Gefiederfarbstoffe

Das Zusammenspiel verschiedener Farbstoffe und Strukturfarben macht Wellensittiche so bunt.
Das Zusammenspiel verschiedener Farbstoffe und Strukturfarben macht Wellensittiche so bunt.

Wellensittiche sind nicht nur wegen ihrer Neugier und des temperamentvollen Wesens beliebte Heimvögel. Auch die Tatsache, dass ihre Gefiederfärbung sehr variabel ist – es kommen inzwischen über 100 unterschiedliche Farbschläge vor -, dürfte enorm zu ihrer großen Popularität beitragen. Doch so unterschiedlich diese Vögel auch im Einzelfall aussehen mögen, haben alle Wellensittiche denselben „Bausatz“ an möglichen Farbstoffen in ihrem Erbgut. Das Zusammenspiel dieser ihnen angeborenen farbgebenden Komponenten führt dazu, dass das Gefieder der Wellensittiche vielerlei Schattierungen von Grün, Blau, Gelb, Schwarz, Braun, Türkis und Violett aufweisen oder gänzlich weiß sein kann. Tatsächlich sind manche Farbvarianten streng geschlechtsgebunden vererbbar und wahre Kenner der Materie können dadurch schon vorhersagen, wie die Nachkommen bestimmter Vögel sehr wahrscheinlich aussehen werden.

Wellensittiche mit Rotschattierungen im Gefieder gibt es nicht.
Wellensittiche mit Rotschattierungen im Gefieder gibt es nicht.

Das ist freilich nicht immer möglich. Aber was sich ganz grundsätzlich über Wellensittiche sagen lässt, ist: Rottöne und damit verbundene Rosa-, Orange- und Purpurnuancen kommen bei diesen kleinen Papageienvögeln von Natur aus nicht vor. Entsprechende Farbstoffe, die für eine Rotfärbung des Gefieders sorgen, sind im „genetischen Bauplan“ der Wellensittiche enthalten. Alle rosa, orange oder gar rot gefärbten Wellensittiche, die man mitunter auf Fotos im Internet sehen kann, sind demnach gewissermaßen „gefälscht“, weil diese Färbungen auf natürliche Weise nicht entstehen können. Das sollten Sie unbedingt beachten, wenn Ihnen jemand für viel Geld einen roten oder rosafarbenen Wellensittich verkaufen möchte. Sie haben es dann mit sehr großer Wahrscheinlichkeit mit einem Betrüger zu tun.

Im Folgenden erfahren Sie mehr über die Gefiederfarbstoffe der Wellensittichfedern. Dabei ist eine Farbkomponente allerdings kein Farbstoff im eigentlichen Sinne, wie Sie weiter unten erfahren werden.

Psittacin – der gelbe Farbstoff

Schön gelb dank des Fettfarbstoffes Psittacin.
Schön gelb dank des Fettfarbstoffes Psittacin.

Alle Federpartien der Wellensittiche, die in gelber Farbe erstrahlen, verdanken dies einem Gefiederfarbstoff namens Psittacin. Es handelt sich dabei um einen Fettfarbstoff und ist somit in Fett löslich. Während eine Feder wächst, gelangen winzige Fetttröpfchen, die Psittacin enthalten, in ihre Zellen. Das Psittacin wird in ihren Randschichten fest eingelagert und ist damit Bestandteil der Zellen der Feder. Deshalb kann es nicht abgewaschen oder abgerieben werden.

Alle Farbnuancen von zartgelb bis zu einem kräftigen Dottergelb gehen auf das Vorhandensein des Psittacins in den Federn zurück. Die Menge des Farbstoffs entscheidet darüber, wie intensiv die Gelbfärbung im individuellen Fall ist. Das Besondere an diesem gelben Farbstoff ist übrigens, dass er nur bei Papageien vorkommt. Diese Vogelfamilie wird wissenschaftlich als Psittacidae bezeichnet und auf Deutsch als Psittaziden. Es ist leicht zu erkennen, dass sich das Wort Psittacin vom Namen der Papageien ableitet.

Melanine – die dunklen Farbstoffe

Die schwarzen Bereiche im Gefieder der Wellensittiche werden durch Eumelanin dunkel gefärbt.
Die schwarzen Bereiche im Gefieder der Wellensittiche werden durch Eumelanin dunkel gefärbt.

Im Kern einer Federzelle können bei den Wellensittichen weitere Gefiederfarbstoffe eingelagert sein: Hier befinden sich die sogenannten Pigmente oder Melanine. Es handelt sich bei diesen um eine Gruppe unterschiedlich dunkler Farbstoffe, die zum Beispiel für die Farbgebung der schwarzen Bereiche im charakteristischen Wellenmuster oder in den Kehltupfen der Wellensittiche verantwortlich sind. Betrachtet man die Melanine unter einem Mikroskop, so stellen sie sich als dunkle Kügelchen oder Stäbchen verschiedener Größe dar.

Alle Wellensittiche, die dunkle Gefiederpartien aufweisen, besitzen den Gefiederfarbstoff Eumelanin. Er bestimmt die Intensität der Zeichnung je nach Farbstoffmenge in den Zellen von schwarz über grau bis hin zu bräunlichen Mustern bei den Zimtern. Das heißt, bei einem Vogel mit normaler Wellenzeichnung ist viel Eumelanin vorhanden und das Muster ist schwarz.

Fällt das Eumelanin teilweise aus, haben Wellensittiche eine graue Zeichnung.
Fällt das Eumelanin teilweise aus, haben Wellensittiche eine graue Zeichnung.

Dagegen ist es bei einem Grauflügel oder Hellflügel lediglich grau, weil etwas weniger Eumelanin vorhanden ist. Kommt es am gesamten Körper des Vogels zu einer relativ starken Ausdünnung der schwarzen Pigmente, erscheinen sämtliche Bereiche, die sonst schwarz wären, in bräunlicher Farbe. Farbschläge, die diese Eigenschaft aufweisen, nennt man Zimter und Zimtopaline. Fällt das Eumelanin nicht am gesamten Körper, sondern nur teilweise in zusammenhängenden Bereichen des Gefieders aus, handelt es sich um Schecken.

Außerdem gibt es die Falben-Wellensittiche. Vögel, die diesem Farbschlag angehören, tragen anstelle des Eumelanins einen den Farbstoff namens Phäomelanin in ihrem Gefieder. Er sorgt dafür, dass ihre Wellenzeichnung relativ stark aufgehellt ist und leicht rötlich aussieht.

Inos, also Albinos und Lutinos, weisen am gesamten Körper einen totalen Melanin-Ausfall auf. Dadurch erklärt sich, dass ihre Augen rot sind, denn in den Sehorganen fehlt der dunkle Farbstoff genauso wie im Gefieder. Im Federkleid der Lacewings sind ebenfalls nahezu keine Melanine vorhanden. Blackfaces hingegen weisen sehr viele Federn mit hohem Melaninanteil auf und sind deshalb auch im Gesicht schwarz gefärbt.

Bei diesem Albino-Gelbgesicht fehlt am gesamten Körper das Eumelanin, weshalb die Augen rot sind.
Bei diesem Albino-Gelbgesicht fehlt am gesamten Körper das Eumelanin, weshalb die Augen rot sind.
Bei diesem Wellensittich mit Blackface-Einfluss tragen die Federn im Gesicht viel Eumelanin.
Bei diesem Wellensittich mit Blackface-Einfluss tragen die Federn im Gesicht viel Eumelanin.

Strukturfarben

Physik macht Wellensittichfedern blau - an winzigen Hohlräumen in den Zellen der Federn bricht sich das Licht so, dass das Gefieder für uns blau aussieht.
Physik macht Wellensittichfedern blau – an winzigen Hohlräumen in den Zellen der Federn bricht sich das Licht so, dass das Gefieder für uns blau aussieht.

Nicht nur Farbstoffe, die in die Zellen der Federn eingelagert werden, sorgen bei den Wellensittichen für die auffälligen Farbnuancen des Gefieders. Des Weiteren verfügen sie über sogenannte Strukturfarben. Hierunter ist Folgendes zu verstehen: Die Federzellen enthalten je einen winzigen Hohlraum, in dem sich das einfallende Licht gegen den durch Pigmente dunkel gefärbten Zellkern bricht. Durch diese Lichtbrechung nimmt das menschliche Auge einen Farbeindruck wahr, nämlich das Blau im Gefieder der Wellensittiche.

Befindet sich in den Federn zusätzlich der gelbe Fettfarbstoff Psittacin, überlagert sich dessen Gelb mit der blauen Strukturfarbe zur Farbe grün. Das kennen vermutlich viele Menschen vom Mischen der gelben und und blauen Wasserfarben, wenn gerade keine grüne Farbe zur Hand ist.

Bei den weißen Federn der Wellensittiche gilt: Im Zellkern befindet sich kein Eumelanin, außerdem enthalten die Zellen kein gelbes Psittacin, sondern nur den Hohlraum. Dadurch wirken die Federn weiß.

Übrigens: Wenn die Federn, die Strukturfarben in Kombination mit Psittacin aufweisen, nass werden, verändert sich der Farbeindruck erheblich. Das liegt daran, dass die Lichtbrechung durch das auf den Federn liegende Wasser verändert wird. Deshalb sehen die grünen oder blauen Federn dann bei vielen Wellensittichen mitunter ein wenig rötlich aus. Werden gelbe oder (überwiegend) schwarze Federn nass, ist hingegen ebenso wie bei weißen Federn nur eine sehr geringe Veränderung des Farbeindrucks die Folge.

Sind die Federn nass, wird das Licht anders gebrochen und ihre Färbung erscheint dadurch verändert.
Sind die Federn nass, wird das Licht anders gebrochen und ihre Färbung erscheint dadurch verändert.
Werden gelbe Federn nass, ändert sich der Farbton dadurch kaum.
Werden gelbe Federn nass, ändert sich der Farbton dadurch kaum.

Farbstoffe als Gefiederschutz

Der rote Gefiederfarbstoff, den beispielsweise Arafedern tragen, macht das Federkleid robuster gegenüber bestimmten Bakterien. © Pexels/Pixabay
Der rote Gefiederfarbstoff, den beispielsweise Arafedern tragen, macht das Federkleid robuster gegenüber bestimmten Bakterien. © Pexels/Pixabay

Bei Vögeln sind die Gefiederfarbstoffe nicht nur für das Aussehen verantwortlich. Einige farbgebende Substanzen, darunter die Melanine, können die Federn vor der Zersetzung durch Bakterien schützen. Das heißt, der dunkle Gefiederfarbstoff erfüllt gleich mehrere wichtige Aufgaben. Noch stärker ist der Schutz, der von einem roten Farbpigment namens Psittacofulvin ausgeht. Dieser rote Farbstoff kommt bei Wellensittichen jedoch nicht vor, dafür aber beispielsweise bei Aras. Dass von Gefiederfarbstoffen die genannte Schutzwirkung für das Federkleid ausgeht, haben vor einigen Jahren Experten aus den USA in einer wissenschaftlichen Untersuchung nachgewiesen, siehe Veröffentlichung dazu.