Costa, adoptiert am 21. Mai ’06, † 27. August ’09

Costa war zeitlebens anzusehen, dass er früher an einer schweren Nasenentzündung gelitten hatte.
Costa war zeitlebens anzusehen, dass er früher an einer schweren Nasenentzündung gelitten hatte.

Bereits Anfang Dezember 2005 erzählte mir eine Bekannte etwas über zwei etwa fünf bis sechs Jahre alte Katharinasittiche, die bei einem Vogelhalter unter beengten Verhältnissen mit Wellensittichen zusammenlebten, von denen einige an der Französischen Mauser litten. Diese beiden Katharinasittiche waren in keinem guten Zustand und standen zur Vermittlung, weil ihr Halter ihrer offenbar überdrüssig geworden war, und meine damalige Vereinskollegin um Hilfe gebeten hatte. Sie annoncierte die Vögel im damals noch verfügbaren Vermittlungsforum des Vereins der Wellensittich-Freunde Deutschlands e. V. (VWFD). Weil das aber kaum Erfolg versprach, setzte ich kurze Zeit später eine Annonce ins damals noch existierende Forum von Katharinasittiche.de. Wir wollten, dass die Vögel so bald wie möglich ein neues, liebevolles Zuhause finden würden. In meinem Vogelzimmer war seinerzeit kein Platz frei. Noch nicht …

Costa kurz nach seiner Ankunft in meiner Obhut mit vereiterter Nase.
Costa kurz nach seiner Ankunft in meiner Obhut mit vereiterter Nase.

Zum Glück fand sich im Katharinasittich-Forum eine Interessentin, die die Vögel nur allzu gern aufgenommen hätte, und das trotz der Tatsache, dass der Wellensittichschwarm, in dem sie damals untergebracht waren, von der Französischen Mauser betroffen war. Wie sich diese Krankheit auf Katharinasittiche auswirken könnte, wurde damals selbstverständlich ausgiebig im Forum diskutiert, aber wir kamen zu keinem Ergebnis, weil uns keine Fallbeispiele bekannt waren, in denen bei Katharinasittichen ein Ausbruch der Krankheit beobachtet worden war. Ich selbst hatte lange Zeit einige Wellensittiche, die an der Französischen Mauser erkrankt waren, mit Katharinasittichen im selben Vogelzimmer gehalten, ohne dass es bei den Südamerikanern zu einem Ausbruch der Krankheit gekommen ist – mehr konnte ich nicht zur Diskussion beisteuern.

Beim Dösen am Nachmittag war Costa immer sehr entspannt.
Beim Dösen am Nachmittag war Costa immer sehr entspannt.

Aber ich freute mich darüber, dass die Vögel, die ich selbst gern aufgenommen hätte, wenn es zu jener Zeit möglich gewesen wäre, bei der Katharinasittichfreundin unterkommen sollten. Dann aber erklärte ihr Halter, die Vögel seien inzwischen anderweitig vermittelt worden und die Interessentin aus dem Katharinasittich-Forum ging leer aus. Trotzdem waren viele Vogelfreunde froh darüber, dass die beiden Tiere scheinbar endlich in ein angenehmeres Umfeld gezogen waren. Leider hatten wir uns zu früh gefreut, denn der Halter hatte nicht die ganze Wahrheit gesagt. Vielmehr ging es den Vögeln in seiner Obhut nach wie vor alles andere als gut, was ihm völlig egal zu sein schien. Wie groß ihre Not war, sollte sich einige Zeit später dann mit voller Wucht herausstellen.

Wie fast alle Katharinasittiche konnte Costa sehr gut klettern.
Wie fast alle Katharinasittiche konnte Costa sehr gut klettern.

Am 17. Mai 2006, also fast ein halbes Jahr später, erhielt ich eine E-Mail von der bereits oben erwähnten ehemalige Vereinskollegin. Diese Nachricht entsetzte mich: Mehr oder minder durch Zufall hatte die Frau erfahren, dass die beiden Katharinasittiche im vorangegangenen Winter entgegen anders lautender Aussagen doch nicht vermittelt worden waren. Angeblich seien sie von dem damaligen Interessenten nicht abgeholt worden und daraufhin habe ihr Halter die Lust daran verloren, die Tiere abzugeben beziehungsweise sich um ein neues Zuhause für sie zu bemühen. Ehrlich gesagt klang das alles relativ unglaubwürdig, wie ich fand. Zumal ich von der Katharinasittich-Freundin seinerzeit gehört hatte, der Mann habe ihr abgesagt. Sie war darüber durchaus ein wenig enttäuscht gewesen, weil sie sich auf die Tiere gefreut hatte. Das passte also alles nicht zusammen.

Costa war dunkelgrün gefärbt.
Costa war dunkelgrün gefärbt.

In der Zwischenzeit hatte sich der Zustand der Vögel weiter verschlechtert, weshalb in Bezug auf einen erneuten Vermittlungsversuch allergrößte Eile geboten war. Es war nicht abzuschätzen, wie lange die Vögel überhaupt noch durchhalten würden. Weil mein Vogelschwarm Anfang 2006 aufgrund mehrerer Todesfälle bedauerlicherweise enorm geschrumpft war, hatte ich inzwischen genügend Platz, die beiden armen Seelen aufzunehmen. Deshalb begannen wir sofort damit, die Rettung der Vögel schnellstmöglich zu organisieren, bevor es sich der Halter erneut anders überlegen und die Tiere wieder nicht an uns abgeben würde. Und dieses Mal klappte es, die beiden Katharinasittiche aus ihrem tristen Dasein zu befreien.

Costa (links) und seine Partnerin Rica.
Costa (links) und seine Partnerin Rica.

Während meine damalige Vereinskollegin den Halter der beiden Tiere dazu überredete, sie herzugeben und ihn glücklicherweise überzeugen konnte, besprach ich mit meiner Cousine und ihrem Mann, die selbst Katharinasittichhalter sind, wann wir die Vögel abholen können würden. Seinerzeit hatte ich kein Auto, aber auf meine Familie war (und ist noch immer) Verlass. Die beiden tierlieben Verwandten chauffierten mich vom Ruhrgebiet aus nach Köln, damit wir die Vögel dort abholen konnten. Am 21. Mai 2006 zogen die damals noch namenlosen Kathis bei mir ein. Ich nannte sie Costa und Rica als Anspielung auf eines der Länder, in denen Katharinasittiche in freier Natur vorkommen. Während meiner Rundreise durch Costa Rica Anfang 2004 hatte ich mein Herz an dieses wunderschöne Land verloren, siehe mein Reisebericht. 2012 war ich sogar noch einmal dort, aber das ist eine andere Geschichte, also zurück zu Katharinasittich Costa.

Nach einem unbehandelten Zehenbruch ist die Gliedmaße an Costas linkem Fuß steif geblieben.
Nach einem unbehandelten Zehenbruch ist die Gliedmaße an Costas linkem Fuß steif geblieben.

Sehr zu meinem Entsetzen war sein Zustand bei seinem Einzug ausgesprochen schlecht. Seine Krallen waren nicht nur zu lang, sondern teilweise bereits korkenzieherartig verdreht. Eine Kralle war noch in der Obhut des vorherigen Halters beim Einfangen des Vogels abgebrochen, es war lediglich ein kleiner Stumpf übrig, der blutverschmiert war. Außerdem hatte sich Costa irgendwann in der Vergangenheit einen Zeh gebrochen – das kann natürlich immer passieren. Der Bruch war aber nicht behandelt worden, sodass der Zeh nun steif vom Fuß abstand und den Vogel beim Gehen und Klettern stark behinderte. Bis auf die Knochen war Costa abgemagert und er atmete sehr schwer, was nicht weiter verwunderlich war, denn seine Nase war so extrem entzündet, dass das Gewebe teilweise bereits zerfressen war. In den vergrößerten Nasenlöchern steckte eine Substanz fest, die ich für getrockneten Eiter hielt und die erbärmlich stank. Noch dazu waren beide Vögel stark abgemagert. Auch meine Cousine und ihr Mann, die bei der ersten Untersuchung der Tiere am Abend der Abholung bei mir waren, konnten ihr Entsetzen über Costas desolaten Gesundheitszustand kaum in Worte fassen.

Kurz vor dem Einschlafen in seiner Schlafröhre brabbelte Costa leise vor sich hin.
Kurz vor dem Einschlafen in seiner Schlafröhre brabbelte Costa leise vor sich hin.

Nach dem aufregenden Umgebungswechsel ließ ich die beiden gefiederten Neuzugänge erst einmal schlafen. Am nächsten Tag stand ein Tierarztbesuch auf dem Plan. Tatsächlich war Costas Nase entzündet und musste während eines kleinen operativen Eingriffs gründlich gereinigt werden. Ohne Narkose wäre das nicht möglich gewesen, Costa hätte viel zu große Schmerzen aushalten müssen. Stinkender Eiter in allen erdenklichen Aggregatzuständen kam aus den Nasenlöchern hervor, der Vogel muss seit langer Zeit unter dieser massiven Entzündung gelitten haben. Was aber noch viel widerlicher war: In dem Eiter lebten kleine undefinierbare Tiere. Der Tierarzt sagte, so etwas habe er noch nie gesehen und er habe sich selten so sehr geekelt wie beim Reinigen von Costas Nase. Der arme Vogel wurde nach dem Eingriff antibiotisch behandelt und ich ließ ihn den Rest des Tages in Ruhe. Er war dermaßen erschöpft, dass er die ersten Tage nach der Operation fast komplett verschlief. Die Behandlung erfolgreich und bald ging es ihm schon viel besser und er nahm sogar ein wenig zu.

Keimfutter gehörte zu Costas Lieblings-Snacks.
Keimfutter gehörte zu Costas Lieblings-Snacks.

Obwohl seine akute Entzündung nach einiger Zeit abgeklungen war, ist Costa zeitlebens ein Pflegefall geblieben. Aufgrund seiner „Riesennase“, also wegen der enorm vergrößerten Nasenlöcher, musste ich ihn ständig beobachten und hin und wieder seine Nase reinigen, wenn sich darin beispielsweise ein Körnchen festgesetzt hatte. Auch hat sich die Nase immer wieder entzündet, weil sie stark vorgeschädigt war. Der arme Vogel musste sich im Krankheitsfall jedes Mal wochenlang mehrmals täglich Nasentropfen von mir eingeben lassen. Ich bin froh, dass er so ein liebenswürdiger Geselle war und mich niemals gebissen hat, während ich ihm die Medikamente verabreicht habe. Vermutlich hat er gespürt, dass ich ihm helfen wollte. Seine schiefen Krallen und der steife Zeh bereiteten ihm leider ebenfalls häufig einige Schwierigkeiten beim Klettern. Costa war dadurch gehbehindert, kam aber erfreulicherweise in meinem behindertengerecht eingerichteten Vogelzimmer trotzdem gut zurecht und kletterte sogar sehr gern. Die Kralle des steifen Zehs durfte nicht zu lang werden. Das heißt, ich musste sie regelmäßig kürzen, damit er nicht permanent an allen erdenklichen Gegenständen hängen blieb. Eine normale Abnutzung konnte wegen der Versteifung des Zehs nicht stattfinden.

Wegen dieser Schlafpose hat Costa so manchen Betrachter erschrecken lassen.
Wegen dieser Schlafpose hat Costa so manchen Betrachter erschrecken lassen.

Costa war ein zurückhaltender, scheuer und dabei äußerst liebesbedürftiger Vogel. Anfangs saß er zusammengekauert da und schrie herzzerreißend, wenn er sich fürchtete, weil ich beispielsweise in geringer Entfernung an ihm vorüber gegangen bin oder wenn sich ihm ein anderer Vogel genähert hat, während er seine Ruhe haben wollte. Glücklicherweise legte sich diese Angst mit der Zeit, und ganz von sich aus wurde Costa mir gegenüber irgendwann zutraulich. Ich durfte ihm sogar das Köpfchen kraulen, was ich als Geschenk empfunden habe. Dieser Vertrauensbeweis hat mich stets zutiefst gerührt. Dass er so bereitwillig auf mich zukommen würde, nachdem er zuvor durch Menschen so viel Unschönes erlebt hatte, war für mich kaum zu begreifen.

Costa (rechts) mit seinen Freunden Merlin (Mitte) und Bianca.
Costa (rechts) mit seinen Freunden Merlin (Mitte) und Bianca.

Mit seinem Artgenossen Merlin verband ihn zu dessen Lebzeiten eine enge Freundschaft. Die beiden Männchen kraulten einander oft zärtlich Kopf und Nacken. Costa fütterte seinen Freund sogar gelegentlich, was dieser natürlich toll fand. Als Merlin starb, war Costa untröstlich. Zum Glück hatte er noch seine Frau Rica und Merlins Witwe Bianca, als er um seinen Freund trauerte. Die beiden Weibchen gaben ihm Kraft, die Trauer durchzustehen. Mit dem Neuzugang Tico verstand sich Costa ebenfalls recht gut, allerdings war ihm der junge Hahn manchmal zu quirlig. Dunkelgrün nennt sich Costas Farbmutation, sein Gefieder trug einen Dunkelfaktor, weshalb er im Unterschied zu wildfarbenen Artgenossen wie Merlin oder Tico deutlich dunkler ausgesehen hat.

Costa mit typischem Kathi-Wohlfühlbuckel.
Costa mit typischem Kathi-Wohlfühlbuckel.

Im Sommer 2009 wurde Costa schwer krank und ich kämpfte gemeinsam mit meinem Vogel-Tierarzt um das Leben des tapferen Vogels. Leider waren wir machtlos gegen die Erkrankung. Ende August ging es meinem gefiederten Freund so schlecht, dass ich beschlossen habe, ihn erlösen zu lassen. Er sollte nicht unnötig leiden – nicht nach all dem, was er Jahre zuvor hatte durchmachen müssen. Am 27. August 2009 ist Costa eingeschläfert worden, was für mich sehr schwer gewesen ist, denn mein Herz hing an dem netten Vögelchen. Ich werde Dich nie vergessen, kleiner Freund!