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Leichtes Spiel für Vermehrer – was der Wegfall der Zuchtgenehmigung und der Ringpflicht für Vögel bedeuten
Gastbeitrag von Andrea Weber, 17.05.2020
Zuerst einmal möchte ich mich bedanken, dass ich die Möglichkeit bekommen habe, an dieser Stelle meine Eindrücke schreiben zu dürfen. Gleichzeitig bedanken möchte ich mich bei allen, die dies lesen und vielleicht sogar meine Sichtweise nachvollziehen können. In keinster Weise soll dieser Bericht gegen die lieben Menschen gerichtet sein, die hervorragende private oder gewerbliche Züchter sind, für die die Haltung und Gesundheit der Tiere Priorität hat und die sich um das Wohl ihrer Tiere liebevoll kümmern.
Seit nunmehr über fünf Jahren bin ich Wellensittichhalterin und versuche, den Wellis in unserem Schwarm ein schönes Zuhause zu bieten. Sie leben, außerhalb der im Wohnzimmer täglich (mit wenigen Ausnahmen) stattfindenden Freiflug-/-gang-Zeiten in einer großen Raumteilervoliere. Seit im März 2017 durch einen glücklichen Zufall der erste Fußgängerwelli eingezogen ist, habe ich für mich entschieden, weiteren gehandicapten Wellensittichen die Möglichkeit zu bieten, bei uns ein glückliches Wellileben führen zu dürfen. Neben der Fliegerstaffel haben wir in der Gruppe der Gehandicapten mehrere Fußgänger, zwei flugfähige Einbeinchen und ein flugfähiges Spreizbeinchen. Wir haben auch das große Glück, zwei vogelkundige Tierärzte zu haben, bei denen wir seit dem Beginn der Wellihaltung hervorragend betreut werden.
Ganz am Anfang meiner Wellihaltung hatte ich mir auch mal ein Buch gekauft, welches von der Wellensittichzucht handelt; nicht weil ich züchten wollte, sondern aus reinem Interesse. Nachdem ich das Buch gelesen hatte, war für mich klar, dass züchten, falls ich es eines Tages doch mal wollen würde, für mich niemals in Frage kommen wird. Warum? Weil die Verantwortung den Elterntieren und Küken gegenüber sehr groß ist und man das nur mit gutem Zuchtwissen und Zuchterfahrung (gegebenenfalls durch die Unterstützung eines Züchters) anstreben sollte.
Seit Beginn meiner Wellihaltung entdecke ich allerdings immer wieder in diversen Kleinanzeigenportalen Annoncen, die mich sprachlos, traurig und fassungslos machen. Natürlich gibt es dort auch sehr schöne und liebevoll gestaltete Suchaufrufe, bei denen klar wird, dass die Abgebenden das Bestmögliche für ihre Tiere möchten. Und durch genau solche schönen Annoncen haben sich schon schöne Kontakte mit Vorbesitzern unserer Wellensittiche ergeben, die auch heute noch bestehen.
Doch die Annoncen, die mich nun dazu bewogen haben, tätig zu werden, sind solche, die bereits entweder anhand der Fotos oder der Textgestaltung deutlich zeigen, dass die Wellensittiche (auch andere Vögel, wie zum Beispiel Nymphensittiche, Kanarienvögel oder Zebrafinken) unter den erbärmlichsten Bedingungen, in verdreckten Behausungen oder unter tierschutzwidrigen Umständen leben müssen.
So sah ich im Mai 2020 zwei Annoncen (augenscheinlich von „Vermehrern“), deren Bilder der Wellensittiche bei mir das berühmte „Fässchen zum Überlaufen“ gebracht haben. Daraufhin habe ich vor lauter Frust, Zorn und Hilflosigkeit entschieden, dass ich diesbezüglich etwas unternehmen muss. Am nächsten Tag trat ich telefonisch in Kontakt mit dem zuständigen Veterinäramt (und an dieser Stelle möchte ich die Leserinnen und Leser dieses Berichtes dazu ermutigen, bei solchen Annoncen ebenfalls tätig zu werden; ein Anruf beim Amt – und schon ist der erste Schritt getan.
Bisher habe ich schon so viel Elend bei Annoncen entdeckt und wusste nie wirklich, wie man vorgehen kann/soll, um zu verhindern, dass weiterhin solche „Anbieter“ Tiere so mies behandeln oder wie das gestoppt werden kann. Auch für mich war das der erste Anruf beim Veterinäramt, aber ich bin froh, gehandelt und nicht weiter weggeschaut zu haben.
Immer wieder habe ich in den letzten Jahren auch in einem großen Onlinedienst (mit einem großen „F“ am Anfang des Wortes) gelesen, dass in Kleinanzeigenportalen oftmals „Anbieter“ auftreten, die aus Geldgier heraus Tiere vermehren, ohne ansatzweise an das Wohlergehen der kleinen Lebewesen zu denken. So sah man immer wieder auch Fotos von beispielsweise völlig verdreckten Käfigen, viel zu kleinen Unterkünften, unzähligen Vögeln in einem einzigen Käfig (ausgestattet mit einem oder mehreren Nistkästen), verdrecktes Trinkwasser, offensichtlich kranke Vögel, die dringend vogelkundige tierärztliche Hilfe benötigen, und so weiter.
Wie ich mittlerweile feststellen musste, führt es leider immer wieder in einen Teufelskreis. Denn kauft man diese armen Geschöpfe frei und bringt sie zu seinem vogelkundigen Tierarzt, damit ihnen geholfen wird, ist bei diesem Vermehrer wieder „Platz für Nachschub“ und somit wird munter weiter „gezüchtet“ oder aber weiter vermehrt. Zudem setzen Vermehrer teilweise auf eine „raffinierte Masche“: Sie platzieren die zu verkaufenden Wellensittiche in den schlimmst-vorstellbaren Käfigen, und wenn sie rausgekauft sind, werden kurze Zeit später (in einem mir bekannten Fall nur wenige Stunden später) „neue“ Vögel hineingesetzt, neu fotografiert und eine neue Annonce wird geschaltet. Wohl mit dem Gedanken: Da das bei der ersten Annonce funktioniert hat, wird das Vorgehen auch weiterhin als Verdienstmöglichkeit funktionieren.
Kauft man die armen Tiere allerdings nicht „frei“, weiß man, dass sie weiter unter erbärmlichsten Umständen gehalten werden und manche mit Sicherheit sogar sterben, wenn nicht andere Käufer (ebenfalls aus nachvollziehbarem Mitleid) sie retten. Ein Teufelskreis, aus dem es meiner Meinung nach auch in Zukunft keinen Ausweg geben wird. Es sei denn, die verbindliche Ringpflicht und Zuchtgenehmigung werden wieder gesetzlich verankert.
Obwohl die Veterinärämter einzelnen gemeldeten Anbietern nachgehen, ist dies doch eigentlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Meiner persönlichen Meinung nach liegt das Hauptproblem in der 2012 erfolgten Gesetzesänderung, durch die sowohl die Zuchtgenehmigung als auch die Ringpflicht für nicht durch die CITES-Verordnung geschützte Sittiche weggefallen ist.
Dadurch sind meiner Meinung nach auch die professionellen und guten Züchter im Nachteil, da sie eine optimale Versorgung für die Elterntiere und deren Nachwuchs gewährleisten und selbstverständlich auf das Bestmögliche für ihre Tiere achten. Und genau den guten Züchtern schaden die Vermehrer, die ihre „Ware“ teilweise etwas günstiger oder als „handzahm“ anbieten. Dadurch geraten manche Menschen an solche Geschäftemacher und sie kaufen die Vögelchen dann eher von den unseriösen Vermehrern, weil diese Tiere ja günstiger oder zahmer als von seriösen Züchtern sind.
Meiner Ansicht nach sollte versucht werden, zu erreichen, dass eine Änderung des Tierschutzgesetzes erfolgt, wonach die Zuchtgenehmigung und die Ringpflicht auch für nicht durch die Washingtoner Artenschutzübereinkommen streng geschützte Sittiche wieder gesetzlich vorgeschrieben wird.
Ich glaube, dass man nur dann, wenn viele Leute an einem Strang ziehen, etwas erreichen kann.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Titelbild dieser Seite © Rizgar Duski/Unsplash