Der Kropf der Vögel

Der Verdauungstrakt der Vögel ist komplexer als der des Menschen. Viele Vögel, darunter auch der Wellensittich, verfügen über einen zusätzlichen Bestandteil des Verdauungstraktes, der den Menschen und Säugetieren fehlt. Hierbei handelt es sich um den sogenannten Kropf. Er ist ein sackartiger Bereich hinter der Speiseröhre beziehungsweise genau genommen eine Erweiterung selbiger, und er erfüllt bei Vögeln verschiedene Zwecke. Da diese Tiere keine Zähne haben, gelangt die Nahrung als Ganzes beziehungsweise in groben Stücken in den Kropf. Das heißt, Wellensittiche schlucken ganze Körner oder Stücke von Frischkost wie Gemüse herunter und das Futter gelangt in den Kropf. Dort wird die Nahrung mithilfe von Speicheldrüsensekreten vorverdaut und außerdem für eine gewisse Zeit gespeichert, was vor allem bei der Jungenaufzucht, aber auch bei der Partnerfütterung wichtig ist. Denn um einen anderen Vogel zu füttern, würgen Wellensittiche Nahrung aus dem Kropf empor.
Außerdem dient der Kropf als „Zwischenspeicher“, der es den Vögeln ermöglicht, auch einige Zeit nach der eigentlichen Nahrungsaufnahme noch Energie zur Verfügung zu haben. Nicht zuletzt sei erwähnt, dass der Kropf es ihnen ermöglicht, innerhalb kurzer Zeit sehr große Mengen Futter aufzunehmen. Insbesondere für die meist am Boden fressenden wilden Wellensittichen in Australien ist das wichtig. Sie sind am Boden ständig in Gefahr, von einem Fressfeind erbeutet zu werden. Deshalb fressen die Vögel schnell und viel, um später an sicheren Plätzen die im Kropf gespeicherte Nahrung zu verdauen.
Diese zeitverzögerte Aufnahme der Energie ist für Wellensittiche, die einen hohen Energiebedarf haben, überlebenswichtig. Sie reagieren deshalb besonders empfindlich auf Hungerperioden. Sofern sie genügend Nahrung vorfinden, können sie dank ihres Kropfes dafür sorgen, etliche Stunden ohne Nahrungsaufnahme zu überstehen – beispielsweise die Nacht. Wilde Wellensittiche fressen aus diesem Grunde nicht nur morgens etwas, sondern eine weitere Portion am späten Nachmittag oder frühen Abend. Das dann aufgenommene Futter wird nach und nach am späteren Abend und in der Nacht verdaut.
Die Innenwände des Kropfes sind mit einer relativ empfindlichen Schleimhaut ausgekleidet, die durch verschluckte Fremdkörper wie etwa Kunststoffteile verletzt werden kann. Bakterien, Viren, Pilze und Einzeller (Parasiten) können bei Wellensittichen und anderen Ziervögeln zu einer Erkrankung des Kropfes führen, die oft grob vereinfacht als „Kropfentzündung“ bezeichnet wird. Sie sollte unbedingt von einem fachkundigen Tierarzt behandelt werden. Um festzustellen, welche Krankheitserreger im Einzelfall vorhanden sind, sollten in jedem Fall weiterführende Untersuchungen (Abstriche, Laboruntersuchungen) durchgeführt werden. Nur so lässt sich eine „Kropfentzündung“ zielgerichtet therapieren. Wird eine solche Erkrankung nicht behandelt, kann sie rasch zum Tode des betroffenen Vogels führen, weil er verhungert. Das kann bei Wellensittichen sehr schnell gehen. Zwei Tage ohne Nahrungsaufnahme können schon lebensbedrohlich sein.
Geschwollener Kropf = krank?
Wellensittiche haben im Vergleich zu einigen anderen Vogelarten einen recht großen Kropf. Er ist relativ stark dehnbar, was insbesondere bei sehr jungen Wellensittichen oder bei Vögeln ohne Brustgefieder gut erkennbar ist. Bei erwachsenen, gesunden und voll befiederten Vögeln wird der Kropf normalerweise vom Federkleid verdeckt. Man erkennt ihn als leichte Wölbung, wenn ein Vogel zuvor Nahrung zu sich genommen hat. Manchmal fressen Vögel so große Mengen, dass der Kropf prall gefüllt ist. Das kann beispielsweise im Rahmen der Jungenaufzucht der Fall sein. Dann wird regelrecht „gehamstert“, um die Küken satt zu bekommen. Trotzdem wirkt die durch das Futter verursachte Wölbung insgesamt harmonisch und glatt. Ist die Kropfgegend hingegen stark geschwollen und tritt sie dabei deutlich kantig aus der Silhouette eines Vogels hervor, könnte dies auf eine Erkrankung wie zum Beispiel eine bakterielle Infektion hindeuten.