Phoebe, adoptiert am 10. Oktober ’06, † 22. Juli ’11

Phoebe war am gesamten Körper zartgelb gefärbt, lediglich das Gesicht war etwas kräftiger gelb.
Phoebe war am gesamten Körper zartgelb gefärbt, lediglich das Gesicht war etwas kräftiger gelb.

Sich viel zu bewegen, schien noch nie ihr Ding gewesen zu sein. Seit ich Phoebe kannte, war sie immer eine Vogeldame, die eine gemächliche Gangart als Tempo für ihr Leben bevorzugte. Das hatte den Vorteil, dass sie sich prächtig mit den anderen Vögeln verstand und deutlich weniger zickiges Verhalten an den Tag legte als die meisten anderen meiner Wellensittichweibchen. Außerdem war sie eine echte Feinschmeckerin, die Leckereien wie Kolbenhirse nicht in sich hinein schlang, sondern Körnchen für Körnchen langsam und genießerisch auf der Zunge zergehen ließ. Das Einzige, was ihr noch besser gefiel, war von ihrem Lebensgefährten gefüttert zu werden, dazu später mehr. Zunächst möchte ich etwas über Phoebes erste Lebensjahre erzählen.

Nachdem sie im Jahr 2002 zur Welt gekommen war, gelangte sie bald in ein wunderbares Zuhause: in das Wohnzimmer und damit in den Vogelschwarm meiner Cousine und ihres Mannes. Phoebe lebte dort glücklich und zufrieden unter vielen anderen Wellensittichen. Später kamen noch einige Katharinasittiche hinzu. Menschen gegenüber war sie anfangs recht zutraulich, aber nur, wenn sie gerade Lust dazu hatte. Dieses eigenwillige Verhalten änderte sie zeitlebens nicht. Lediglich dann, wenn Madame gerade der Sinn danach stand, stieg sie auf meine Hand, um dort zu sitzen – oder noch besser: Sich herumtragen zu lassen, denn das war so herrlich bequem und man musste dann ja nicht selbst fliegen. Andere Vögel hatten Muskeln, Phoebe hatte Personal. 😉

Phoebe (rechts) mit ihrer ersten 'großen Liebe' Speedy.
Phoebe (rechts) mit ihrer ersten ‚großen Liebe‘ Speedy.

Es verwunderte also nicht, dass Phoebe ein kleines Bäuchlein vor sich her trug – und das mit Würde, versteht sich! Irgendwann kam sie aber auch in Sachen Männchen auf den Geschmack und verliebte sich in ihren Schwarmkollegen Speedy, einen hinreißenden hellblauen Halbstandardsittich. Die beiden wurden ein Paar und er bemühte sich ständig um ihre Gunst, auch wenn sie mitunter durchaus einen Blick auf andere Herren im Vogelschwarm hatte. Schließlich muss frau ja das Angebot auf dem Heiratsmarkt ständig überprüfen. Nicht, dass einem etwas entgeht! Als Speedy im Jahr 2006 aufgrund eines gesundheitlichen Problems mit seinem linken Flügel seine Flugfähigkeit verlor und in seinem früheren Zuhause ständig abstürzte, konnte er dort nicht mehr bleiben. Zu groß war die Gefahr, dass er sich irgendwann schwer verletzen würde. Meine Verwandten und ich beschlossen, ihn in mein behindertengerecht eingerichtetes Vogelzimmer einziehen zu lassen – selbstverständlich gemeinsam mit seiner Gefährtin Phoebe.

Gerade ist Phoebe aus einem Nickerchen erwacht.
Gerade ist Phoebe aus einem Nickerchen erwacht.

Zunächst war geplant, dass Phoebe und Speedy nur für einige Wochen bleiben sollten, bis das Männchen wieder fliegen können würde. Die Monate verstrichen und die beiden Vögel lebten sich gut in meinem Schwarm ein. Phoebe hatte im Sommer einen heißen Ferienflirt mit einem Gastvogel und freundete sich zudem mit Nik und auch ein wenig mit Isobella an. Als schließlich klar wurde, dass ihr Gefährte Speedy leider seine Flugfähigkeit nicht zurückerlangen würde, entschieden meine Cousine und ihr Mann, Phoebe und Speedy für immer in meiner Obhut zu belassen. So ergab es sich, dass das liebenswürdige Pärchen am 10. Oktober 2006 ganz offiziell in den Birds-Online-Schwarm „eingebürgert“ wurde.

Phoebe mit ihrem Partner Bubi (rechts).
Phoebe mit ihrem Partner Bubi (rechts).

Weil Phoebes Leidenschaft dafür, nach anderen Männern Ausschau zu halten, auch in ihrem neuen Zuhause nicht verschwand, kam es, wie es kommen musste: Als der charmante wildfarbene Bubi Ende November 2006 ins Vogelzimmer einzog, war sie ihm gleich so zugetan, dass sie kurzerhand ihren Mann Speedy verließ und von diesem Tag an bis zu ihrem Tode die Hauptfrau an Bubis Seite war. Stundenlanges Kraulen und Schnabelküssen war bei den beiden ein fester Bestandteil der Tagesordnung. Lediglich wenn er allzu viel mit anderen Weibchen flirtete, war es vorübergehend vorbei mit der Idylle. Dann kam es mitunter vor, dass Phoebe ihm ein paar wütende Schnabelhiebe verpasste, um ihn nachdrücklich und unmissverständlich daran zu erinnern, dass sie die Nummer eins in seinem Leben war und er sich gefälligst vor allem um sie zu kümmern hatte.

Infolge einer Entzündung des Knochens wuchs Phoebes Oberschnabel schief.
Infolge einer Entzündung des Knochens wuchs Phoebes Oberschnabel schief.

Ende 2008 begann sich bei Phoebe eine Schnabelveränderung zu zeigen, die ihren Ursprung direkt unterhalb der Wachshaut auf der rechten Seite des Oberschnabels hatte. Diese erste Verfärbung wurde in den folgenden Monaten zu einer strukturellen Veränderung. Eine Probenentnahme beim Tierarzt brachte keine eindeutigen Ergebnisse. So stand der Verdacht im Raum, dass es sich möglicherweise um einen Tumor tief im Schnabelinneren oder in dessen Wachstumszone handeln könne. Mit der Zeit wurde die wahrscheinlich tumoröse Schnabelveränderung immer gravierender und in zusehends kürzer werdenden zeitlichen Abständen musste der schief wachsende Schnabel vom Tierarzt vorsichtig korrigiert werden.

Der entzündete Knochen ist nach dem Abfallen des Oberschnabels deutlich zu erkennen; einige Tage später starb Phoebe an einer Sepsis.
Der entzündete Knochen ist nach dem Abfallen des Oberschnabels deutlich zu erkennen; einige Tage später starb Phoebe an einer Sepsis.

Im Juli 2011 kam es dabei dann zu einer katastrophalen Entwicklung: Während des vorsichtigen Kürzens und Schleifens löste sich der gesamte Schnabel vom Knochen. Die behandelnde Tierärztin kümmerte sich hervorragend um Phoebe und wir hofften, sie würde durch die Ernährung per Kropfsonde und durch ein Antibiotikum unter Umständen wieder geheilt. Tatsächlich begann der Schnabel nach einigen Tagen nachzuwachsen, doch der Stumpf war pechschwarz, was entweder auf eine sehr schwere innere Entzündung oder auf ein Melanom schließen ließ.

Als die Ergebnisse aus dem Labor eintrafen, hatten wir Gewissheit: Phoebe litt an einer schweren bakteriellen Infektion und sie wurde daraufhin mit einem Antibiotikum behandelt. Dieses war knochengängig, konnte somit in den Knochen eindringen und die darin lebenden Bakterien bekämpfen. Trotzdem gelang es nicht, Phoebes Leben zu retten. Am 22. Juli 2011 baute sie enorm ab, zitterte, zeigte Anzeichen für Organversagen – alles deutete auf die Folgen einer Sepsis (Blutvergiftung) hin, die sie durch die Bakterien erlitten hatte. Ihr Tod war nicht mehr abzuwenden und ihr standen noch mehrere leidvolle Stunden bevor, die ich ihr nicht zumuten wollte. Deshalb ließ ich meine gefiederte Freundin schweren Herzens sofort erlösen.

Welchem Farbschlag Phoebe angehörte, kann ich leider nicht sagen. Sie war ursprünglich fast weiß, wurde mit der Zeit jedoch immer gelber. Somit liegt die Vermutung nahe, dass der Einfluss eines Europäischen Gelbgesichts II in ihren Genen mitgemischt hat.

Bedeutung des Namens

Weil sie einen schmalen Kopf und 'breite Hüften' hatte, trug Phoebe den Spitznamen 'Birne'.
Weil sie einen schmalen Kopf und ‚breite Hüften‘ hatte, trug Phoebe den Spitznamen ‚Birne‘.

In der griechischen Mythologie war Phoebe eine Titanin und die Tochter der Gaia und des Uranos. Sie nahm sich ihren Bruder Koios als Gatten. Die ursprüngliche Schreibweise des Namens lautet übrigens Phoibe. Ausgesprochen wird der Name wie „Fibi“.

Weil mein Wellensittich Phoebe einen schmalen, zierlichen Kopf und eine doch recht breite untere Körperhälfte hatte, erhielt sie von mir außerdem den Spitznamen „Birne“. Obendrein passte er auch noch farblich perfekt zu diesem charmanten Vogelweibchen. Obwohl ich sie scherzhaft Birne nannte, mochte sie dieses Obst nicht. Viel lieber fraß Phoebe Apfel und Karotte, auch Salat und natürlich Vogelmiere sowie heimische Wildgräser und halbreife Hirse standen bei ihr hoch im Kurs.

Lesetipp
Wer mehr über Phoebes heimtückische Erkrankung erfahren möchte, kann hier kostenlos ein PDF-Dokument herunterladen. Es handelt sich dabei um meinen Artikel über Phoebes Krankengeschichte, den ich für das WP-Magazin, Ausgabe 02/2014 verfasst habe.