Tethys, adoptiert am 1. Mai ’02, † 25. Oktober ’02

Tethys als Jungvogel kurz nach ihrer Ankunft bei mir.
Tethys als Jungvogel kurz nach ihrer Ankunft bei mir.

Anfang Mai 2002 zog ein lebhafter, junger Wellensittich in mein Vogelzimmer ein, mit dem es das Schicksal leider überhaupt nicht gut gemeint hat. Tethys erkrankte bereits als Nestling an der Französischen Mauser. Diese Krankheit führt bei vielen betroffenen Vögeln zu einer lebenslangen Flugunfähigkeit. Der Züchter, in dessen Vogelbestand das Jungtier damals geschlüpft war, verkaufte das Weibchen an eine Vogelfreundin, die bereits mehrere Wellensittiche pflegte. Es war gut gemeint, den jungen gehandicapten Vogel zu den körperlich nicht eingeschränkten Tieren zu setzen. Nur leider nahmen die flugfähigen Sittiche nahezu keine Notiz von Tethys, für die die Situation sehr schwierig war. Gerade erst aus ihrer Familie gerissen, kam sie in ein Umfeld, in dem es zwar Artgenossen gab, doch die beachteten sie fast gar nicht. Da der arme Sittich nicht innerhalb eines Vogelschwarms vereinsamen sollte, entschloss sich die Vogelhalterin, Tethys abzugeben und kontaktierte mich mit der Frage, ob ich die junge Vogeldame aufnehmen würde. Ich sagte zu, sie in mein Vogelzimmer einziehen zu lassen. Dort wohnten bereits einige flugunfähige Vögel, unter ihnen Wega und Jupiter. Tethys würde also Gesellschaft haben, die ihr nicht davonfliegen würde, so viel stand fest.

halb reife Hirse war Tethys' Leibspeise.
halb reife Hirse war Tethys‘ Leibspeise.

Am Maifaiertag des Jahres 2002 war es so weit und der junge Vogel wurde Mitglied meines Vogelschwarms. Von Anfang an fühlte sich die Junghenne inmitten der vielen anderen gehandicapten Vögel sehr wohl. Es dauerte nicht einmal einen Tag, bis Tethys sämtliche Kletterbäume und Spielplätze erkundet hatte, die ich für meine flugunfähigen Vögel auf dem Boden des Vogelzimmers aufgestellt hatte. Und auch die anderen Vögel gingen offen und freundlich auf den Neuzugang zu. Schnell knüpfte Tethys Kontakte zu ihren Artgenossen und freute sich sichtlich über die Aufmerksamkeit, die ihr entgegengebracht wurde. Sie blühte innerhalb weniger Tage auf und zwitscherte und spielte jeden Tag ausgiebig mit dem für die Vögel bereitstehenden Spielzeug. Außerdem liebte sie es, sich mit den anderen Vögeln zu beschäftigen. Man konnte ihr förmlich ansehen, wie sehr sie es genoss, nicht mehr unbeachtet zurückgelassen zu werden.

Tethys mit Jungvogelgefieder kurz vor dem Beginn der Jugendmauser.
Tethys mit Jungvogelgefieder kurz vor dem Beginn der Jugendmauser.

Es schien, als habe Tethys nach anfänglichen Schwierigkeiten endlich ihr Glück gefunden und ich freute mich sehr für sie. Sogar ihre Federn waren nachgewachsen, fliegen konnte sie aber bedauerlicherweise trotzdem nicht. Davon abgesehen wirkte sie rundherum zufrieden. Doch leider sollte diese glückliche Zeit nicht lange währen – ebenso wie Tethys‘ Leben. Den liebenswürdigen Standardsittich, der ein graues Gelbgesicht war, ereilte ein überaus tragisches Schicksal. Am Abend des 25. Oktober 2002 hallte ein markerschütternder Schrei durch meine Wohnung. Ich rannte ins Zimmer meiner Vögel und fand die arme Tethys in ihren letzten Atemzügen vor. Sie lag mit gebrochenem Genick auf dem Boden vor dem gerade einmal 30 Zentimeter hohen Käfig, auf dem sie so gern saß und mit dem dort montierten Spielzeug spielte. Es muss ein Unfall gewesen sein, bei dem sie aus geringer Höhe gestürzt und äußerst unglücklich aufgeschlagen ist. An sich ist das Zimmer vogelsicher eingerichtet, sodass sich ein solches Unglück eigentlich gar nicht hätte ereignen sollen. Aber die arme Tethys hatte außerordentlich großes Pech und ihr war ein Sturz aus relativ geringer Höhe zum Verhängnis geworden.

Tethys wenige Tage vor ihrem viel zu frühen Tod.
Tethys wenige Tage vor ihrem viel zu frühen Tod.

Es zerriss mir das Herz, nichts mehr für Tethys tun zu können, obwohl ich das Geschehene nur allzu gern rückgängig gemacht hätte. Wie sich ein solcher Unfall hätte vermeiden lassen können, wusste ich einfach nicht. Einen Raum ohne Käfige bereitzustellen, in denen die Vögel schlafen, war für mich nicht möglich. Mir bleibt nur zu hoffen, dass sich die charmante und ausgesprochen liebe Vogeldame während der leider viel zu kurzen Zeit, die sie bei mir verbringen durfte, wohlgefühlt hat. Ich hoffe, sie kann sich dort, wo sie nun ist, verlieben, denn das Glück einer innigen Partnerschaft hat sie auf Erden leider nicht kennengelernt. Sie war ja gerade erst dabei, erwachsen zu werden. Tethys starb, als sie etwa sieben bis acht Monate alt war.

Bedeutung des Namens

Meiner alten Tradition gemäß wurde Tethys nach einem astronomischen Objekt benannt. Pate stand ein im Durchmesser 1.060 km großer Mond des Ringplaneten Saturn. In der griechischen Mythologie war Tethys die mächtige Meeresgöttin, die sowohl die Schwester als auch die Frau des Okeanos war.