Orion, * 3. September ’97, † 6. Mai ’03

Sein großes Selbstbewusstsein war Orion anzusehen.
Sein großes Selbstbewusstsein war Orion anzusehen.

Orion lebte vom 3. Januar 1998 an für einige Jahre in meiner Obhut und war eine große Bereicherung für meinen Sittichschwarm. Als er zu mir kam, war er knapp vier Monate alt. Seine umgekehrte Gefiederzeichnung nennt sich ins Deutsche übersetzt Gesäumt. Spangle in Hellblau ist die offizielle Bezeichnung seines Farbschlags in Anlehnung an den englischen Begriff für gesäumt. Der freundliche Wellensittichmann sang und balzte sehr gern vor sich hin und einer seiner engsten Freunde war Jupiter. Lange Zeit war er ein selbstbewusster, aktiver, ja, geradezu hektischer Heißsporn, der von morgens bis abends energiegeladen im Vogelzimmer herumwuselte. Leider änderte sich sein Charakter im Laufe der Zeit aufgrund eines dramatischen Zwischenfalls, der letztlich Orions weiteres Schicksal besiegeln sollte.

Anfang ’99 war es Orion gelungen, seine Herzdame Rhea von seinen Qualitäten als Mann zu überzeugen. Die beiden Vögel schmusten zärtlich miteinander und unternahmen alles gemeinsam – aber immer nur, solange Rhea Lust dazu hatte. Sie hatte ihren eigenen Kopf und Orion des Öfteren das Nachsehen. Aber er wusste sich zu helfen. Eine Frau war keine Frau – so schien er es zumindest damals zu sehen. Anders konnte ich es mir nicht erklären, dass er sich kurz nach deren Ankunft in meinem Vogelzimmer auch noch mit Paula auf eine Beziehung einließ. Seine beiden Partnerinnen sahen einander nicht nur überaus ähnlich, sie waren zudem beide ziemliche Zicken. Manchmal fragte ich mich, ob Orion insgeheim ein kleiner Masochist war, denn es machte ihm offenkundig Spaß, sich von seinen beiden Diven kräftig verprügeln und herumscheuchen zu lassen. Nach Rheas Tod blieb ihm nur noch Paula. Leider überlebte sie Rhea nur um wenige Monate. Ende Februar 2002 ließ ich sie aufgrund einer langen, gravierenden und unheilbaren Krankheit schweren Herzens einschläfern und machte Orion damit bedauerlicherweise zum Witwer.

Orion (links) mit seiner Partnerin Rhea.
Orion (links) mit seiner Partnerin Rhea.
Paula (vorn) war Orions zweite Partnerin.
Paula (vorn) war Orions zweite Partnerin.

Einst war er der Platzhirsch im Vogelzimmer gewesen, er hatte unter den Männchen das Sagen. Nach dem Tod seiner beiden Gefährtinnen flirtete Orion mal hier und mal da. Man könnte sagen, er war der größte Frauenheld des Trupps – bis Rudi ein Schwarmmitglied wurde. Es dauerte nicht lange, bis dieser Orion den Rang abgelaufen hatte und sich einen „Harem“ aufbaute. Eine Vogeldame konnte Rudi jedoch nicht beeindrucken, da sie nur Augen für Orion hatte: die schüchterne Io. Einige Zeit nach Paulas Tod wurden Orion und sie ein Paar und blieben es bis kurz vor seinem Lebensende.

Nachdem er einen Unfall erlitten hatte, war Orions rechte Hüfte ausgekugelt und er konnte sein Bein nicht mehr richtig benutzen.
Nachdem er einen Unfall erlitten hatte, war Orions rechte Hüfte ausgekugelt und er konnte sein Bein nicht mehr richtig benutzen.

Der 25. Februar 2003 war ein schicksalhafter Tag für Orion, der alles verändern sollte. Das Männchen wurde im Schlaf Opfer eines nicht provozierten Angriffs durch seinen Artgenossen Rudi. Dieser nutzte den bereits schlafenden Orion lediglich als Ventil für seinen Unmut über die Tatsache, abends in den Käfig gehen zu müssen. Bei dieser Attacke, die nur einen Sekundenbruchteil dauerte, wurde Orion bedauerlicherweise sehr schwer verletzt. Seine rechte Hüfte kugelte aus, weshalb er für den Rest seines nur noch kurze Zeit währenden Lebens eine schwere Gehbehinderung meistern musste. Abgesehen von dieser körperlichen Einschränkung bereitete ihm die Verletzung in den ersten Tagen auch große Schmerzen, gegen die ich ihm zwar ein Schmerzmittel gab, doch es konnte ihm nicht alle Last abnehmen. Der Hüftschaden selbst konnte leider nicht mehr behoben werden.

Orion war früher immer fröhlich und aktiv.
Orion war früher immer fröhlich und aktiv.

Ruhig und unauffällig, streckenweise sogar ängstlich war der einstmals selbstsichere Orion nach diesem Zwischenfall geworden. Wer ihn von früher kannte, erkannte den Vogel kaum wieder. Zum Glück verlor er die Freude am Leben jedoch nicht und lernte es, sich mit seiner schweren körperlichen Behinderung, die hier ausführlich beschrieben wird, zu arrangieren. Alles lief gut, bis er am 6. Mai 2003 erneut von einem meiner anderen Vögel attackiert wurde – vermutlich im gemeinsamen Spiel. Durch diesen Übergriff, dem er nicht schnell genug hatte ausweichen können, stürzte er ab. Dabei erlitt er innere Verletzungen und seine Wirbelsäule brach. Vom Hals abwärts war Orion gelähmt und damit kaum mehr lebensfähig. Außerdem „hustete“ er Blut und konnte kaum mehr atmen. Mir blieb leider nichts anderes übrig, als ihn umgehend erlösen zu lassen. Noch heute vermisse ich den charismatischen Wellensittichmann, der mich so oft zum Lachen gebracht hat.

Bedeutung des Namens

Eines der auffälligsten Wintersternbilder am nördlichen Sternenhimmel ist der Orion. In der griechischen Mythologie war er Poseidons schöner Sohn und gehörte zu den Giganten. Seinen Lebensunterhalt verdiente Orion sich als Jäger. Er wurde der Merope versprochen, die er sehr liebte. Leider nahm die Geschichte eine tragische Wendung und Orion wurde schließlich von Apollo getötet. Mein Wellensittichmännchen war nach dem Sternbild und somit indirekt nach der griechischen Sagengestalt benannt.