Sue, eingezogen am 13. August ’19, † 29. März ’24

Sue war nach einiger Zeit nicht mehr anzusehen, dass sie als Jungvogel schwer von einer Virusinfektion gezeichnet gewesen war
Sue war nach einiger Zeit nicht mehr anzusehen, dass sie als Jungvogel schwer von einer Virusinfektion gezeichnet gewesen war

Im Sommer 2019 hielt eine Vogelrettungsaktion viele Menschen auf Trab, allen voran etliche Aktive des damals noch existierenden Vereins der Wellensittich-Freunde Deutschland e. V. (VWFD). Eine Vogelhalterin hatte den Verein um Hilfe gebeten, weil ihr die Verantwortung über den Kopf gewachsen war und sie dies glücklicherweise selbst erkannte, bevor die Lage völlig eskalierte. Doch auch so war es schon kompliziert genug für den Verein, sich um die mehr als 100 Wellensittiche dieser Halterin zu kümmern und die Tiere zu vermitteln. Dermaßen viele Tiere gleichzeitig gut unterzubringen, ist an sich schon schwierig. Hinzu kam bei diesen Vögeln erschwerend, dass viele von ihnen erhebliche Gefiederstörungen aufwiesen. Alles deutete darauf hin, dass sie entweder an der Französischen Mauser (hervorgerufen durch Polyomaviren) oder an PBFD (verursacht durch Circoviren) litten.

Kurz nach ihrer Ankunft bei mir zeigte Sue erhebliche Befiederungsstörungen
Kurz nach ihrer Ankunft bei mir zeigte Sue erhebliche Befiederungsstörungen

Weil beide Erkrankungen sowohl ansteckend als auch nicht heilbar sind, können infizierte Tiere nicht wahllos vermittelt werden. Sie sollten ausschließlich in Haushalte ziehen, in denen es entweder bisher keine Vögel gibt oder in denen bereits Tiere leben, die die Erreger selbst in sich tragen. Hinzu kommt, dass die betroffenen Vögel oft nicht fliegen können, weil die Viruserkrankungen sich negativ auf das Wachstum der langen Federn an den Flügeln auswirken. Mehrere der Wellensittiche aus der Rettungsaktion 2019 waren solche „Kandidaten“, denn mangels Schwungfedern waren sie flugunfähig. Damit geht eine weitere Anforderung an ein neues Zuhause einher: Es sollte auf die Haltung gehandicapter Vogel vorbereitet sein. All das machte es für den VWFD nicht unbedingt leichter, die vielen Wellensittiche gut unterzubringen.

Durch eine Virusinfektion waren weite Teile von Sues Gefieder ausgefallen
Durch eine Virusinfektion waren weite Teile von Sues Gefieder ausgefallen

Als ich davon hörte, wollte ich helfen. Mir war aus eigenen Erfahrungen klar, was die Tierschützer zu leisten hatten. Aus diesem Grunde bot ich dem Verein an, sechs gehandicapte Vögel vorübergehend bei mir aufzunehmen. Dabei legten wir auch gleich fest, dass ich ein bis zwei besonders schwer gehandicapte Vögel dauerhaft behalten würde. Alle weiteren Pflegevögel sollten mittelfristig vermittelt werden. So lautete der Plan. Vor den Viren fürchte ich mich nicht, denn in meinem Vogelschwarm sind ohnehin bereits einige Tiere Träger dieser Krankheitserreger. Es sprach also nichts dagegen, dass die sechs Schützlinge in meinem Vogelzimmer leben konnten, während sie auf ein neues Zuhause warteten. Sie trafen am 13. August 2019 bei mir ein, und unter ihnen war auch Sue.

Sogar im Gesicht hatte Sue anfangs kahle Stellen
Sogar im Gesicht hatte Sue anfangs kahle Stellen

Am selben Tag waren die Wellensittiche von einem vogelkundigen Tierarzt untersucht worden. Bedauerlicherweise hatte sich dabei herausgestellt, dass sie unter einem Befall mit Räudemilben litten. Als wäre das noch nicht genug, waren im ursprünglichen Schwarm der Vögel bei einigen Tieren Trichomonaden nachgewiesen worden. Gegen diese inneren Parasiten mussten die sechs Pflegevögel ebenso wie gegen die Milben etwa zwei Wochen lang konsequent behandelt werden. Das bedeutete außerdem, dass sie zunächst zumindest während dieser Zeit und zur Sicherheit sogar noch ein wenig länger in Quarantäne bleiben mussten. Durch das Einhalten dieser Vorsichtsmaßnahme konnte ich sicherstellen, dass sich meine eigenen Vögel nicht anstecken würden.

Im Herbst 2019 begannen die Federn zu wachsen
Im Herbst 2019 begannen die Federn zu wachsen

Während sie einige Wochen gemeinsam in ihrem Quarantänekäfig verbrachten, beobachtete ich die sechs Wellensittiche genau. Es wurde schnell offensichtlich, dass der junge Barry besonders schwer gehandicapt war. Er sollte deshalb für immer bei mir bleiben dürfen – selbstverständlich mit seiner Partnerin Mel. Verliebte Vögel zu trennen, kommt für mich nicht infrage. Für die anderen vier Weibchen und damit auch für Sue sollte ein dauerhaftes Zuhause in einem anderen Vogelhalter-Haushalt gefunden werden. So sehr sich der VWFD und ich in den folgenden Monaten jedoch bemühten – wir hatten keinen Erfolg. Für die „unperfekten“ Vögel interessierte sich niemand. Mir wuchsen sie derweil so sehr ans Herz, dass ich letztlich im Spätwinter entschied, sie entgegen der ursprünglichen Planung doch alle zu behalten. Am 28. März 2020 unterzeichnete ich die Adoptionspapiere für meine verbliebenen Pflegevögel aus dem Notfall 2019, nachdem ich Mel und Barry schon einige Zeit vorher offiziell aufgenommen hatte.

Der Kokosnuss-Spielplatz war einer von Sues Lieblingsplätzen
Der Kokosnuss-Spielplatz war einer von Sues Lieblingsplätzen

Damit war nun auch Sue ein Mitglied meines Vogelschwarms geworden. Als ich sie im August 2019 in meine Obhut genommen hatte, war sie nur spärlich befiedert und dadurch flugunfähig. In den darauffolgenden Monaten vollzog sie eine erstaunliche Wandlung. Ihr wuchsen am gesamten Körper alle Federn, die ein Wellensittich haben sollte. Anfangs waren ihr die intakten Flügel nicht geheuer, doch im Winter lernte sie dann sogar irgendwann, sich damit in die Lüfte zu erheben. Aus Sue war eine bildschöne und vor allem ohne Einschränkungen flugfähige Vogeldame geworden. Mit ihrer gelben Färbung war sie ein echter Sonnenschein, was auch für ihr Gemüt galt. Ich habe Sue nie schlecht gelaunt erlebt, sie war immer fröhlich und zu allen anderen Vögeln ausgesprochen freundlich.

Anfang November 2019 waren bei Sue alle Federn nachgewachsen und sie hat sogar das Fliegen inzwischen erlernt.
Anfang November 2019 waren bei Sue alle Federn nachgewachsen und sie hat sogar das Fliegen inzwischen erlernt.

Sehr oft hörte man sie laut und ausgiebig singen. Dabei saß sie gern auf einem Bein und genoss das bunte Treiben um sich herum. Zur Welt gekommen ist sie wahrscheinlich etwa Anfang Juni 2019. Und obwohl sie nach dem Überwinden ihrer Befiederungsstörung perfekt fliegen konnte, kletterte Sue immer sehr gern. Wie fast alle Vögel aus jener Rettungsaktion im Spätsommer 2019 war sie außerdem eine echte „Badenixe“. Sie flippte regelrecht aus, wenn Badetag war und sie sich in die Fluten stürzen konnte. Einer ihrer absoluten Lieblingsplätze war der Kokosnuss-Spielplatz. Aber auch das große Kletternetz aus Gras mochte das charmante Wellensittichweibchen sehr. Vorübergehend hatte sie in Asgard einen liebevollen Partner. Leider starb er jedoch im Frühling 2020 wegen eines Tumors. Einige Zeit danach bandelte sie mit Leo an. Sie waren ein liebevolles Paar, doch bedauerlicherweise starb er viel zu jung im Dezember 2021 und Sue wurde erneut zur Witwe.

Eine neue Liebe hat sie nicht gefunden, aber sie hatte viele gute Freunde. Ihre beste Freundin war Alana, die leider ein Jahr vor ihr starb. Danach verbrachte sie viel Zeit mit Linna und Nivia auf dem Kletterbaum auf. Zusammen wurde dort geschreddert, gezwitschert und manchmal auch freundschaftlich gezankt.

Anfang 2024 hatte Sue einen schweren Unfall. Jemand hatte fast zehn Tage nach dem Jahreswechsel nachts einen Silvesterböller gezündet. Vor lauter Schreck war Sue im Schlafkäfig panisch losgeflogen, wobei sie mit voller Wucht gegen das Gitter gestoßen ist. Durch ihre Kopfverletzung erblindete sie innerhalb kürzester Zeit. Mit der Blindheit hatte sie sich gerade erst arrangiert, als ihr Leben plötzlich und unerwartet endete. Am Nachmittag des 29. März 2024 versagten ohne Vorwarnung ihre Nieren und Sue starb innerhalb kürzester Zeit. Leb wohl, liebe kleine Seele. Es tut mir sehr leid, dass wir nicht mehr Zeit miteinander hatten.

Hintergrundbild für Ihren Desktop

Von Sue gibt es ein Wallpaper für Ihren Desktop am Computer, siehe Bildersammlung.