Enrique, adoptiert am 19. Mai ’09, † 6. März ’15

Enrique beim Singen.
Enrique beim Singen.

In seinem früheren Zuhause hatte Enrique ein schönes Leben führen können. Sein Name war damals Heinz und der quirlige grüne Katharinasittichmann hatte immer gleich mehrere Artgenossen um sich. Unter ihnen war seine Gefährtin Mausi, die jedoch im Frühjahr 2009 an einer schweren Legenot erkrankte und nicht mehr gerettet werden konnte. Ohne seine geliebte Partnerin an seiner Seite wurde der sehr dominante und draufgängerische Heinz dann aber ein Problem für die beiden innigen Freunde Propeller und Clyde. Ständig wirkte er als Störenfried, weshalb seine frühere Halterin den wilden Heinz zur Sicherheit aller Vögel separieren musste. Er litt darunter, dass Mausi nicht mehr da war und er auch nicht mehr in der Nähe der beiden anderen Schwarmgefährten sein konnte. Die Situation war für alle Beteiligten unangenehm, weshalb seine frühere Halterin nach einer Lösung suchte. Einen weiteren Vogel aufzunehmen, kam für sie seinerzeit nicht infrage. Vielmehr suchte sie ein Zuhause für Heinz und wandte sich deshalb an meine Katharinasittichnetzwerk-Kollegin Nina, weil sie ihr bei der Suche helfen sollte.

Gern saß Enrique entspannt an einer der höchsten Stellen im Vogelzimmer.
Gern saß Enrique entspannt an einer der höchsten Stellen im Vogelzimmer.

Im damaligen Vermittlungsforum des Netzwerks las ich von Heinz, als ich gerade damit begonnen hatte, einen fünften Katharinasittich zu suchen. In meinem kleinen Schwarm gab es nämlich ein Problem: Costa war inzwischen so alt und gebrechlich geworden, dass er völlig überfordert war, wenn sich Smoky, Bianca und Tico an ihn kuschelten – oft sogar alle gleichzeitig! Ich hoffte, ein weiterer agiler und jüngerer Vogel würde die Aufmerksamkeit der drei „Dauerkuschler“ auf sich ziehen und Costa so entlasten. Deshalb hatte ich mich auf die Suche nach einem weiteren Katharinasittich begeben. So kam es, dass ich mein Interesse an Heinz bekundete. Rasch waren seine frühere Halterin und ich uns einig, und am 29. Mai 2009 brachte sie gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten den grünen Vogelmann zu mir. Er war zu dieser Zeit mindestens 4,5 Jahre alt; ganz genau war sein Alter nicht bekannt.

Gleich nach seinem Einzug ins Vogelzimmer – er war gesundheitlich durchgecheckt, galt als kerngesund und durfte sich aus diesem Grunde sofort zu den anderen Vögeln gesellen – setzte er sich in die Nähe der anderen Katharinasittiche. Sie waren freundlich-abwartend, was ein sehr guter Anfang war. Es gab keine Attacken, der Neuling durfte sofort wenige Zentimeter von ihnen entfernt sitzen bleiben. Wir atmeten alle auf, denn es war für uns schon in diesem Moment abzusehen, dass die Vergesellschaftung wahrscheinlich gut funktionieren würde. Rückblickend betrachtet muss man sagen, dass es tatsächlich nicht besser hätte laufen können. Selten habe ich erlebt, dass sich ein neuer Katharinasittich so schnell in eine Gruppe eingefügt hat, wie es bei Enrique der Fall war.

Als er noch jung war, war Enrique sehr neugierig.
Als er noch jung war, war Enrique sehr neugierig.

Der Grund dafür dürfte sein, dass er zwar ein temperamentvolles Energiebündel war, aber gleichzeitig auch ein sehr freundlicher Vogel. Zwar sind die meisten Kathis freundlich, aber für ihn galt dies in besonderem Maße. Manchmal gab es früher zwar das eine oder andere kurze Kräftemessen mit Tico. Doch diese Schnabelfechtereien und das Gekreische waren meist schnell wieder vorbei und es herrschte danach Frieden mit einträchtigem Schmusen. Besonders eng hat sich Enrique mit Smoky angefreundet. Mit ihm kuschelte er oft sehr ausgiebig und außerdem paarten sich die beiden Herren früher gelegentlich miteinander. Es schien ihnen dabei völlig egal zu sein, dass sie beide Männchen waren. Doch diese Paarungsspielchen und die innige Freundschaft waren Geschichte, seit Enrique sich seinen Freund Smoky mit Marisol teilen musste. Kurz nach ihrem Einzug ins Vogelzimmer verliebte sich Smoky in sie. Enrique hielt sich von dieser Zeit an häufig in Ticos Nähe auf. Quasi aus einiger Entfernung muss er die schöne Marisol heimlich gemustert haben. Und dann kam die große Überraschung: Nach einiger Zeit spannte Enrique seinem früheren engen Freund Smoky die Partnerin aus und war daraufhin der Mann im Leben der gelben Katharinasittichdame.

An seinem relativ großen Oberschnabel war Enrique immer leicht zu erkennen.
An seinem relativ großen Oberschnabel war Enrique immer leicht zu erkennen.
Mit der gelben Marisol verband Enrique eine innige Freundschaft.
Mit der gelben Marisol verband Enrique eine innige Freundschaft.
Als Enrique ins Seniorenalter kam, wurde er wegen des Grauen Stars blind.
Als Enrique ins Seniorenalter kam, wurde er wegen des Grauen Stars blind.

Bedauerlicherweise meinte es das Schicksal in einer anderen Hinsicht nicht ganz so gut mit Enrique. Er erblindete altersbedingt im Sommer 2013 auf beiden Augen, er litt am Grauen Star. Eine Behandlungsmöglichkeit gibt es bedauerlicherweise nicht, sodass Enrique lernen musste, mit seinem Handicap zu leben. Das gelang ihm glücklicherweise sehr gut und er war nach dem Erblinden nach wie vor sehr agil. Obwohl er praktisch nichts mehr sehen konnte, flog er durch das Vogelzimmer und peilte dabei seine rufenden Artgenossen mit seinem Gehör an. Seine Landungen waren abenteuerlich und er ramponierte sich leider hin und wieder ein wenig die empfindliche Nase. Aber weil er so lebensfroh und munter war, entschied ich mich dagegen, ihn den ganzen Tag einzusperren. Fast zwei Jahre lebte der blinde Vogelgreis weiterhin als vollwertiges Schwarmmitglied im Freiflug mit seinen Freunden, bis er am 6. März 2015 an Altersschwäche starb. Ihn nach beinahe sechs gemeinsamen Jahren zu verlieren, tat sehr weh und ich vermisse den charmanten Katharinasittichmann sehr.

Weil meine Katharinasittiche fast alle spanische Namen haben, was eine Hommage an die mittel- und südamerikanische Heimat dieser Vogelart sein soll, habe ich mich dazu entschlossen, Heinz einen „neuen“ Namen zu geben: Enrique. Neu ist relativ, denn Heinz, sein ursprünglicher Name, ist die deutsche Form des englischen Henry, was wiederum auf Spanisch Enrique ist.

Enrique in hohem Alter, der Kopf war teils ein wenig kahl und die Federn an der Stirn etwas gelblich geworden.
Enrique in hohem Alter, der Kopf war teils ein wenig kahl und die Federn an der Stirn etwas gelblich geworden.
Am Nachmittag schlief Enrique gern in meinem Hausschuh - er war mein kleiner 'Pantoffelheld'.
Am Nachmittag schlief Enrique gern in meinem Hausschuh – er war mein kleiner ‚Pantoffelheld‘.