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Featherduster-Wellensittiche
Bei manchen Wellensittichen zeigt sich eine besonders extreme Form der Befiederungsstörung: Das Federkleid der betroffenen Vögel wächst unnatürlich stark, wodurch die Tiere eine Reihe körperlicher Einschränkungen erleiden. Diese Federwachstumsstörung wird als Featherduster-Syndrom bezeichnet. Übersetzt man den englischen Begriff „feather duster“ ins Deutsche, wird klar, weshalb er so treffend ist: Er bedeutet Staubwedel. Wegen ihrer dünnen, langen Federn erinnert das Aussehen dieser Wellensittiche an solche Reinigungsutensilien.
Übermäßig lang sind hauptsächlich die Federn am Kopf, an der Brust, an den Seiten des Körpers (Flanken) sowie in der Bürzelregion. Verglichen mit den Federn jener Wellensittiche, die nicht am Featherduster-Syndrom leiden, sind diejenigen der erkrankten Vögel 4- bis 6-mal so lang. Etwa doppelt so lang wie gewöhnlich sind die großen Federn an den Flügeln, Schwungfedern genannt, und die Schwanzfedern.
Mehrheitlich sind von dieser Befiederungsstörung Schauwellensittiche, also für Vogelausstellungen gezüchtete und somit besonders große Vögel betroffen. Allerdings ist das Featherduster-Syndrom ausgesprochen selten. Bislang ist kaum etwas über die genauen Ursachen bekannt, in Fachkreisen wird hierüber seit Jahren diskutiert. Es könnte sich um eine genetisch bedingte Befiederungsanomalie handeln, die bei einer bestimmten Konstellation der elterlichen Gene auf die Jungtiere übergeht. Erforscht ist dies bisher praktisch gar nicht, weil sich Featherduster-Wellensittiche normalerweise nicht fortpflanzen; diese Vögel gelten als unfruchtbar. Sie erreichen die Geschlechtsreife nicht, die bei Wellensittichen typischerweise im Alter von drei bis sechs Monaten einsetzt.
Beide Geschlechter zeigen zeitlebens die helle Wachshaut der nicht geschlechtsreifen Jungtiere, außerdem werden die Irisringe nicht weiß. Dadurch behalten Featherduster ihre schwarzen „Knopfaugen“, die bei den meisten Farbschlägen nur für Jungvögel charakteristisch sind, während ihres gesamten Lebens. Ihre Lautäußerungen klingen anders als die der nicht vom Featherduster-Syndrom betroffenen Wellensittiche. Meist tragen Featherduster eher piepsende Geräusche vor. Das Video unter diesen Zeilen vermittelt einen Eindruck davon:
Durchschnittlich werden diese Vögel maximal ein Jahr alt, in seltenen Fällen etwas älter. Weil das Gefieder erheblich zu lang ist, können die Vögel in der Regel nicht fliegen. Darüber hinaus fällt es ihnen nicht leicht, ihre Bewegungen zu koordinieren. Sie scheinen ihre Muskelaktivitäten nicht im nötigen Maße im Griff zu haben. Manche Featherduster können zudem ihr Gleichgewicht nicht richtig halten. Weil die langen Federn am Kopf die Augen bedecken, fällt den Vögeln das Sehen schwer. Bei manchen betroffenen Individuen tritt zusätzlich ein zu stark ausfallendes Wachstum der Krallen auf.
Das folgende Video zeigt einen Featherduster bei der Gefiederpflege, wir blicken von vorn auf den Vogel:
Schon wenn sie noch sehr jung sind, zeigen manche Featherduster Auffälligkeiten. Ihr körperliches Wachstum ist verzögert, sie wirken verglichen mit gleichaltrigen Geschwistern kümmerlich. Hinzu kommt, dass ihre geistige Entwicklung ebenfalls beeinträchtigt zu sein scheint. Dies zeigt sich jedoch erst nach dem Verlassen des Nestes. Daneben gibt es Berichte von Züchtern, die das Gegenteil besagen. Vom Featherduster-Syndrom betroffene Jungvögel sehen zunächst wohlgenährt aus und erst relativ spät fällt auf, dass die Tiere sich nicht normal entwickeln. Vor allem ihr übermäßiges Gefiederwachstum wird dann sichtbar.
Manche Menschen, die Featherduster gepflegt haben, schilderten ihre Schützlinge als unterdurchschnittlich intelligent. Laut Fachliteratur gelten Featherduster-Wellensittiche als übermäßig aggressiv. Mehrere Halter solcher Vögel berichteten gegenüber Birds-online.de das Gegenteil. Vielmehr hatten sie den Eindruck, ihre Schützlinge seien an sich friedlich, würden aber wegen ihrer eingeschränkten geistigen Leistungsfähigkeit mit Konfliktsituationen nicht gut umgehen können und gegenüber anderen Vögeln aus Angst schnell bissig werden. Das erscheint durchaus schlüssig.
Ein großer Teil der Featherduster-Wellensittiche leidet unter zu niedrigem Gewicht und einem Nährstoffmangel; zumeist ist dies ein Eiweißmangel. Begründet liegt dieser Umstand darin, dass der Organismus zum Bilden der viel zu langen Federn übermäßig viel Energie und Nährstoffe verbraucht. Hierdurch wird das Immunsystem geschwächt und die Vögel sind anfällig für Infektionskrankheiten. Umso wichtiger ist es, diese Vögel nährstoff- und energiereich zu ernähren, um ihren auf Hochtouren arbeitenden Körper zu unterstützen.
In Einzelfällen tritt kein Untergewicht auf, sondern das Gegenteil: Ist die Ernährungssituation gut, können Featherduster in seltenen Fällen übergewichtig werden. Wie für alle anderen Wellensittiche ist ein zu hohes Gewicht für Featherduster problematisch, es droht zum Beispiel eine Leberverfettung.
Featherduster-Wellensittiche zu pflegen, ist eine verantwortungsvolle Aufgabe. Sie mit Artgenossen zu vergesellschaften, ist kaum möglich. Hält man sie von ihnen separiert, fühlen sich die Featherduster oft einsam, weil sie die anderen Vögel hören. Sie suchen oft Körperkontakt zum Menschen, wenn sie Bezugspersonen haben, denen sie vertrauen. Sie häufig allein zu lassen, kann für die Vögel traumatisierend sein. Deshalb ist es zeitaufwendig, sich um sie zu kümmern. Weil die Vögel wie alle Wellensittiche bewegungsfreudig sind, gehört zum Alltag auch, ihnen unter Aufsicht und mit gepolstertem Boden die Möglichkeit zum „Fliegen“ zu geben, wobei zutrauliche Featherduster gern auf der Hand liegen, wie das folgende Video zeigt:
Es empfiehlt sich, die Federn rund um die Augen zu kürzen, damit die Featherduster-Wellensittiche sehen können. Am besten lässt man sich dies einmal von einem vogelkundigen Tierarzt zeigen. Hierbei kann eine im Handel preisgünstig erhältliche Friseurschere helfen, weil die Federn nicht so leicht zwischen den beiden Klingen wegrutschen können.
Darüber hinaus muss die Ernährung der Featherduster-Wellensittiche auf ihre Bedürfnisse abgestimmt werden. Am besten holt man hierzu den Rat eines vogelkundigen Tierarztes oder eines Experten für Papageienernährung ein. Eine regelmäßige Gewichtskontrolle ist wichtig, um es rechtzeitig zu erkennen, wenn sich Über- oder Untergewicht einstellt.
Weil Featherduster stark sturzgefährdet sind, muss ihre Umgebung behindertengerecht eingerichtet werden. Hierzu gehört, dass die Vögel nicht tief stürzen können sollten und der Boden am besten zu polstern ist. Eine nächtliche Unterbringung in einem Käfig oder einer Voliere ist meist wegen des Sturzrisikos nicht empfehlenswert. Kleine Heimtierboxen sind die bessere Alternative. Damit sich die Tiere beschäftigen können, sollten ihnen verschiedene Spielzeuge angeboten werden. Dabei sollte auf mögliche Verletzungsrisiken geachtet werden, falls die Vögel Koordinationsprobleme haben. Dann sind weiche Spielzeuge die sicherste Wahl.
Erfahrungsbericht über einen Featherduster-Wellensittich
Das Buch kann für 29,90 € direkt beim Verlag bestellt werden: Web-Shop des Arndt-Verlags
Titelbild dieser Seite © Claudia Bening