Woodstock, adoptiert am 1. Dezember ’06, † 10. August ’13

Woodstock war nicht nur sonnengelb gefärbt, sondern hatte auch ein sonniges Gemüt.
Woodstock war nicht nur sonnengelb gefärbt, sondern hatte auch ein sonniges Gemüt.

Als eine Vogelhalterin aus Bayern im Jahr 2003 plötzlich einen flugunfähigen Vogel in ihrer Obhut hatte, der zudem vorher sechs Jahre ganz allein bei anderen Menschen gelebt hatte, sollte eine gehandicapte Partnerin als Gesellschaft für Batzi her. Deshalb suchten Silke und ihr Freund ganz bewusst nach einer Vogeldame, die flugunfähig sein sollte. Um ein solches Weibchen zu finden, kontaktierten sie eine Reihe von Züchtern in ihrer Umgebung. Bei einem Züchter erfuhren sie, dass dieser zwei Männchen abzugeben hatte, die nicht fliegen konnten. Und er berichtete ganz nebenbei, dass einige andere Züchter ihre flugunfähigen Vögel ja an Schlangenzüchter verkaufen würden. Nein, die Männchen sollten dort nicht bleiben müssen, entschieden Silke und Pepe, denn sie hatten die Befürchtung, dass den Tieren vielleicht auch ein Ende als Schlangenfutter bevorstehen könnte – man weiß ja nie … Bei einem anderen Züchter fanden sie dann doch noch ein Weibchen und fuhren mit drei anstellen von nur einem Vogel heim. So kam es, dass Woodstock und sein ebenfalls flugunfähiger Freund Satyr gemeinsam mit der Henne Shaira die neuen Freunde von Batzi wurden.

Woodstock auf dem Klettergestell.
Woodstock auf dem Klettergestell.

Die beiden unfreiwilligen Bruchpiloten lebten lange Zeit glücklich in Silkes Vogelschwarm und erfreuten sowohl sie als auch die anderen Vögel mit ihrem netten Wesen. Woodstock war schon immer ein echter Draufgänger, der sich den anderen Vögeln buchstäblich an den Hals warf – so auch Satyrs Freundin Shaira (er hatte sie erobert und nicht etwa Batzi, für den sie gedacht war), was dieser nicht besonders lustig fand. Aber Woodstock war zeitlebens auch absolut unwiderstehlich. Sein leuchtend gelbes Gefieder und die stolze Körperhaltung unterstrichen seinen Charme noch zusätzlich. Er verstand sich mit jedem Wellensittich gut, egal ob Männchen oder Weibchen, er war nämlich ebenso umgänglich wie sanftmütig. Deshalb ließen es ihm seine männlichen Artgenossen auch durchgehen, dass er mit ihren Partnerinnen flirtete.

Beim Erklimmen des schrägen Astes setzte Woodstock seine Flügel zum Halten der Balance ein.
Beim Erklimmen des schrägen Astes setzte Woodstock seine Flügel zum Halten der Balance ein.

Ende 2006 musste Woodstock sein altes Zuhause verlassen, weil seine Halterin ihre Vögel nicht mit ins Ausland nehmen konnte, als sie nach Australien gehen wollte. Sie suchte vor allem für die gehandicapten Vögel artgerechte Plätze und über eine gemeinsame Bekannte kamen wir miteinander in Kontakt. Alle Details für die Vogeladoption wurde rasch in die Wege geleitet. Am 1. Dezember 2006 zog Woodstock gemeinsam mit Satyr bei mir ein. Nach einer Untersuchung beim Vogel-Tierarzt und einigen Tagen Quarantäne durften sich die von ihren Behinderungen abgesehen kerngesunden Wellimänner bald im Vogelzimmer zu ihren Artgenossen gesellen. Sie lebten sich schnell ein und freundeten sich mit den anderen Vögeln an. Sogar die Katharinasittiche, die neuen Wellensittichen gegenüber mitunter ein wenig kritisch waren, mochten Woodstock auf Anhieb.

Weshalb er nicht fliegen konnte, hat sich leider nie abschließend klären lassen. Als Ursachen infrage kamen eine Schulterverletzung, aber auch ein alter Flügelbruch. Woodstock konnte seine Flügel in keiner Weise nutzen, nicht einmal zum Gleiten. Dafür fehlte ihm die Kraft. Dieses Handicap glich er aber geschickt aus. Er konnte in jungen Jahren sehr akrobatisch klettern und unglaublich schnell laufen. Später, als er älter wurde, schwand seine Beweglichkeit ein wenig und er erledigte alles etwas langsamer. Zeitlebens meisterte er seine körperliche Einschränkung jedoch zum Glück ohne Probleme.

In Woodstock (links) hat John einen liebevollen Freund gefunden.
In Woodstock (links) hat John einen liebevollen Freund gefunden.

Im Mai 2008 verliebte sich Woodstock bis über beide Ohren – in seinen zu jener Zeit neu eingetroffenen Schwarmgefährten John. Die beiden Herren waren viele Monate ein Herz und eine Seele. Es war wunderschön, sie glücklich miteinander singen und kuscheln zu sehen. Jeden Abend setzten sie sich gemeinsam auf eine Schaukel und schliefen Schulter an Schulter mit direktem Körperkontakt, was für Wellensittiche eher ungewöhnlich ist. Zwischen ihnen gab es nie Streit und vor allem auf der Schlafschaukel nie Rempeleien oder Zankereien. Als John im Dezember 2008 an Altersschwäche starb, saß er auf dem Boden. Woodstock schmiegte sich ganz eng an ihn. So gab er seinem friedlich dahinscheidenden Freund bis zum Schluss Wärme und Zuneigung, was ich ausgesprochen rührend fand. Man merkte Woodstock allerdings an, wie sehr er litt, als er begriff, dass sein Freund dabei war, ihn für immer zu verlassen.

Woodstock und seine Gefährtin Fralie.
Woodstock und seine Gefährtin Fralie.

Nach Johns Tod zog Woodstock es lange Zeit vor, Single zu bleiben. Doch nach wie vor schien es ihm ein Bedürfnis zu sein, für andere da zu sein. Denn als seine Schwarmgefährtin Fralie nach dem Verlust ihres Partners sehr traurig war, näherte er sich ihr und spendete ihr Trost. Dabei ging er sehr sanft und liebevoll mit ihr um, was sie sehr zu schätzen wusste. Er eroberte ihr Herz im Sturm und vom Sommer 2010 bis zu ihrem Tod im Juli 2011 war er ihr fester Partner. Es erweckte den Anschein, als würde er sie mit seiner Aufmerksamkeit und fürsorglichen Art sehr glücklich machen. Die beiden Vögel waren ein ganz zauberhaftes Paar. Woodstock blieb nach Fralies Tod wieder eine Weile allein, dann wandte er sich Indira zu, mit der ihn bis zu seinem Tod eine innige Freundschaft verband.

Woodstock im Porträt.
Woodstock im Porträt.

Der 10. August 2013 war ein schöner Sommertag, an dem ich für meine Vögel draußen Frischkost sammelte und sie ihnen am Nachmittag ins Vogelzimmer brachte. Woodstock war zu dieser Zeit noch gesund und munter, nichts deutete auf gesundheitliche Probleme hin. Auch am frühen Abend, als ich gegen 18 Uhr kurz im Vogelzimmer nach dem Rechten sah, flirtete er noch fröhlich mit Indira. Um kurz nach 21 Uhr fand ich an jenem Tag Woodstocks leblosen Körper. Es wirkte so, als wäre er einfach friedlich eingeschlafen. Ich vermute, dass sein Herz aus Altersgründen aufgehört hatte zu schlagen. Woodstock war mindestens zehn Jahre alt, wahrscheinlich sogar elf oder zwölf. Ihm war langes Leiden erspart geblieben, aber mich traf sein plötzlicher Tod umso mehr und ich vermisse Woodstock seitdem jeden Tag.

Sein Farbschlag nennt sich Kontinentaler Schecke Normal in dunkelgrün. Die grünen Flecken in seinem Gefieder beschränkten sich überwiegend auf die untere Körperhälfte sowie auf den Rücken. Er war ein Halbstandardsittich, was man an seiner vergleichsweise üppig befiederten Stirnpartie und an den vielen Kehltupfen erkennen konnte.

Bedeutung des Namens

Wenn er rannte, stellte Woodstock seine Flügel immer leicht auf und zur Seite.
Wenn er rannte, stellte Woodstock seine Flügel immer leicht auf und zur Seite.

Bei seinem Einzug in sein Zuhause bei Silke und Pepe wurde Woodstock nicht gleich benannt. Erst wollten die beiden Vogelhalter den Charakter ihres Wellensittichs kennenlernen und den Namen dazu passend wählen. Mit der Zeit kristallisierte sich Woodstock heraus. Weshalb, das erklärte Silke so: „Bei Woodstock hat letztendlich doch sein Aussehen den Ausschlag gegeben, obwohl der Name, wie sich später herausstellte, doch zu seinem Charakter passte (Woodstalker). Er war von Anfang an an Batzi interessiert und Batzi erwiderte diese Zuneigung. Tja, war wohl nichts mit unserer Partnerin. Als Woodstock jedoch immer fester mit Batzi verpaart war (so richtig intim waren sie nie, da beide mit ihrer körperlichen Behinderung des ‚Aktes‘ an sich nicht fähig waren: Woodstock ist immer runter gefallen; was jedoch erst einige Zeit später war), hat er Batzi nicht mehr aus den Augen gelassen. Er war ihm immer auf den Fersen, was ihm letztlich den Spitznamen ‚Woodstalker‘ einbrachte.“