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Tagebuch von Nimue und Merlin

Gaby Schulemann-Maier, Essen, April 2003; überarbeitet im Januar 2020

Merlin (rechts) und seine blinde Gefährtin Nimue kurz nach ihrem Einzug in mein Vogelzimmer.
Merlin (rechts) und seine blinde Gefährtin Nimue kurz nach ihrem Einzug in mein Vogelzimmer.

Seit 25 Jahren bin ich nun schon begeisterte und stolze Halterin von Wellensittichen. Zwar fand ich schon immer viele andere Vogelarten ebenfalls sehr hübsch. Aber ich konnte mich nie dazu durchringen, meine Wellensittiche mit anderen Vögeln zu vergesellschaften. Insbesondere seit ich meinen Interessenschwerpunkt auf die Haltung gehandicapter und verhaltensauffälliger beziehungsweise traumatisierter Wellensittiche und Vögel aus zweiter Hand verlagert habe, um den Tieren ein gutes und liebevolles Zuhause zu bieten, kam für mich eine Vergesellschaftung mit anderen Arten nicht infrage. Mein Vogelzimmer fasst nicht unendlich viele Tiere, und so wollte ich den vorhandenen Platz nur bedürftigen Wellensittichen zur Verfügung stellen.

Glanzsittiche beispielsweise fand ich schon immer umwerfend schön. Wie gern hätte ich mir diese attraktiven Vögel längst ins Haus geholt! Aber es kam für mich aus dem oben genannten Grund einfach nicht in Betracht, ein gesundes Paar dieser Vögel zu meinen Wellensittichen zu gesellen und so zwei Plätze zu „blockieren“. Noch dazu harmonieren nicht alle Vogelarten miteinander und es kann zu blutigen Kämpfen kommen. All das wollte ich nicht riskieren.

Am 21. Dezember 2002 zeichnete sich jedoch eine Wendung in meiner „Karriere“ als reine Wellensittichhalterin ab. Eine ehrenamtliche Helferin des Essener Tierheims hatte dort an jenem Tag zwei Vögel aufgenommen, die aufgrund ihrer traurigen Vorgeschichte sofort ihr Mitleid erregt hatten. Sie schüttete mir per E-Mail ihr Herz aus:

„Es wurden zwei Vögelchen, ein grüner und ein gelber, abgegeben, weil doch tatsächlich die Kinder des Halters die Tiere nicht in Ruhe lassen und die Vögelchen dadurch Durchfall haben. Ich musste mich schwer zusammenreißen, um nicht unfreundlich zu werden.

Als ich mir die Vögelchen später etwas genauer ansah, stellte ich fest, dass das Lutinovögelchen blind ist. Jetzt suche ich natürlich ein Zuhause für die zwei, wo man sich mit behinderten Vögelchen auskennt und es nicht stört, dass eines der beiden blind ist.“

Auch was sie sonst noch über die beiden Katharinasittiche schrieb, war herzzerreißend. Ihr Käfig war nicht optimal eingerichtet und der sehende Vogel war verstört, was angesichts seiner Vorgeschichte nicht verwunderlich war. Noch dazu waren sie als Wellensittiche abgegeben worden – der vorherige Besitzer hatte offenbar nicht einmal gewusst, wen er da eigentlich hielt! All das brachte mich ins Grübeln. Die Haltung blinder Vögel war mir schon damals ebenso geläufig wie die Resozialisierung verstörter Tiere. Im Grunde wären diese beiden bedürftigen Katharinasittiche in meinem Vogelzimmer gut aufgehoben, dachte ich. Zumal nicht zu befürchten stand, dass sie sich mit meinen Wellensittichen zanken würden. Also überlegte ich, was ich tun sollte – bis ich eine Entscheidung traf: Die Vögel sollten bei mir einziehen.

In der Zwischenzeit hatte sich die traurige Geschichte der beiden Vögel schon an vielen Stellen herumgesprochen. Sigrid März, die Betreiberin der Seite Katharinasittiche.de, hatte in Erwägung gezogen, die beiden Sittiche bei sich aufzunehmen. Allerdings wohnte sie ein ganzes Stück von Essen entfernt, sodass der Transport ziemlicher Stress für die Vögel geworden wäre. Auch Petra Schöning-Schink, die vielen Vogelfreunden seinerzeit ein Begriff gewesen sein dürfte, wurde aktiv und versuchte, in Vogelforen ein neues Zuhause für die beiden Katharinasittiche zu finden. Wie ich später erfuhr, spielte sogar meine Wildvogelhilfe-Kollegin Dagmar Offermann mit dem Gedanken, die Tiere bei sich aufzunehmen. Es hat mich wirklich gerührt, wie gut das Netzwerk der Vogelhelfer funktionierte, sobald solche Notfälle eintreten, wie es bei den beiden Essener Katharinasittichen der Fall war.

Ende 2002 kamen die beiden Vögel also bei mir an und zogen in mein Vogelzimmer ein, was für sie mit wenig Transportstress verbunden war, da ich selbst in Essen wohnte und das Tierheim nicht weit entfernt war. Für die Katharinasittiche Merlin und Nimue begann damit ein neues, hoffentlich schönes Leben. Und für mich ein großes Abenteuer, denn die Pflege körperlich eingeschränkter und verstörter Vögel ist immer wieder schwierig, aber meiner Ansicht nach sehr lohnend, da man Zeuge eines wundervollen Prozesses wird: Die Tiere blühen mit der Zeit regelrecht auf und kehren mit etwas Glück zu ihren normalen, arteigenen Verhaltensmustern zurück.

Über einen Zeitraum von rund sechs Wochen habe ich eine Art „Tagebuch“ über die beiden Vögel geführt, um jedem interessierten Vogelliebhaber die Möglichkeit zu geben, am Prozess der Resozialisierung der Katharinasittiche zumindest auf diese Weise teilhaben zu können. Nach einer Weile hatten sich die Kathis, wie ich sie liebevoll nannte, so gut eingelebt, dass in jedem neuen Tagebuchbeitrag immer dasselbe hätte stehen müssen: Den beiden geht es bestens und sie machen viel Unfug. Folglich gab es keine neuen Beiträge mehr. Zum Glück sind aus Nimue und Merlin ganz normale, zufriedene Vögel geworden, die ihr neues Leben im Vogelzimmer in vollen Zügen genossen, bis sie irgendwann leider starben.

Hinweis: Ich bitte die Qualität der Bilder zu entschuldigen. Im Jahr 2003 war die mir zur Verfügung stehende Kameratechnik bei Weitem noch nicht so gut wie heute. Man sieht den Bildern ihr Alter und ihre mangelnde Qualität leider deutlich an. Trotzdem sind sie für mich wichtige Dokumente und gewissermaßen „Zeitzeugen“.

Die einzelnen Tagebucheinträge …

01.01.2003

09:00 Uhr

Merlin erkundet das Vogelzimmer.
Merlin erkundet das Vogelzimmer.

Inzwischen sind die beiden Katharinasittiche bei mir eingezogen. Das Alter der Vögel ist mir nicht bekannt, sie stammen aus dem Essener Tierheim. Eines der Tiere ist wildfarben, also grün. Der zweite Sittich ist ein Lutino und somit gelb mit roten Augen. Namenlos kamen die beiden zu mir, was ich jedoch rasch änderte. Nimue soll fortan der Name des Lutinos sein, sein grüner Partner heißt Merlin. Welchen Geschlechts die beiden Tiere sind, vermag ich bedauerlicherweise noch nicht zu sagen. Im Grunde ist das Geschlecht jedoch egal, da die Katharinasittiche zärtlich miteinander umgehen und sich ganz offensichtlich gern haben.

In ihrem früheren Zuhause ist es den Vögeln leider nicht gut ergangen, was man bereits auf den ersten Blick deutlich erkennen kann. Zwar ist das Gefieder beider Tiere lückenlos. Aber es wirkt stellenweise ein wenig stumpf, was auf Ernährungsfehler (Mangelernährung) hindeutet. Beide Vögel sind normalgewichtig, vielleicht ein wenig zu mager.

Merlin, der wildfarbene Katharinasittich, ist extrem ängstlich, da der Vogel in seinem früheren Zuhause von Kindern – und wer weiß, vielleicht auch von Erwachsenen – ständig bedrängt worden ist. Sobald ich mich dem Käfig auf weniger als zwei Meter nähere, fächert Merlin nervös die Schwanzfedern auseinander und zusammen, duckt sich auf der Stange und beginnt nach kurzer Zeit panisch im Käfig umher zu springen.

Diese Nervosität überträgt sich meist umgehend auf Nimue, den schwerbehinderten Partner. Beide Augen des Lutinos weisen starke Trübungen der Hornhaut auf. Am stärksten ist die Trübung jeweils im Zentrum, also genau im Bereich der Pupille. Auf dem rechten Auge scheint Nimue aber trotz der Trübung der Linse zumindest Schemen wahrzunehmen. Vermutlich kann der Vogel auch Helligkeitsänderungen erkennen, eventuell sogar auf beiden Augen. Beweisen kann ich dies bislang nicht, aber mit der Zeit werde ich vielleicht Hinweise finden, die meine These stützen oder widerlegen. Ich habe mir vorgenommen, eine Bekannte zu kontaktieren, die Augenärztin ist. Eventuell hat sie eine Idee, was zur Trübung der Linsen des Lutinos geführt haben könnte. Es wäre zu schön, wenn sich die Trübungen durch eine gezielte Behandlung lindern oder gar ganz beseitigen ließen.

Im Käfig der Vögel befinden sich Kunststoffstangen. Ich würde sie gern gegen Naturäste austauschen, aber momentan sollte ich die Sittiche erst einmal in Ruhe lassen, weil sie durch den Umzug in die neue Umgebung verwirrt zu sein scheinen und ich sie derzeit nicht zusätzlich stressen möchte.

Nimue bleibt lieber im Käfig.
Nimue bleibt lieber im Käfig.

Laut Aussage des Vorbesitzers und der Tierheimtierärztin neigen die beiden Vögel zu Durchfall. Im Tierheim haben sie daher keine Frischkost erhalten. Bislang ist ihr Kot normal, und deshalb habe ich mich dazu entschlossen, ihnen zumindest ein wenig Eisbergsalat sowie einige Bananenstückchen zu reichen. Das ist wichtig, denn Katharinasittiche benötigen an sich jeden Tag Frischkost, sie macht 60 % ihres natürlichen Speiseplans aus.

Die Verwirrung über das Futter ist bei Merlin groß. Weder der Salat noch die Bananenstückchen scheint der Vogel zu kennen. Ein ähnliches Verhalten habe ich in der Vergangenheit schon bei Wellensittichen beobachten können, denen zeitlebens nie Frischkost gereicht wurde. Mit großer Wahrscheinlichkeit haben die beiden Katharinasittiche noch nie frisches Obst oder Gemüse gegessen! Nach gut zwei Stunden stelle ich zu meiner Freude fest, dass Merlin den Blattsalat mit dem Schnabel bearbeitet und frisst. Dem blinden Vogel Nimue hatte ich anfangs bereits vorsichtig ein wenig Banane gegen den Schnabel gedrückt. Der Sittich futterte das Obst daraufhin genüsslich aus meiner Hand.

Im Vogelzimmer leben außer den Katharinasittichen meine elf Wellensittiche. Weitere fünf Wellensittiche, die während des Urlaubs ihrer Halter bei mir in Pflege sind, flattern derzeit ebenfalls durch das Zimmer. Sie alle stören sich nicht an den Katharinasittichen. Anfangs waren die Katharinasittiche ein wenig nervös, wenn die Wellensittiche umher flogen. Nach nur einer Stunde hatten sie sich jedoch an die quirligen Mitbewohner gewöhnt. Ich lasse den Käfig der Katharinasittiche geöffnet, falls Merlin das Vogelzimmer erkunden möchte.

13:30 Uhr

Wellensittichdame Dione
Wellensittichdame Dione

Große Aufregung im Vogelzimmer! Die Katharinasittiche rufen laut und ängstlich. Ich traue meinen Augen nicht, als ich ins Vogelzimmer komme. Ausgerechnet die schüchternste Wellensittichdame des Schwarms, meine Dione, ist in den Käfig der Katharinasittiche geklettert! Merlin hüpft ihr im Käfig immerzu aus dem Weg, was Dione gelassen hinnimmt, denn sie möchte einfach nur an die Kolbenhirse. Der Rest ist ihr egal. Dem grünen Katharinasittich wird es zu viel und er rennt aus dem Käfig. Auf der Käfigtür sitzend, schaut er sich im Vogelzimmer um – und startet beherzt in Richtung Kletterbaum.

Seine Flugkünste sind erschreckend schlecht! Es mutet so an, als wäre der Vogel praktisch nie geflogen. Manövrieren kann Merlin kaum, Landen noch viel weniger, und so kommt es immer wieder zu Kollisionen mit den sehr irritierten Wellensittichen. Sie verstehen aber zum Glück schnell, dass gerade ein extrem ungeübter Flieger den Luftraum ihres Hoheitsgebiets unsicher macht, und bleiben vorsichtshalber auf ihren Kletterbäumen und -gestellen sitzen. Mit schräg gelegten Köpfen beobachten die Wellensittiche interessiert und verwundert zugleich die holprigen Flugversuche des aus ihrer Sicht sicher seltsamen grünen Vogels.

14:30 Uhr

Eine Stunde später bietet sich mir ein erfreulicheres Bild. Merlin kann inzwischen erheblich sicherer manövrieren und auch deutlich besser landen. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis er keine Probleme mehr mit dem Freiflug haben wird.

Sigrid März von Katharinasittiche.de hatte mir gegenüber die Vermutung geäußert, dass es zu Schwierigkeiten mit dem Freiflug kommen könnte, da Katharinasittiche einen sehr engen Kontakt zu ihrem Partner halten. Es stand demnach zu befürchten, dass Merlin den Käfig nicht verlassen würde oder dass Nimue sich die Seele aus dem Leib schreien könnte, sobald der Partner draußen seine Runden dreht. Beides war zum Glück nicht der Fall. Meine Vermutung, dass es an der Blindheit Nimues liegen könnte, hielt auch Siggi für durchaus möglich. Wir waren uns beide einig darüber, dass es gut so ist, denn so kann wenigstens Merlin Freiflug genießen.

19:00 Uhr

Am Abend wollte ich Merlin wieder in den Käfig setzen und musste den Vogel dafür einfangen. Das tat mir sehr leid, und mir war bereits im Vorfeld klar, dass er es sicher sehr beängstigend finden würde, mit den Händen berührt zu werden. Ich dirigierte Merlin, der auf dem Fußboden saß, vorsichtig in Richtung Käfig, schaltete dann das Licht aus, griff beherzt zu und setzte den Vogel so schnell wie möglich in den Käfig. Sofort schaltete ich das Licht wieder ein. Merlin machte zwar einen irritierten Eindruck, aber der Vogel schien nicht übermäßig verängstigt zu sein. Meine Fangaktion war binnen drei Sekunden vorbei, der Überraschungsangriff hatte den Sittich offenbar kaum gestresst. Der erste Tag mit Freiflug war geschafft.

02.01.2003

05:45 Uhr

Noch vor dem Einsetzen der Morgendämmerung – ja, ich musste deshalb tatsächlich um 05:30 Uhr aufstehen – versorgte ich die Sittiche, um Merlin und Nimue nicht zu erschrecken. Im Vogelzimmer war nur wenig Licht, das durch die lediglich  angelehnte Tür aus meinem Wohnzimmer ins Reich der Sittiche fiel. Merlin fächerte im Käfig nervös mit den Schwanzfedern, wann immer ich mich im Vogelzimmer bewegte.

Wie ruhig blieben dagegen meine Wellensittiche! Ich spreche meine Tiere stets an („Guten Morgen, Ihr Lieben.“), und meine Wellensittiche kennen dieses Ritual. Mein Erscheinen macht sie in keiner Weise nervös. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Katharinasittiche irgendwann auch an das morgendliche Auftauchen ihrer Halterin gewöhnen werden.

09:00 Uhr

Schon wieder ist aufgeregtes Geschrei aus dem Vogelzimmer zu hören! Diesmal war es der Vogel Nimue, der sich aus dem Käfig gewagt hatte. Der blinde Sittich lief über den Fußboden und versuchte nur hin und wieder zu fliegen. Dabei war er sehr vorsichtig, ja geradezu elfengleich schwebend. Die Wellensittiche beobachteten das Schauspiel wieder einmal mit schräg gelegten Köpfen und sichtlich fasziniert.

Nimue nach ihrem Ausflug ins Vogelzimmer.
Nimue nach ihrem Ausflug ins Vogelzimmer.

Nimue watschelte auf den Bereich des Vogelzimmers zu, der mit auf dem Boden stehenden Klettergestellen ausgestattet ist, weil dort die flugunfähigen Wellensittiche wohnen. Relativ zielstrebig bewegte sich Nimue auf eines der Klettergestelle zu und erklomm es erstaunlich geschickt. Ich frage mich, wie viel der Vogel trotz seiner Linsentrübungen doch sehen kann. Vollständig blind ist er allem Anschein nach wohl eher nicht.

Vorsichtig hielt ich meine Hand gegen seinen Bauch, und Nimue sah etwas perplex aus. Nach kurzem Zögern stieg der Vogel auf meine Hand, ohne zu wissen, wo er sich befand. Langsam setzte ich mich in Bewegung, um Nimue zum Käfig zurückzutragen. Das behagte dem Sittich gar nicht. Er flatterte erschrocken auf, da er es ganz offensichtlich nicht gewohnt war, auf einem sich bewegenden Untergrund zu stehen. Ich ließ ihn erneut auf meine Hand klettern und legte die andere Hand leicht um ihn, damit er fixiert war. Das gefiel ihm zwar nicht, aber er hatte meiner Ansicht nach auch keine wirkliche Angst. Im Käfig angekommen, wurde Nimue sofort aufgeregt von Merlin begrüßt.

Den restlichen Tag verbrachten beide Katharinasittiche aneinander gekuschelt im Käfig, obwohl dessen Türchen nach wie vor die ganze Zeit über offen stand. Oft saßen sie auf einem Bein, kraulten einander und zwitscherten leise. Ein friedlicher Anblick, aber für meinen Geschmack haben die beiden heute erheblich zu wenig gegessen. Selbst die leckere rote Kolbenhirse, für die meine Wellensittiche alles tun, konnte sie nicht aus der Reserve locken. Obst und Gemüse haben sie ebenfalls nicht angerührt. Ich bin entsetzt darüber, wie wenig die beiden Katharinasittiche mit ausgewogener Ernährung anfangen können. Litschi, Mangold, Eisbergsalat, Petersilie, Basilikum und Karotte standen ihnen heute zur Verfügung. Hoffentlich werde ich aus den beiden Frischkostverweigerern mal irgendwann echte „Grünschäbel“ machen!

Die sonst so schüchterne Dione traute sich in den Käfig der beiden neuen Katharinasittiche.
Die sonst so schüchterne Dione traute sich in den Käfig der beiden neuen Katharinasittiche.

Ach ja, die normalerweise ausgesprochen schüchterne Dione ist heute schon wieder ganz furchtlos in den Käfig der Katharinasittiche geklettert. Sie hockte einige Minuten zwischen Merlin und Nimue, als ob dies das Normalste der Welt  wäre. Der Kleinen ist es durch ihr für sie ungewöhnliches Verhalten gelungen, mich sehr zu überraschen! Ist sie in Wahrheit doch eine als Schäfchen getarnte, furchtlose Superheldin? Der Gedanke liegt fast nahe, denn keiner der anderen Wellensittiche – auch nicht die absoluten Draufgänger – hat sich bisher auch nur in die Nähe des Käfigs der Katharinasittiche gewagt.

03.01.2003

Heute gönnte ich den Vögeln und mir eine etwas längere Nachtruhe als gestern. Erst beim Einsetzen der Morgendämmerung begann ich damit, meinen gefiederten Pfleglingen und mir das Frühstück zuzubereiten. Für die Wellen- und Katharinasittiche legte ich Mangold, Petersilie, Basilikum, Karotten und Apfelstücke zurecht, für mich selbst rührte ich mein Müsli mit dem Rest des Apfels an.

Als ich ins Vogelzimmer kam, um den Tieren ihr Futter zu reichen, war es schon ein wenig hell. Die Katharinasittiche fächerten anfangs beide ihre Schwänze auseinander und zusammen. Sie werden nach wie vor sehr nervös, sobald ich das Vogelzimmer betrete. Nur langsam wachten dagegen die Wellensittiche auf. Sie freuten sich ganz offensichtlich schon auf ihr Keimfutter, das ich mit gehackten Küchenkräutern und einer Prise Korvimin verfeinert hatte. Merlin und Nimue bekamen übrigens ein großes Stück Kolbenhirse sowie Grassamen zusätzlich zu ihrem trockenen und gekeimten Körnerfutter, schließlich hatten sie gestern viel zu wenig gegessen.

Während ich das Futter im Käfig der Katharinasittiche befestigte, war Merlin wieder ganz außer sich vor Furcht. Fast schon panisch sprang der Vogel auf den Boden, was bei Nimue sofort für große Angst sorgte. Mir tut das alles ausgesprochen Leid, aber ich muss hin und wieder in den Käfig greifen, um das Futter zu servieren und das Wasser auszutauschen. Ich bemühe mich immer darum, mich möglichst langsam und ruhig zu bewegen, ohne jedoch dabei herumzutrödeln, damit die beiden Katharinasittiche nicht länger als nötig unter meiner für sie angsteinflößenden Nähe zu leiden haben.

Kaum hatte ich meine Hand aus dem Käfig genommen, da lief Nimue mehr zufällig als geplant auf das große Apfelstück zu. Der Sittich reagierte verdutzt, als ihm etwas Feuchtes gegen das Brustgefieder drückte und tastete das unbekannte Etwas mit Schnabel und Zunge ab. Es stand ihm förmlich ins Gesicht geschrieben, dass ihm der Geschmack gefiel. Augenblicklich begann der Lutino damit, sich den Kropf mit dem Apfel vollzuschlagen. Merlin beäugte das Ganze leider mit großem Misstrauen und machte weiterhin einen Bogen um sämtliches Obst und Gemüse.

„Auch das noch!“, muss sich Merlin gedacht haben, als ich einige Zeit später mit dem Putzeimer anrückte, um das Vogelzimmer zu reinigen. Hierbei führte ich nur ruhige, langsame Bewegungen aus. Nach wenigen Minuten gewöhnten sich die Katharinasittiche an die mit dem Putzen verbundene Geräuschkulisse. Erst als ich mir ihren Käfig vornahm, brach wieder Panik bei ihnen aus.

Aber es half nichts, denn seit ihrem Einzug in mein Vogelzimmer hatte ich den Käfig nicht gereinigt, er war nun dringend fällig! Ich stellte das Käfigoberteil, in dem sich die beiden Vögel aufhielten, zurück an seinen Platz und machte mich mit dem Unterteil auf dem Weg zum Mülleimer.

Auf dem Boden des Käfigs von Nimue und Merlin hatten sich dicke Schichten von Harnstoffkristallen gebildet.
Auf dem Boden des Käfigs von Nimue und Merlin hatten sich dicke Schichten von Harnstoffkristallen gebildet.

Nachdem ich den Sand ausgeschüttet hatte, traf mich der Schlag! Die Kunststoffwanne des Käfigs, in dem sie schon beim Vorbesitzer gewohnt hatten, wies sehr starke Harnstoffkrusten auf. Diese ließen darauf schließen, dass der frühere Halter den Käfig nur selten wirklich intensiv gereinigt hat. In der Abbildung in der Nähe dieses Absatzes kann man eine dieser hartnäckigen Krusten sehen. Ein Wechsel der Einstreu – der Vorbesitzer hatte Sand verwendet – allein reicht bei Katharinasittichen nicht aus, da ihre Kothaufen vergleichsweise feucht sind. Trocknen diese am Kunststoff der Plastikwanne fest und wird diese nicht regelmäßig gereinigt, bilden sich Harnsäurekrusten, die nur schwer wieder zu entfernen sind.

Mit Desinfektionsmittel und einem Scheuerschwämmchen, mit dem sonst Töpfe gereinigt werden, machte ich mich ans Werk und schrubbte fünf Minuten die Kunststoffwanne. Leider nahezu ohne Erfolg, die Krusten lösten sich nur geringfügig. Vermutlich muss ich diese Schrubberei noch einige Male wiederholen, bis ich die Harnsäurekrusten restlos entfernt haben werde. Liebe Leserinnen und Leser, sollte jemand von Ihnen einen Tipp auf Lager haben, womit sich diese Harnsäurerückstände leicht entfernen beziehungsweise lösen lassen, dann immer her damit! Sie erreichen mich unter webmaster@birds-online.de.

Nachdem ich mit dem Putzen fertig war, machte sich Nimue auf zu einer weiteren Erkundung des Vogelzimmers. Zunächst kletterte der blinde Lutino auf seinen Käfig, reckte sich in Richtung Zimmerdecke und hob ab. Der Vogel flog höher und höher, bis er die Zimmerdecke berührte. Danach sank Nimue hinab zum Fußboden und rannte zwischen den Klettergestellen der flugunfähigen Wellensittiche herum. Ich sammelte den Vogel vorsichtig mit der Hand ein und brachte ihn zurück in seinen Käfig, wo er sich erst einmal kräftig schüttelte und den Kontakt zu Merlin suchte.

Nachtrag vom 09.01.2003: Dank einiger Zuschriften habe ich nun etliche vielversprechende Tipps erhalten, die ich in den kommenden Tagen ausprobieren werde. Ich werde an dieser Stelle darüber berichten, womit sich die Harnsäurerückstände am besten entfernen lassen haben.

04.01.2003

19:30 Uhr

Nachdem mir Sigrid März von Katharinasittiche.de gestern Abend den Tipp gegeben hat, den Boden des Käfigs der Katharinasittiche lieber mit Kleintiereinstreu zu bedecken, anstatt weiterhin Sand zu verwenden, schritt ich heute zur Tat. Die feinen Holzstückchen absorbieren laut Siggis Aussage die Feuchtigkeit aus dem Kot der Sittiche, wodurch die Geruchsbelästigung, die sich beim Vogelsand bisher leider immer rasch eingestellt hatte, ausbleiben soll.

Der Vogel Nimue, der oft am Käfigboden sitzt und spielt, fand die Kleintiereinstreu seltsam. Ihre Konsistenz war ihm offensichtlich fremd. Damit Nimue am Boden des Käfigs etwas zum Spielen zur Verfügung hat, legte ich ein Stück Korkrinde auf die Einstreu. Mithilfe seines Schnabels erkundete der Sittich das neue Spielzeug sofort. Ich hatte also erreicht, was ich wollte: Der blinde Vogel hat nun ein wenig Abwechslung im Käfig.

Beim Freiflug hängte sich Merlin gern in die Gardine.
Beim Freiflug hängte sich Merlin gern in die Gardine.

Auch heute habe ich meine Bemühungen fortgesetzt, Merlin und Nimue an Frischkost zu gewöhnen. Erstmals knabberten sie an einem Stück Basilikum. Der Geschmack scheint sie jedoch nicht gerade vom Hocker geworfen zu haben. Auch vom Eisbergsalat aßen sie ein wenig. Mangold ist nach wie vor nicht ihr Fall. Nur Bruni, ein Gastwellensittich, hat das Mangoldstück im Käfig der Katharinasittiche „vernascht“. Ihre Anwesenheit missfiel vor allem Merlin, was Bruni allerdings nicht im Geringsten von ihrem Futterraub abhielt.

Apfel scheint derzeit der Renner in Sachen Frischkost zu sein. Vor allem Nimue labt sich an den Apfelstücken (Sorte Braeburn) und sieht dabei sehr zufrieden aus. Litschi und Banane strafen beide Vögel leider noch immer mit Missachtung. Irgendwann wird das Eis hoffentlich brechen, denn es ist mein Wunsch, die beiden Vögel an eine gesunde, ausgewogene Ernährung heranzuführen.

Heute sind die Katharinasittiche zum ersten Mal einigermaßen ruhig geblieben, als ich ihr Futter im Käfig anbrachte. Es besteht also noch Hoffnung darauf, dass sie irgendwann meine guten Absichten, die ich mit ihnen habe, verstehen werden.

Doch die Ernährung gestaltet sich insgesamt recht problematisch. Leider scheinen die beiden nicht einmal etwas mit Sonnenblumenkernen anfangen zu können! Gestern hatte ich ihnen welche in den Futternapf gelegt, heute waren sie noch immer alle da. Hafer scheint hingegen der absolute Renner zu sein. Ach ja, und Merlin ist ein paar Runden geflogen. Als Landeplatz hat er sich die Gardine ausgesucht, darin hing er dann minutenlang kopfüber. Scheint bequem gewesen zu sein.

05.01.2003

20:00 Uhr

Zum ersten Mal seit über zwei Wochen schien heute die Sonne, zumindest am Vormittag. Den Vögeln war anzumerken, wie gut ihnen dieses freundliche Licht tat. Wie immer bei Sonnenschein waren die Wellensittiche ausgesprochen fröhlich, ebenso die Katharinasittiche. Auf einem Bein sitzend und zufrieden aufgeplustert, zwitscherte Merlin eine Strophe nach der anderen. Die leisen Gesänge hörte ich heute zum ersten Mal. Nimue sang nicht, viel mehr äußerte der Vogel ständig denselben Ton, während er auf dem Käfigboden die Kleintiereinstreu durchpflügte und an der Korkrinde nagte. Unablässig wiederholte Nimue einen lang gezogenen Laut, den ich zuvor nur dann gehört hatte, wenn die beiden Vögel dicht beieinander saßen, und dann meist auch nur drei, vier Mal hintereinander.

Als Nimue durch den Käfig kletterte, konnte ich endlich einen Blick auf die Oberseite des Fußringes erhaschen, die mir sonst immer verborgen geblieben war. Dort steht eindeutig die Zahl „95“. Nimue ist demnach über sieben Jahre alt. Mal sehen, ob ich auf Merlins Ring in den nächsten Tagen auch eine Jahreszahl entdecken kann, ohne den Vogel zum Nachschauen einfangen zu müssen.

Nach wie vor ist Apfel der Hit in Sachen Frischkost. Heute haben beide Vögel große Mengen davon gegessen. Ein wenig Eisbergsalat haben sie ebenfalls gefuttert. Ihre Sonnenblumenkerne rühren sie nach wie vor nicht an. Nur das Wellensittichfutter wird gegessen, vorzugsweise der darin enthaltene Nackthafer. Ich fürchte, es wird ein hartes Stück Arbeit, die beiden an eine artgerechte, ausgewogene Ernährung zu gewöhnen! Ölsaaten gehören nun einmal zumindest in vernünftigem Maße auf den Speisezettel der Katharinasittiche, wovon meine beiden Dickköpfe jedoch herzlich wenig zu halten scheinen. Glücklicherweise akzeptieren sie ihr Trinkwasser nach wie vor, denn ich habe dem Wasser Nekton-S hinzugefügt, damit meine beiden „Nahrungsspezialisten“ keine Mangelerscheinungen erleiden.

06.01.2003

07:00 Uhr

Um kurz nach sechs in der Früh hantierte ich bereits im dunklen Vogelzimmer, in das nur durch die angelehnte Tür Licht aus dem Wohnzimmer fiel, am Käfig der Katharinasittiche herum. Sie schliefen noch, was ich sehr gut verstehen konnte. Leider war mir so viel Glück nicht vergönnt, ich musste wenig später zur Arbeit und habe deshalb die Vögel dermaßen früh versorgt. Merlin und Nimue blieben heute vergleichsweise ruhig, als ich für sie Obst und das Gemüse im Käfig anbrachte. Die Wellensittiche kennen es ohnehin, dass ich im Dunkeln an ihren Käfigen hantiere, in die sie sich abends immer zum Schlafen zurückziehen. Auch heute waren sie wieder ganz gelassen und ließen mich gewähren. Vermutlich war die Bande froh, als ich wieder aus ihrem Zimmer verschwand, denn sie wollten wohl noch eine Runde schlafen und durften das in Unterschied zu mir sogar! Sittich müsste man sein!

21:00 Uhr

Als ich am Abend von der Arbeit heimkam, war ich ein wenig entsetzt darüber, was Merlin und Nimue angestellt hatten. Sie hatten ihren Fressnapf heruntergerissen und das Futter quer durch ihren Käfig befördert. Da sie es auf dem Boden zwischen der Kleintiereinstreu aber nicht finden konnten, waren sie beide sehr hungrig. Auf die Idee, in der Einstreu nach Futter zu suchen, sind sie nicht gekommen. Immerhin waren sämtliche Obst- und Gemüsesorten komplett vertilgt – wohl eher aus der Not heraus als wegen des guten Geschmacks, fürchte ich. Den Fressnapf werde ich ab sofort zusätzlich sichern, damit so etwas nicht noch einmal geschieht. Schließlich sollen die armen Vögel nicht hungern, während ich bei der Arbeit bin.

Ich reinigte das Vogelzimmer und die beiden Katharinasittiche blieben diesmal recht gelassen. Auch als ich die Stangen aus ihrem Käfig nahm, um diese zu säubern, blieben sie einigermaßen ruhig. Bei der Gelegenheit fiel mir wieder auf, dass ich dringend die Kunststoffstangen durch Naturzweige ersetzen sollte. Bald werde ich das wohl in Angriff nehmen können, ohne die Vögel zu sehr zu verängstigen.

Etwa zwei Stunden nachdem ich im Vogelzimmer geputzt hatte, vernahm ich laute, aufgeregte Katharinasittichrufe. Nimue war aus dem geöffneten Käfig geklettert und hatte offenbar im Blindflug das Vogelzimmer durchquert. Zum Glück fliegt der Sittich stets ausgesprochen vorsichtig, sodass berechtigter Grund zu der Annahme besteht, ihn nicht irgendwann mit einer schweren Verletzung vorfinden zu müssen.

Es ist wirklich nicht leicht mit Nimue. Der Vogel steckt voller Lebensfreude und will hin und wieder fliegen. Ich kann und will es ihm nicht verbieten. Ganz ungefährlich ist das zwar ohne Zweifel nicht. Aber wenn ich ihn nur einsperren würde, dann wäre sein Leben für ihn nur noch halb so schön, schätze ich.

07.01.2003

21:00 Uhr

Nimue in der typischen Haltung am Käfiggitter.
Nimue in der typischen Haltung am Käfiggitter.

Nimue und Merlin scheinen sich an das morgendliche Fütterungsritual gewöhnt zu haben – oder sie waren heute einfach nur extrem müde. Als ich um etwa halb sieben an und in ihrem Käfig rumhantierte, um das Futter anzubringen, wurden sie nicht nervös. Kein Fächern der Schwanzfedern, keine ängstlichen Bewegungen, sondern einfach nur ein müdes Blinzeln von Merlin und ein leider sehr teilnahmsloser „Blick“ von Nimue. Ich wäre so froh, wenn der Kleine irgendwann mehr als nur Helligkeitsunterschiede wahrnehmen könnte!

Nach der Arbeit ging ich in den Fotoladen, um die Bilder abzuholen, die ich letzten Donnerstag in Auftrag gegeben hatte. Ich war sehr gespannt auf die Abzüge, da sich unter ihnen auch die ersten Aufnahmen von Merlin und Nimue befanden. Als ich sie in den Händen hielt, hätte ich vor lauter Wut heulen und gleichzeitig platzen können. Das Labor hatte meine Negative verkratzt und beschädigt, die Abzüge sahen grauenvoll aus! Freundlicherweise hatte man mir einen neuen Film zu den Fotos gepackt, immerhin etwas …

Wellensittichdame Larissa zu ihren Lebzeiten.
Wellensittichdame Larissa zu ihren Lebzeiten.

Nicht nur aufgrund der zu weiten Teilen zerstörten Katharinasittichfotos war ich vollkommen frustriert. Viel mehr schmerzte mich die Tatsache, dass die letzten Fotos, die ich von meiner geliebten Wellensittichdame Larissa aufgenommen hatte, leider ebenfalls beschädigt worden waren. Die arme Larissa war am 28. Dezember 2002 zu schwach geworden, um weiter gegen ihre schwere Niereninfektion bestehen zu können. Sie wachte an jenem Morgen zu meinem tiefsten Bedauern nicht mehr auf. Bedauerlicherweise hat sie die beiden Katharinasittiche nicht mehr kennenlernen dürfen. Und ausgerechnet diesen Film mit den letzten Fotos von Larissa musste das Labor beschädigen! Das war alles andere als schön. 🙁

Zu Hause angekommen, versuchte ich das Beste aus den ruinierten Fotos zu machen, da ich vielen fleißigen Lesern dieses Tagebuches versprochen hatte, dass es bald Fotos geben würde. Na ja, wie Sie sehen, sind nun tatsächlich einige Bilder vorhanden, allerdings nicht in der Qualität, wie ich sie gern hier gezeigt hätte. Es steckt eine Menge Schweiß und viel Bildbearbeitung dahinter, sonst hätte ich die Fotos an dieser Stelle nicht zeigen können. Die Kratzer wegzuretuschieren, war die einzige Möglichkeit. Mir bleibt wohl nichts anderes übrig, als bald wieder meine Kamera auf die Katharinasittiche zu richten, um neue, hoffentlich bessere Fotos der Vögel zu erhalten.

Apropos Katharinasittiche. Die beiden waren heute den ganzen Tag über sehr brav und haben das gesamte Obst und Gemüse aufgegessen! Sonnenblumenkerne verschmähen sie jedoch nach wie vor, es ist zum Verzweifeln mit diesen beiden Vögeln! Mir ist kein anderer Fall bekannt, in dem größere Sittiche ausgerechnet Sonnenblumenkerne nicht mochten! Ein seltsames Volk wohnt da in meinem Vogelzimmer … Aber was nicht ist, kann ja noch werden!

Merlin stolzierte gern über den Fußboden des Vogelzimmers.
Merlin stolzierte gern über den Fußboden des Vogelzimmers.

Eigentlich war schon fast Schlafenszeit. Doch gegen 20:00 Uhr sind Merlin und Nimue gleichzeitig aus ihrem Käfig geklettert. Merlin hat sich sofort in die Luft erhoben, um ein paar Runden zu fliegen. Das klappt inzwischen erheblich besser als noch vor ein paar Tagen, sogar die Landungen sehen richtig manierlich aus. Toll, wie sich in dieser kurzen Zeit aus dem unfreiwilligen Käfighocker ein gewandter Flieger entwickelt hat!

Nimue sah beim Fliegen nicht ganz so elegant aus. Der Vogel schraubte sich vom Käfig aus hoch zur Zimmerdecke, flog vorsichtig zum Fenster und ließ sich daran herunterrutschen. Leider verfehlte er die Fensterbank und die darauf aufgestellten Klettergestelle, sodass ich ihn vom Boden aufsammeln musste – glücklicherweise ohne Verletzungen. Heute blieb Nimue dabei ganz ruhig, das Tier blieb sogar auf meinem Finger sitzen und ließ sich ohne Probleme zurück in den Käfig zu tragen. Langsam scheint der Sittich mit meiner Hand wohl doch besser klarzukommen, und das trotz der schlimmen Erfahrungen, die er bei seinem Vorbesitzer bedauerlicherweise hatte machen müssen.

08.01.2003

21:30 Uhr

Merlin auf einem der Kletterbäume im Vogelzimmer.
Merlin auf einem der Kletterbäume im Vogelzimmer.

Während der Arbeitswoche muss ich leider morgens so früh aus dem Haus, dass ich die Vögel im Dunkeln versorgen muss – so auch heute. Im Unterschied zu gestern waren die beiden Katharinasittiche bedauerlicherweise deutlich nervöser. Ich weiß nicht, weshalb sie heute wieder so empfindlich waren, allerdings habe ich einen Verdacht: Die Heizungsanlage des Hauses, in dem ich wohne, ist teilweise defekt. Deshalb hat der Heizkörper in meinem Badezimmer praktisch die ganze letzte Nacht hindurch laut gedröhnt, getrommelt und gepfiffen, ohne dass ich Einfluss auf die Intensität des Geräuschs gehabt hätte. Aufgrund des Lärms habe ich praktisch nicht schlafen können. Den Vögeln dürfte es ähnlich ergangen sein, sonst hätten sie sich beim morgendlichen Versorgen nicht so gereizt verhalten. Nicht nur die Katharinasittiche waren heute Morgen empfindlich, auch die Wellensittiche waren extrem nörgelig.

Als ich von der Arbeit nach Hause kam, stand Aufräumen des Vogelzimmers auf dem Plan. Der Käfig der Katharinasittiche war mal wieder dran. Kaum hatte ich das Oberteil vom Unterteil gelöst, machte sich Merlin auf den Weg aus dem Käfig. Es ist einfach nur großartig, dem Vogel beim Fliegen zuzusehen! Akrobatische Einlagen sind nun kein Problem mehr für den grünen Vogel, und auch die Zusammenstöße mit den arglosen Wellensittichen gehören der Vergangenheit an. Heute flog Merlin aus reinem Vergnügen so viele Runden durch das Vogelzimmer, dass er anschließend ziemlich außer Atem war.

Ares war ein wenig moppelig.
Ares war ein wenig moppelig.

Nimue war im Käfig geblieben, während Merlin draußen zwischen den Wellensittichen herumtobte. Hin und wieder gesellte sich einer der Wellensittiche zu dem blinden Vogel. Meist hockte Dione mit im Katharinasittichkäfig, manchmal auch der sanftmütige Ares. Vermutlich sucht der etwas moppelige hellblaue Vogelmann im Käfig der Katharinasittiche nach Leckerbissen, denn Futtern ist sein liebstes Hobby. Ich bin froh darüber, dass die beiden Vogelarten bislang problemlos miteinander zurechtkommen.

09.01.2003

20:30 Uhr

Ich freue mich ja so sehr auf das Wochenende! Frühes Aufstehen an sich ist schon nicht angenehm. Aber wenn man fast die ganze Nacht nicht schlafen konnte, weil ein Heizkörper in der Wohnung meint, unablässig Lärm machen zu müssen, ist es noch erheblich schwieriger, sich aus dem Bett zu quälen. Ziemlich müde versorgte ich früh morgens die Vögel. Heute blieben die Katharinasittiche recht ruhig, und das, obwohl außer mir noch jemand im Vogelzimmer war (mein Freund).
Zum ersten Mal servierte ich den Katharinasittichen heute Mandarinenstückchen, da ich beim gestrigen Einkauf endlich mal wieder gescheites Obst hatte auftreiben können. Auch die Wellensittiche bekamen süße Mandarinenstücke, schließlich soll keine Vogelart bevorzugt werden. Das „Standardobst“, ein Braeburnapfel, fehlte heute ebenfalls nicht auf dem Speisezettel der Sittiche.

Nach der Arbeit fand ich den Futternapf der Katharinasittiche wieder auf dem Käfigboden vor. Ganz offensichtlich hatten sie ihn trotz der von mir erdachten Sicherung aus seiner Verankerung gerissen. Merlin und Nimue spielten zusammen in der Kleintiereinstreu und kletterten dabei leise fiepend übereinander. Ihre Köpfe vergruben beide immer wieder in der Einstreu, das schien ihnen Spaß zu machen.

Gastwellensittich Pepi
Gastwellensittich Pepi

Quasi aus der Logenposition wurde dies von Pepi beobachtet, einem Wellensittichweibchen, das ich zurzeit in Urlaubspflege habe. Die grüne, ein wenig korpulente Wellensittichdame muss durch die Öffnung in den Käfig gekrabbelt sein, die normalerweise vom Fressnapf der Katharinasittiche verschlossen ist. Sie stand somit direkt neben den beiden auf dem Boden herumtollenden Katharinasittichen. Merlin und Nimue schienen sich nicht an Pepi zu stören, und diese fand es allem Anschein nach sehr spannend, den „Maulwurfssittichen“ bei der Arbeit zuzusehen.

Leider scheint die Mandarine nicht ganz dem Geschmack der Katharinasittiche zu entsprechen. Sie haben die leckeren Zitrusfruchtstücke nahezu nicht angerührt. Ganz anders die Wellensittiche, sie haben nichts von ihren Mandarinenspalten übrig gelassen. Na ja, es kann ja nicht jeder Vogel dasselbe Futter bevorzugen.

Ich hoffe, ich werde in den nächsten Tagen irgendwo Kaktusfeigen auftreiben können, denn danach halte ich derzeit beim Einkaufen Ausschau. Sigrid März schrieb mir, wie gern ihre Vögel dieses Obst essen. Mich würde es freuen, wenn meine Katharinasittiche ebenso Gefallen an den Früchten fänden.

10.01.2003

22:00 Uhr

Vom frühen Morgen gibt es heute nichts zu berichten, aber leider vom Nachmittag. Als ich von der Arbeit nach Hause kam und ins Vogelzimmer ging, da bin ich fast rückwärts wieder hinausgefallen. Es roch stark nach Erbrochenem, und zwar so heftig, dass mir augenblicklich schlecht wurde. Ich war vollkommen verwirrt angesichts dieses Geruchs. Da ich so etwas bei den Wellensittichen noch nie zuvor erlebt hatte, waren die Verdächtigen rasch gefunden: die Katharinasittiche. Und richtig, Nimue hatte schrecklichen Durchfall, der buchstäblich (Pardon) zum Kotzen stank. Gerade, als ich mir die Sache aus der Nähe ansehen wollte, setzte der Vogel einen ziemlich flüssigen Klecks ab – und ich muss gestehen, dass mir der Gestank augenblicklich den Magen umdrehte …

Reinigen und Lüften standen umgehend an, ich hatte noch nicht einmal meine Wochenendeinkäufe aus dem Rucksack geräumt. Egal, die Vögel und deren Wohlergehen waren wichtiger.

Nachdem der üble Geruch und die Kleckse beseitigt waren und sich das Vogelzimmer nach dem Lüften wieder aufgeheizt hatte, nahm ich Nimue genauer in Augenschein. Das heißt, ich fing den kränkelnden Vogel mit der Hand ein, was aufgrund seiner Blindheit ein kinderleichtes Unterfangen war. Ein wenig unfair kam ich mir dabei schon vor, denn der arme Sittich hatte nicht den Hauch einer Chance, mir zu entkommen.

Sein Kloakengefieder war sauber und auch sein Ernährungszustand war akzeptabel. Seit er in mein Vogelzimmer eingezogen war, hatte der Sittich meiner Meinung nach sogar ein wenig zugenommen. Bei der Adoption der beiden Katharinasittiche habe ich erfahren, dass Nimue bereits im Tierheim und auch schon beim Vorbesitzer hin und wieder diesen Durchfall gehabt hatte. Weil seit Nimues Ankunft im Vogelzimmer keine weiteren Durchfälle aufgetreten waren, hatte ich geglaubt, der Vogel sei kerngesund, zumal auch der Tierarzt zwischenzeitlich nichts hatte feststellen können.

Insgesamt wirkte Nimue heute ein wenig müder als sonst, aber nicht wirklich krank. Deshalb entschied ich, dem Vogel das Durchfallmittel aus meiner Vogelhausapotheke zu verabreichen. Außerdem tippe ich darauf, dass Nimue unter einer Störung der Darmflora leidet, weshalb ich mein Bird Bene-bac aus der Vogelapotheke hervorkramte.

Die Paste in Wellensittichschnäbel hinein zu praktizieren, grenzt an ein Kunststück. Also machte ich mich auf das Schlimmste gefasst, als ich Nimue mit dem Bene-bac zwangsfüttern wollte. Der Katharinasittich verblüffte mich aber, denn kaum hatte ich einen kleinen Klecks der Paste auf seine Zunge gegeben, da fing er begierig an, nach mehr zu schlecken. Nimue fährt total auf Bird-Bene-bac-Paste ab! Umso besser, denn so wird er mir auch in den nächsten Tagen keine Probleme bereiten, wenn ich den kleinen Patienten mit dem Aufbaumittel füttere. Schwierig war dabei eher das Aufhören, weil der Vogel die kleine Tubenöffnung nicht mehr aus dem Schnabel hergeben wollte und immer wieder daran leckte.

Leider ist mein Tierarzt zu Beginn dieses Jahres vorübergehend aus meiner Stadt weggezogen, und die Dame, die seine Praxis für die Dauer seiner Abwesenheit übernommen hat, kenne ich noch nicht. Es sieht wohl so aus, als würde ich sie in den nächsten Tagen irgendwann in Augenschein nehmen müssen. Sollte sich Nimues Zustand am Wochenende nicht nennenswert bessern, werde ich den Sittich entweder bereits morgen oder übermorgen zum tierärztlichen Notdienst bringen. Ansonsten ist ein Besuch jener Tierärztin, die in meiner Nähe praktiziert, wohl nächste Woche fällig. Ich will diese Durchfallgeschichte in den Griff bekommen, dem Ganzen muss ganz einfach beizukommen sein!

Nun habe ich so viel über Nimue geschrieben, aber noch kein Wort über Merlin verloren. Er flog heute munter durch das Vogelzimmer, nachdem ich von der Arbeit zurück war. Die Wellensittiche jagen ihm nicht direkt Angst ein. Wenn jedoch mehr als drei dieser Vögel in seiner unmittelbaren Nähe sitzen, sucht er respektvoll das Weite. Zusammen mit Ares, den er offenbar schon von dessen Besuchen im Katharinasittichkäfig kennt, hat er sich am Keimfutter gütlich getan. Überhaupt haben die Katharinasittiche heute viel Obst und Gemüse gefuttert. Merlin findet nun auch Gefallen an Mandarinen. Birne scheint hingegen überhaupt nicht sein Fall zu sein. Auch Nimue hat die Abate-Fetel-Birne verschmäht, was unter Umständen jedoch einfach nur an seinem Durchfallproblem gelegen haben könnte.

12.01.2003

21:30 Uhr

Gestern bin ich nicht dazu gekommen, einen Bericht über die Katharinasittiche zu verfassen, da leider zu viele andere Dinge erledigt werden mussten. Dafür gibt es heute umso mehr zu erzählen.
Nimue bereitet mir nach wie vor großes Kopfzerbrechen. Der Vogel ist schlapp, schläft sehr viel und tut dies meist auf dem Boden des Käfigs. Bei den Wellensittichen ist dies stets ein Zeichen größter Gefahr. Da sich Nimue aber bisher sehr oft und gern am Boden des Käfigs aufgehalten hat, ist übertriebene Angst meiner Ansicht nach fehl am Platze. Die Kleintiereinstreu scheint er gemütlich zu finden, und sie wärmt ihn obendrein ein wenig.

Wärme ist bei Durchfallerkrankungen gut. Also entschied ich, Nimue ein wenig Rotlicht zu gönnen. Zuvor verabreichte ich meinem gefiederten Patienten seine heutige Portion Bird Bene-bac, die er wie schon zuvor begierig aufschleckte. Anschließend nahm ich mich seiner viel zu langen Krallen an und kürzte diese mit dem Nagelknipser. Das dabei entstehende Geräusch jagte dem blinden Vogel große Angst ein, was mir natürlich sehr leidtat. Bedauerlicherweise konnte ich ihm die Krallen nicht ohne dieses Geräusch stutzen.

Ich wollte Nimue dann endlich ein wenig Ruhe vor der Infrarotlampe bieten und trug das Vögelchen ins Wohnzimmer, wo der Krankenkäfig sowie die Wärmelampe bereits auf ihn warteten. Unterwegs entleerte sich der Sittich über meinen Pullover, die Hose, die Socken und den Boden. Durch die Aufregung, die mit dem Krallenschneiden verbunden war, hatte er wieder extrem flüssigen Durchfall. Der damit einhergehende Gestank war zum Glück nicht so übel wie vor einigen Tagen. Trotzdem war ich nicht gerade erfreut darüber, dass meine Kleidung so richtig „beschissen“ ausgesehen hat …

Die Waschmaschine tat umgehend ihre Pflicht, während ich den Boden wischte und daraufhin den Käfig der Katharinasittiche reinigte, weil Nimue gerade nicht darin hockte. Merlin flatterte derweil aufgeregt durch das Vogelzimmer. Er mag es nicht, wenn ich am Käfig hantiere, das macht ihn zutiefst nervös. Am Keimfutterteller sitzend, ließ er einen Warnschrei nach dem anderen durch das Vogelzimmer gellen, während ich mit der Käfigreinigung beschäftigt war und langsam Ohrenschmerzen bekam. Erst als der Käfig wieder an der ihm bekannten Stelle stand, beruhigte sich Merlin.

Zusammen mit den Wellensittichen machte er sich über das Keimfutter her und flatterte zum Kletterbaum, an dem die frei schwingenden, großen Schaukeln hängen. Auf diesen kann er nicht landen. Beim Anflug ist er zu schnell, sodass er unmittelbar nach der Landung vom Impuls, den er der Schaukel durch seinen Aufprall erteilt, nach vorn gerissen wird und hinunterfällt. Merlin wird es wohl mit der Zeit erst lernen, schon vor der Landung den Flug in der Luft abzubremsen, wie es die Wellensittiche beispielsweise tun.

An diesem Wochenende hat Merlin Salatgurke als leckeres Gemüse für sich entdeckt. Nimue hat es eher mit Kiwi, die Merlin wiederum nicht so gut findet. Es ist schön zu beobachten, wie der Speisezettel der beiden mit der Zeit immer umfangreicher wird und sie sich trauen, neues Futter zu probieren.

13.01.2003

20:00 Uhr

Nimue geht es heute deutlich besser. Der Vogel ist zum Glück wieder richtig schön aktiv und durchwühlt in der für ihn üblichen Weise die Kleintiereinstreu. Dabei geht er vor wie eine Wühlmaus, bis er mit der Stirn gegen das Stück Korkrinde stößt, das auf dem Käfigboden liegt. Dann verwandelt er sich auf wundersame Weise von einer Wühlmaus in einen Biber und knabbert mit Wonne an dem Korkstück herum. Manchmal singt er sogar, während er die Kleintiereinstreu mit vollem Körpereinsatz durchpflügt. Das Ganze scheint ihm (oder ihr?) riesengroßen Spaß zu machen.

Frischkost ist für die beiden Kathis inzwischen offenbar ein schmackhafter Bestandteil ihres täglichen Speiseplans geworden. Merlin fährt extrem auf Salatgurke ab, Nimue tut nach wie vor alles für frischen Apfel. Heute hat Merlin ein Stück Salat und ein wenig Petersilie angeknabbert, wobei Teile dieser Frischkost auf den Käfigboden fielen. In der Einstreu blieben sie der „Wühlmaus“ Nimue nicht lange verborgen. Genüsslich schmatzend, hockte der Lutino in seinem „Lebensraum“ und tat sich an den herabgefallenen Gemüse- und Kräuterresten gütlich, bis nichts mehr davon übrig war.

Merlin hat es bestens gelernt, wozu das Käfigtürchen offen steht. Er fliegt alle paar Minuten eine Runde, klettert ein wenig im Vogelzimmer herum und kehrt dann zurück in den Käfig, um ausgiebig mit Nimue zu kuscheln. Oft sehe ich Merlin – auch außerhalb des Käfigs – irgendwo auf einem Bein sitzen, wobei er mit seiner angenehme Stimme gelegentlich einigermaßen melodischen Strophen zum Besten gibt.

Der geöffnete Käfig verführt die Wellensittiche Ares und Dione immer wieder dazu, hinein zu klettern und die Hirsevorräte der Kathis zu dezimieren. Als wenn die Wellis keine eigene Hirse bekommen würden! Im Käfig der Katharinasittiche scheint sie aber allem Anschein nach besonders gut zu schmecken. 😉

15.01.2003
Jupiter hat sich am Flügel verletzt und musste ebenso wie Nimue zum Tierarzt gebracht werden.
Jupiter hat sich am Flügel verletzt und musste ebenso wie Nimue zum Tierarzt gebracht werden.

Weil es Nimue neulich nicht so gut gegangen war, hatte ich vor, den Vogel sicherheitshalber zum Tierarzt zu bringen. Doch alles kam gestern noch viel dramatischer, als ich es gedacht hatte … Gestern saß nicht nur er im Krankenkäfig, als ich zu meiner Ärztin ging, sondern auch Jupiter, und der Wellensittichmann war weitaus schlimmer erkrankt als Nimue. Wega oder Medea, eine der beiden Wellensittichdamen wird es wohl gewesen sein, die ihn von seiner Schaukel gestoßen hatte, was ihn zu Recht empört hatte. Um sich abzureagieren, rannte er wie immer aus dem geöffneten Käfig, der auf dem Boden stand, da die drei Vögel flugunfähig sind und so nicht tief stürzen können. Draußen versuchte er, ein wenig zu flattern – meist hilft ihm das sehr gut, um kräftig Dampf abzulassen. Bedauerlicherweise nicht dieses Mal, denn er stieß mit voller Wucht gegen eine Kante des Käfigs. Er schlug sich dabei seinen linken Flügel so sehr an, dass dieser rasch anschwoll und herabhing. Jupiter schrie vor Schmerzen und mir schwante Böses …

Die Tierärztin diagnostizierte bei ihm einen angebrochenen Knochen im Flügel sowie eine heftige Prellung. Den armen Kerl hatte es ziemlich übel erwischt. Er leidet jetzt unter großen Schmerzen, die ich ihm leider nicht vollständig nehmen kann.

Nun aber zu Nimue, einem der beiden eigentlichen Hauptdarsteller dieses Tagebuches. Denn auch dieser Vogel wurde gestern von der Tierärztin genau untersucht. Körperlich ist bei ihm alles in bester Ordnung. Ein wenig mager ist er zwar, aber nicht bedenklich dünn. Ansonsten fehlt ihm abgesehen von seinem Augenproblem nichts. In Bezug auf seinen Durchfall bedeutet dies, dass er nach wie vor unter dem Stress leidet, dem er bei seinem Vorbesitzer ausgesetzt gewesen ist und den der Umzug mit sich gebracht hat. Nimue leidet gewissermaßen einer psychosomatischen Darmerkrankung.

Im Grunde bin ich froh darüber, dass es nichts Ernstes ist. Aber es wird sicher nicht leicht, diese chronische Darmstörung in den Griff zu bekommen. Dafür muss der verängstigte Sittich zunächst begreifen, dass ihm im neuen Zuhause kein Mensch etwas Böses tun will. In den kommenden Tagen werde ich ihn mit Bird Bene-bac behandeln, was ihm zum Glück sehr gut schmeckt. Mit der Zeit sollte sich durch dieses Präparat seine Darmflora stabilisieren und der Zustand müsste an sich besser werden, sobald der Vogel auch seelisch zur Ruhe kommen wird. Dies bleibt sehr zu hoffen, und ich werde an dieser Stelle weiterhin darüber berichten.

Merlin war inzwischen zu einem so guten Flieger geworden, dass er mit der Kamera im Flug kaum zu erwischen war.
Merlin war inzwischen zu einem so guten Flieger geworden, dass er mit der Kamera im Flug kaum zu erwischen war.

Merlin geht es blendend. Er fliegt oft und gern – am liebsten, wenn ich mit der Kamera in der Nähe bin -, rennt den Wellensittichen nach und kuschelt nach wie vor ausgesprochen zärtlich mit Nimue, wenn er bei dem Lutino im Käfig ist. Manchmal sehe ich die beiden zusammen in der Kleintiereinstreu hocken und miteinander schmusen. Das lässt mein Herz wirklich höher schlagen, denn genau so sehen glückliche Vögel aus.

Nachtrag: Da mich so viele Leser danach gefragt haben, hier noch ein kleiner Nachtrag. Jupiter wird von mir unter anderem mit Traumeel behandelt, damit seine Verletzungen schneller abheilen und weniger schmerzhaft sind. Auch sitzt er gern vor dem Infrarot-Dunkelstrahler und knabbert dabei rote Hirse. Ich lasse ihn gewähren, denn er ist derzeit wirklich arm dran, der kleine Pechvogel.

19.01.2003

Nach einigen Tagen Pause habe ich heute endlich wieder die Zeit für das Verfassen eines neuen Tagebucheintrags mit weiteren Neuigkeiten über meine Katharinasittiche gefunden. Seit Mittwoch ist viel geschehen. Allerdings habe ich das meiste gestern beobachten können, da ich praktisch den ganzen Tag zu Hause war.

Nachdem die Tierärztin am Dienstag erklärt hatte, Nimues Durchfall rühre von der früheren seelischen Belastung her, habe ich den Vogel seitdem mit allergrößter Vorsicht behandelt. Aber ich habe auch damit begonnen, ihn behutsam an meine Hand zu gewöhnen. Nimue soll lernen, dass von Händen durchaus positive Dinge ausgehen können, so zum Beispiel leckeres Futter. Außerdem wäre es gut, dem Vogel bewusst zu machen, dass Hände sehr praktische „Transportmittel“ sein können, vor allem für einen blinden Sittich!

In Sachen Gewöhnung an Frischkost sind nun weitere Erfolge zu verzeichnen. Salatgurke gehört seit einigen Tagen zum Lieblingsfutter der beiden Katharinasittiche. Apfel ist nach wie vor der Favorit schlechthin, dicht gefolgt von Mandarine. Birne wurde nicht mehr verschmäht, ist aber offenbar nicht so beliebt wie die beiden zuvor genannten Obstsorten. Als ich beim Einkaufen herrlich süße helle Weintrauben entdeckte, war ich begeistert, was später auch für die Vögel galt. Mit Wonne knabbern Nimue und Merlin Weintrauben und sehen dabei glücklich und zufrieden aus.

Nimue erhält weiterhin Bird Bene-bac gegen den psychisch bedingten Durchfall, der seit einigen Tagen nicht mehr aufgetreten ist. Allem Anschein nach leidet Nimue nur gelegentlich unter „Durchfall-Anfällen“. Ich schließe daraus, dass der Vogel kurz vor dem Beginn eines solchen Anfalls bisher immer psychischen Stress erlitten hat. Welcher Natur dieser sein könnte, möchte ich in der nächsten Zeit herausfinden.

Ich konnte außerdem einen Blick auf Merlins Fußring erhaschen. Auch dieser trägt wie derjenige von Nimue unter anderem den Aufdruck „95“. Beide Vögel sind somit derzeit etwa acht Jahre alt.

Und nun das Wichtigste: Ich habe endlich Klarheit über die Geschlechter der beiden Vögel! Als ich gestern das Vogelzimmer putzte, vernahm ich aus dem Käfig der Katharinasittiche plötzlich Lautäußerungen, wie ich sie bisher nicht von den beiden Vögeln gehört hatte. Erstaunt ging ich der Sache auf den Grund. Und was sah ich? Merlin, der grüne Vogel, saß auf Nimue, und die beiden wirkten sichtlich vergnügt. Tja, offenbar ist Nimue ein Weibchen und Merlin der Herr im Haus. Nach der Paarung wurde Nimue von Merlin gefüttert, wobei die Dame leise Töne von sich gab, die mir ebenfalls neu waren. Offenbar waren es ähnliche Geräusche, wie sie von Katharinasittich-Nestlingen bei der Fütterung abgegeben und von der Henne deshalb nachgeahmt werden.

Nach der Fütterung kletterte Nimue auf den Boden des Käfigs und wühlte wieder in der Kleintiereinstreu herum, wie sie es schon so oft getan hatte. Ich vermute, sie legt dieses Verhalten an den Tag, weil sie eventuell einen Bruttrieb verspürt und sozusagen „Nestbau“ spielt.

25.01.2003
Nimue
Nimue

Seit dem letzten Eintrag ins Tagebuch sind wieder einmal einige Tage vergangen. Leider habe ich unter der Woche keine Zeit gefunden, an dieser Stelle Neuigkeiten über die Katharinasittiche zu veröffentlichen. Viel zu viel Arbeit war zu erledigen, sodass Sie bedauerlicherweise auf diesen Eintrag länger als sonst üblich warten mussten.

Die beiden Vögel haben sich so gut bei mir eingelebt, dass nicht mehr jeden Tag eine drastische Veränderung in ihrem Verhalten zu beobachten ist. Es wird also langsam ruhiger um die beiden, was sicher das Beste ist, denn ein gewisses Quantum an Normalität tut den Tieren ohne Zweifel gut. Bevor ich es vergesse: Weil so viele Leser gefragt haben – der Name des Weibchens wird „Ni-mu-e“ ausgesprochen.

In Sachen Futter hat sich nur wenig Neues ergeben. Chicorée scheint den beiden zu schmecken, Mangold inzwischen ebenfalls. Von Letzterem hatte ich den Vögeln kürzlich ein recht großes Blatt im Käfig befestigt, bevor ich zur Arbeit ging. Am Nachmittag fehlte vom Blattgemüse jede Spur, sie hatten es restlos aufgefuttert.

Merlin
Merlin

Brokkoli scheint ihnen wie ein lustiges Spielzeug vorzukommen. Sie essen dieses Gemüse nicht, sondern nagen lediglich die winzigen Blütenköpfe ab und lassen sie dann in ihren Trinknapf fallen. Sehr originell – offenbar wollen die beiden sich eine Gemüsesuppe zaubern!

Mit dem Trinknapf hatte ich in den letzten Tagen meine liebe Last, denn die beiden Vögel haben gelernt, wie man ihn aus seiner Verankerung reißt und sich so einen kleinen Pool auf dem Käfigboden einrichtet … Zum Glück bin ich stärker. Die Befestigungsklammern sind nun so stark zusammengebogen, dass die Katharinasittiche ihren Traum vom Planschbecken im Keller vorerst nicht mehr in die Tat umsetzen können. Es hat ihnen ohnehin nicht viel gebracht, das Wasser auf die Kleintiereinstreu zu gießen, denn diese ist recht saugfähig, wie sie in den letzten Tagen eindrucksvoll bewiesen hat.

Wie mir scheint, möchten meine beiden Hübschen eine Familie gründen. So oft, wie ich sie gestern beim Geschlechtsakt beobachten konnte, habe ich „es“ zuvor noch nie bei meinen Tieren gesehen! Ständig saß Merlin auf Nimue, der dies eine ganze Weile lang zu gefallen schien.

Am frühen gestrigen Abend wurde es ihr dann aber doch zu bunt und sie stritt sich sehr heftig mit Merlin. Da er jedoch nicht von ihr lassen wollte, schrie sie ihn in einer Weise an, wie ich es noch nie zuvor von ihr vernommen hatte. Sie hackte mit geöffnetem Schnabel um sich und versuchte ihn abzuwehren. Merlin war dermaßen liebestoll, dass er sich dadurch nicht beeindrucken ließ.

Nimue und Merlin im Vogelzimmer.
Nimue und Merlin im Vogelzimmer.

Wir Frauen halten untereinander zusammen, also griff ich ein und befreite die blinde Nimue aus ihrer misslichen Lage. Ihr Mann rannte aufgeregt durch den Käfig, während ich sie außerhalb der gemeinsamen Behausung auf meine Hand setzte. Ihr Schwanzgefieder war klitschnass, und ich bin mir sicher, dass sie keinen Durchfall hatte, denn die Flüssigkeit war durchsichtig … Damit war auch der Beweis erbracht, dass Merlin ausgesprochen potent ist!

Ich brachte Nimue zum Klettergestell auf der Fensterbank, wo sie sich die letzten Strahlen der Abendsonne auf den Rücken scheinen ließ. Das gefiel ihr offensichtlich, denn sie drehte sich so, dass sie der Sonne möglichst viel Körperfläche darbot. Nach wenigen Minuten hatte sie sich von Merlins aufdringlichen Liebesbeweisen erholt und rief nach ihm. Er ließ sich nicht lange bitten und kam zu ihr geflogen.

01.02.2003

Vor genau einem Monat habe ich mit dem Schreiben des Tagebuchs über Merlin und Nimue begonnen. Aus den anfänglich überängstlichen Federbündeln sind in den vergangenen Wochen zwei lebenslustige Sittiche geworden, die inzwischen sogar zaghaft damit anfangen, Unfug anzustellen.

Als ich heute Morgen im Vogelzimmer das Obst und Gemüse an den Futterplätzen auslegte, waren die Wellensittiche noch in ihren Schlafkäfigen. Für die blinde Nimue befestige ich die Frischkost direkt im Käfig der Kathis, weil sie sich darin meistens aufhält.

Kaum hatte ich das Türchen geöffnet, sprang Merlin an mir vorbei und drehte übermütig ein paar Runden durch das Vogelzimmer. Dabei schlug er Haken in der Luft und vollführte rasante Kehrtwendungen, obwohl keine Hindernisse im Weg waren. Der grüne Vogel versprühte eine gewaltige Portion Lebensfreude und Spaß am Fliegen.

Nachdem er sich fliegend ausgetobt hatte, ließ er sich auf dem Klettergestell am Fenster nieder und blickte majestätisch drein. Ich wurde den Eindruck nicht los, als fühle er sich gerade wie der König des Vogelzimmers, denn die Wellis waren ja noch nicht draußen. Das ganze Zimmer gehörte ihm und er schien es zu genießen. Zufrieden fing er an, vor sich hin zu singen.

Nimue entdeckte binnen weniger Sekunden den frischen Eisbergsalat im Käfig und begann zu frühstücken. Auch sie wirkte sehr zufrieden auf mich, als sie genüsslich kauend vor dem großen Salatstück saß. Im Anschluss daran genehmigte sie sich ein paar Schnäbel voll Apfel.

Max
Max

Gestern Abend habe ich etwas sehr Schönes beobachtet, als Merlin mal wieder im Vogelzimmer herumturnte, was seit einigen Tagen zu seinen ausgewiesenen Lieblingsbeschäftigungen gehört. Er saß auf einem Klettergestell ganz in der Nähe des ständig etwas überdrehten Wellensittich-Männchens Max. Dieser spielte ausdauernd mit einem Glöckchen. Am liebsten hätte Merlin mitgemacht, aber er hat nach wie vor allergrößten Respekt vor den Wellensittichen und hält mindestens zehn Zentimeter Abstand.

Während Max wieder und wieder sein geliebtes Glöckchen anstieß und dieses lautstark vor sich hin bimmelte, fiel Merlin fast von der Stange, weil er sich so groß machte, um auch ja alles sehen zu können, was der hellblaue Welli gerade anstellte. Max verlor irgendwann die Lust, mit seinem Glöckchen zu spielen und flog davon. Kaum war er weg, machte Merlin einen großen Satz und saß direkt vor dem Spielzeug, um es genau in Augenschein nehmen zu können. Er begann dann sogar damit zu spielen!

Nimue
Nimue

Nimue mag es inzwischen sehr, wenn ich sie hin und wieder aus dem Käfig hole und auf eines der beiden großen Korkstücke am Fenster setze. Dort klettert und knabbert sie, schmust mit Merlin und sonnt sich, sofern der Himmel gerade mal nicht wolkenverhangen ist. Hin und wieder schläft Nimue in einer der beiden Korkhöhlen ein. Ihr Mann stellt sich dann vor die Öffnung und bewacht seine Frau, wobei er fast immer singt.

Die Katharinasittiche paaren sich täglich mindestens fünf Mal, sie scheinen durch ihren Umzug in mein Vogelzimmer mächtig in Brutstimmung geraten zu sein. Sie brüten zu lassen, halte ich jedoch für keine gute Idee, da die blinde Nimue damit ganz sicher vollkommen überfordert wäre und Merlin überdies noch immer ein wenig Scheu zeigt, wenn sich ihm ein Wellensittich nähert. Da ich aber weder die Wellis noch die Kathis aus dem Vogelzimmer nehmen kann, ist es keine gute Idee, Nimue und Merlin tatsächlich eine Familie gründen zu lassen.

08.02.2003
Nimue bei der Gurke
Nimue bei der Gurke

Und wieder ist eine ereignisreiche Woche vergangen, in der ich jedoch aus Zeitmangel nicht dazu gekommen bin, an dieser Stelle über die Neuigkeiten aus dem Leben der beiden Katharinasittiche zu berichten. Es erstaunt mich immer wieder, wie sehr sich Nimue und Merlin verändern und von Tag zu Tag mehr zu ganz normalen Vögeln werden – zumindest so weit es trotz der schweren Behinderung Nimues überhaupt möglich ist. Nun aber zur Schilderung des bewegten Lebens zweier das Vogelzimmer für sich entdeckender Kathis. 🙂

Grüner Schwerenöter

Merlin hat sich so gut im Vogelzimmer eingelebt, dass seine Hormone inzwischen mächtig in Wallung geraten sind. Vom Scheitel bis zur Spitze seiner Schwanzfedern verspürt er Frühlingsgefühle – und das von morgens bis abends. Wovon Merlin nachts träumt, hat er mir bedauerlicherweise nicht verraten …

Am vergangenen Montag müssen die Hormone den potenten Vogelmann ziemlich durcheinander gebracht haben, denn Merlin hat in Sachen Paarung einfach nicht genug bekommen können. Erst hat er sich ausgiebig mit seiner ebenfalls frühlingshaft willigen Frau Nimue gepaart. Irgendwann hatte sie jedoch kein Interesse mehr an weiteren Paarungsakten und jagte ihn davon. Als er außerhalb des Käfigs war, machte er aus der Not eine Tugend und vergnügte sich mit einem der hölzernen Kletterring! Dieser gab keine „Widerpfiffe“ und hielt die ganze Zeit schön still. Merlin schien es sehr zu gefallen.

Und bist du nicht willig … so beiße ich Dir halt in die Füße. Nach diesem Motto scheint Merlin am Dienstag der Sinn gestanden zu haben. Er muss sich am Tage schier unersättlich aufgeführt haben, denn Nimue war mächtig genervt, als ich nach Hause kam. Er bedrängte sie im Käfig wieder und wieder, sie versuchte sich indes am Boden zu verstecken. Anscheinend war er ihr schon den ganzen Tag auf die Pelle gerückt und dabei recht rabiat mit ihr umgegangen, denn das Gefieder des blinden Weibchens war blutverschmiert. Er hatte ihr an einer ihrer Zehen eine kleine Schramme zugefügt, die sich glücklicherweise nicht entzündete und inzwischen gut abgeheilt ist.

Gescheitertes Fremdgehen

Nachdem er bei seiner zu Recht beleidigten Frau nicht mehr zum Zuge kam, ging Merlin am Dienstag einen unkonventionellen Weg, um den Abend nicht abstinent oder mit dem Holzring verbringen zu müssen …

Dione
Dione

Als er durch das Vogelzimmer flog, kam ihm offenbar die Idee, dass man dort prima auf Freiersfüßen wandeln kann. Er landete auf dem Stück Korkrinde, welches auf dem Fensterbrett liegt. Die Wellensittichdame Dione, hatte es sich dort bereits einige Minuten zuvor gemütlich gemacht. Sie saß dösend auf dem Kork und hatte ihr Köpfchen ins Gefieder gesteckt.

Ganz dicht trat Merlin behutsam an sie heran und bot all seinen Charme auf. Minutenlang flüsterte er ihr süße Katharinasittich-Nichtigkeiten ins Ohr und er geriet dabei zusehends in Wallung. Dione verstand weder sein Liebesgeflüster noch seine Körpersprache. Sie wirkte viel mehr recht desinteressiert und fiel bald in einen leichten Schlummer.

Fest von seinen Qualitäten als Liebhaber überzeugt, nahm Merlin all seinen Mut zusammen und trat beherzt auf Diones Rücken, um sich mit ihr paaren zu können. Entrüstet schrie die Wellensittichdame auf und machte einen Blitzstart. Sie war schneller unter seinem linken Bein verschwunden, als Merlin reagieren konnte, deshalb rutschte er kopfüber von der Korkrinde und landete mit dem Schnabel voran auf der Fensterbank. Sein wütendes Gezeter über den missglückten Paarungsakt mit der exotischen Schönheit vermischte sich in wenig klangvoller Weise mit dem wutschnaubenden Gekrächze der brüskierten Dione, die sich minutenlang nicht beruhigen konnte – oder wollte.

Flatterhafte Nimue

Da Nimue so gut wie keine Angst mehr hat, wenn man sie kurz in die Hand nimmt, holte ich sie in den vergangenen Tagen immer aus dem Käfig, sobald ich von der Arbeit nach Hause gekommen war. Ich griff sie mit der einen Hand und setzte sie so schnell wie möglich auf den ausgestreckten Zeigefinger meiner anderen Hand. Sie begriff schnell, dass ihr keine Gefahr oder Unannehmlichkeiten drohen, wenn ich sie auf dem Finger durch das Vogelzimmer trage.

Meist setzte ich sie auf das große Stück Korkrinde direkt am Fenster, weil sie sich dort ausgesprochen gern aufhält. Hin und wieder bringe ich sie zu den flugunfähigen Wellensittichen, da in deren Lieblingsgebiet des Vogelzimmers viele Klettergelegenheiten auf dem Boden stehen. Dort kann Nimue nach Herzenslust rumtoben, ohne tief zu stürzen, wenn die blinde Dame einmal ins Leere tritt.

Am liebsten setzt sie sich auf eines der Holzklettergestelle, das eine kleine Stange an seiner obersten Stelle hat. Entschlossen umklammert sie mit ihren Füßen diese Stange und dann geht es los: Kraftvoll schlägt sie mit ihren Flügeln, ohne dabei jedoch abzuheben. Auf diese Weise propellernd, sitzt sie mitunter eine halbe Minute da und genießt dieses flatterhafte Vergnügen sichtlich. Offenbar ist dies ihre Methode, sich dem Rausch des Fliegens hinzugeben, denn aufgrund ihrer Blindheit fliegt sie nur sehr selten durch das Zimmer.

16.02.2003
Merlin (rechts) und seine blinde Gefährtin Nimue kurz nach ihrem Einzug in mein Vogelzimmer.
Merlin (rechts) und seine blinde Gefährtin Nimue kurz nach ihrem Einzug in mein Vogelzimmer.

Die vergangenen Tage hatten bis auf den gestrigen alle eines gemeinsam: Das Wetter war sonnig. Mein Vogelzimmer liegt so, dass die Sonne ab dem frühen Nachmittag bis zum Abend hinein scheint. Alle Vögel waren in dieser Woche regelrecht aufgedreht, sie schienen die vielen Sonnenstrahlen nach der trüben Winterzeit regelrecht in sich aufzusaugen. Auch die Katharinasittiche waren noch unternehmungslustiger als in den Wochen zuvor. Da ich am Montag einen Tag frei hatte, konnten Merlin und Nimue schon am frühen Morgen aus dem Käfig. Merlin lässt sich meist nicht lange bitten. Sobald das Türchen geöffnet ist, flattert er auch schon los. Nimue stapfte ihm am Montag mutig hinterher. Schneller als ich reagieren konnte, hatte sie sich in die Luft geschwungen und flog vorsichtig auf das Fenster zu.

Dort krallte sie sich in die Gardine und rutschte an dieser herunter, bis sie auf ihrem Lieblingsplatz saß: auf der Fensterbank. Die großen Korkstücke und das Klettergestell sind für die beiden Katharinasittiche inzwischen so etwas wie ein Abenteuerspielplatz, auf dem sie ausgiebig herumtoben.

In mühevoller Kleinarbeit zerlegte Nimue die Korkrinde, manchmal half Merlin ihr ein wenig dabei. Während er im Vogelzimmer unterwegs war, lief sie auf der Fensterbank herum. Dabei hielt sie ihren Kopf immer weit gesenkt und schritt bedächtig an den Fenstern entlang. Sie bewegte sich wie ein Kakapo und hatte sogar in etwa denselben Gesichtsausdruck wie die neuseeländischen Eulenpapageien.

Den Futterplatz mit dem frischen Obst und Gemüse, der sich auf der Fensterbank befindet, hat sie schnell entdeckt. Nicht nur am Montag futterte sie mit sichtlichem Vergnügen eine Weintraube nach der anderen. Ihr Mann steht nach wie vor mehr auf Apfel, deshalb bleiben mehr Weintrauben für sie übrig. 🙂

Himalia
Himalia

Seit Mittwoch spielt Nimue hin und wieder mit Begeisterung ihre Rolle als Gespenst des Vogelzimmers. Sie läuft so nahe wie möglich ans Fenster, schiebt ihren Oberkörper unter die Gardine und flitzt dann so schnell sie kann hin und her. Der nebenstehende Schnappschuss sollte eigentlich die neu hier eingezogene Welli-Dame Himalia ablichten. Im Hintergrund kann man – leider ein wenig unscharf – erkennen, wie sich Nimue gerade unter die Gardine schiebt, um erneut das Gespenst zu mimen.

Der gute Merlin hat diese Woche am eigenen Leibe erfahren müssen, wie es ist, wenn man zum Objekt der Begierde eines Vertreters einer anderen Vogelart wird. Neulich hatte er versucht, Dione zu besteigen, was gründlich schief gegangen ist, siehe weiter oben. Am Donnerstag erfuhr er dann, dass ihn der große Standardsittich-Mann Max ungeheuer sexy findet …

Max
Max

Hin und wieder ist Max sehr aufgedreht. Der hellblaue Hahn balzt dann ekstatisch und gerät zunehmend in Stimmung. Am Donnerstag hat er sich dabei auf Merlin konzentriert. Dieser wusste irgendwann nicht mehr, wie er sich hinstellen sollte, denn wieder und wieder rannte Max um ihn herum und versuchte ihm auf den Rücken zu steigen.

Merlins wütendes Gemecker interessierte Max nicht im Geringsten, sodass sich der Katharinasittich letztlich nur noch mit einigen Schnabelhieben zu helfen wusste. Max ließ aber trotzdem nicht von ihm ab, was mich dazu veranlasste, in die Situation einzugreifen, wo ich mich ohnehin gerade im Vogelzimmer aufhielt. Endlich hatte Merlin wieder seine Ruhe und konnte zusammen mit seiner Frau auf der Korkrinde sitzen und in der Abendsonne kuscheln.

Anmerkung: Dies war der letzte Eintrag ins Tagebuch, weil sich die Vögel so gut eingelebt haben, dass eine weitere Berichterstattung über Fortschritte nicht mehr nötig ist.