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Erfahrungsbericht über Schnabelverletzungen
Text und Bilder von Dr. Martina Schmoock, Januar 2014
Mein Name ist Martina Schmoock, ich bin seit 2001 Tierärztin und habe seit vier Jahren die Zusatzbezeichnung Zier-, Zoo- und Wildvögel. Vögel begeistern mich schon seit frühester Kindheit und mit der weiteren Qualifikation zum Vogeltierarzt habe ich mir einen großen Herzenstraum erfüllt.
Auf Facebook (martinasvogelperspektive) möchte ich allen Vogelhaltern ermöglichen, sich professionelle Beratung zu holen, um die eigenen Vögel lange gesund und artgerecht zu halten.
Heute schreibe ich einen Gastartikel für Birds-Online.de zum Thema Schnabelverletzungen. Dies ist ein wichtiges Thema auch für mich persönlich, denn ich habe einen Wellensittich per Hand aufgezogen, der eine schwere Schnabelverletzung als Nestling erlitten hatte.
Schnabelverletzungen zählen beim Vogel zu den häufigen traumatischen Verletzungen. Man unterscheidet Hämatome, also Blutergüsse, Frakturen, also Brüche, und Luxationen, also das Ausrenken eines Gelenks am Schnabel. Aber es kommen auch Tumore oder Rissverletzungen vor.

Grundsätzlich sind kleine Schnabelverletzungen, zum Beispiel das Abbrechen von kleinen Hornstücken, nicht allzu dramatisch und mit dem Hornwachstum verschließt sich der Defekt schnell wieder. Man muss nur in der Heilungsphase grundsätzlich darauf achten, dass es zu keinem überschüssigen Wachstum der Gegenseite des Schnabels kommt. Sollte dies geschehen, lassen Sie eine Korrektur am besten von einem vogelkundigen Tierarzt durchführen.
Bei größeren Frakturen des Oberschnabels mit großem Substanzverlust sieht es jedoch dramatischer aus. Oftmals sind die Vögel nicht in der Lage, Körner zu entspelzen, sind aber auch nicht bereit, Breifutter aufzunehmen und müssen zwangsernährt werden, was so manchen Halter überfordert. Dies sollte in der ersten Wachstumsphase vielleicht auch besser ein Tierarzt übernehmen.
Grundsätzlich gilt aber, dass man niemals aufgeben sollte. Oft wächst der Schnabel nach einiger Zeit nach. Vielleicht ein bisschen schief und krumm, aber das kann man regelmäßig bei einem vogelkundigen Tierarzt korrigieren lassen.
Luxationen sind leider dramatischer, bei schiefem Schnabelschluss ist eine Futteraufnahme oft nicht möglich. Meist entstehen sie nach Anflugtraumen. Man sollte in jedem Fall zum Tierarzt gehen, da die Vögel meistens auch eine Gehirnerschütterung und/oder Augenverletzungen haben. Geben Sie diesen Vögeln Zeit, sich an die neue Situation zu gewöhnen. Kontrollieren sie aber täglich das Gewicht, es darf auf keinen Fall zur Abmagerung kommen – die Vögel müssen dann vorher zwangsgefüttert werden. Sollte der Vogel dauerhaft Schmerzen haben, abmagern und leiden, sollte man darüber nachdenken, ihn zu erlösen.
Mein kleines Wellensittichweibchen Sven schlüpfte in einer Voliere. Leider wurde das Ei in einem Futtergefäß abgelegt und die Kleine bettelte natürlich jeden an. Auch diejenigen, die sich nicht verantwortlich fühlten. So wurde ihr ein großer Teil des Oberschnabels und ein kleiner Teil des Unterschnabels abgebissen.
Sie musste von Hand aufgezogen werden und wurden dazu zu mir gebracht. Anfangs hatte sie auch noch eine schwere Infektion und benötigte Medikamente, aber nach zwei Wochen war sie über den Berg. 😉

Sie wurde mit Brei und später mit geschälter Hirse ernährt. Mittlerweile ist ein großer Teil des Schnabels nachgewachsen und sie entspelzt sogar Körner selbstständig. Von Zeit zu Zeit feile ich absterbende Hornschuppen ab. Manchmal bricht ein größeres Stück des Schnabels ab. Ab und zu muss ich den Dremel zur Korrektur benutzen, aber insgesamt kommt die Kleine sehr gut klar.
Diese Geschichte soll allen Vogelhaltern zeigen, dass es sich lohnt, auch um schwierige Fälle zu kämpfen. Lasst Euch aber immer professionell helfen, alleine kann es wirklich nicht einfach sein.

Das Buch kann für 29,90 € direkt beim Verlag bestellt werden: Web-Shop des Arndt-Verlags