Sohlengeschwüre

Achtung: Die auf Birds-Online.de angebotenen Texte und Bilder rund um das Thema Erkrankungen von Vögeln sind als Informationsquelle gedacht. Bitte bringen Sie Ihre erkrankten Vögel immer schnellstmöglich zu einem fachkundigen Tierarzt!
An beiden Füßen hat dieser Wellensittich Sohlengeschwüre, wobei der rechte Fuß stärker betroffen ist als der linke.
An beiden Füßen hat dieser Wellensittich Sohlengeschwüre, wobei der rechte Fuß stärker betroffen ist als der linke.

Manche Heimvögel, darunter viele Wellensittiche, sind anfällig für eine bestimmte Form der Hautveränderung auf der Unterseite der Füße: Die betroffenen Vögel leiden unter schmerzhaften Entzündungen und Geschwüren, die sich dort bilden. Diese Hautveränderungen werden als Sohlengeschwüre oder Ballengeschwüre bezeichnet, manchmal als Sohlenballengeschwüre oder auch einfach als Druckgeschwüre. Auf Englisch heißt die Erkrankung Bumble Foot.

In schweren Fällen können solche Geschwüre sehr tief reichen und zum Absterben von Gewebe führen; Ärzte sprechen dann von einer Ballennekrose. Außerdem können die Geschwüre die Knochen in Mitleidenschaft ziehen. Mitunter sind sie so gravierend, dass eine Heilung nicht mehr möglich ist und dem betroffenen Vogel nur durch eine Amputation des Fußes „geholfen“ werden kann – eine „Hilfe“, die zu einer schweren körperlichen Einschränkung führt. Deshalb ist es wichtig, dass solche Veränderungen der Haut vom Vogelhalter bereits im Frühstadium erkannt werden, denn sie gehen häufig aus leichten Druckstellen hervor, die man in aller Regel anfangs noch relativ problemlos behandeln kann.

So entstehen Sohlengeschwüre

Deutlich ist unter dem Fuß dieses Wellensittiche eine dunkelrot gefärbte Druckstelle zu sehen.
Deutlich ist unter dem Fuß dieses Wellensittiche eine dunkelrot gefärbte Druckstelle zu sehen.

Wie bereits erläutert, treten zunächst Druckstellen auf, die sich verschlimmern und später entzünden. Bestimmte Faktoren können das Auftreten von Druckstellen und Sohlengeschwüren fördern, oft treten mehrere Ursachen gemeinsam auf. Ein großes Risiko für das Entstehen solcher schmerzhaften Hautveränderungen geht von ungeeigneten Sitzstangen aus. Ist eine Sitzstange zu gleichförmig (gängige Kunststoffstangen oder gedrechselte Holzstangen), führt dies zu starken punktuellen Belastungen der Fußunterseite. Weil die Stangen überall denselben Durchmesser haben, wird permanent dieselbe Stelle unter dem Fuß durch das eigene Körpergewicht des Vogels auf den Untergrund gepresst – eine Druckstelle entsteht. Auch Stangen mit zu großem Durchmesser oder Sitzäste mit sehr glatter Oberfläche können das Risiko für das Auftreten von Druckstellen und Sohlengeschwüren erhöhen. Zur Vorbeugung solcher punktuellen Belastungen durch falsche Sitzstangen sollten im Käfig oder in der Zimmervoliere grundsätzlich nur Naturäste mit unterschiedlichen Durchmessern als Sitzstangen angebracht werden. Weiterführende Informationen über verwendbare Holzarten finden Sie in der Hölzerliste.

Unter einem der vier Zehen dieses Fußes eines Wellensittichs zeigt sich eine Druckstelle.
Unter einem der vier Zehen dieses Fußes eines Wellensittichs zeigt sich eine Druckstelle.

Ein weiterer Risikofaktor ist Übergewicht. Weil die Vögel so schwer sind, lastet mit jedem Extragramm mehr Druck auf ihren Fußsohlen. Deshalb gilt die Faustregel: Je stärker das Übergewicht ausgeprägt ist, desto mehr werden die Fußsohlen beansprucht. Zudem werden übergewichtige Vögel oft bewegungsfaul und belasten durch das „Rumsitzen“ ihre geschundenen Fußsohlen umso mehr.

Leidet ein Vogel unter einer Fehlstellung eines Beines oder einer schmerzhaften Knochen- beziehungsweise Gelenkerkrankung in den Beinen (beispielsweise Arthrose), wird oft das (stärker) betroffene Bein geschont. Dadurch lastet mehr Druck auf dem gesunden oder weniger stark betroffenen Fuß. Hierdurch wird die Haut an der Fußsohle sehr stark strapaziert und neigt zur Entstehung von Druckstellen.

Haben sich erst einmal gerötete Druckstellen gebildet, ist die Haut dort sehr empfindlich. Das heißt, diese gereizten Hautpartien entzünden sich leicht, weil sie durch den nach wie vor einwirkenden großen Druck irgendwann wund gescheuert werden – dann können Bakterien oder Pilze in das Gewebe eindringen. Sind die Sitzstangen obendrein mit Sandpapierüberzügen umhüllt, scheuert dieses die überreizten Fußsohlen innerhalb kürzester Zeit wund. Solche Sandpapiermäntel gehören nicht zuletzt aufgrund dieser Gefahr für die empfindlichen Fußsohlen der Vögel zum tierschutzwidrigen Zubehör und haben in einem verantwortungsvoll geführten Vogelhalter-Haushalt keine Daseinsberechtigung.

Druckstellen behandeln

Dieser Wellensittich litt an einem Sohlengeschwür, das regelmäßig mit Salbe behandelt werden musste.
Dieser Wellensittich litt an einem Sohlengeschwür, das regelmäßig mit Salbe behandelt werden musste.

Haben sich unter den Füßen eines Vogels Druckstellen gebildet, sind diese als leichte Rötungen zu erkennen. In diesem Stadium lassen sich wunde Füße häufig noch recht gut mit einer Salbe, zum Beispiel Lebertran-Zink-Salbe oder einer reinen Lebertransalbe aus der Hausapotheke, behandeln. Das Anwenden einer solchen Salbe sollte jedoch sicherheitshalber mit einem Tierarzt besprochen werden, denn gegebenenfalls spricht im Einzelfall etwas gegen eine solche Therapie. Sollte dem nicht der Fall sein und kann eine Salbe zum Einsatz kommen, wird diese normalerweise dünn auf die gereizte Haut gestrichen.

In manchen Online-Foren wird in diesem Zusammenhang empfohlen, die Sitzstangen oder Schaukeln dünn mit Salbe zu bestreichen, was vor allem abends sinnvoll sein soll, weil der Vogel dann nachts auf der Salbe steht. Aber Achtung, dadurch kann das Gefieder der Tiere stark verkleben und an den Stangen oder Sitzästen bildet sich ein schmieriger Film, der ein Nährboden für Bakterien ist. Deshalb ist es in den meisten Fällen eher nicht empfehlenswert, die Stangen einzureiben. Auch wenn lediglich die Füße eingecremt werden, müssen die Sitzstangen mindestens einmal am Tag gründlich gereinigt werden. Am besten sollten sie nach der Beendigung der Therapie durch neue Äste ausgetauscht werden, weil eventuell Wirkstoffe aus der Salbe in die Oberfläche der Äste beziehungsweise Sitzstangen eingezogen sind und vom Vogel in großen Mengen aufgenommen werden könnten, falls er das Holz benagt.

Am rechten Fuß hat sich eine Druckstelle entwickelt, weil die Gliedmaße nach der Amputation des anderen Beines zu viel Last tragen musste.
Am rechten Fuß hat sich eine Druckstelle entwickelt, weil die Gliedmaße nach der Amputation des anderen Beines zu viel Last tragen musste.

Ein weiterer Aspekt ist während der Behandlung von Druckstellen und Sohlengeschwüren sehr wichtig: Es sollte kein Sand auf den Käfigboden gestreut werden, weil dieser an der Salbe haften bleiben würde und zu noch schlimmeren Hautreizungen führen könnte, wenn der Vogel auf den an ihm klebenden Sandkörnern steht.

Normalerweise verschwinden Druckstellen mittels einer pflegenden Hautsalbe innerhalb weniger Tage oder maximal binnen einiger Wochen, sofern außerdem die Sitzstangen optimiert werden und auf das Körpergewicht des Vogels geachtet wird. Sollte sich die Rötung nicht zurückbilden oder gar verschlimmern, muss unbedingt erneut der behandelnde Tierarzt befragt werden, weil es sich dann unter Umständen um eine beginnende Entzündung handelt, die schnellstmöglich zielgerichtet therapiert werden muss.

Sohlengeschwüre behandeln

Unter dem rechten Fuß dieses Wellensittichs ist ein großes Sohlengeschwür erkennbar.
Unter dem rechten Fuß dieses Wellensittichs ist ein großes Sohlengeschwür erkennbar.

Haben sich aus anfangs noch harmlosen Druckstellen bereits Sohlengeschwüre gebildet, ist es wichtig, diese rasch zu erkennen und zu behandeln. Damit sie abheilen können, müssen sie optimal versorgt werden – mit welcher Methode, hängt dabei von der Schwere der Entzündung des betroffenen Gewebes und der Größe des Entzündungsherdes ab. Ist ein Geschwür nur oberflächlich, betrifft es also lediglich die obere Hautschicht, handelt es sich meist um eine nur leicht infizierte Druckstelle. In einem solchen Fall reicht normalerweise das regelmäßige Einreiben mit einer vom Tierarzt ausgewählten antibiotischen Hautsalbe aus. Hierbei gelten dieselben Hygieneregeln wie bei der Behandlung von Druckstellen.

Sind tiefere Gewebeschichten von der Entzündung betroffen, wird die Behandlung deutlich komplizierter. Damit die Infektion nicht weiter fortschreiten und das Knochengewebe befallen kann, kann es sein, dass der Tierarzt ein entzündetes, tief reichendes Sohlengeschwür unter Narkose aufschneiden und reinigen muss. Anschließend wird der Vogel mit einer antibiotischen Hautsalbe und oft zusätzlich mit einem per Spritze oder in den Schnabel (oral) verabreichten Antibiotikum behandelt. Die Behandlung ist nicht angenehm für das Tier, aber sie ist erforderlich, um eine weitere Verschlimmerung zu vermeiden.

Liegt ein sehr gravierendes Sohlengeschwür vor, durch das Bakterien tief ins Unterhautgewebe und von dort eventuell auch in die Knochen wandern konnten, ist es ausgesprochen schwierig, eine Heilung zu erzielen. Häufig sind in diesem Stadium mehr oder minder große abgestorbene Gewebepartien vorhanden, die als Nekrosen bezeichnet werden. Ist die Situation so ernst, droht die Entstehung einer tödlichen Blutvergiftung (Sepsis), sodass schnelles Handeln erforderlich ist. In solch schweren Fällen ist die Amputation des betroffenen Fußes bedauerlicherweise oftmals die einzige Möglichkeit, das Leben des erkrankten Vogels zu retten.

Viele Vögel arrangieren sich mit einer solchen Behinderung nach einer Gewöhnungszeit in aller Regel vergleichsweise gut, sofern nur ein Bein betroffen ist. Wie man Vögel mit amputierten Gliedmaßen das Leben möglichst angenehm und leicht gestalten kann, können Sie im entsprechenden Beitrag nachlesen. Obwohl die Tiere nach einer Amputation meist vergleichsweise gut zurechtkommen, ist es dennoch grundsätzlich der beste Weg, Sohlengeschwüre erst gar nicht so schlimm werden zu lassen, dass diese radikale Behandlungsmethode erforderlich wird.