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Erbrechen (Kropfentzündung)
Bei Papageien und und Sittichen ist hin und wieder ein Erbrechen beziehungsweise Hochwürgen von Körnern und anderen Nahrungsbestandteilen zu beobachten. Sie bewegen beim Erbrechen den Kopf auf und ab und vollführen dabei eine typische, pumpende Bewegung im Bereich ihres Kropfes. In manchen Fällen sind die erbrochenen Körner relativ trocken, mitunter sind sie mit klarer Flüssigkeit vermengt oder mit zähem, gelblichem Schleim vermischt. Darüber hinaus kann es vorkommen, dass Vögel lediglich Schleim erbrechen, dessen Farbpalette von bräunlich-gelb bis hin zu weiß reichen kann; auch transparenter, farbloser Schleim tritt gelegentlich auf.
Zeigt ein Vogel solches Erbrechen, sollte er umgehend einem fachkundigen Tierarzt vorgestellt werden. Es ist wichtig, dass der Tierarzt vogelkundig ist, denn gerät man an einen Arzt, der sich mit Vogelkrankheiten nicht gut auskennt, können bei der Diagnosestellung Fehler unterlaufen: Häufig wird dann vorschnell von einer Kropfentzündung gesprochen und es wird ohne eine genauere Untersuchung eine Aufbauspritze oder ein Antibiotikum verabreicht. Gerade Letzteres ist aber nicht in allen Fällen wirksam, denn Erbrechen ist ein Symptom, das bei verschiedenen Arten von Erkrankungen auftreten kann. Nicht in allen Fällen ist der Einsatz von Antibiotika sinnvoll und Aufbauspritzen sind als alleinige Behandlungsmaßnahme nahezu immer ungeeignet. Warum das so ist und was es mit dem Erbrechen bei Papageien und Sittichen auf sich hat, erfahren Sie in in diesem Kapitel.
Standarddiagnose „Kropfentzündung“
Wenn sich ein Wellensittich oder ein anderer Heimvogel übergibt, sprechen viele Halter sowie manche Tierärzte stets von einer „Kropfentzündung“. Tatsächlich stimmt es in manchen Fällen, dass hinter dem Erbrechen eine Entzündung (Infektion) der Schleimhaut des Kropfes steckt. Allerdings wird beim Symptom Erbrechen oft viel zu leichtfertig die entsprechende Diagnose „Kropfentzündung“ gestellt, ohne zu überprüfen, ob sich tatsächlich Krankheitserreger in diesem Teil des Verdauungstraktes der Vögel eingenistet haben.
Als Vogelhalter sollten Sie aber eines unbedingt wissen: Das Erbrechen an sich ist nicht grundsätzlich auf eine Entzündung des Kropfes zurückzuführen und es ist ebenso wenig eine eigenständige Erkrankung. Tatsächlich ist das Erbrechen ein Symptom, das bei einer Reihe unterschiedlicher Erkrankungen auftreten kann. Es ist in etwa so wie mit den Bauchschmerzen bei uns Menschen. Sie können auftreten, weil wir an einem Magen-Darm-Virus leiden, weil wir eine Blinddarmentzündung haben, weil wir stark blähende Lebensmittel gegessen haben oder aufgrund einer Reihe weiterer Ursachen. Ebenso kommen bei Wellensittichen und anderen Vögeln viele verschiedene Auslöser für das Symptom „Erbrechen“ vor, über die Sie auf dieser Seite mehr erfahren. Weiter unten finden Sie zudem einen Tipp der Vogel-Tierärztin Dr. Martina Schmoock zum Thema Durchfall und Erbrechen.
Mögliche Gründe für Erbrechen bei Sittichen und Papageien
In der folgenden Auflistung sind die bei Wellensittichen am häufigsten auftretenden Ursachen für Erbrechen zu finden. Bei vielen anderen Papageienarten treten sie ebenfalls auf. Durch einen Klick auf die unterstrichenen Aufzählungsinhalte gelangen Sie zur jeweiligen ausführlichen Erläuterung.
- Normale, nicht krankhafte Partnerfütterung
- Wiederholte mechanische Reizung (Spiegelfütterung)
- Verschlucken von Fremdkörpern
- Kropfsteine oder Speichelsteine
- Vergiftungen und Futterunverträglichkeit
- Bakterielle Infektion der Kropfschleimhaut
- Pilzinfektion im Kropf (Hefepilze, „Megabakterien“ bzw. Going-Light-Syndrom)
- Parasitenbefall des Kropfes
- Gehirnerschütterung und Erkrankungen des zentralen Nervensystems
- Tumoren an inneren Organen
- Schwere Funktionsstörungen innerer Organe wie Leber oder Nieren
Normale, nicht krankhafte Partnerfütterung
Bei den Papageien und Sittichen gehört es zum normalen Verhaltensrepertoire, dass vor allem männliche Tiere Futter aus dem Kropf empor würgen und es ihrer Partnerin oder einem gleichgeschlechtlichen, engen Freund übergeben. Diese sogenannte Partnerfütterung wird überdies mitunter auch von Papageienweibchen praktiziert. Sie ist ein wichtiges Element des Zusammenlebens der Papageien und dient einerseits der Festigung der Paarbindung, andererseits üben die Vögel damit gewissermaßen die Futterübergabe für den Fall einer Jungenaufzucht. Denn während das Weibchen ein Gelege und später die Jungtiere in einer Nisthöhle wärmt, muss das Männchen Futter für seine Partnerin und die Familie herbeischaffen, das es im Kropf zwischenlagert und nach dem Hochwürgen der Partnerin beziehungsweise den Jungtieren übergibt. Bei dieser Art des vermeintlichen Erbrechens handelt es sich somit nicht um das Symptom einer Erkrankung. Dieses Verhalten ist normal und schadet den Tieren für gewöhnlich nicht.
Der folgende Film zeigt eine solche Partnerfütterungsszene, in der das Hochwürgen der Körner nicht krankhaft ist. Es handelt sich also nicht um echtes Erbrechen.
Wiederholte mechanische Reizung (Spiegelfütterung)
Leider werden nach wie vor viele Wellensittiche und auch andere Heimvögel nicht artgerecht gehalten. Das heißt, sie fristen ihr Dasein als Einzelvögel, obwohl sie eigentlich Schwarmtiere sind und Artgenossen benötigen, um wirklich zufrieden zu sein. In den Käfigen solcher einzeln gehaltener Heimvögel finden sich häufig Spiegel oder Plastikvögel. Beides gilt als gefährliches beziehungsweise tierschutzwidriges Zubehör, weil es der Gesundheit der Tiere schaden kann. Insbesondere einzeln gehaltene Wellensittich-Männchen sehen in ihrem Spiegelbild einen vermeintlichen Partner, der sich ihnen zuwendet. Sie wollen ihn füttern (siehe Beschreibung der Partnerfütterung weiter oben) und würgen deshalb Körnchen aus ihrem Kropf empor. Das Spiegelbild nimmt die Körner jedoch nicht an, also schlucken sie sie wieder ab, denn es wäre eine Verschwendung nahrhafter Ressourcen, sie auszuspucken. Kurze Zeit später wird ein erneuter Fütterungsversuch unternommen, der ebenfalls scheitert – die Körnchen werden wieder verschluckt.
Das Ganze wiederholt sich oft unentwegt wie in einer Endlosschleife, was für die Vögel zu einem gesundheitlichen Problem werden kann: Durch das wiederholte Hochwürgen der Körner wird die Schleimhaut mit der Zeit vereinfacht formuliert wund. Dadurch kommt es zunächst zu einer sogenannten Kropfreizung, die Übelkeit verursachen kann. Dies verwundert nicht, denn eine stark gereizte und wunde Schleimhaut verursacht Schmerzen. Weil die normale Umgebung eines jeden Heimvogels immer einige krank machende Keime enthält, die das Immunsystem des Vogels normalerweise in Schach halten kann, besteht beim Auftreten einer Kropfreizung erhöhte Infektionsgefahr. Die wunden Stellen bieten eine Eintrittsöffnung für eine Besiedlung mit Bakterien und anderen Keimen. Deshalb kann es in der wunden Schleimhaut leicht zu einer entzündlichen Reaktion kommen, sodass die permanenten Versuche der Fütterung eines Spiegels oder eines Plastikvogels tatsächlich zu einer Entzündung im Kropf und damit zu heftigem Erbrechen führen können.
Verschlucken von Fremdkörpern
Wellensittiche sowie einige andere Sittiche und Papageien haben eine ausgesprochene Vorliebe für das Benagen aller erdenklichen Gegenstände. Schlucken sie Fremdkörper wie beispielsweise Plastiksplitter, können sich diese im Kropf festsetzen und die empfindliche Schleimhaut verletzen. Durch diese mechanische Reizung kann es zu einer lokalen Entzündung kommen, die in vielen Fällen mit schwerem Erbrechen einhergeht. Mitunter bilden sich jedoch auch von selbst Fremdkörper, man spricht dann von sogenannten Kropfsteinen oder Speichelsteinen, siehe folgender Abschnitt.
Erheblich problematischer ist aber häufig das Verschlucken kleiner Mengen von Fremdkörpern über einen längeren Zeitraum. Vor allem Nymphensittiche und Wellensittiche zupfen gern feine Fasern aus Seilen ihrer Spielzeuge (zum Beispiel aus Baumwollseilen, aber auch aus Jutebändern und Ähnlichem). Dabei verschlucken einige Vögel Fasern, die sich im Kropf zu immer größeren Gebilden zusammenballen. Dies kann ebenso geschehen, wenn Vögel an weicher Baumrinde, beispielsweise Weidenrinde, oder verstärkt an Korkrinde nagen. Zwar geschieht dies nicht in jedem Fall, doch insbesondere in Bezug auf Seilfasern besteht ein nicht zu vernachlässigendes Risiko des Verschluckens.
Die sich im Kropf bildenden Fremdkörper können die Verdauung massiv beeinträchtigen, zu Gärung und Entzündungen führen und so Erbrechen verursachen. Hinzu kommt, dass diese Gebilde Platz einnehmen, der den Vögeln für die Nahrungsspeicherung im Kropf fehlt. Das bedeutet, sie haben massive Probleme bei der Nahrungsaufnahme und verhungern langfristig qualvoll. Reichen die Gebilde aus Fasern gar bis in den Darm, können sie dort ebenfalls verheerende Auswirkungen haben. Oft sterben die betroffenen Vögel an einem Darmverschluss.
Verschluckte Fremdkörper müssen von einem Tierarzt operativ entfernt werden. Je nachdem, wie sehr die Situation einem betroffenen Vogel bereits zugesetzt hat, besteht dabei Lebensgefahr. Den Fremdkörper im Vogel zu belassen, ist aber keine Option und langfristig ebenfalls tödlich.
Der weiter oben gezeigte Fremdkörper, der aus feinen Seilfasern zu bestehen scheint, wurde aus dem Kropf eines Wellensittichs entfernt. Wie die beiden Fotos des Vogels zeigen, war vor der Operation von außen nicht zu sehen, dass sich im Kropf des Tieres ein Fremdkörper befand.
Kropfsteine oder Speichelsteine
Unter bestimmten Umständen kann es vorkommen, dass sich im Kropf sogenannte Kropfsteine oder Speichelsteine bilden. Es handelt sich dabei nicht um echte Steine, sondern um sehr harte Gebilde, die sich nach und nach aufbauen. Anfangs sind sie winzig klein und sie befinden sich im Inneren des Kropfes, ohne Probleme zu verursachen. Mit der Zeit lagert sich außen immer wieder Schleim an, der zu dünnen Schichten trocknet. So baut sich aus winzigen Lagen letztlich ein immer größer werdendes Gebilde auf, das aushärtet und mit der Zeit zusehends mehr Platz im Kropf beansprucht. Für den Vogel geht dies sehr wahrscheinlich mit einem unangenehmen Gefühl einher und seine Verdauung kann dadurch behindert werden. Das gilt vor allem dann, wenn die Kropfsteine recht groß sind – sie können mehrere Millimeter im Durchmesser groß werden – oder wenn sich gleich mehrere dieser Gebilde im Kropf befinden.
Problematisch an den Kropf- oder Speichelsteinen ist, dass sie meist vom Vogel nicht hervorgewürgt werden, sondern im Kropf feststecken und zu einer starken Reizung der Schleimhäute führen. Schweres Erbrechen kann die Folge sein, außerdem ist im Kropf mit der Zeit immer weniger Platz für die Nahrung vorhanden und viele der betroffenen Tiere magern deshalb stark ab.
Kropfsteine lassen sich ertasten oder mitunter auf Röntgenbildern erkennen. In den meisten Fällen müssen diese Fremdkörper operativ entfernt werden. Je mehr der Organismus eines betroffenen Vogels vor der Operation bereits durch ständiges Erbrechen und Probleme bei der Nahrungsaufnahme geschwächt ist, kann eine solche Operation risikoreich sein. Doch ist sie meist die einzige Möglichkeit, das gesundheitliche Problem zu beheben.
Vergiftungen und Futterunverträglichkeit
Weil viele Papageien und Sittiche gern und häufig nagen, kann es geschehen, dass sie beispielsweise eine für sie unverträgliche oder giftige Zimmerpflanze oder andere giftige Gegenstände wie etwa eine Duftkerze anknabbern. Manche Vergiftungen führen zu starker Übelkeit und Erbrechen, weil sie das Nervensystem angreifen oder weil der Körper instinktiv versucht, die gefährlichen Substanzen auf diesem Wege wieder loszuwerden. Oder aber die verschluckten Substanzen reizen beziehungsweise verätzen die Kropfschleimhaut, weshalb das betroffene Tier ebenfalls mit starkem Erbrechen auf diese inneren Verletzungen reagiert.
Auch Futterunverträglichkeiten können bei Vögeln zu starkem Erbrechen führen. Beim Verzehr einer gängigen Körnermischung sowie von Obst und Gemüse ist dies normalerweise nicht zu beobachten. Nascht ein Sittich oder Papagei jedoch von den Speisen, die für Menschen gedacht sind, kann dies infolge einer Unverträglichkeit zu Problemen führen. Fetthaltige oder stark gewürzte Speisen lösen bei Vögeln meist Verdauungsstörungen aus. Das Erbrechen ist hierbei nur ein mögliches Symptom von vielen. Deshalb sollten Heimvögel grundsätzlich kein „Menschenfutter“ wie Chips, Brot, Gebratenes, stark Gewürztes und dergleichen essen.
Besonders gefährlich ist es, wenn die Vögel etwas von unseren Tellern naschen, das für sie giftig ist – darunter beispielsweise Avocado und Schokolade. Dann hat man es nicht mehr nur mit einer Unverträglichkeit, sondern meist mit einer Vergiftung zu tun.
Bakterielle Infektion der Kropfschleimhaut
Häufig wird Erbrechen bei Papageien und Sittichen von Bakterien hervorgerufen, die sich im Kropf festsetzen und dort zu einer Entzündung der Schleimhäute führen. Eine solche Entzündung kann unter bestimmten Umständen ohne Vorankündigung und ohne ersichtlichen Grund auftreten, was viele Halter jedoch nicht wissen. Sie gehen stattdessen davon aus, dass ein Vogel nur dann eine bakterielle Infektion des Kropfes erleiden kann, wenn er sich bei einem anderen Vogel mit gefährlichen Erregern ansteckt. Das kann freilich geschehen, doch in vielen Fällen tritt bei Vögeln ganz spontan und ohne Kontakt zu erkrankten Artgenossen eine solche Infektion in Erscheinung. Dies geschieht, weil sich Bakterien, die dem Vogel normalerweise nichts anhaben, im Körper vermehren und dort zu einer Entzündung der Kropfschleimhaut sowie der Schleimhaut der Speiseröhre führen können. Es handelt sich dabei oftmals um Erreger, die in unserer Umgebung immer – wenn auch typischerweise in geringen Mengen – vorhanden sind. Tierärzte sprechen deshalb von sogenannten Umgebungskeimen, also Keimen aus unserer natürlichen Umgebung. Ist das Immunsystem eines Vogels geschwächt, können sie sich beispielsweise im Kropf einnisten und dort eine Entzündung entstehen lassen.
Entzündete Haut schwillt an, weil sie stärker durchblutet wird. Sie schmerzt, ist gerötet und heiß. Liegt eine solche durch Bakterien hervorgerufene Entzündung der Kropfschleimhaut vor, erbricht der hiervon betroffene Vogel oft Körner und meist auch recht große Mengen Schleim. In vielen Fällen ist das Kopfgefieder nach dem Erbrechen verklebt, weil der Vogel versucht, den am Schnabel haftenden Schleim wegzuschleudern; er landet dann unter anderem im Kopfgefieder. Mitunter ist jedoch kein Schleim im Gefieder zu finden, weil er recht flüssig ist und vom Vogel komplett weggeschleudert wird oder unter ihm zu Boden fällt. In der Umgebung des Vogels kleben dann manchmal Flüssigkeitstropfen, die in einigen Fällen mit Körnern durchmischt sind, an Gitterstäben, Wänden und anderen Gegenständen.
Pilzinfektion im Kropf (Hefepilze, „Megabakterien“ bzw. Going-Light-Syndrom)
Nicht nur Bakterien gehören zu den krank machenden Keimen, die sich häufig in unserer Umgebung befinden und sich im Kropf eines Vogels ausbreiten können. Verschiedene Arten von Pilzen können die Kropfschleimhaut ebenfalls angreifen, und das nicht nur, wenn diese vorgeschädigt ist. Besiedeln Hefepilze die Schleimhaut, spricht man von einer sogenannten Candidiasis. Solche Pilzinfektionen können zu teils heftigem Erbrechen führen. Darüber hinaus können sich bestimmte Arten von Schimmelpilzen im Kropf eines Vogels einnisten. Typischerweise treten bei Wellensittichen und anderen Papageien oft Schimmelpilze aus der Gattung Mucor auf diese Weise in Erscheinung.
Eine weitere Pilzart, die früher irreführenden Namen „Megabakterien“ trug und heute als Macrorhabdus ornithogaster bezeichnet wird, kann sich im Vogelkörper ansiedeln. In Kropfabstrichen sind diese Pilze nicht immer nachzuweisen, aber sie können dennoch vorhanden sein und zu Verdauungsbeschwerden wie Durchfall und Erbrechen führen. Eine umfangreiche Beschreibung der sogenannten Megabakteriose beziehungsweise Macrorhabdiose und des eng mit ihr verbundenen Going-Light-Syndroms finden Sie im entsprechenden Kapitel.
Parasitenbefall des Kropfes
Neben Bakterien und Pilzen können innere Parasiten, die sich unter anderem im Kropf ansiedeln, zu starkem Erbrechen führen. Besonders häufig treten bei Wellensittichen und einer Reihe weiterer Vogelarten die sogenannten Trichomonaden auf. Diese Geißeltierchen verursachen Erbrechen, Abmagerung und eine „Verkäsung“ des Kropfes, weil sich durch diese Parasiten dicke gelbe Beläge auf der Schleimhaut bilden. Woran man einen Befall mit Trichomonaden erkennen kann und wie man ihn behandelt, beschreibt ein eigenes Kapitel.
Gehirnerschütterung und Erkrankungen des zentralen Nervensystems
Im Kopf der Vögel sind das Gehirn und das zentrale Nervensystem angesiedelt, Letzteres erstreckt sich bis ins Rückenmark. Dieses Nervensystem ist unter anderem für die Steuerung verschiedener Körperfunktionen, für den Gleichgewichtssinn und viele weitere Dinge zuständig. Bei einer Kopfverletzung oder Erkrankung des zentralen Nervensystems kann es zu schwerem Erbrechen kommen. Wer einmal an einer Gehirnerschütterung gelitten hat, kennt die Übelkeit, die von Schwindelgefühlen begleitet wird. Sehr wahrscheinlich erleben Vögel dieselben Empfindungen, wenn sie an einer Kopfverletzung oder Gehirnerschütterung leiden.
Darüber hinaus können einige Giftstoffe, die von Vögeln beispielsweise über den Schnabel aufgenommen werden, das zentrale Nervensystem angreifen und so zu Erbrechen führen.
Tumoren an inneren Organen
Woran es liegt, dass so viele Wellensittiche, aber auch andere Heimvögel teils in jungem Alter an Tumoren der inneren Organe erkranken, darüber sind sich die Experten noch nicht einig. Fakt ist jedoch, dass zahlreiche Tiere im Laufe ihres Lebens beispielsweise an einem Leber- oder Nierentumor erkranken. In beiden Fällen kann es unter anderem dadurch, dass der Körper nicht richtig entgiftet wird, zu schwerem Erbrechen kommen. Hinzu kommt, dass durch einen Tumor im Körper so viel Raum eingenommen wird – man spricht von einem Volumenverdrängungsprozess –, dass die Wucherung auf den Verdauungstrakt drückt und dadurch Erbrechen verursacht.
Schwere Funktionsstörungen innerer Organe wie Leber oder Nieren
Die inneren Organen der Wellensittiche und anderer Heimvögel betreffend, können unter bestimmten Umständen Fehlfunktionen auftreten. Dadurch wird der Körper häufig mit Giftstoffen überschwemmt, denn Organe wie die Leber und die Nieren sind wichtige Entgiftungszentralen. Arbeiten sie nicht richtig, steigt der Gehalt der für Vögel problematischen Substanzen im Körper, was einer schleichenden Vergiftung gleichkommt. Hierdurch wird häufig das zentrale Nervensystem angegriffen, was wiederum starkes Erbrechen zur Folge hat. Der folgende kurze Film zeigt einen Wellensittich, der aufgrund einer schweren Organstörung an Erbrechen litt:
Was tun bei Erbrechen?
Beobachten Sie, dass Ihr Vogel mehr als einmal Körner und Schleim hochwürgt, sollten Sie ihn umgehend zu einem auf die Behandlung von Vögeln spezialisierten Tierarzt bringen, um die Ursache für das Erbrechen klären zu lassen. Umso mehr Eile ist geboten, wenn sich der Vogel matt fühlt und apathisch wirkt. Halten Sie das Tier unterwegs warm, denn möglicherweise friert es, sofern es an einer bakteriellen oder anderweitigen Infektion leidet – einzige Ausnahme: Bei einer Kopfverletzung dürfen Sie den Vogel nicht wärmen.
Ihr Arzt wird den gefiederten Patienten genau untersuchen und wahrscheinlich einen Abstrich aus dem Kropf oder aus der Kloake entnehmen sowie unter Umständen weitere Untersuchungen (zum Beispiel Röntgen oder eine Blutanalyse) anordnen.
Beachten Sie bitte: Es ist immer sinnvoll, einen vogelkundigen Tierarzt aufzusuchen, also einen Tierarzt, der sich auf die Behandlung von Vögeln spezialisiert hat. Viele Kleintierärzte, die diese Spezialisierung nicht gewählt haben, kennen sich mit der Behandlung von Vogelkrankheiten nicht ausreichend aus, um weniger gängige Ursachen für das Erbrechen bei Ziervögeln herauszufinden. Deshalb wird die vorschnelle „Diagnose“ Kropfentzündung auch entsprechend häufig von nicht vogelkundigen Tierärzten gestellt. Aber diese Diagnose sagt nichts darüber aus, welche Ursache der Gesundheitsstörung zugrunde liegt und es kann folglich keine zielgerichtete Therapie eingeleitet werden.
Was ist beim Füttern eines an Erbrechen leidenden Vogels zu beachten?
Leidet Ihr Vogel an wiederholtem Erbrechen, sollten Sie neben der durch den Tierarzt verordneten medikamentösen Behandlung einige Regeln bei der Fütterung beachten. Welche dies im Detail sind, erfahren Sie hier. Besprechen Sie die besondere Ernährung auch unbedingt mit dem behandelnden Tierarzt.
Das rät die Vogel-Tierärztin Dr. Martina Schmoock
Zeigt ein Vogel einmalig dünnen Kot oder einmaliges Erbrechen, so muss dies kein Anzeichen einer schweren Erkrankung sein.
Beobachten Sie jedoch mehrfaches Erbrechen mit schleimig verschmiertem Kopfgefieder sowie weichen oder wässrigen Kotabsatz mit verklebter Kloake, so sollten Sie dringen einen vogelkundigen Tierarzt aufsuchen.
Denken Sie generell daran Kot zur Untersuchung mitzubringen. Dieser sollte in jedem Fall recht frisch und frei von Sand oder Einstreu sein. Legen Sie eine Plastikfolie, einen Gefrierbeutel oder eine Zeitung auf den Käfigboden. Hiervon kann der Tierarzt die Proben für die Untersuchung meist gut abnehmen.
Erbricht der Vogel, sollte man in jedem Fall einmal schauen, ob er gegebenenfalls eine Pflanze oder etwas anderes im Raum benagt hat. Machen Sie hiervon ein Foto oder nehmen Sie es mit zum Tierarzt. So können Vergiftungen erkannt oder ausgeschlossen werden.