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Bayda, adoptiert am 7. Juli ’06, † 10. Januar ’07
Wie lange sie schon an ihrem riesigen Tumor gelitten hatte, konnte niemand genau sagen. Ihre ehemaligen Halter hatten sich zu dem Thema ausgeschwiegen, als sie sich ihrer Tiere entledigt hatten. Weil der Familien-Sommerurlaub seine Schatten vorauswarf, beschlossen sie kurzerhand, ihre beiden Wellensittiche ins Tierheim zu bringen. An sich ist es nicht verwerflich, seine Vögel aus triftigen Gründen abzugeben. Aber in diesem Fall war die Begründung haarsträubend. Die früheren Halter erklärten: „Der eine Vogel ist fett und doof, der ist gar nicht zahm. Der andere ist schwer krank und stirbt sowieso bald. Und außerdem fahren wir morgen in den Urlaub.“ Als Tierfreund kann man dazu eigentlich gar nichts mehr sagen, eine solche Einstellung ist für jemanden, der seine Vögel liebt und alles für sie tun würde, nicht nachvollziehbar. So landete die weiße Wellensittichdame namens Bushido also Ende Juni 2006 mit ihrer gelben Freundin, die später Fralie heißen sollte, im Essener Tierheim und wurde dort gleich von der Tierärztin untersucht. Der Tumor an der Bürzeldrüse und die schlimme Federbalgzyste würden dringend operiert werden müssen, das war der Tiermedizinerin sofort klar.
Wenige Tage war es so weit und der operative Eingriff fand an einem sehr heißen Sommermorgen statt. Die Vogeldame erwachte trotz der Hitze zum Glück problemlos aus der Narkose und war anfangs noch deutlich benommen. Weil der Tumor enorm groß gewesen war, hatte die Ärztin ihn jedoch nicht vollständig entfernen können, ein Rest war im Körper verblieben. Leider ging es dem Vogel im Laufe des Tages nicht besser, ganz im Gegenteil. Bayda wurde zusehends schwächer und nahm keine Nahrung zu sich. Voller Sorge rief mich eine ehrenamtlich im Tierheim arbeitende Vogelfreundin im Auftrag der Ärztin an, als sie von der schwachen, frisch operierten Vogeldame erfahren hatte. Sie bat mich darum, mich einige Tage intensiv um die Patientin zu kümmern und ich sagte selbstverständlich sofort zu. Weil ich zu der Zeit freiberuflich von zu Hause aus arbeitete, war es für mich überhaupt kein Problem, neben der Arbeit immer ein Auge auf den Vogel zu haben.
Bereits eine halbe Stunde nach dem Anruf traf die gefiederte Patientin bei mir ein und erhielt kurz darauf eine winzige Portion Aufbaunahrung per Kropfsonde. Nach der zweiten Fütterung, die wenige Stunden später stattfand, war der Vogel wie ausgewechselt. Die Lebensenergie war in den kleinen geschundenen Körper zurückgekehrt und ich hörte die Vogeldame zum ersten Mal zwitschern. Ihr Gefieder war noch immer voller Blut und außerdem gelb verfärbt, weil das Mittel zur Wundversorgung an den Federn klebte. Doch obwohl sie wirklich schaurig aussah, wirkte sie inzwischen viel kräftiger.
Als ich abends ihre frischen Wunden versorgte, da traute ich meinen Augen nicht. Die Kleine ließ sich von mir am Köpfchen kraulen und war sehr zutraulich. Sie hüpfte auf meine Schulter, kuschelte sich an meinen Hals und bettelte förmlich um Zuneigung. Ich hatte einen Kloß im Hals, denn mir wollte nicht einleuchten, wie jemand so ein wunderbares, liebenswürdiges und vertrauensvolles Geschöpf monatelang an einem Tumor hat leiden lassen, um es dann kurz vor dem Sommerurlaub eiskalt ins Tierheim abzuschieben. Hätte ich nicht einen Tag zuvor einer im Tierschutz aktiven Bekannten mein Wort gegeben, zwei bedürftige Wellensittiche aufzunehmen, von denen einer schwer gehandicapt war, hätte ich der weißen Vogeldame und ihrer gefiederten gelben Freundin, die ich zu der Zeit noch nie gesehen hatte, gern ein Zuhause gegeben. Aber gleich vier Vögel aufzunehmen, das hätte bedauerlicherweise den Rahmen gesprengt …
Meine kleine Patientin erholte sich gut von der Operation und wurde mir gegenüber immer anhänglicher. Den Gedanken, sie am 7. Juli 2006 zum Untersuchungstermin und zur weiteren Vermittlung wieder ins Tierheim zu bringen und vor allem dann dort zurückzulassen, zerriss mir beinahe das Herz. Aber ich hatte mein Wort gegeben, was die anderen beiden Vögel anging. Trotzdem plagte mich das schlechte Gewissen. Mir war gar nicht wohl bei dem Gedanken, dass die arme Vogeldame womöglich zu jemandem ziehen würde, der ihre Bürzeldrüse nicht genau beobachten würde, denn wie die Tierärztin erläutert hatte, stand damals zu befürchten, dass das im Körper verbliebene restliche Tumorgewebe erneut zu einer großen Wucherung führen würde. Ich würde ganz sicher darauf achten, wenn sie mein Vogel wäre, aber das stand leider nicht zur Diskussion, denn ich wollte ja mein Versprechen nicht brechen …
Während ich gerade ganz erheblich mit dem Schicksal haderte, weil ich die wundervolle Vogeldame leider wieder hergeben müsste, erfuhr ich, dass der schwer gehandicapte Vogel, den ich aufzunehmen versprochen hatte, bedauerlicherweise gestorben war. Seine gesunde, nicht körperlich eingeschränkte Gefährtin würde anderweitig vermittelt werden können und benötigte keinen Platz in meinem behindertengerecht eingerichteten Vogelzimmer. So traurig mich der Tod des Vogelmännchens auch stimmte, ich hatte plötzlich Platz für zwei Vögel! Sofort rief ich im Tierheim an und erklärte, dass ich die weiße Vogeldame gern behalten würde – natürlich mit ihrer im Tierheim wartenden gelben Freundin, die ich bis dahin noch immer nicht kannte. Am 7. Juli 2006 musste die kleine Patientin zur Kontrolluntersuchung zur Tierärztin ins Tierheim gebracht werden. Bei der Gelegenheit holten wir ihre Gefährtin ab, die sich ebenfalls als ganz zauberhaftes Wesen herausstellte. Ich war überglücklich und es schien so, als würden sich die beiden Vögel auch freuen, einander wiederzusehen.
Um den Neuanfang in ihrem Leben auch formell zu besiegeln, erhielt die schöne Wellensittichdame einen neuen Namen: Bayda. Das ist Arabisch und heißt so viel wie „weiße Frau“. Leider konnte Bayda schlecht fliegen und die Möglichkeit, dass ihr Bürzeldrüsentumor erneut wachsen könnte, hing wie ein Damoklesschwert über ihr. Auch an der Stirn hatte sie eine Wucherung, die – wie es damals hieß – aus Fett bestehen sollte und ihr eine sehr voluminöse „Frisur“ verlieh. Apropos Frisur: Bayda liebte es, auf meinen Kopf zu klettern und mir das Haar kräftig zu zerzausen. Sie war erst dann zufrieden, wenn sie durch beherztes Ziehen alle Haare aus dem Zopf gelöst (aua!) und anschließend völlig durcheinandergebracht hatte. Pardon, sie brachte sie natürlich nicht durcheinander, sondern stylte sie. 😉
Im Oktober 2006 verschlechterte sich Baydas Gesundheitszustand, obwohl sie kurz zuvor erneut am Flügel operiert worden war, weil sich dort eine Zyste gebildet hatte. Ich brachte sie zu einem vogelkundigen Tierarzt und ließ sie gründlich untersuchen. Dabei stellte sich heraus, dass die Beule an ihrer Stirn von einem Abszess herrührte und ihr gesamter Organismus durch den Eiter, der offenbar auszulaufen begonnen hatte, enorm geschwächt war. Bayda stand kurz davor, eine tödliche Sepsis zu erleiden. Außerdem hatte sich am Bürzel schon wieder eine Wucherung gebildet. Wenn sie nicht sofort operiert werden würde, dann würde sie nicht mehr lange leben, erklärte mir der Arzt. Ich willigte ein und Bayda überstand die erneute Operation glücklicherweise gut, die ich ihr nur deshalb zumutete, weil dies ihre letzte Chance auf ein gesundes Leben sein würde. Wir waren uns nicht sicher, ob sie den Eingriff in ihrem geschwächten Zustand überhaupt überleben würde, aber Bayda war eine Kämpferin.
Wenige Tage später tobte sie schon wieder durch das Vogelzimmer, so gut hatte sie sich erholt. Meine Hoffnung, sie möge weiterhin gesund bleiben, erfüllte sich jedoch leider trotz allem nicht. Ende November ging es ihr plötzlich sehr schlecht, sie plusterte ihr Gefieder stark auf und lag den ganzen Tag bäuchlings auf den Käfig. Sofort brachte ich sie zum Tierarzt und ließ sie untersuchen. Die Diagnose war niederschmetternd. Bayda litt an einer stoffwechselbedingten Knochenerkrankung namens polyostotische Hyperostose, die ihre Knochen zu hart werden lassen hatte. Außerdem hatte sie infolge dieser Erkrankung Arthritis in den Knie- und Schultergelenken. Wir starteten einen Therapieversuch, weil der Tierarzt meinte, eventuell könne man mithilfe von Hormonen die Knochen wieder aufweichen. Zunächst ging es ihr besser, aber dann schlug das Schicksal ein letztes Mal erbarmungslos zu. Am 10. Januar 2007 war sie plötzlich bissig und über Nacht hatte sich eine sehr große Beule an ihrem Bauch gebildet: Bayda hatte einen Bauchdeckenbruch erlitten. Ihr war nicht mehr zu helfen, es gab viel zu viele „wunde Punkte“ in ihrem Körper und so blieb mir nichts anderes übrig, als sie auf ihrem letzten Weg zu begleiten und sie erlösen zu lassen.
Wie alt meine kleine Freundin geworden ist, weiß ich leider nicht. Ich bin sehr traurig darüber, dass sie nicht mehr da ist. Im Vogelzimmer hatte sie sich damals sehr schnell eingelebt und unter den Männchen zahlreiche Verehrer gefunden. Der „Frauenheld“ Nik hätte sie am liebsten den ganzen Tag gefüttert, außerdem hingen ihr Speedy und Bubi am „Rockzipfel“. Ihr Farbschlag war übrigens anfangs ziemlich verwirrend für mich. Sie war so weiß wie ein doppelfaktoriger Spangle, aber sie hatte keine schwarzen Augen, sondern pflaumenfarbene. Das wiederum sprach dafür, dass sie ein Vogel des Farbschlags Falben war, genau genommen ein Plumeye, wie ich später herausfand. Dass sie dennoch weiße Irisringe trug, dürfte am Spangle-Einfluss gelegen haben. Aber letztlich war es mir egal, wie ihr Farbschlag fachlich korrekt hieß. Was für mich wirklich zählte, war ihr Charakter, und der war wundervoll. Danke für alles, liebe Bayda!