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Der große Umzug
Hallo, liebe Vogelfreunde,
hier spricht Bayda. Ich bin eine weiße Vogeldame, gehöre zum Birds-Online-Schwarm und wurde von meinen gefiederten Freunden zur Erzählerin ernannt. Ich soll Euch berichten, was uns Ende September 2006 passiert ist. Ihr wundert Euch vielleicht, weshalb ausgerechnet ich erzählen soll. Das ist so: Die anderen haben mich zur Sprecherin auserkoren, weil sie meinten, ich bräuchte ein wenig Ablenkung von meinen Schmerzen. Ja, Ihr habt richtig gelesen, ich hatte (und habe noch immer ein bisschen) Schmerzen, weil ich am Flügel operiert werden musste. Da wuchs ein Tumor und es war Eile geboten, damit meine Schwinge nicht amputiert werden musste. Der Tierarzt konnte sie retten, aber die Operation musste ganz schnell und noch vor dem großen Umzug stattfinden – womit wir beim eigentlichen Thema wären. Wir sind nämlich alle zusammen mit unserer Federlosen umgezogen, und davon werde ich Euch jetzt berichten.
Ganze sieben Jahre war es her, dass unsere Federlose in ihre Wohnung im Essener Süden gezogen war. In jener Zeit, die sie dort verbracht hatte, war eine Menge geschehen. Leider waren alle Vögel, die den damaligen Umzug mitgemacht hatten, der sie alle im Jahr 1999 von Hannover ins Ruhrgebiet geführt hatte, in der Zwischenzeit gestorben. Keiner aus unserer Gruppe war jemals mit der Federlosen umgezogen. Deshalb verstanden wir es erst einmal nicht so ganz, was es bedeuten würde, umzuziehen. Zumal das Projekt „Wohnungswechsel“ eher schleichend begann und wir anfangs kaum etwas von den Veränderungen um uns herum bemerkten. Was von unserer Federlosen so beabsichtigt war, wie wir später erfuhren. Sie wollte nicht, dass wir uns aufregen und beließ uns deshalb so lange wie möglich in unserem normalen Alltag. Trotzdem bekamen wir irgendwann Wind von den Dingen, die sich um uns herum im Verborgenen abspielten.
Wie wir davon erfuhren? Ganz einfach. Mein schrulliger Schwarmgefährte Max, der ein Wellensittich ist, sich aber für einen Katharinasittich hält (sein bester Freund Merlin ist nämlich einer), hat ein Lipom am Allerwertesten. Das allein wäre ja noch kein allzu großes Problem, aber er hat die Angewohnheit, sich tagsüber zum Dösen flach auf den Bauch zu legen – und dabei auf sein Lipom zu sch … Deshalb muss ihm unsere Federlose abends immer den Popo waschen, was er eigentlich nicht sonderlich mag, aber auf das Hinlegen möchte der werte Herr auch nicht verzichten. Ganz schön dämlich, wenn Ihr mich fragt. Aber so ist er halt, unser Max. Und es ist ja eh seine Sache. Leben und leben lassen. 😉
Eines Abends wurde Max also nach dem Waschen von unserer Federlosen zurück ins Vogelzimmer gebracht und er war nicht wie immer in Schlaflaune. Aufgeregte Piepser sprudelten nur so aus ihm heraus: „Stellt Euch vor, Leute! In der Diele steht alles voller Kartons, die waren vorher nicht da, ich schwöre!“
Verwundert begannen die anderen Vögel zu tuscheln, bis ein Tumult entstand.
„Ruhe, ich war noch nicht fertig mit meinem Bericht“, wies Max den Schwarm zurecht. „Ich bin der Federlosen von der Hand gehüpft und auf einen Karton gesprungen. Da stand ‚Küche: Teller, Gläser und Tassen‘ drauf. Auf einem anderen war ‚Vogelfutter und -zubehör‘ vermerkt. In diesen Karton habe ich sogar reingebissen, weil ich ihn kaputtmachen wollte. Schließlich muss ich ja wissen, ob wirklich das drin ist, was drauf steht. Leider hat mich die Federlose ganz schnell wieder eingefangen und zum Popo-Waschen ins Bad gebracht. Aber mal ehrlich, Leute, die Sachlage ist klar: Wir ziehen bald um!“
Das waren in der Tat erstaunliche Neuigkeiten. Uns würde ein großer Umzug bevorstehen, Max hatte recht. Warum hätte unsere Federlose unser Futter sonst in Kartons packen sollen? Und natürlich auch ihre Futterservier-Dingsdas, die sie normalerweise in der Küche aufbewahrt. Was würde der große Umzug für uns bedeuten? Würden wir wieder ein Zimmer für uns allein haben? Dürften wir weiterhin den ganzen Tag fliegen, klettern und singen? Oder würde uns die Federlose in einer Voliere unterbringen? Würde den neuen Nachbarn unser zarter Gesang nicht auf die Nerven gehen? Wir Wellis sind nicht laut, die Kathis schon eher, obwohl sie es immer abstreiten. Schreiend, versteht sich. *seufz*
Es gab viele Dinge, die uns in der nächsten Zeit bewegten. Eine von uns war beim Gedanken an den großen Umzug ganz besonders entsetzt: Sara. Sie liebte es, auf der Fensterbank oder auf dem darauf stehenden Käfig zu sitzen und aus dem Fenster zu schauen. Unten auf der Straße konnte sie Metallkästen auf Rädern in allen erdenklichen Farben sehen, die sich manchmal laut anhupten (Sara feuerte sie dann immer mit lautem Gezwitscher an). Außerdem war da eine Öffnung in einem großen Betonkasten, über dem ein buntes Schild mit der Aufschrift „Kebap Point“ hing, was immer das heißen mag. Durch diese Öffnung gingen jedenfalls viele Federlose rein und raus, sie sahen von so weit oben – wir wohnten in der fünften Etage – ganz schön klein aus. Sogar unsere Federlose hat Sara da manchmal rein und raus gehen sehen. Wenn sie dann hinterher ins Vogelzimmer kam, roch sie ganz doll nach Knoblauch und murmelte zu ihrer Entschuldigung etwas von leckerem überbackenem Fladenbrot. Wer’s mag …
Das Fenster mit der Aussicht auf die weit unter uns liegende Straße und den Kebap Point war etwas ganz Besonderes für Sara. Deshalb bekam sie es mit der Angst zu tun.
„Oh nein, hoffentlich gibt es nach dem großen Umzug wieder ein Fenster mit spannenden Sachen davor. Und eine Fensterbank, auf der ich sitzen kann! Ohne meine Fensterbank kann ich nicht leben!“
„Und ich nicht ohne meinen Heizungs-Temperaturregler“, schloss sich Isobella dem herzzerreißenden Gejammer ihrer Freundin an. Die beiden Damen hatten wirklich sonderbare Lieblings-Sitzplätze. Aber wie heißt es so schön? Jedem das Seine. Ich für meinen Teil hoffte, es würde wieder Naturäste geben, weil ich darauf besonders gern sitze.
Ein paar Tage später erzählte uns Max nach seiner Rückkehr vom allabendlichen Popo-Waschen, dass die Federlose am Telefon mit jemandem über eine Renovierung des Vogelszimmers nach unserem Auszug gesprochen hatte. Sie würde offenbar unsere vier Wände renovieren müssen. Ehrlich gesagt haben wir das Zimmer mit der Zeit ziemlich ruiniert, also an die Wände geschietert und so weiter. Wir schauten uns um und begriffen, wie viel Arbeit sie haben würde, um alles wieder schön herzurichten. Das war einer der wenigen Momenten in unserem Leben, in denen selbst die sonst so lauten Katharinasittiche betreten schwiegen, weil wir alle ziemlich verlegen waren. So ging das nicht, wir mussten ihr helfen, denn sie war immer sehr nett zu uns. Am nächsten Tag schritten wir deshalb besonders energisch zur Tat.
Durch und durch hilfsbereit, wie wir Vögeln nun einmal sind, haben wir uns dazu entschlossen, schon mal die alten Tapeten abzureißen. Wir haben uns so richtig reingekniet und sogar den alten Putz von der Wand geholt. Dafür war vor allem Isobella zuständig. Das war alles tierisch anstrengend, aber nach dem Erledigen der Arbeiten waren wir mächtig stolz auf das Ergebnis. In unserer Siegeslaune gaben wir unserem Trupp dann noch den Spitznamen ‚die gefiederten Abrissbirnen‘. Seltsamerweise war unsere Federlose nicht wirklich glücklich, als sie das Loch in der Wand sah. Also wirklich, so etwas Undankbares haben wir noch nie erlebt! Wenn sie unsere Hilfe nicht will, dann bekommt sie sie eben nicht. Wir schredderten in den nächsten Tagen lieber Kork als die Wände. Sollte die Federlose doch sehen, was sie davon haben würde, unsere Hilfe einfach so zurückzuweisen. 🙁
Weil wir das Vogelzimmer nie verließen (außer Max zum allabendlichen Popo-Waschen), konnten wir nicht sehen, was in den anderen Räumen der Wohnung vor sich ging. Wir hörten allerdings manchmal seltsame Geräusche, als würden schwere Dinge hin und her gerückt. Einmal hörten wir ein lautes Poltern und am selben Abend berichtete unser Kundschafter Max, dass der große Vitrinenschrank aus dem Wohnzimmer verschwunden sei. Wie es schien, wurde es langsam ernst und der große Umzug rückte näher.
Genau eine Woche vor dem entscheidenden Tag geschah etwas Erschreckendes. Am frühen Morgen gab uns unsere Federlose Gemüse, Obst, Futter und Wasser und verabschiedete sich wie immer fröhlich mit den Worten „bis später, ihr Lieben“ von uns. Später war dieses Mal wirklich deutlich später. Als sie am späten Abend wieder bei uns auftauchte, sah sie irgendwie merkwürdig aus. Sie war im Gesicht so weiß wie die Wände in unserem Zimmer. Nur eine Stelle an ihrer Stirn war seltsam dick und knallbunt. Außerdem bewegte sie den Kopf nicht. Sie lief so steif, als würde sie einen 25-kg-Sack Kolbenhirse darauf balancieren. In unserem Zimmer erledigte sie nur das Nötigste und sie sprach auch nicht wie sonst mit uns und wirkte irgendwie schlapp. So hatten wir sie noch nie erlebt und waren ziemlich erschrocken.
Tags darauf sahen wir sie kaum, sie war in ihrem Schlafzimmer und lag den ganzen Tag im Bett. Als Max abends aus dem Badezimmer zurückkam, berichtete er uns, unsere Federlose hatte beim Renovieren der neuen Wohnung einen Unfall erlitten und würde nun von fürchterlichen Kopfschmerzen geplagt. Die Beule an ihrer Stirn war laut Max noch bunter geworden als am Vortag. Unsere Federlose tat uns sehr leid. Vor allem ich hatte Mitleid mit ihr, weil ich wegen der Operation nur allzu gut wusste, wie unangenehm Schmerzen sind. Und mir kam über Nacht eine Idee.
Am nächsten Morgen gab sie mir wie immer in den vorangegangenen Tagen mein Schmerzmittel, weil mein frisch operierter Flügel noch ganz schlimm wehtat. Sie musste aber doch selbst auch Schmerzen haben, ihre bunte Beule sah wirklich gruselig aus! Also habe ich ihr die Hälfte des Schmerzmittels ganz schnell mit der Zunge an den Finger geschmiert, damit sie etwas davon nehmen konnte. Leider hat sie es nicht haben wollen und sogar mit mir geschimpft, weil ich nicht den ganzen Tropfen runtergeschluckt habe. Warum versteht sie einen eigentlich nie? Ich wollte ihr doch nur helfen, und geteiltes Leid ist schließlich halbes Leid. 🙁
Eine Woche später hatte sie sich von ihrem Unfall einigermaßen erholt, wirkte aber trotzdem ziemlich angespannt. Wir spürten instinktiv: Der Tag, an dem es passieren würde, war gekommen – der große Umzug würde stattfinden. Seltsamerweise geschah erst einmal gar nichts Besonderes, außer dass sich ein paar unserer Lieblingsäste über Nacht in Luft aufgelöst zu haben schienen. Sie waren morgens einfach nicht mehr da, genauso wie einer unserer Schränke und die Korbkugel. Einfach so weg!
Wir nahmen es ein wenig irritiert zur Kenntnis und frühstückten trotzdem erst einmal in Ruhe, nachdem die Federlose die Tür zu unserem Zimmer hinter sich geschlossen hatte. Nebenan hörten wir sehr lautes Gerumpel und die Stimmen von insgesamt acht Federlosen. Zu gern hätten wir gewusst, was sich im Wohnzimmer abspielt, aber leider hat die Natur vergessen, uns mit einem Röntgenblick auszustatten und wir können blöderweise nicht durch Wände gucken. Dann war es ganz unvermittelt für fast anderthalb Stunden gespenstisch ruhig, die Federlosen schienen nicht mehr da zu sein.
Als wir uns darüber unterhielten, was geschehen sein könnte, kamen einige der Stimmen wieder zurück. Ein netter Federloser mit Brille betrat unser Zimmer, kletterte auf eine Leiter und schraubte unsere Lampe von der Decke. DAS fanden wir ja mal gar nicht lustig! Hallo, geht es noch? Diese Lampe gehört UNS, die kann man nicht einfach abschrauben und mitnehmen! WIR BRAUCHEN LICHT! Unser Protest half nicht, der Federlose verschwand mit der Lampe und schloss ungerührt die Tür hinter sich. Immerhin war er freundlich zu uns, er hat selbst Vögel, das haben wir gleich am Umgang gemerkt. Das Gerumpel nebenan ging weiter und dann war wieder Stille. Wir starrten an die auffällig leere Zimmerdecke und fragten uns wieder und wieder, weshalb man unsere Lampe gestohlen hatte, während die Stunden ereignislos verstrichen. Ein Glück, dass die Sonne schien, sonst hätten wir den ganzen Tag im Dunkeln gesessen!
Was wir zu der Zeit nicht wussten und erst später erfuhren: Unsere Federlose wollte den Umzug für uns so stressfrei wie möglich gestalten. Deshalb hatte sie unser neues Zuhause zusammen mit Freunden und Verwandten, die fast alle auch Vogelfreunde sind, bereits vollständig hergerichtet. Die Lampe wurde uns morgens weggenommen, weil sie in der neuen Wohnung angebracht werden musste. Und dafür musste gebohrt werden. Bohren ist laut und wir mögen solchen Lärm gar nicht, weil der nämlich unverschämterweise lauter ist als wir. Damit wir den Krach nicht ertragen mussten, wurde alles in unserer Abwesenheit erledigt, also ohne dass wir etwas davon mitbekamen. Wir waren ja noch in der alten Wohnung. Gar nicht dumm, dieser Plan.
Die Sonne war schon untergegangen (und wir hatten ja keine Lampe!!!), als uns langsam ein wenig Unbehagen beschlich, weil wir glaubten, man habe uns in der alten Wohnung vergessen. Doch dann hörten wir plötzlich die Stimmen von vier Federlosen. Speedy und Phoebe, unsere beiden Gäste, wisperten auf ihren Schlafschaukeln aufgeregt miteinander. Sie sagten, dass sie die Stimmen ihre beiden Federlosen erkannt hätten. Das Welli-Pärchen war vorübergehend bei uns im Schwarm untergebracht, weil Speedy ein Problem mit dem Flügel hatte und nicht richtig fliegen konnte. In seinem Zuhause war er vorher ständig abgestürzt und hat sich wehgetan. Unser bisheriges Vogelzimmer war behindertengerecht und unfallsicher eingerichtet, deshalb war Speedy bei uns zur Kur – natürlich mit seiner Frau.
Die beiden hatten übrigens recht, was die Stimmen der Federlosen betraf. Es waren tatsächlich ihre Besitzer, die zusammen mit einer anderen Vogelfreundin, die wir schon lange kannten, und unserer Federlosen zurückgekehrt waren, um uns abzuholen. Vor allem die sehr ängstliche und misstrauische Tara (sie hatte bei ihrem früheren Besitzer sehr schlimme Dinge erlebt) bekam regelrecht Panik, als wir eingefangen wurden. Sie konnte zwar nicht fliegen, aber schnell rennen. Sehr schnell sogar. Und sie rannte an diesem Abend wie um ihr Leben in ein Versteck. Die Federlosen haben sie dort fast übersehen, denn sie hatte sich hinter der Heizung verkrochen, um nicht eingefangen zu werden. Aber am Ende wurde sie trotzdem erwischt und in einen der Transportkäfige gesetzt. Darin war es ungewohnt eng, viele von uns wurden zusammen in kleine Käfige gesetzt, was höchst ungewöhnlich war. Aber vermutlich war es so einfacher, als große, sperrige Käfige zu transportieren.
Die Fahrt war zum Glück kurz, sie dauerte nur ein paar Minuten und wir hatten kaum Zeit, uns richtig doll aufzuregen, wie wir es sonst im Auto machen. Anschließend wurden wir in einem fast ganz dunklen Zimmer in unsere Schlafkäfige gesetzt und für den Rest der Nacht in Ruhe gelassen. Und das war der Moment, in dem wir uns fragten: Soll DAS jetzt etwa der große Umzug gewesen sein? Hin und wieder Gerumpel im Nachbarzimmer, der Lampenklau, dann abends eingefangen werden, in einem Blechkasten auf Rädern durch die Gegend rollen und dann in einem dunklen Zimmer schlafen? Mal unter uns: Eigentlich hatten wir ja mehr erwartet. Sara, die so gern aus dem Fenster auf die Straße schaut, hatte etwas von rollenden Blechkästen mit lauten Tröten erzählt, die in jenem Sommer vor dem Umzug dicht gedrängt und mit johlenden Federlosen durch die Straßen gefahren waren. Dabei haben die Federlosen so was wie „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin“ gerufen – es hatte wohl mit Fußball zu tun. Ehrlich gesagt hatten wir angenommen, so etwas würde es für uns auch geben. „Neue Wohnung, neue Wohnung, die Sittiche fahren in die neue Wohnung.“ Nix da, für uns wurde nicht gehupt und es gab keine Roll-Blechkästen, die uns begleiteten. Echt erbärmlich …
Es war ein ruhiger Sonntagmorgen, als unsere Federlose den schwarzen Vorhang zur Seite zog und Licht in unser neues Zimmer ließ. Wir waren wie versteinert. Erst jetzt begriffen wir: Das hier ist nicht mehr unser altes Zuhause, wir wohnen woanders! Anfangs wagte sich keiner von uns aus dem Käfig. Na ja, fast niemand. Himalia, die normalerweise die Frechste von uns allen ist, hat solche Panik bekommen, dass sie ganz schnell geatmet hat (Hyperventilieren heißt das bei den Doktoren in den weißen Kitteln). Ich habe mich ein wenig widerwillig doch aus dem Käfig nehmen lassen (irgendwer muss es ja tun!), weil ich wusste, dass die Federlose meinen Verband am operierten Flügel anschauen wollte und mir außerdem mein Schmerzmittel geben würde. Leider tat meine Wunde nach wie vor ein wenig weh. Als ich draußen war, trauten sich die anderen plötzlich auch raus. Sogar Costa, der scheue Katharinasittich, mischte mit. Er war der erste Kathi, der sich an diesem Morgen aus dem Käfig wagte.
Alles sah so anders aus (bis auf unsere alte Lampe, die war ganz plötzlich wieder da). Und es klang irgendwie seltsam, wenn wir piepsten. Gedämpfter, leiser. Vermutlich ist der Grund dafür, dass eine Wand unseres neuen Vogelzimmers – ja, wir haben wieder unser eigenes Reich in der neuen Wohnung! – mit einem Teppich beklebt wurde. Damit die Nachbarn nicht gestört werden, erklärte uns die Federlose später. Sie sagte nämlich, dass wenn sich die Nachbarn über unser Gezwitscher beschweren, sie sich von uns trennen müsse, habe der Vermieter gesagt. Das könne und wolle sie nicht, deshalb habe sie das Zimmer schallschutzisoliert. Uns ist es egal, was an der Wand ist, Tapete oder Teppich. Hauptsache, wir können zusammen bei unserer Federlosen bleiben und den ganzen Tag lauthals für sie singen.
Nach ein paar Tagen hatten wir uns bestens eingelebt in unserem neuen Zuhause, in dem es nachts erheblich leiser ist als in dem alten. Wir können super schlafen und sind morgens viel erholter. Niemand randaliert mehr nachts in der Nachbarwohnung, wie es damals am alten Wohnort leider oft passiert ist. Die anderen haben mir erzählt, dass einige Monate, bevor ich in den Schwarm gezogen bin, einmal nachts solcher Lärm aus der Wohnung unter uns hochdrang (der dort wohnende Federlose war total betrunken und hat randaliert), dass sie sich alle entsetzlich erschrocken haben. Sie flatterten panisch in den Käfigen und zwölf Vögel verletzten sich teils schwer. Die fast nackte und flugunfähige Medea, die ich bedauerlicherweise nie kennengelernt habe, von der aber alle nur Gutes erzählen, erlag schließlich ihren schlimmen inneren Verletzungen und unsere Federlose hat ganz doll um sie geweint. Dieses schreckliche Erlebnis war der endgültige Auslöser dafür, dass sie so schnell wie möglich in eine neue Wohnung ziehen wollte. Das ist ja zum Glück endlich passiert und wir finden, unser neues Zimmer kann sich sehen lassen.
Wir sind alle froh, es hier so gut angetroffen zu haben. Es gibt Naturäste, auf denen ich sitzen kann, Sara hat wieder eine Fensterbank und draußen gibt es ganz viel Grün zu begucken (allerdings ist da kein Kebap Point mehr, da muss sich Sara erst mal dran gewöhnen). Isobella ist ebenfalls zufrieden, weil sie im neuen Vogelzimmer einen Heizungs-Temperaturregler vorgefunden hat, auf dem sie – wie schon im alten Vogelzimmer – am liebsten sitzt. Für die Katharinasittiche und ihren schrägen Welli-Kumpel Max gibt es Schaukeln, auf denen die fünf Freunde gemeinsam sitzen können. Was will man mehr? Wir können es jedenfalls verschmerzen, dass beim großen Umzug keine hupenden Roll-Blechkästen auf den Straßen waren, um uns zu begleiten, während wir in unser neues Domizil gebracht wurden. 😉
So, das war mein Umzugsbericht. Ist ganz schön lang geworden, nicht wahr? Aber es gab ja auch viel zu erzählen.
Ciao,
Eure Bayda
8. Oktober 2006
Danksagung der Federlosen
Ohne die tatkräftige Unterstützung einiger lieber Menschen wäre dieser Umzug nicht möglich gewesen. Meine Eltern und diese (Vogel-)Freunde sowie Verwandten haben mir unermüdlich zur Seite gestanden, als es darum ging, die gesamte Wohnung zu renovieren und nicht nur das Vogelzimmer. Sie haben Möbel geschleppt und aufgebaut, mir in vielerlei Hinsicht zur Seite gestanden und mir gezeigt, wie wunderbar es ist, dass es Menschen gibt, die ganz einfach für mich da sind. Ganz lieben Dank Euch allen! Es ist schön, dass es Euch gibt!
Gaby