Sehfehler bei Vögeln

Achtung: Die auf Birds-Online.de angebotenen Texte und Bilder rund um das Thema Erkrankungen von Vögeln sind als Informationsquelle gedacht. Bitte bringen Sie Ihre erkrankten Vögel immer schnellstmöglich zu einem fachkundigen Tierarzt!
Infolge einer Eintrübung des Auges konnte dieser Wellensittich links kaum mehr etwas sehen.
Infolge einer Eintrübung des Auges konnte dieser Wellensittich links kaum mehr etwas sehen.

Das Auftreten von Sehfehlern ist nicht nur dem Menschen oder Säugetieren vorbehalten, es kann auch Vögel treffen. Infolge bestimmter Augenerkrankungen kann es beispielsweise zur Trübung der Hornhäute kommen, was sogar für einen Laien sichtbar ist. Andere Sehfehler bleiben dem Vogelhalter anfangs hingegen verborgen, denn die Entwicklung mancher Augenschäden verläuft schleichend und ohne äußere Anzeichen. Es kommt jedoch ebenso vor, dass Vögel plötzlich innerhalb weniger Tage oder gar in Sekunden erblinden beziehungsweise einen beträchtlichen Teil ihres Sehvermögens einbüßen.

Sollte ein Vogel keine Schmerzen erleiden, was normalerweise nicht typisch für Sehfehler ist, stellen eine teilweise Erblindung beziehungsweise eine starke Fehlsichtigkeit keinen Grund zum Einschläfern des Tieres dar. Viele Vögel finden sich trotz eingeschränkter Sicht meist gut zu Recht. Sie sind jedoch weitaus stärker unfallgefährdet als normalsichtige Artgenossen, dessen sollte man sich stets bewusst sein. Beim täglichen Freiflug oder auch im Käfig können sich Unfälle ereignen.

Erblindet ein Vogel auf beiden Augen, sollte man gemeinsam mit einem Tierarzt überlegen, ob das Tier noch hinreichend viel Lebensqualität hat oder ob es besser wäre, den Vogel einzuschläfern. Entscheidend ist hierbei zudem, wie gut es dem Vogel gelingt, sich mit der Situation zu arrangieren. Ist er etwa nicht dazu in der Lage, sich eigenständig zu ernähren, so ist die Lage äußerst heikel und man sollte das Einschläfern des Tieres in Erwägung ziehen. Leicht fällt dieser Schritt sicher niemandem, aber man sollte nicht nur an sich, sondern vor allem an das Wohl des Vogels denken. Und gerade Papageien sind dank ihrer hohen Intelligenz oft bestens dazu in der Lage, sich mit der Situation zu arrangieren. Es gibt zahlreiche Beispiele für blinde Papageien, die ihr Leben trotzdem meistern und nicht eingeschläfert werden müssen, weil sie ihre Sehfähigkeit verloren haben.

Um beurteilen zu können, wie schwerwiegend ein Sehfehler sein kann und wie sich der Alltag eines betroffenen Vogels möglicherweise darstellt, ist es sinnvoll, Fallbeispiele zu betrachten. Dieses Kapitel zeigt, woran man eine Erblindung oder einen Sehfehler bei einem Vogel erkennen kann und wie sich die Vögel im Alltag zu Recht gefunden haben. Wichtig ist also, die eigenen Tiere immer genau zu beobachten, denn die Vögel werden garantiert nicht sagen: „Ich sehe nichts mehr und komme überhaupt nicht klar.“ Es liegt einzig und allein in der Verantwortung des Tierhalters, typische Verhaltensänderungen zu erkennen, die auf einen Sehfehler oder Blindheit hinweisen und dann entsprechend zu handeln.

Fallbeispiel 1: Einseitige Erblindung

Wellensittichdame Pünktchen erblindete aus unbekannter Ursache auf einem Auge, meisterte den Alltag aber trotzdem weiterhin sehr gut.
Wellensittichdame Pünktchen erblindete aus unbekannter Ursache auf einem Auge, meisterte den Alltag aber trotzdem weiterhin sehr gut.

Das Wellensittichweibchen Pünktchen lebte früher lange Zeit in meiner Familie. Das Tier war Menschen gegenüber aufgeschlossen, sehr anhänglich und ein begeisterter Flieger. Irgendwann bemerkte ich, dass Pünktchen beim Landen nach einem Rundflug öfter abstürzte oder strauchelte. Mir fiel darüber hinaus auf, dass sie nur noch Linkskurven flog, um einen bestimmten Landepunkt zu treffen. Auch hielt sie den Kopf gelegentlich auffällig schräg, was sie zuvor nicht getan hatte. Ihre Pupillen reagierten normal auf einfallende Lichtreize, weshalb ich zunächst nicht auf die Idee kam, der Vogel könne erblindet sein. Aber eine Untersuchung beim Tierarzt ergab, dass das rechte Auge des Vogels zwar normal auf äußere Reize reagierte und keine Hornhauttrübung aufwies, aber trotzdem keine Sehreize mehr ans Gehirn weitergab. Pünktchen war infolge einer unbekannten Ursache einseitig erblindet, lebte mit diesem Handicap jedoch nach einer kurzen Eingewöhnungsphase noch viele Jahre weiter als fröhliches und unternehmungslustiges gefiedertes Familienmitglied in unserem Haushalt.

Fallbeispiel 2: Einseitige extreme Kurzsichtigkeit

Umbriel, ein weiterer Wellensittich, der früher bei mir gelebt hat, hat nach dem Auftreten einer extremen Kurzsichtigkeit, die ein Auge betraf, eine Verhaltensänderung durchlebt. Er hat sein hyperaktives Verhalten abgelegt, als er nicht mehr so gut wie vorher sehen konnte. Die Kurzsichtigkeit trat in hohem Alter relativ plötzlich auf und der Vogel wurde dadurch erheblich ruhiger. Sein Flugverhalten änderte sich grundlegend. Aus dem einstmals unerschrockenen Luftakrobaten wurde ein zaghafter Flieger und mitunter verlor er die Orientierung, wenn er im Flug von einem Artgenossen abgedrängt wurde.

Seine starke Fehlsichtigkeit fiel sofort auf, weil er permanent den Kopf schief hielt, um mit dem gesunden Auge seine Umgebung besser wahrnehmen zu können. Besonders leicht fällt die schiefe Kopfhaltung eines einseitig fehlsichtigen Vogels auf, wenn er nach oben schaut. Umbriels linkes gesundes Auge (nach oben gerichtet) peilte dabei den Bereich an, den er genauer ansehen wollte. Näherte man sich dem Vogel von rechts, erschrak er, sobald er in seiner Nähe ein Geräusch vernahm oder durch Drehen des Kopfes plötzlich ein Gegenstand in sein Gesichtsfeld geriet. Es konnte auch geschehen, dass der sanfte und freundliche Vogel biss, wenn man ihn von rechts kommend berührte – dies geschah dann aus Angst und nicht etwa, weil er aggressiv war. Nachts fiel Umbriel überdurchschnittlich oft von der Schaukel, weil er sich vermutlich im Dunkeln schlechter orientieren konnte als ein normalsichtiger Vogel.

Das normalsichtige linke Auge wurde von Wellensittich Umbriel zum Betrachten der Umgebung eingesetzt.
Das normalsichtige linke Auge wurde von Wellensittich Umbriel zum Betrachten der Umgebung eingesetzt.
Weil sein rechtes Auge stark kurzsichtig geworden war, verdrehte Wellensittich Umbriel den Kopf immer recht stark, um mit dem gesunden linken Auge schauen zu können.
Weil sein rechtes Auge stark kurzsichtig geworden war, verdrehte Wellensittich Umbriel den Kopf immer recht stark, um mit dem gesunden linken Auge schauen zu können.

Fall 3: Beidseitige Blindheit durch Hornhauttrübungen

Beide Augen des Katharinasittichweibchens Nimue waren eingetrübt, sie war dadurch fast vollständig blind.
Beide Augen des Katharinasittichweibchens Nimue waren eingetrübt, sie war dadurch fast vollständig blind.

Wodurch sich die Hornhäute eines Vogels trüben, ist unterschiedlich. Meist sind von dieser Erkrankung ältere Tiere betroffen, sie erkranken häufig am Grauen Star. Das Katharinasittich-Weibchen Nimue war mindestens sechs bis sieben Jahre alt oder gar noch älter, als es in meine Obhut gelangte. Zu diesem Zeitpunkt zeigten die Hornhäute beider Augen starke Trübungen, wodurch der Vogel nahezu vollständig blind war. Lediglich im prallen Sonnenschein nahm sie Änderungen der Lichtintensität wahr. Sie drehte beispielsweise den Kopf in die entsprechende Richtung, wenn man einen Schatten auf eines ihrer Augen fallen ließ. Obwohl sie praktisch nichts sehen konnte, flog Nimue unfallfrei durch das Vogelzimmer. Ihr Partner rief sie und sie näherte sich seiner Stimme, indem sie sehr langsam unter großem Kraftaufwand zu ihm propellerte. Auch Futter und Wasser fand sie im Vogelzimmer problemlos. War sie hungrig, ging sie einfach den Geräuschen nach, die die anderen Vögel beim Fressen verursachten, bis sie schließlich den Futterplatz erreicht hatte. Dabei legte sie den Schnabel auf dem Boden auf und nutzte ihn wie einen Blindenstock.

Zusammenfassung möglicher Hinweise auf Sehfehler und Blindheit

Folgende Details können bei einem Vogel auf das plötzliche oder schleichende Auftreten einer Fehlsichtigkeit oder Blindheit hinweisen:

  • Der Vogel fliegt unsicherer als vorher
  • Der Vogel stürzt beim Fliegen ab, wenn er in der Luft von einem Artgenossen abgedrängt wird (eigentlich lässt er sich eher fallen)
  • Der Vogel fällt nachts häufig von der Sitzstange oder Schaukel
  • Der Vogel ist schreckhafter als vorher
  • Der Vogel will den Käfig nicht mehr verlassen
  • Der Vogel beißt, wenn man sich ihm mit der Hand nähert, obwohl er das früher nie getan hat; auch Artgenossen werden aggressiv abgewehrt, wenn sie sich nähern
  • Der Vogel magert ab und scheint sich nicht für die Nahrung zu interessieren
  • Der Vogel hält ein Auge oder beide Augen häufig geschlossen
  • Der Vogel legt seinen Schnabel beim Gehen auf dem Untergrund auf und schiebt ihn dabei von links nach rechts, während er sich gehend fortbewegt
  • In einem Auge oder in beiden sind Trübungen zu erkennen
  • Auf Fotos sieht man im Auge immer einen hellen Bereich, der wie ein Lichtreflex aussieht

Wenn Sie eines dieser Symptome oder gar mehrere bei einem Ihrer Vögel beobachten, lassen Sie am besten die Augen des Tiers von einem fachkundigen Tierarzt untersuchen.

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