Isobella, adoptiert am 4. Februar ’06, † 25. Juni ’07

Isobellas Irisringe waren dunkelgrau, weshalb sie sehr groß wirkende Knopfaugen hatte.
Isobellas Irisringe waren dunkelgrau, weshalb sie sehr groß wirkende Knopfaugen hatte.

Sie war einer von vielen Vögeln, als ich ihr am 6. September 2005 zum ersten Mal begegnete. Ich kann nicht in Worte fassen, was ich empfand, als ich sie und ihre 42 Gefährten aus einer Rettungsaktion übernahm. Der Zustand vieler Wellensittiche aus dieser Aktion war schrecklich. Verletzungen, Infektionskrankheiten und Gefiederstörungen waren bei den Tieren allgegenwärtig. Einige der Vögel – so auch Isobella – trugen außerdem Narben alter Blessuren. Monatelang pflegte ich mit anderen Tierschützern diese Vogelgruppe, die in einem Quarantäneraum an meinem Wohnort untergebracht war. Ein eisblauer Vogel mit weißem Kopf und großen schwarzen Knopfaugen fiel mir in der Gruppe auf, weil er bis auf einen vernarbten Fuß, an dem eine Kralle fehlt, glücklicherweise einigermaßen gesund zu sein schien. Ich war froh über jeden Vogel, um dessen Leben ich nicht aufgrund einer schweren Erkrankung bangen musste. Später erfuhr ich dann aber, dass dieser erste halbwegs positive Eindruck leider getäuscht hatte …

Der blaue Farbton ihres Gefieders wirkte bei Isobella je nach Lichteinfall mal hell und mal relativ dunkel.
Der blaue Farbton ihres Gefieders wirkte bei Isobella je nach Lichteinfall mal hell und mal relativ dunkel.

Anfang Dezember 2005 begann sich der Gesundheitszustand der edlen, sanftmütigen Vogeldame plötzlich dramatisch zu verschlechtern. Dies geschah zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt, denn ich hatte kurz zuvor gemeinsam mit Mitgliedern des damals noch existierenden Vereins der Wellensittich-Freunde Deutschland e. V. (VWFD) damit begonnen, für die vielen Vögel neue Besitzer zu suchen. Statt sie in ein neues Zuhause zu vermitteln, wollte ich die schwer erkrankte Wellensittichdame vorübergehend zu mir nach Hause holen, um sie intensiv pflegen zu können. Zu jenem Zeitpunkt hatte sich ohnehin noch kein Interessent für sie gemeldet, denn erstaunlicherweise war sie einer unserer absoluten „Ladenhüter“ – trotz ihres freundlichen Wesens und des ansprechenden Aussehens.

Als ich sie aus der Gruppe fing und zur Tierärztin brachte, erlitt Isobella einen Schwächeanfall und wurde fast bewusstlos. Sie atmete schwer, verdrehte die Augen und ihr Schnabel lief blau an. Mir war sofort klar, dass sie nicht nur an einer Infektion des Kropfes litt, wie zuvor bereits angenommen, sondern dass ein viel gravierenderes Gesundheitsproblem dem armen Wellensittichweibchen zusetzte. Eine Herzschwäche, die bis zu diesem Tag unentdeckt geblieben war, bedrohte ihr Leben, lautete die Diagnose der Tierärztin.

Ganz entspannt sitzt Isobella am Nachmittag an einem ihrer Lieblingsplätze.
Ganz entspannt sitzt Isobella am Nachmittag an einem ihrer Lieblingsplätze.

Wochenlang kämpfte ich um den Vogel und sie erhielt mehrmals täglich ihre Medikamente. Ihre bakterielle Infektion des Kropfes verheilte glücklicherweise schnell, aber sie war lange Zeit schwach und schläfrig, weil ihr Kreislauf angeschlagen war. Anfang 2006 ging es ihr endlich besser und ich hörte sie zum ersten Mal singen. Von jenem Tag an schlich sich Isobella, die bis dahin an sich nur zum Gesundpflegen in meiner Obhut war, ganz sacht, dafür aber recht beharrlich immer mehr in mein Herz. Im Februar war sie endlich fit genug für eine Vermittlung in unmittelbarer Nähe meines Wohnortes; einen langen Transport hätte man ihr aufgrund der Herzschwäche nicht zumuten können. Aber nach wie vor hatte sich kein Interessent für die Vogeldame gefunden, obwohl die meisten ihrer Gefährten aus der Rettungsaktion bereits vermittelt werden konnten. Das war für mich schwer zu begreifen.

Sara (links) und Isobella waren eng miteinander befreundet.
Sara (links) und Isobella waren eng miteinander befreundet.

Weil sie inzwischen nicht mehr ansteckend krank war und nicht allein sein sollte, lebte sie vorübergehend in meinem Vogelschwarm. Sie hatte Freunde in meinem Vogelzimmer gefunden, darunter beispielsweise die freundliche Sara, die sie gern und oft kraulte und von der sie ebenfalls häufig gekrault wurde. Ihre Medikamente ermöglichten ihr längst einen normalen Alltag und ich hatte die Befürchtung, es würde ihr durch einen Umgebungswechsel und die Trennung von ihren Freunden wieder schlechter gehen. Aber eigentlich war in mir eh längst ein Entschluss gereift: Die einzige sinnvolle Lösung war, sie offiziell in meinen Vogelschwarm aufzunehmen. Es gab da nur ein Problem: Ich hatte bereits etliche Vögel, die sehr pflegebedürftig und damit kostenintensiv waren. Keineswegs wollte ich kopflos noch weitere „teure“ Vögel adoptieren und dann irgendwann Probleme mit der Finanzierung der Vogelhaltung bekommen. Während jener Zeit war es bei mir beruflich schwierig und ich schwamm nicht gerade im Geld. Liebe Vogelfreunde hörten davon und es fand sich so ein Pate, der die Kosten für die tiermedizinische Versorgung der chronisch kranken Vogeldame übernehmen wollte, sofern ich sie adoptieren würde – und genau das geschah am 4. Februar 2006.

In der Vermittlungskartei war Isobella bis dahin unter dem Namen Paula geführt worden. Weil ich früher schon einmal einen Vogel mit diesem Namen gehalten hatte und ihn deshalb nicht noch einmal vergeben wollte, benannte ich sie um. Mir ist es wichtig, das Andenken an meine verstorbenen Vögel auf diese Weise zu ehren und für die hellblaue Vogeldame war es sicher kein Problem, dass sie einen neuen Namen bekam. Ehrlich gesagt hörte sie zuvor weder auf Paula noch später auf Isobella. Sie hatte ihren eigenen Kopf, war sehr selbstbewusst und wurde im Vogelschwarm von allen Vögeln gemocht. Sogar die Katharinasittiche liebten sie. Manchmal ging es so weit, dass sie regelrecht von ihnen belagert wurde. Ich nannte die Katharinasittiche deshalb manchmal scherzhaft den „Isobella-Fanklub“. Am liebsten ließ sie sich von Merlin kraulen, er war ihr bester Freund unter den Kathis.

Isobella und ihr aus Katharinasittichen bestehender Fan-Klub.
Isobella und ihr aus Katharinasittichen bestehender Fan-Klub.
Die Herrin der Ringschaukel - Isobella entspannte dort gern.
Die Herrin der Ringschaukel – Isobella entspannte dort gern.
Von Nik ließ sich Isobella (links) gern füttern.
Von Nik ließ sich Isobella (links) gern füttern.

Was die Wellensittichmännchen anging, so konnte sich Isobella offenbar nicht so recht entscheiden, welcher Herr die beste Wahl war. Sie flirtete mal mit Nik, mal mit Bubi und dann auch mal mit Speedy. Ihr schien mehr an der Abwechslung im Liebesleben als an der Treue zu liegen. Wie auch immer, das Wichtigste war ohnehin, dass sie zufrieden war. Und diesen Eindruck vermittelte sie zum Glück Tag für Tag, bis sie im Juni 2007 bedauerlicherweise sehr schwer erkrankte. Zwar merkte man ihr das chronische Herzleiden inzwischen längst nicht mehr an, aber sie baute nach einer Mauser ab und kränkelte ganz offensichtlich. Als sie damit begann, sich ständig übergeben zu müssen, zog ich einen Vogel-Facharzt zurate. Die erneut aufgetretene Infektion im Bereich des Kropfes war rasch bekämpft, aber es ging Isobella danach trotzdem nicht besser.

Baden gehörte zu Isobellas Lieblingsbeschäftigungen.
Baden gehörte zu Isobellas Lieblingsbeschäftigungen.

Wir entschieden uns, sie zu röntgen und entdeckten eine tumoröse Organveränderung, die sehr gravierend war. Eine Operation sollte Isobellas Leben retten, aber während des Eingriffs stellte sich heraus, dass sie nicht mehr überlebensfähig sein würde, ohne ständig schreckliche Schmerzen zu erleiden, weshalb sie aus der Narkose nicht wieder aufgeweckt wurde. Isobella starb am 25. Juni 2007 und hinterließ eine Lücke in meinem Herzen und im Vogelschwarm. Ihr sanftmütiges Wesen, ihr grenzenloses Vertrauen und ihre Anmut werde ich nie vergessen.

Der Farbschlag, zu dem Isobella gezählt wurde, nennt sich Opalin in Hellblau. Weshalb sie die großen, schwarzen Knopfaugen ohne weißen Irisring hatte, weiß ich nicht. Es hat offenbar ein weiterer Farbschlag in ihren Genen mitgemischt, bei dem die Wellensittiche als erwachsene Individuen dunkle Irisringe aufweisen.

Als Höhlenforscherin betätigte sich Isobella wie die meisten Wellensittichweibchen ausgesprochen gern.
Als Höhlenforscherin betätigte sich Isobella wie die meisten Wellensittichweibchen ausgesprochen gern.
Abends kurz vor dem Einschlafen fielen Isobella schon die Augen zu.
Abends kurz vor dem Einschlafen fielen Isobella schon die Augen zu.