1. >>
  2. Birds Online
  3. >>
  4. Verhalten
  5. >>
  6. Verhaltensauffälligkeiten
  7. >>
  8. Übermäßiger Fütterungstrieb

Übermäßiger Fütterungstrieb

Hinweis: Die in diesem Beitrag erläuterten Zusammenhänge beziehen sich überwiegend auf Wellensittiche. Auf andere Vogelarten sind die Angaben nicht in jedem Fall direkt übertragbar, sie gelten aber durchaus für eine ganze Reihe anderer Heimvogelspezies.
Dieses Wellensittichmännchen übertreibt es bei der Fütterung seiner Partnerin.
Dieses Wellensittichmännchen übertreibt es bei der Fütterung seiner Partnerin.

Bei Wellensittichen gehört die Partnerfütterung zum normalen Verhaltensrepertoire. Sie dient vor allem dazu, die Futterübergabe für die Zeit der Jungenaufzucht zu üben und ist zudem ein wichtiges Element zur Festigung der Paarbindung und damit zur Bestätigung der Partnerschaft. Möchte ein Wellensittich einen Artgenossen füttern, würgt er Körner aus dem Kropf hervor und übergibt sie ihm mithilfe seines Schnabels. Unter verschiedenen Umständen kann es zu einer Störung des Fütterungstriebs kommen, sodass dieser ins Extreme gesteigert wird und das betroffene Tier permanent versucht, Artgenossen oder Gegenstände zu füttern. Weil dieses problematische Verhalten typischerweise in bestimmten Situationen vorkommt, werden diese Gegebenheiten auf dieser Seite beschrieben.

Übersteigerter Fütterungstrieb bei Einzelvögeln

Spiegelspielzeuge können einzeln gehaltene Wellensittiche dazu veranlassen, einen übersteigerten Fütterungstrieb zu entwickeln.
Spiegelspielzeuge können einzeln gehaltene Wellensittiche dazu veranlassen, einen übersteigerten Fütterungstrieb zu entwickeln.

Einzeln gehaltene Wellensittichmännchen, denen zur „Vergesellschaftung“ ein Spiegel oder Plastikvogel gereicht wird, entwickeln nicht selten einen übersteigerten Fütterungstrieb. Bei Weibchen kann dies ebenfalls vorkommen, tritt jedoch seltener auf als bei männlichen Wellensittichen. Weil die Partnerfütterung wie bereits weiter oben erwähnt ein fester Bestandteil der Balz und damit des Sexualverhaltens dieser Vogelart ist, möchten die Männchen diese Futterübergabe mit dem vermeintlichen Partner im Spiegel oder beim Kunststoffvogel praktizieren. Da der andere „Vogel“ jedoch nicht auf die Zuneigungsbekundungen eingehen, strengen sich die Männchen noch mehr an und würgen wieder und wieder Futter aus ihrem Kropf empor, das sie anschließend meist sofort selbst schlucken, weil es vom „Partner“ nicht angenommen wird.

Sind Vögel auf Menschen fehlgeprägt, kommt es ebenfalls häufig vor, dass sie ihre menschliche Bezugspersonen füttern möchten. Weil diese das Futter nicht annimmt, schlucken die Vögel es entweder wieder herunter, nur um es kurze Zeit später erneut hochzuwürgen, oder sie schmieren den Futterbrei an die Hände oder ins Gesicht des Menschen.

Vor allem das sich ständig wiederholende Hochwürgen und darauffolgende Herunterschlucken des Futters ist für die Vögel problematisch. Hierdurch wird die empfindliche Schleimhaut im Kropf und Rachen gereizt, Bakterien oder andere Krankheitserreger haben dann ein leichtes Spiel. Deshalb sind Erkrankungen des Verdauungstraktes, die mit Erbrechen und anderen Beschwerden einhergehen, oft bei Vögeln mit übersteigertem Fütterungstrieb zu beobachten. Weil das Erbrechen zumindest anfangs den Fütterungsversuchen ähneln kann, werden die Erkrankungen von manchen Haltern zunächst übersehen und die Tiere können dadurch in Lebensgefahr geraten.

Eine Gegenmaßnahme, die bei einem übermäßigen Fütterungstrieb eines einzeln gehaltenen Vogels ergriffen werden kann, ist die Vergesellschaftung des Tieres mit einem Artgenossen. Allerdings kann es vorkommen, dass sich dies insbesondere bei einem auf Menschen fehlgeprägten Vogel als schwierig erweist. Am besten kontaktieren betroffene Halter einen Papageientrainer und lassen sich von diesem Spezialisten helfen.

Übersteigerter Fütterungstrieb bei verpaarten Vögeln

Als das Weibchen zu viel Futter vom Partner erhielt und es nicht schlucken wollte, schmierte das Männchen den Futterbrei ins Gesicht des Weibchens und fraß die Körner danach selbst wieder auf.
Als das Weibchen zu viel Futter vom Partner erhielt und es nicht schlucken wollte, schmierte das Männchen den Futterbrei ins Gesicht des Weibchens und fraß die Körner danach selbst wieder auf.

Zu einer normalen Partnerschaft zweier Wellensittiche gehört es, dass das Männchen seine „Angetraute“ oder seinen engen Freund füttert. Die Partnerfütterung kann bei vielen harmonischen Paaren für gewöhnlich mehrmals am Tag beobachtet werden. Mitunter entwickeln manche Vögel jedoch einen derart starken Fütterungstrieb, dass sie ihrem Partner das Futter ständig aufdrängen, auch wenn dieser eigentlich satt ist. Er verweigert dann die Nahrungsaufnahme und wird von dem übereifrigen Partner mit dem Futter am Kopf beschmiert oder er nimmt es an, nur um es danach sofort wieder auszuspucken. Das Foto in der Nähe dieses Absatzes zeigt ein Männchen, das seine Partnerin zu häufig fütterte und ihr letztlich die von ihr verschmähten Körner ins seitliche Kopfgefieder und ins Ohr klebte, weil er die Vogeldame unbedingt füttern wollte. Dies ging so weit, dass sich bei dem Weibchen aufgrund einer Reizung durch den Futterbrei eine blutige Augenentzündung entwickelte.

Problematisch ist auch, dass manche Wellensittichweibchen sich von einem ständig fütternden Männchen regelrecht mästen lassen. Das ist für beide Tiere schlecht, denn das Männchen reizt permanent seine Schleimhäute durch das Hochwürgen des Futters und das Weibchen wird übergewichtig.

Meist geht der übersteigerte Fütterungstrieb bei verpaarten Vögeln damit einher, dass beide Tiere stark in Brutstimmung sind. Es gibt verschiedene Faktoren, die hierbei eine Rolle spielen und durch deren Beeinflussung man den Hormonhaushalt der Tiere oft wieder in einen Normalzustand versetzen kann. Detaillierte Informationen darüber, wie dabei vorzugehen ist, finden Sie im Kapitel zum Thema übermäßiger Sexualtrieb.