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Klettergestell statt Weinregal

Text und Bilder von Gaby Schulemann-Maier (Birds-online.de), Herbst 2002

Auf dem Klettergestell 'Hutten' finden gleich mehrere Wellensittiche gemeinsam Platz.
Auf dem Klettergestell ‚Hutten‘ finden gleich mehrere Wellensittiche gemeinsam Platz.

Im Spätsommer 2002 fand ich den Ikea-Katalog für das folgende Jahr in meinem Briefkasten. Als ich ihn erstmals durchblätterte, fiel mir sofort das Flaschenregal „Hutten“ auf. Mir war gleich klar: Mit wenigen Handgriffen lässt es sich in einen interessanten Spiel- und Kletterplatz für Wellensittiche und andere kleine Vögel verwandeln. Mit seinem Preis von inzwischen rund 10 € stellt das Holzregal ein günstiges Grundgerüst für ein Klettergestell dar. Deshalb setzte ich meinen spontanen Einfall seinerzeit rasch in die Tat um und kaufte eines dieser Weinregale. Die Schrauben waren zwar etwas widerspenstig, aber kurze Zeit nach dem Kauf stand das Hutten vor mir auf dem Wohnzimmertisch.

Massive Buche war damals die Basis des Flaschenregals, heute findet sich beim schwedischen Möbelhaus nur noch die Angabe „Massivholz“ – allerdings ökologisch verträglich geerntet. Das Regal ist 33 cm breit, 30 cm tief und 34 cm hoch. Es besitzt drei Ebenen, die von je drei etwa 1,7 cm dicken Stangen gebildet werden. Wer mag, kann das Regal beliebig erweitern. So, wie Hutten auf meinem Tisch stand, würde das Flaschenregal meinen Wellensittichen noch nicht genügend Anreize zum Spielen bieten, war ich mir damals sicher. Darum band ich eine geflochtene, große Bastschlaufe an einer der Stangen fest, die den Vögeln später als wackeliger Sitzplatz dienen und der gleichzeitig eine Herausforderung für ihren ihren Gleichgewichtssinn sein sollte. Außerdem befestigte ich einige Jutegarnstücke* an den Stangen, denn meine Sittiche zerlegen dieses natürliche, ungiftige Material mit Hingabe in seine Einzelteile. Eine halbe Kokosnussschale, die ich zwischen zwei Stangen der untersten Ebene legte, sollte ebenfalls den Spieltrieb meiner Vögel wecken. Der Prototyp des neuen Spielplatzes war bereit für seinen ersten Praxiseinsatz.

Tethys erkundet mit dem Schnabel das Jutegarn am Klettergestell 'Hutten'.
Tethys erkundet mit dem Schnabel das Jutegarn am Klettergestell ‚Hutten‘.
Wellensittichdame Eule interessiert sich für die untere Ebene des Kletterspielplatzes.
Wellensittichdame Eule interessiert sich für die untere Ebene des Kletterspielplatzes.
Rana war mein 'Vogel vom TÜV' und erkannten potenzielle Sicherheitsrisiken von Spielzeugen und Co. immer sehr schnell.
Rana war mein ‚Vogel vom TÜV‘ und erkannten potenzielle Sicherheitsrisiken von Spielzeugen und Co. immer sehr schnell.

Ich brachte Hutten ins Zimmer meiner Vögel und stellte es dort zu Testzwecken auf. Vorsichtshalber blieb ich ganz in der Nähe, um meine Vögel beim Erkunden des neuen Spielplatzes beobachten und im Notfall sofort eingreifen zu können. Das Weibchen Rana trug damals den Spitznamen „Vogel vom TÜV“, und das aus gutem Grund: Sie erkundete jedes neue Spielzeug, jeden neuen Kletterbaum sofort ausgiebig und zeigte mir dabei durch ihren vollen Körpereinsatz potenzielle Sicherheitsrisiken auf. Auch dieses Mal war auf Rana Verlass. Sie kam sofort angeflogen und ließ sich auf Hutten nieder. Schon nach wenigen Minuten hatte die sorgsam arbeitende Klettergestell-Inspekteurin ein erhebliches Sicherheitsrisiko aufgespürt.

Besonders abenteuerlustige Wellensittiche und andere kleine Vögel können beim Klettern zwischen einigen Verstrebungen mit ihrem Kopf stecken bleiben. Im ungünstigsten Fall könnten sich die Tiere bei dem Versuch, wieder frei zu kommen, das Genick brechen. Nachdem ich Rana unversehrt aus dieser misslichen Lage befreit hatte, brachte ich Hutten aus dem Vogelzimmer, um das Klettergestell unfallsicher zu gestalten. Bevor ich dies tat, musste mein Steifftier-Wellensittich den Kopf für einige Fotos hinhalten, um die Gefahr für diesen Bericht zu verdeutlichen. Ich entschärfte das Sicherheitsproblem, indem ich die gefährlichen Verstrebungen mit Jutegarn umwickelte. Die verbleibenden Zwischenräume waren dabei so klein, dass die Vögel ihre Köpfe nicht mehr hindurch stecken konnten. Wichtig ist bei einer solchen Sicherungsmaßnahme, dass das Jutegarn täglich auf eventuelle Nagespuren und damit zu großen Verschleiß zu überprüfen ist. Einmal durchgenagt, rutscht es ab und gibt die „Sicherheitslücke“ zwischen den beiden Stangen wieder frei.

Der Stoff-Wellensittich verdeutlicht das Gefahrenpotenzial.
Der Stoff-Wellensittich verdeutlicht das Gefahrenpotenzial.
Straff mit Jutegarn umwickelt, sind die beiden Stangen kein Sicherheitsrisiko mehr.
Straff mit Jutegarn umwickelt, sind die beiden Stangen kein Sicherheitsrisiko mehr.

Auf diese Weise umgewandelt, wurde das Kletterregal von meinen Vögeln begeistert als Spiel- und Sitzplatz angenommen. Wer mag, kann an Hutten allerlei Spielzeug befestigen, Naturäste hineinstecken und daran festbinden und so einen Kletterbaum bauen und so weiter. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.

Viele meiner flugunfähigen Vögel wie das Wellensittichweibchen Moana mögen das Klettergestell.
Viele meiner flugunfähigen Vögel wie das Wellensittichweibchen Moana mögen das Klettergestell.

Dieser Bericht mag zwar bereits sehr alt, das Weinregal ist aber nach wie vor erhältlich und meine Vögel lieben es noch immer. Mit den vielen Bauteilen zum Basteln von Vogelspielzeug, die es inzwischen glücklicherweise im Handel gibt (damals habe ich davon nicht zu träumen gewagt!), lässt sich aus dem Klettergestell ganz leicht ein kleiner „Abenteuerspielplatz“ bauen.

Vor allem meine flugunfähigen Vögel sind begeistert von dem Hutten-Spielplatz und ich mag ihn, weil die Vögel nicht allzu tief fallen können, wenn sie einmal unaufmerksam sind und abrutschen. Bisher hat sich keiner meiner Vögel dabei verletzt.


* Sicherheitshinweis: Manche Vögel knabbern an Jutegarn und verschlucken dabei eventuell feine Fasern, die sich im Kropf ansammeln und verknoten können. Solche Fremdkörperansammlungen müssen aus dem Kropf operiert werden. Falls Sie beobachten, dass Ihre Vögel am Jutegarn nagen, entfernen Sie es aus Sicherheitsgründen am besten umgehend.