige Male sehr kurz geschnitten werden musste, einmal sogar unter Narkose.

Aus dieser Zeit (Sommer 2003) existiert auch ein Foto. Ricky ging es sehr schlecht, der Unterschnabel war eingerissen und wieder viel zu lang und wir mussten zu allem Unglück noch warten, bis unser Vogeldoktor aus dem Urlaub zurückkam, denn seine Praxispartnerin konnte mangels Erfahrung nur den Oberschnabel kürzen, nicht jedoch den Unterschnabel, der das eigentliche Problem darstellte. Ich konnte Ricky gerade so mit Brei und Traubenzucker über Wasser halten. Selbst das Fressen von Keimfutter war ihm unmöglich. Nach der radikalen Kürzung unter Narkose erholte sich Ricky nur langsam, weshalb er Aufbauspritzen erhielt.

In diesen Tagen stellte ich die gleichen Anfangssymptome (Schnabelhornverfärbung) bei einem anderen männlichen Schwarmmitglied fest. Sofort erhielt dieser Vogel ebenfalls Amynin und AviConcept und der Spuk verschwand, ohne dass eine Schnabeldeformation oder andere Symptome auftraten. Das zeigte mir, dass man auch Ricky mit der rechtzeitig angewandten richtigen Therapie die Schnabeldeformation wohl hätte ersparen können.

Was mir in dieser Zeit noch auffiel, war, dass Ricky offenbar kein Bird Bene-Bac (Mittel zum Aufbau einer natürlichen Darmflora) verträgt. Ich hatte es über das Keimfutter gestreut, um das Immunsystem des Vogels zu stärken. Ricky reagierte darauf jedoch mit Bauchgrummeln (wirklich deutlich hörbar) und hängenden Flügeln. Diese Symptome zeigte er immer einen Tag nach Bird-Bene-Bac-Gabe.

Ricky (unten rechts) und seine Freunde
Ricky (unten rechts) und seine Freunde

Als mir ein Zusammenhang dämmerte und ich das Mittel nicht mehr verabreichte, verschwanden diese Symptome und Ricky war deutlich munterer. Das Gefieder sah inzwischen (Herbst/Winter 2003) wieder besser aus; der Schnabel war nicht mehr brüchig und zeigte keine Verfärbungen mehr. Die Krallen hingegen waren nach wie vor verfärbt und mussten hin und wieder gekürzt werden, da auch sie sich nicht normal abnutzten. Wir gewöhnten uns an die Tierarztbesuche und das Schnabelkürzen. Fresskrisen traten nicht mehr auf. Ich verfütterte allerdings nun täglich Keimfutter und regelmäßig Brei (ein milch- und zuckerfreier Babybrei bestehend aus Hirse, Hafer und Reis).

Anfang 2004 fiel mir dann eine Veränderung an Rickys linker Schulter auf. Sie wirkte höher, so als wäre der Vogel schief. Beim Abtasten durch unseren Vogeldoktor bestätigte sich dann mein Verdacht, dass es sich um ein Lipom handeln könnte. Es war noch sehr klein, doch aus Erfahrung mit einem bereits verstorbenen Vogel wusste ich, wie groß diese Geschwülste werden können. Ricky war ansonsten so fit wie lange nicht mehr.

Das Lipom passte zu der Leberstörung, aber einfach hinnehmen wollte ich es nicht, zumal an dieser ungünstigen Stelle in der Nähe des Kropfes. Eine Operation kam für mich nur als letzter Ausweg infrage, da Ricky mittlerweile acht Jahre alt war und ich die Risiken nicht eingehen wollte. Also suchte ich nach alternativen Behandlungsmethoden.

Wieder über das Internet und eine Wellensittichseite kam ich zu einem Erfahrungsbericht, der schilderte, wie es gelungen war, durch Homöopathika Lipome schrumpfen zu lassen. Ich besorgte mir die Mittel „Thuja C200“, „Carduus marianus D2“ und „Berberis D6“. Es wurde geraten, sie im Wechsel über sechs Wochen über das Trinkwasser zu verabreichen, und zwar einmal in der Woche fünf Globuli Thuja, und dann abwechselnd alle zwei Tage jeweils fünf Globuli „Carduus marianus“ beziehungsweise „Berberis“. Ich hielt mich genau an diesen Plan, aber das Lipom wuchs weiter und ich hörte, wie empfohlen, nach den sechs Wochen mit der Therapie auf.

Ricky im Sommer 2004
Ricky im Sommer 2004

Das Lipom wuchs weiter, und im Sommer 2004 war es schließlich so groß, dass die Federn darüber anfingen, auszugehen (die Fotos aus dieser Zeit zeigen das allerdings nicht sehr deutlich) und es belastete Rickys Kreislauf zusehends. Er flog nur sehr schwerfällig und kam schnell außer Atem. Ich fand mich schon damit ab, dass nun wohl bald sein Ende kommen würde. Eine Operation wollten wir erst dann riskieren, wenn Rickys Haut über dem Lipom so sehr spannen würde, dass sie zu platzen drohen würde.

Aus der Verzweiflung und nur aus dem Bauch heraus entschieden, ließ ich nun alles an Medikamenten weg, bis auf einmal wöchentlich AviConcept, und gab Ricky zum Ausleiten und zur Unterstützung der Mauser dreimal „Sulfur C30“. Ich verglich Rickys Verpflegung in den ersten sechs Jahren, in denen er ja gesund war, mit dem, was er jetzt alles bekommen hatte. Mangold und Sauerampfer wurden von dem Speiseplan gestrichen, da ich sie schon länger im Verdacht hatte, den Stoffwechsel negativ zu beeinflussen (beide Pflanzen sind Oxalsäure-haltig).

Da mir langsam ein Zusammenhang zwischen der Fütterung mit diesen Pflanzen und der Veränderungen der Schnäbel bewusst wurde, habe ich die Grünfuttergaben eine Zeit lang eingestellt. Schrittweise habe ich wieder Vogelmiere, Pimpinelle, Löwenzahn, Spitzwegerich, Apfel und Traube gefüttert. Zur Abwechslung gibt es halb reife Gräser, frische Haselzweige und hin und wieder auch Eisbergsalat. Keimfutter steht nun täglich in einer kleinen Ration als Vitaminlieferant auf dem Speiseplan. Der normalen Körnermischung füge ich zusätzlich Glanzsaat und ausgedroschene Kolbenhirse hinzu.

Ricky im Dezember 2004
Ricky im Dezember 2004

Seit Ende September 2004 bis heute (Dezember 2004) hat sich das Lipom fast vollständig zurückgebildet und das Gefieder sowie alle Hornteile sind wieder in besserem Zustand. Ricky bekommt kein Amynin mehr und nur einmal wöchentlich AviConcept. Die Federn, die über dem Lipom ausgefallen waren, sind fast vollständig nachgewachsen und der Vogel ist so fit wie lange nicht mehr. Selbst die Krallen werden wieder heller.

Für mich ist es das Schönste, dass es Ricky nun so gut geht. Das Schnabelkürzen muss weiterhin alle vier Wochen sein, es wird auch in Zukunft nicht mehr ohne regelmäßige Korrektur gehen, aber Ricky hat sich daran gewöhnt und fährt mittlerweile gerne Auto. Mein kleiner Freund wird seinen Schwarmgenossen und mir hoffentlich noch lange erhalten bleiben.

Fazit

Ob das Auftreten der Leberstörung und die Besserung mit der Gabe beziehungsweise dem Entzug mancher Futterpflanzen zusammenhängen, kann ich nicht belegen. Meine Erfahrungen weisen aber darauf hin.