Federbalgzysten

Achtung: Die auf Birds-Online.de angebotenen Texte und Bilder rund um das Thema Erkrankungen von Vögeln sind als Informationsquelle gedacht. Bitte bringen Sie Ihre erkrankten Vögel immer schnellstmöglich zu einem fachkundigen Tierarzt!
Dieses Wellensittichweibchen ist an PBFD erkrankt, was die Entstehung von Federbalgzysten oft begünstigt. Am Flügel befindet sich eine solche Zyste (siehe rote Markierung).
Dieses Wellensittichweibchen ist an PBFD erkrankt, was die Entstehung von Federbalgzysten oft begünstigt. Am Flügel befindet sich eine solche Zyste (siehe rote Markierung).

Das Federkleid der Vögel ist meist so dicht, dass man die darunter liegende Haut nicht sieht. Jede einzelne Feder ist in der Haut verankert. Es gibt in dem Gewebe unzählige Bereiche, aus denen die Federn sprießen: In der Haut des Vogels befinden sich röhrenförmige Einsenkungen, die sogenannten Federbälge. Bildet sich eine Feder, wächst an einer solchen Stelle anfangs ein hohler, oben geschlossener Stab aus verhornenden Hautzellen. Diese speziellen Zellen werden in der Fachsprache als Keratozyten bezeichnet. Während dieser frühen Entwicklungsphase liegen die Federäste (die seitlichen Verstrebungen der Feder) noch innerhalb des Hohlstabes, sie treten erst später daraus hervor, wenn die Feder weiter gewachsen ist. Sie entfalten sich dann an beiden Seiten und bilden schließlich die ineinander verhakten Federäste, die verschiedene Farben haben können und je nach Art der Feder eher fest (Schwungfeder) oder weich (Körperfedern, Dunen) sind.

Diese Federbälge, aus denen die Federn sprießen, können sich aufgrund unterschiedlicher Ursachen fehlbilden. Im Folgenden finden Sie eine Auflistung möglicher Gründe für solche Veränderungen des Federbalgs:

  • Stoffwechselstörung (oft aufgrund von Fehlernährung, also durch falsches Futter)
  • Nährstoffmangel
  • Verletzung/Trauma des Federfollikels (Stoßverletzungen, offene Wunden etc.)
  • Virusinfektion (Polyomaviren oder Circoviren, also PBFD)
  • bakterielle Infektion
  • Pilzinfektion der Haut

Durch eine dieser Ursachen – oder in manchen Fällen durch mehrere, die gemeinsam wirken – schiebt sich die Feder während des Wachstums nicht normal aus der Haut, sondern wächst in sich verdreht unter der Haut innerhalb einer Kapsel weiter. Dabei erreicht sie aber meist nicht ihre volle Größe, sondern bleibt recht klein.

Bei diesem infolge einer PBFD-Erkrankung fast nackten Wellensittich haben sich am unteren Rücken mehrere Federbalgzysten gebildet, siehe rote Markierungen.
Bei diesem infolge einer PBFD-Erkrankung fast nackten Wellensittich haben sich am unteren Rücken mehrere Federbalgzysten gebildet, siehe rote Markierungen.

Mit der Zeit zersetzt sich die Feder innerhalb dieser Kapsel. Gelangen beispielsweise Krankheitserreger in den Hohlraum oder wird die entsprechende Hautpartie stark mechanisch gereizt und verletzt, kann es zu einer Entzündung kommen. Aus der eingewachsenen, sich zersetzenden Feder bildet sich dann eine Federbalgzyste. Bei einer Zyste (alt: Kyste, Cyste) handelt es sich um einen in sich abgeschlossenen Hohlraum im Gewebe, der entweder aus einer Kammer oder gleich aus mehreren einzelnen Teilbereichen bestehen kann. In aller Regel beherbergen Zysten in ihrem Inneren eine Flüssigkeit, die oft Eiter enthält.

Sehr häufig bilden sich Federbalgzysten im Bereich der Schwungfedern (an den Flügeln) und der Schwanzfedern, mitunter aber auch am Körper. Sie treten als blasenartige Beulen oder Verdickungen der Haut in Erscheinung, die meist gelblich gefärbt sind. In vielen Fällen stören Federbalgzysten einen davon betroffenen Vogel zunächst nicht, werden jedoch mit der Zeit zusehends größer und beginnen dann zu jucken oder zu schmerzen. Die Gefahr besteht, dass der Vogel die Zyste aufbeißt oder -kratzt beziehungsweise durch einen Unfall (zum Beispiel durch Anstoßen) zum Platzen bringt. Hierbei kann es zu heftigen Blutungen kommen. Deshalb sollte man eine Federbalgzyste so früh wie möglich vom Tierarzt untersuchen und entfernen lassen.

Wie häufig treten Federbalgzysten auf?

Federbalgzysten bilden sich für gewöhnlich nur gelegentlich und in Einzelfällen, selten treten sie an einem Vogel an mehreren Stellen gleichzeitig auf. Viele Tiere leiden im Laufe ihres gesamten Lebens nie an Federbalgzysten, andere häufiger. Dies geschieht vor allem bei solchen Tieren, die an einer Gefiederstörung wie PBFD leiden. Hierbei gehören Federbalgzysten im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung zu den typischen Begleit- beziehungsweise Sekundärerkrankungen.

Welche Vogelarten können betroffen sein?

Grundsätzlich können alle Vögel Federbalgzysten entwickeln. Relativ häufig treten sie jedoch bei Kanarienvögeln und Wellensittichen auf. Es wird vermutet, dass es einen Zusammenhang zwischen der Zucht bestimmter Farbschläge (Wellensittiche) und Farben beziehungweise Körpermerkmale (Kanarienvögel) und dem Erkrankungsrisiko gibt. Demnach wäre es denkbar, dass das vermehrte Auftreten von Federbalgzysten bei diesen Zuchttieren genetisch bedingt sein könnte.

Behandlung

Am Flügel dieses Wellensittichs hat sich eine große Federbalgzyste gebildet, die operativ entfernt werden musste.
Am Flügel dieses Wellensittichs hat sich eine große Federbalgzyste gebildet, die operativ entfernt werden musste.

Der Tierarzt sticht oder schneidet die Federbalgzyste auf, was in der medizinischen Fachsprache als „Eröffnen“ bezeichnet wird. Anschließend entleert er sie, indem er sie spült oder seitlich leichten Druck ausübt, um den Inhalt nach draußen zu pressen. Der Inhalt besteht bei einer Federbalgzyste für gewöhnlich aus Blut, Eiter und einer mehr oder minder stark zersetzten Feder, die als solche kaum noch zu erkennen ist. Damit sich keine neue Federbalgzyste an derselben Stelle bildet, wird häufig die gesamte Kapsel nebst Federfollikel chirurgisch entfernt. Würde dies nicht geschehen, wäre die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens einer Federbalgzyste an derselben Stelle (Ärzte sprechen von einem Rezidiv) sehr hoch.

Für den betroffenen Vogel ist dieser Eingriff nicht angenehm, aber er ist erforderlich, weil eine unbehandelte Zyste im ungünstigsten Fall zum Verbluten des Vogels oder zur Entstehung einer Blutvergiftung führen kann. Oft werden die Vögel kurz narkotisiert, um sie möglichst wenig zu stressen. Eine Nachbehandlung der geöffneten und gereinigten Zyste ist meist nicht nötig und die Heilung dauert normalerweise nicht länger als ein bis zwei Wochen, sofern sich die Wunde nicht infiziert.

Achtung!
Bitte versuchen Sie niemals selbst, eine Federbalgzyste zu entleeren. Bei diesen Verdickungen handelt es sich nicht um etwas, das mit Pickeln beim Menschen vergleichbar ist! Es kann beim Entleeren von Federbalgzysten zu unkontrollierbaren Blutungen und schweren Infektionen kommen! Indem auf diese Weise versucht wird, etwas Zeit und Geld zu sparen – Tierarztbesuche sind meist mit Kosten verbunden –, riskiert man das Leben seines Vogels!