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- Alana †
Alana, adoptiert am 11. August 2019, † 9. April 2023
Im Raum Aachen lebte Alana einst gemeinsam mit ein paar Artgenossen bei einem Vogelhalter, der seine Tiere zwar mochte. Doch die Unterbringung war nicht optimal, was insbesondere für Alana galt. Als Jungvogel hat sie einen Unfall erlitten – vermutlich schon im Nest –, bei dem beide Hüftgelenke ausgekugelt worden sind. Die dadurch entstandene extreme Beinfehlstellung war und ist dafür verantwortlich, dass der Vogel nicht stehen kann. Lediglich auf dem Bauch liegen und am Schnabel und an ein paar Krallen fixiert im Käfiggitter zu hängen, ist dem Wellensittichweibchen möglich. So fand sie auch ein Sozialarbeiter vor, der den Haushalt im Jahr 2019 besuchte: Am Gitter hängend und unfähig, sich am bunten Treiben der Artgenossen zu beteiligen.
Obwohl er selbst kein Vogelhalter war, erkannte Sascha die schwierige Lage des Weibchens und redete mit Engelszungen auf den Halter ein, um sie mitnehmen zu können, damit sie es künftig besser haben würde. Er hatte Erfolg und übergab das Weibchen, das damals einfach nur Welli genannt wurde, seiner Kollegin Dagmar. Sie ist dafür bekannt, ein Händchen für Vögel zu haben – allerdings vor allem für Wildvögel. Dagmar ist meine Kollegin beim Projekt Wildvogelhilfe.org, sie kümmert sich seit vielen Jahren um in Not geratene heimische Wildvögel. Ein paar Ziervögel leben ebenfalls bei ihr, nur keine Wellensittiche. Die schwer gehandicapte Wellensittichdame war bei Dagmar allein unter Nymphensittichen, hatte aber in der Voliere immerhin mehr Platz und ihr wurden Liegemöglichkeiten angeboten.
Weil Dagmar wusste, dass mein Vogelzimmer speziell für Tiere mit körperlichen Einschränkungen eingerichtet ist, erzählte sie mir von dem Weibchen und wir vereinbarten, dass ich Welli, wie sie noch immer hieß, aufnehmen würde. Am 11. August 2019 traf die Vogeldame bei mir ein. Da sie glücklicherweise von ihrer Beinfehlstellung abgesehen kerngesund war, durfte sie sofort ins Vogelzimmer einziehen. Und sie erhielt ihren neuen Namen – Alana sollte sie fortan heißen.
Als Alana hier eintraf, war ihr Kopf voller Federscheiden von der Mauser, die kein Vogel beim Kraulen gelöst hatte. Weil sie sich selbst nicht am Kopf kratzen kann – wegen ihrer extremen Beinfehlstellung ist ihr das nicht möglich –, konnte sie sich auch nicht selbst helfen. Sie wirkte anfangs sehr schüchtern, aber durchaus neugierig. So, wie sie es kannte, hängte sie sich seitlich an Käfige und schaute sich um. Die vielen anderen ebenen Landeplätze wie die Korkrinde und dergleichen flog sie am ersten Tag noch nicht an. Alles war zu neu für sie, und natürlich auch sehr aufregend. Meine anderen Wellensittiche verhielten sich ihr gegenüber freundlich. Vor allem der Casanova Ole war gleich zur Stelle und nahm den hübschen Neuankömmling gleich in Augenschein. Alana gefiel es sichtlich, dass ihr Aufmerksamkeit von ihresgleichen entgegengebracht wurde. Mir gegenüber verhielt sie sich hingegen reserviert, zahm war sie nicht, wie es schien.
Am ersten Abend blieb mir nichts anderes übrig, als bis zum Einsetzen der Dämmerung zu warten und sie dann vorsichtig mit den Händen einzufangen, um sie in ihren neuen Schlafkäfig – natürlich mit kleiner Liege – zu setzen. Ich befürchtete, sie würde panisch reagieren, was aber nicht der Fall war. Im Dämmerlicht war sie völlig entspannt und blieb zu meinem größten Erstaunen einfach auf meiner Hand liegen, während ich sie zum Schlafkäfig trug. Das war ein vielversprechender Anfang, wie ich fand. Am dritten Abend wagte ich einen Vorstoß: Als sie auf meiner Hand lag, um sich quasi „ins Bett“ bringen zu lassen, berührte ich sehr vorsichtig mit dem Finger ihren Kopf und rieb über die vermutlich stark juckenden Federscheiden. Alanas Verwunderung dauerte nur Sekundenbruchteile, dann erkannte sie, dass es sich angenehm anfühlte. Sofort drehte sie mir bereitwillig den Nacken hin und stellte die Federn auf – das war eine unmissverständliche Aufforderung zum Köpfchenkraulen!
Fortan war das abendliche Kraulen vor dem Einschlafen für uns ein festes Ritual. Alana genoss es immer sehr, wenn ich ihren Kopf massierte und vorsichtig Federscheiden mit den Fingern öffnete, sofern gerade durch die Mauser welche vorhanden waren. Wirklich zahm wurde die Vogeldame allerdings nicht, am Tage wollte sie nichts von mir wissen. Da hatte sie immer viel zu tun und beschäftigte sich ausgiebig mit den anderen Wellensittichen. In Sue hatte sie eine gute Freundin gefunden, die beiden Mädels saßen gern zusammen – oder besser gesagt: Sue saß und Alana lag in ihrer Nähe. Ole, der eigentlich Elses Partner war, flirtete sehr häufig mit Alana und fütterte sie gern. Manchmal kraulte er auch ihr Köpfchen, was dann wiederum Else verärgerte. Deshalb verwunderte es nicht, dass Alana und sie nicht gerade die besten Freundinnen waren. Aber wirklich aggressiv ging es zwischen den beiden gefiederten Damen zum Glück nicht zu. Nachdem Ole gestorben war, fand Alana in Helios schnell einen neuen Partner, bis auch er leider im Mai 2022 aus dem Leben schied. Danach freundete sie sich mit Spiro an, der im Herbst 2022 ins Vogelzimmer eingezogen war. Auch mit den Katharinasittichen kam Alana sehr gut zurecht und die Diamanttäubchen schien sie genauso zu mögen. Sie akzeptierte es, wenn sich Pema und Pia mit ihr gemeinsam auf eine Korkröhre legten. So mancher Wellensittich durfte das nicht!
Mit der Zeit hat Alana viele für sie bequeme Plätze im Vogelzimmer gefunden. Nicht von allen hätte ich angenommen, dass sie sie mögen würde. Auf mich wirkte es teilweise etwas unbequem, wie meine gehandicapte Vogeldame dalag. Aber nicht ich musste mich wohlfühlen, sondern Alana. Wichtig war, dass ich ständig ihre Beingelenke auf eventuelle Schwellungen kontrollierte. Denn leider entwickeln Vögel mit so starker Beinfehlstellung oft schon in jungen Jahren Gelenkentzündungen. Zwar kannte ich Alanas genaues Alter nicht, aber sie war vermutlich nicht älter als zwei Jahre, als sie in meine Obhut gelangte und damit recht jung. Ein weiterer wichtiger Punkt war, dass ich regelmäßig ihre Brust und ihren Bauch kontrollieren musste. Dadurch, dass Alana sehr häufig bäuchlings lag, bestand die Gefahr der Entstehung wunder Stellen und Liegegeschwüre entlang des Brustbeins, also des längst verlaufenden Knochens.
Ich bin froh, Alana aufgenommen zu haben. Mit ihrem fröhlichen Wesen war sie eine echte Bereicherung für den Vogelschwarm. Außerdem war es ungemein beeindruckend, wie erfinderisch sie war, um in ihrem Umfeld zurechtzukommen und ihre körperliche Einschränkung auszugleichen. Leider hatten wir nicht allzu viel Zeit miteinander. Durch die enorme Fehlstellung ihres Skeletts war das Atmungssystem ständig überlastet: Wenn Alana lag, atmete sie gegen ihr eigenes Körpergewicht an. Das wiederum belastete ihr Herz, weshalb sie leider im Frühling 2023 an plötzlichem Herzversagen starb. Es brach mir das Herz, diese fröhliche, selbstbewusste und sehr charmante Vogeldame so früh zu verlieren. Ich schätze, sie ist nicht älter als fünf oder sechs Jahre geworden. Besonders traurig daran ist, dass Spreizbeine an sich behandelt werden können, wenn beim Züchten der Vögel auf die Jungtiere geachtet und im Fall der Fälle sofort fachgerecht eingegriffen wird.