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Eigenschaften der Wellensittiche
Wellensittiche stehen in dem Ruf, sie seien pflegeleicht und genügsam. Immer wieder werden sie als „Anfängervögel“ bezeichnet, mit denen man „kaum etwas falsch machen“ kann. Das entspricht jedoch nicht der Wahrheit, denn wie alle anderen Sittiche und Papageien sind Wellensittiche Exoten mit bestimmten Bedürfnissen. Diese werden leider häufig verkannt oder die Eigenschaften der Wellensittiche werden von skrupellosen Verkäufern schöngeredet, um den Verkauf zu fördern. Deshalb kommt es bedauerlicherweise relativ häufig vor, dass sich Vogelhalter oft schon kurze Zeit später mit Situationen konfrontiert sehen, die sie nicht erwartet haben und auf deren mögliches Eintreten sie beim Kauf nicht hingewiesen worden sind. Hierzu gehört beispielsweise auch, dass die Vögel Verhaltensweisen zeigen, mit denen nicht jeder Mensch gleichermaßen gut umgehen kann. Hierzu gehört ohne Zweifel, dass die Vögel ihren Schnabel auch gern mal zum Zerstören dort einsetzen, wo wir Menschen es uns nicht gerade wünschen.
Um bösen Überraschungen und anderen Unannehmlichkeiten vorzubeugen, sollte man sich vor dem Kauf von Wellensittichen über die Charakterzüge sowie die Anforderungen der Vögel informieren.
Immer in guter Gesellschaft – Wellensittiche brauchen ihresgleichen
In ihrer australischen Heimat leben Wellensittiche in großen Schwärmen, die mitunter etliche tausend Individuen umfassen. Je mehr Artgenossen ein Wellensittich um sich hat, desto besser ist es für ihn, denn der Schwarm bietet ihm Sicherheit. Darüber hinaus haben die geselligen Vögel durch die Anwesenheit vieler Artgenossen die Möglichkeit, ihr komplexes Sozialverhalten auszuleben. Deshalb ist es unnatürlich, einen einzelnen Wellensittich als Haustier zu halten – die Einzelhaltung dieser Vögel gilt als Tierquälerei.
Vergleichsweise häufig entwickeln einzeln gehaltene Wellensittiche mehr oder minder stark ausgeprägte Verhaltensauffälligkeiten, die von sexueller Fehlprägung über ständiges Schreien bis hin zur Selbstverstümmelung in Form von Federrupfen reichen. Das heißt, sie leiden körperlich und seelisch unter den an ihre Bedürfnisse nach arteigener Gesellschaft nicht angepassten Haltungsbedingungen, die ihnen der Mensch aus egoistischen Gründen aufzwingt.
Wer Wellensittiche hingegen paarweise oder im kleinen Schwarm hält, der kann sie als kontaktfreudige, agile Mitbewohner erleben und Einblicke in ihr reichhaltiges Sozialverhalten erlangen.
Freiflug: je mehr und länger desto besser
Oftmals wird das Bedürfnis der Wellensittiche nach Freiflug vollkommen unterschätzt. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass angehende Vogelhalter schon beim Kauf falsch informiert werden. Auf die Frage, wie viel Freiflug Wellensittiche benötigen, wird den stolzen Haltern neuer Vögel mitunter geantwortet, eine Stunde am Tag wäre völlig ausreichend, und wenn es mal einen Tag lang nicht klappen sollte, könne der Vogel auch mal im Käfig bleiben. Vor allem wenn dieser groß sei, müsse man keine negativen Folgen fürchten – so wird leider nur allzu oft argumentiert.
Wer diesen Rat befolgt, behandelt seine Vögel aber alles andere als artgerecht. Wellensittiche sind in ihrer australischen Heimat ausdauernde Hochleistungsflieger und ihr Organismus ist darauf ausgelegt, täglich mehrere Stunden in Bewegung zu sein. Sperrt man Wellensittiche nahezu den gesamten Tag ein, verurteilt man sie förmlich dazu, durch die Zwangsruhe gesundheitliche Schäden zu erleiden. Über die Hälfte aller in Deutschland gehaltenen Wellensittiche leidet beispielsweise an Übergewicht, was häufig einerseits auf den permanenten Bewegungsmangel und andererseits auf eine zu üppig bemessene tägliche Nahrungsmenge oder eine grundsätzlich falsche Fütterung zurückzuführen ist. Außerdem leiden zahlreiche Wellensittiche an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, deren Auftreten durch Bewegungsmangel und Übergewicht begünstigt werden.
Am besten lässt man Wellensittiche den ganzen Tag frei fliegen, was allerdings nur dann möglich ist, wenn man die räumlichen Gegebenheiten dazu hat. Ein Vogelzimmer werden wohl die wenigsten Tierhalter vor dem Kauf ihrer Sittiche einplanen. Deshalb ist es sinnvoll, das Zimmer, in dem sich die Heimvögel später aufhalten werden, von potenziellen Unfallquellen zu befreien. Damit die Vögel immer zumindest kleine Strecken fliegen können, empfiehlt sich die Unterbringung in einer geräumigen Voliere. Die meisten im Handel angebotenen Käfige sind zu klein, obwohl sie als „groß“ angepriesen und von vielen Haltern so eingeschätzt werden. Mehr zum Thema Käfigmindestmaße finden Sie im Kapitel über Käfige und Volieren.
Vogel oder Nagetier?!
In Anbetracht des sehr stark ausgeprägten Nagetriebs, die so mancher Wellensittich an den Tag legt, kann sich einem Halter durchaus die Frage aufdrängen, ob er tatsächlich einen Vogel als Haustier beherbergt oder doch eher ein mit Federn „getarntes“ Nagetier … Vor allem Wellensittichweibchen sind sehr nagefreudig, aber auch ihre männlichen Artgenossen knabbern ganz gern allerlei Gegenstände an. Während des Freiflugs können den Schnäbeln der Vögel in unbeaufsichtigten Momenten viele Dinge zum Opfer fallen, die uns Menschen lieb und teuer sind: Bücher, Bilderrahmen, Holztüren, Zimmerfplanzen (das kann im Falle giftiger Gewächse für die Vögel gefährlich werden), Gardinen und noch vieles mehr. Extrem nagefreudige Vögel vergehen sich nicht nur an Tapeten, sondern holen in mühevoller Kleinarbeit oft gar den Putz von den Wänden. Um dem je nach Individuum mehr oder minder stark ausgeprägten Nagetrieb der Wellensittiche Rechnung zu tragen, sollte man immer für die Vögel ungefährliche Naturzweige oder Korkeichenrinde bereithalten, woran sie sich austoben können. Der Fachhandel für Papageienzubehör bietet zudem allerlei Spielzeuge zum Schreddern, die von vielen Wellensittichen ebenfalls sehr gern angenommen werden. Außerdem sollte man im eigenen Interesse die Wohnung vor den nie müden Schnäbeln schützen. Tipps hierzu bietet beispielsweise das Kapitel über den Schutz für Holz und Türen.
Nicht nur Körner
Vögel werden gemäß ihrer arttypischen Ernährung in verschiedene Gruppen eingeteilt. Greifvögel sind beispielsweise meist Fleischfresser, viele unserer heimischen Singvögel sind Insektenfresser und Wellensittiche gehören wie zahlreiche andere Heimvogelarten zu den Körnerfressern. An diese Nahrung sind sie gut angepasst, sie können mit ihrem Schnabel die feinen Hüllen vieler Saaten problemlos entfernen.
Im Handel werden Futtermischungen für Wellensittiche angeboten, die aus unterschiedlichen Saaten bestehen – ein Großteil davon sind verschiedene Hirsearten. So mancher Verpackungsaufdruck suggeriert, dass solche Futtermischungen als alleinige Nahrung ausreichen, werden sie doch nicht selten als „Alleinfuttermittel“ bezeichnet. Auch wird in Zoohandlungen leider immer wieder beteuert, dieses Futter reichen aus, um die Vögel gesund zu halten. Doch Wellensittiche, die ausschließlich mit Saatenmischungen ernährt werden, leiden in sehr vielen Fällen unter Nährstoffmangel. Diese Art der Fütterung ist nicht darauf abgestimmt, dass der Organismus der Vögel auch Nährstoffe aus frischer Nahrung benötigt. Frischkost, also Obst, Gemüse, Küchenkräuter sowie Wildkräuter und anderes Futter aus der Natur gehören unbedingt täglich auf den Speiseplan der Wellensittiche.
Weitere Informationen zur Fütterung der Wellensittiche finden Sie in der Rubrik über die Ernährung der Vögel.
Dauergezwitscher, das nicht immer melodisch ist
Wellensittiche sind ohne Zweifel niedlich. Aber ihre Lautäußerungen sind nicht sonderlich melodiös, oft klingen sie sogar krächzend und können zuweilen regelrecht nervtötend sein. Was bei einer Kaufberatung oft verschwiegen wird, ist die Tatsache, dass die meisten Wellensittiche nur selten den Schnabel halten. Ihren Gesang tragen die Tiere oft und gern vor. Dies liegt darin begründet, dass in einem großen Schwarm wild lebender Wellensittiche nur in zwei Situationen absolute Ruhe herrscht: Entweder dann, wenn die Vögel schlafen, oder aber sie sind still, weil sich ein Fressfeind in der Nähe befindet und sie sich bedroht fühlen. Ruhe ist für sie also vor allem tagsüber untypisch und bereitet ihnen durchaus Unbehagen. Solange Wellensittiche am Tage das Gezwitscher eines Artgenossen vernehmen, fühlen sie sich in Sicherheit, was sie in einen entspannten Zustand versetzt und weshalb sie selbst zu singen anfangen. Da sich die Tiere vor allem in menschlicher Obhut meist sicher und von keinem Fressfeind bedroht fühlen, trällern und zetern, schnattern und zwitschern sie nahezu den ganzen Tag über. Und sie fangen damit oft schon mit dem Einsetzen der Morgendämmerung an.
Dieser Tatsache sollte man sich vor dem Vogelkauf bewusst sein. Die Tiere begreifen nicht, dass ihr Halter beispielsweise in der Nacht zuvor auf einer Party zu tief ins Glas geschaut hat und deshalb an einem Sonntag seinen Brummschädel durch besonders langes Schlafen auskurieren möchte. Oder dass der Vogelhalter unbedingt seine Lieblings-Vorabendserie ganz ungestört genießen will. Wer Wellensittiche hält, muss mit der von den Vögeln verursachten, so gut wie immer vorhandenen Geräuschkulisse leben können. Alle anderen im Haushalt lebenden Menschen sollten ebenfalls mit dem Dauergezwitscher einverstanden sein.
Weil Wellensittiche verglichen mit anderen Papageienarten eher leise sind, hören die Nachbarn in den meisten Häusern normalerweise kaum etwas, wenn Wellensittiche trällern und zwitschern.
Wellensittiche sind nicht stubenrein
Wer großen Wert auf Sauberkeit legt, sollte sich lieber keine Wellensittiche ins Haus holen. Sie sind nicht stubenrein und haben auch kein Gespür für Reinlichkeit im Wohnbereich. Während des Freiflugs koten sie, wann immer sie „müssen“. Ihre Kotbällchen können dabei auch mal auf dem Sofa oder dem teuren Hochglanz-Bildband landen, der auf dem Tisch liegt. Wellensittichen beizubringen, ausschließlich an bestimmten Stellen Kot abzusetzen, ist bisher kaum jemandem gelungen.
Beim Fressen achten die Vögel ebenfalls nicht darauf, ob mal etwas daneben geht. Es wird im Napf gescharrt, durchs Fliegen werden Körnchen und Futterspelzen aufgewirbelt und im Raum verteilt. Frischkost wird nicht immer brav gefressen, sondern manchmal auch einfach nur geschreddert. Was noch am Schnabel klebt, wird entweder durch kräftiges Schütteln des Körpers weggeschleudert (Obstreste auf Tapeten können sehr lästig sein!) oder der Schnabel wird an einem Gegenstand abgewischt. So erklärt sich, wie Gemüsestückchen zum Beispiel an Schrankecken oder Bücherrücken gelangen.
Sind Wellensittiche in Schredderlaune, zerfetzen sie gern Holz, Kork oder Papier und verteilen die kleinen Schnipsel oder Stücke dabei nicht selten großflächig im Freiflugzimmer. Ergänzt wird dies durch große und kleine Federn, die vor allem während der Mauser ausfallen.
Wer Wellensittiche hält, muss also entweder eine hohe Toleranzschwelle hinsichtlich der Verschmutzung der Wohnung haben (das wäre aber für Tier und Mensch ungesund) oder sehr häufig putzen.
Die Sache mit dem Sprechen
Wellensittiche sind ausgesprochen intelligente und kommunikative Vögel. Viele Individuen verfügen über ein so gutes Nachahmungstalent, dass sie die menschliche Sprache imitieren können. Weil sie die Worte dann oft auch noch in der passenden Situation vortragen, wünschen sich viele Menschen solche „Sprecher“ als Haustiere. Jedoch sind nicht alle Wellensittiche sprachbegabt und wer sich einen solchen Vogel nur holt, weil er einen „Sprecher“ haben möchte, ist dann möglicherweise enttäuscht. Das ist sehr schade, denn damit wird den Tieren Unrecht getan, und das häufig in verschiedener Hinsicht.
Es klingt zugegebenermaßen häufig wirklich niedlich, wenn ein Wellensittich „spricht“. Allerdings sollte man unbedingt hinterfragen, wie es zum Sprechenlernen kommt. Denn in den meisten Fällen sprechen vor allem einzeln gehaltene Wellensittiche, um Aufmerksamkeit zu erlangen. In solchen Fällen ist das Sprechen also häufig ein Zeichen dafür, dass die Tiere fehlgeprägt werden und wahrscheinlich oft einsam sind. Das heißt, um sie zum Sprechen zu bringen, werden die Vögel ganz bewusst einzeln und damit nicht artgerecht gehalten. Jene Wellensittiche, die nicht sprechen, erfüllen somit dann die hohe Erwartung ihres Halters nicht, der die Tiere dann unter Umständen vernachlässigt.
Selbstverständlich kommt es aber auch vor, dass im Schwarm und insgesamt artgerecht gehaltene Wellensittiche das Sprechen erlernen. In Fällen wie diesem kann man das Gebrabbel der gefiederten Hausgenossen ruhigen Gewissens genießen, denn es ist auf echte Freude an der Nachahmung von Geräuschen zurückzuführen und nicht auf Einsamkeit oder verzweifelte Versuche, die Aufmerksamkeit des Menschen zu erlangen.
Mehr zum Thema Sprachtalent der Wellensittiche finden Sie hier.